Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106872/2/Br/Bk

Linz, 08.03.2000

VwSen-106872/2/Br/Bk Linz, am 8. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn D betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 8. Februar 2000, Zl.: VerkR96-9636-1999, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 6.000 S (entspricht 436,04 €) ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 600 S (entspricht 43,60 €). Für das Berufungsverfahren entfällt ein Ver-fahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 8.000 S verhängt, weil er am 9. August 1999 um 15.57 Uhr als Lenker eines Pkw, Kennzeichen (D), auf der A9 bei Strkm 52.66 in Fahrtrichtung A1 die auf österreichischen Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 69 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend stützte die Behörde erster Instanz ihre Entscheidung auf die mittels Laser-Messgerät LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 7422, erfolgte Geschwindigkeitsmessung. Der Strafausspruch wurde mit Bezug auf § 19 VStG als schuldangemessen erachtet.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht per FAX am 17. Februar 2000 bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung. Darin bringt er im Ergebnis zum Ausdruck, dass angesichts seiner Sorgepflichten für vier Kinder, die hier verhängte Geldstrafe zu hoch bemessen worden sei.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe gerichteten Berufung nicht erforderlich (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, Zl.: VerkR96-9636-1999. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat Folgendes erwogen:

5.1. Vorweg ist festzustellen, dass es für eine derart eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung objektiv grundsätzlich keine wie immer geartete Rechtfertigung bzw. Entschuldigung gibt. Der Raserei auf den Straßen und der damit einhergehenden Gefahrenpotenzierung ist mit einer entsprechend hohen Strafe zu begegnen. Insbesondere aus spezialpräventiven Gründen scheint hier eine strenge Bestrafung gerechtfertigt, weil eine so exzessive Fahrgeschwindigkeit auf eine ausgeprägte Gleichgültigkeit gegenüber gesetzlich geschützten Werten schließen lässt (vgl. auch VwGH 18. September 1991, Zlen.91/03/0043, 91/03/0250). Der Fahrzeuglenker kann für sich auch keinen schuldmildernden Umstand dadurch geltend machen, wenn ihm - wie er behauptet - die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf österreichischen Autobahnen mit 130 km/h nicht bekannt gewesen sein sollte. Letztlich ist es kaum glaubhaft, dass diese in Österreich bereits seit Jahrzehnten geltende Bestimmung nicht auch dem Berufungswerber als einen aus Kroatien stammenden Bauunternehmer und somit offenbar öfter das österreichische Staatsgebiet am Landweg durchquerend, nicht evident geworden wäre.

Da es sich beim Vorfallstag um einen Montag gehandelt hat, ist auf diesem Autobahnabschnitt von durchaus erheblichem Verkehrsaufkommen, insbesondere auch von Schwerverkehr, auszugehen.

5.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Ergänzend sei zur Strafzumessung ausgeführt, dass der von der Erstbehörde verhängten Geldstrafe in Höhe von 8.000 S, angesichts der günstigen Einkommensverhältnisse und trotz des zuzuerkennenden strafmildernden Umstandes der Geständigkeit und Unbescholtenheit, objektiv besehen, grundsätzlich nicht entgegenzutreten wäre. Der schwerwiegende Tatunwert derartiger Übertretungen liegt - wie auch die Behörde erster Instanz zutreffend dartut - insbesondere darin, dass mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten, insbesondere in einem derartigen Ausmaß erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung und somit erhöhte Unfallsneigung einhergeht. Dies gründet beispielsweise darin, dass bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg um über 156 Meter verlängert gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) ~140 m beträgt, liegt dieser bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit unter gleichen Bedingungen bei 295,84 m. Jene Stelle, wo bei der Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit das Fahrzeug zum Stillstand gelangt, wird bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bremskonditionen noch mit 162 km/h durchfahren (Berechnung mittels "Analyzer Pro 4").

Diesem Ergebnis liegt zugunsten des Berufungswerbers auch noch die Berücksichtigung einer Verkehrsfehlergrenze von sieben km/h zu Grunde. Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten, ist es nur unschwer nachvollziehbar, dass es bei derartigen Geschwindigkeitsüber-schreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren Konstellationen kommen kann, selbst wenn diese vom Schnellfahrer nicht unmittelbar herbeigeführt werden. Bei Fahrten auf Autobahnen trifft dies insbesondere auf die Einleitung von Überholvorgängen zu, wobei mit derart hohen Annäherungsgeschwindigkeiten am linken Fahrstreifen nicht gerechnet wird. Darin resultieren dann jene Verkehrsunfälle, die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt in solchen Fällen dann (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet.

6.2. Da letztlich der Berufungswerber bislang als gänzlich unbescholten zu gelten hat und er darüber hinaus glaubhaft auf seine Sorgepflichten hinwies - was von der Behörde erster Instanz mangels einer entsprechenden Angabe im erstinstanzlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden konnte - konnte hier dennoch mit einer Geldstrafe im Ausmaß von 6.000 S das Auslangen gefunden werden.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass bei einer Geschwindigkeitsüber-schreitung auf Autobahnen im Ausmaß von 50 km/h der Verwaltungsgerichtshof bereits im Jahr 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S als durchaus angemessen erachtete, selbst wenn sonst keine nachteiligen Folgen mit der Übertretung verbunden waren (VwGH 91/03/0014, 13.2.1991).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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