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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106894/9/Br/Bk

Linz, 11.04.2000

VwSen - 106894/9/Br/Bk Linz, am 11. April 2000

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine zweite Kammer (Vorsitzender: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Weiß und Berichter: Dr. Bleier) über die Berufung des Herrn R, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 16. Februar 2000, Zl. S-30.996/99-1, nach der am 11. April 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. S-30.996/99-1 wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 u. Abs.4 StVO 1960 eine Geldstrafe von 20.000 S und im Nichteinbringungsfall vierzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 5. September 1999 um 20.12 Uhr in Linz Kreuzung E den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt habe, wobei aufgrund der Alkoholisierungssymptome wie deutlicher Alkoholgeruch der Atemluft die Vermutung bestanden habe, er hätte sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden können und er sich folglich um 20.12 Uhr nach Aufforderung gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, geweigert habe, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Die Behörde erster Instanz folgte den Angaben des Meldungslegers, wonach sich demgegenüber der Berufungswerber sinngemäß mit den Worten weigerte, "sie können mich vergessen, der Alkotest interessiert mich nicht", der Atemluftuntersuchung Folge zu leisten. Erst nach abgeschlossener Amtshandlung habe der Berufungswerber den Atemlufttest im Wachzimmer energisch verlangt. Die Angaben des Ohrenzeugen A waren nicht geeignet für die Beurteilung des Ablaufes der Amtshandlung herangezogen zu werden, da diesem Zeugen nur einzelne "Brocken" der Konversation zugänglich wurden. Da ein Alkoholkonsum vom Berufungswerber selbst zugegeben wurde und somit glaubhaft auch entsprechende Symptome vorlagen, habe auch die Verpflichtung zum Alkotest bestanden.

Bei der Strafzumessung wertete die Behörde erster Instanz eine einschlägige Vormerkung als straferschwerend. Das Monatseinkommen wurde mangels Angaben mit 14.000 S bei keinem nennenswerten Vermögen angenommen.

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Straferkenntnis vollumfänglich entgegen.

Es werden Widersprüche in den Angaben der Meldungsleger eingewendet. Insbesondere habe er lediglich den Wunsch geäußert, vor der Fahrt zum Alkotest die Tasche noch in die Wohnung tragen zu dürfen, was ihm jedoch nicht gestattet worden sei. Die Angabe des Zeugen S lasse den Schluss zu, dass die Amtshandlung zwecks Vermeidung einer Eskalation unbegründet beendet wurde, wobei der Zeuge A wahrnehmen habe können, dass die Beamten ihn zur Seite schupsten ehe sie mit dem Streifenkraftwagen wegfuhren. Somit sei zumindest im Zweifel von keiner Testverweigerung auszugehen.

Auch die nachfolgende, auf Eigeninitiative durchgeführte Blutabnahme bzw. dessen Untersuchung ergab keine Alkoholbeeinträchtigung, was bei der Beweiswürdigung zu beurteilen sei.

Er beantrage daher abschließend die Einvernahme des Zeugen A vor dem Oö. Verwaltungssenat und die Aufhebung des Straferkenntnisses. Subsidiär rügt der Berufungswerber auch die Höhe der verhängten Geldstrafe und beantragt dessen Minderung auf die Mindeststrafe.

3. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und Erörterung des erstbehördlichen Verfahrensaktes und Verlesung der Zeugenaussage des A im Rahmen der Berufungsverhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung der einschreitenden Polizeibeamten und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

4.1. Der Berufungswerber wurde am 5. September 1999 um 20.10 Uhr von Organen der Bundespolizeidirektion Linz als Lenker eines Pkws einer Lenkerkontrolle unterzogen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits das Fahrzeug vor seinem Haus abgestellt und war im Begriffe sich in die ebenerdig gelegene Wohnung zu begeben.

