Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106910/10/SR/Ri

Linz, 25.05.2000

VwSen-106910/10/SR/Ri Linz, am 25. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Langeder, über die Berufung des R L, Ustraße, E, gegen das Straferkenntnis (Spruchpunkt 1) des Bezirkshauptmannes von E, vom 13. März 2000, Zl. VerkR96-147-2000, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), nach der Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2000, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen Spruchpunkt 1 wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Rechtsgrundlage "§ 5 Abs.2 StVO iVm § 99 Abs.1 lit. b StVO zu lauten hat".

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, ds. 3.200 S (entspricht  232,55 €) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis (Spruchteil 1) wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 8.1.2000 um 20.45 Uhr das Damenfahrrad, Marke Puch im Gemeindegebiet E auf dem Kplatz in Richtung S bis zum Ort der Anhaltung in Höhe des Hauses S, E in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und haben nach festgestellten Alkoholisierungssymptomen, wie deutlicher Alkoholgeruch, schwankender Gang, lallende Sprache, deutliche Bindehautrötung etc., der Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht am 8.1.2000 um 20.50 Uhr in E vor dem Hause S, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, keine Folge geleistet (den Alkotest verweigerten Sie mit den Worten, dass Sie nicht blasen werden), ....

Verwaltungsübertretung(en) nach

§ 5 Abs. 2 StVO iVm § 99 Abs. 1 lit.b StVO

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO wird über den Beschuldigten folgende Strafe verhängt:

S 16.000,--. Ersatzfreiheitsstrafe: 384 Std.

Ferner hat er zu zahlen: Gemäß § 64 VStG: S 1.600,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (für 1 Tag Freiheitsstrafe ist gleich S 200,-- anzurechnen);"

2. Gegen dieses dem Bw am 13. März 2000 mündlich verkündete Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 22. März 2000 - und damit rechtzeitig - persönlich bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Berufung gegen Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wird unter der Zahl VwSen-106911 durch das zuständige Einzelmitglied entschieden.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass der Tatbestand auf Grund des Ermittlungsverfahrens und des Geständnisses des Beschuldigten erwiesen sei und bei der Bemessung der Strafe auf § 19 VStG hinreichend Bedacht genommen worden sei.

2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass er "niemals den Tatbestand des `Betrunkens Fahren´ mit dem Fahrrad zugegeben habe und auch nicht gefahren sei. Das in Frage kommende Fahrrad sei bei der Post in E ordnungsgemäß abgestellt gewesen. Den Alkotest hätte er verweigert, weil er nicht `mitfahren´ hätte wollen."

3. Die Bezirkshauptmannschaft E als Behörde erster Instanz hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 6. Kammer zur Entscheidung zuständig.

3.1. Für den 10. Mai 2000 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien, der Meldungsleger Rev.Insp A als Zeuge und der Zeuge Rev.Insp H geladen wurden. Der Bw ist trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.

Der Meldungsleger gab an, dass er im Zuge des Streifendienstes den Bw auf dem Kplatz, Richtung S, mit dem Fahrrad ohne Licht fahrend wahrgenommen hat. Da der Bw, der Aufforderung das Licht einzuschalten nicht nachgekommen war, wurde der Streifenwagen gewendet. Der Bw war zwischenzeitlich abgestiegen, hatte das Fahrrad in E, vor dem S an die Hauswand gelehnt und stand auf dem Gehsteig. Im Zuge der Amtshandlung wurde festgestellt, dass der Bw deutlich schwankte, kaum stehen konnte, gerötete Bindehäute und massiven Alkoholgeruch aus dem Mund aufwies