Im Zuge der Amtshandlung, anlässlich deren er kurzfristig den Führerschein in seinem Ausweisetui nicht zu finden vermochte, war an ihm Alkoholgeruch aus dem Mund wahrnehmbar. Diesbezüglich befragt, bestätigte der Berufungswerber gegenüber den Polizeiorganen den Genuss eines "Viertels roten Gespritzten" kurz vor Antritt der gegenständlichen Fahrt. Diese erfolgte nur über eine kurze Wegstrecke und dauerte ca. sechs Minuten.

Angesichts der Amtshandlung kam es zu Unhöflichkeiten des Berufungswerbers deren Erwiderung letztlich auch seitens eines der einschreitenden Beamten nicht auszuschließen ist. Im Ergebnis wollte der Berufungswerber seine Tasche noch seiner Frau in die Wohnung bringen, weil diese die darin befindlichen Dokumente angeblich dringend benötigte. Dieser Gang in die Wohnung wurde dem Berufungswerber letztlich mit dem Hinweis verweigert, dass im Falle seiner Entfernung vom Ort der Amtshandlung dies als Verweigerung gelte. Als sich daraufhin der Berufungswerber dennoch zumindest in Richtung Haustür zu begeben begann, wurde die Amtshandlung offenbar bereits für beendet erklärt.

Die einschreitenden Beamten entfernten sich dann sogleich vom Ort der Amtshandlung, wobei sie den Führerschein des Berufungswerbers einbehielten.

Vom Zeitpunkt des Aussprechens der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung bis zur vermeintlichen Beendigung derselben lag eine Zeitspanne von etwa zwei Minuten. Dies ergibt sich auch aus der Anzeige, wenngleich im Straferkenntnis in wohl unzutreffender Weise der Lenk- und der Verweigerungszeitpunkt mit 20.12 Uhr ident bezeichnet wurden.

Bereits wenige Minuten später fuhr der Berufungswerber mit dem Fahrrad zum Wachzimmer E und begehrte dort nachdrücklich die Durchführung der Atemluftuntersuchung, welche ihm jedoch mit dem Hinweis auf die bereits abgeschlossene Amtshandlung verweigert wurde. In weiterer Folge begab er sich mit dem Taxi ins Krankenhaus um sich Blut abnehmen zu lassen, dessen Ergebnis einmal einen BAW von 0,09 und 0,00 Promille ergab. Dieses Ergebnis gab er im Zusammenhang mit der gegenständlichen Amtshandlung noch an diesem Abend bei der Bundespolizeidirektion Linz und abermals am Wachzimmer E bekannt. Wiederum wurde er auf den Verweigerungstatbestand im Zusammenhang mit der abgeschlossenen Amtshandlung hingewiesen.

4.2. Dem Berufungswerber ist mit Blick auf das Faktum der tatsächlichen Nüchternheit dahingehend zu folgen, dass er keine Alkotestverweigerung setzen wollte. Er legt glaubhaft dar, dass er lediglich die Tasche in die Wohnung bringen und er dies gegenüber den Beamten durchsetzen wollte. Da es auch aus dem Blickwinkel eines rechtsverbundenen Menschen als durchaus legitim angesehen werden kann, angesichts einer derartigen Amtshandlung den Wunsch zu äußern, mitgeführte Dokumente noch in die Wohnung bringen zu dürfen und dies vor dem Hintergrund der Sicherheit nicht alkoholisiert zu sein geschieht, kann im Verhalten des Berufungswerbers noch keine konkludente Verweigerung gesehen werden. Immerhin verblieben dem Berufungswerber nur zwei Minuten sein Anliegen gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht vorzutragen. Mit einer derart unvermittelten Beendigung der Amtshandlung musste der Berufungswerber angesichts der Umstände objektiv besehen jedoch nicht rechnen.

In einer eher noch ungeklärten Situation bereits nach zwei Minuten die Amtshandlung abzubrechen, muss insbesondere mit Blick auf die schwerwiegenden Folgen einer Verweigerung - der darüber hinaus nachweislich keine Alkoholisierung zu Grunde lag - als überzogen beurteilt werden. Der Berufungswerber legte auch dar, dass er keinesfalls verweigern wollte, was er durch seine nachfolgenden Bemühungen im dreimaligen Erscheinen bei Polizeidienststellen und seiner freiwilligen Blutuntersuchung, doch recht glaubwürdig unterstrich. Schließlich hat auch der Zeuge A in seiner Aussage vom 18.11.1999 vor der BPD Linz eher die Darstellung des Berufungswerbers bestätigt, wonach er mitfahren und nur zuvor die Tasche in der Wohnung deponieren habe wollen.

Nicht zuletzt blieben auch die Angaben der Meldungsleger nicht gänzlich widerspruchsfrei. Während etwa der Zeuge RevInsp. G ausführte, der Berufungswerber sei ins Haus gegangen, obwohl ihn RevInsp. S darüber aufgeklärt habe, dass dies einer Verweigerung gleichkäme, will Letzterer dies ausdrücklich nicht mehr beobachtet haben, weil man sich sogleich nach Erklärung des Endes der Amtshandlung mit dem Funkwagen entfernt habe. Während der Zeuge RevInsp. G vor der Behörde erster Instanz die Existenz einer Tasche mit Dokumenten, die der Berufungswerber ins Haus tragen zu dürfen begehrte, strikt verneinte, wurde dies anlässlich der Berufungsverhandlung zumindest vom Zeugen S im Ergebnis bestätigt. Eine Fehleinschätzung auch des Verweigerungstatbestandes an sich ist angesichts dieser Darstellungen der Meldungsleger zumindest nicht gänzlich unwahrscheinlich.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Es wird nicht übersehen, dass es für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung durch das Straßenaufsichtsorgan zur Atemluftmessung bereits genügt, wenn gegen den Aufgeforderten lediglich der Verdacht besteht, ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, um die gesetzliche Pflicht, sich der Atemluftuntersuchung zu unterziehen, auszulösen (VwGH 28.11.1975/192/75, ZVR 1976/247, sowie VwGH 23.1.1991, 90/03/0256). Auch ist jedes Verhalten des Betroffenen, das die Vornahme des Tests an dem vom Organ der Straßenaufsicht bestimmten Ort verhindert, grundsätzlich als Verweigerung zu qualifizieren.

Gesteht man dem Meldungsleger hier auch noch zu, selbst bei objektiver Nüchternheit im Lichte des zugestandenen geringfügigen Alkoholkonsums bereits ein entsprechendes Symptom - allenfalls auch nur Mundgeruch - wahrgenommen zu haben, ist damit die Aufforderung als zu Recht ausgesprochen qualifizierbar. Grundsätzlich hat aber ein den Verweigerungstatbestand auslösendes Verhalten in sich schlüssig und über jeden Zweifel erhaben sein. Hiefür hätte es des Beweises einer einwandfrei auch in der subjektiven Willenssphäre des Berufungswerbers gründenden Verweigerungsabsicht bedurft, die hier (noch) nicht angenommen werden konnte. Der bloße Wunsch eines Probanden, noch kurz in die Wohnung gehen zu dürfen, lässt aus objektiver Sicht für sich alleine noch nicht den zwingenden Schluss auf eine Verweigerungsabsicht zu, wenn etwa hier vom Zeitpunkt der Aufforderung nur zwei Minuten verstrichen waren (vgl. VwGH 92/03/0167, 21. 9. 1994, mit Hinweis auf VwGH 93/03/0170, 2. 3. 1994 mit weiterem Judikaturhinweis). Anders würde es sich im Falle der Hintanhaltung eines Nachtrunkes verhalten.

Die Rechtsauslegung hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen und es kann in diesem Lichte nicht im alleinigen Gutdünken der Straßenaufsichtsorgane liegen, das Ende einer Amtshandlung mit so weittragenden Folgen vor Ort einerseits so eng und zeitlich so knapp zu halten, dass einem Betroffenen im Ergebnis jede weitere Möglichkeit einer Artikulation versagt ist.

Daher war hier im Zweifel zumindest vom Fehlen einer Verweigerungsabsicht auszugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

 

Dr. L a n g e d e r

Beschlagwortung:

Verweigerungstatbestand, objektive Kriterien

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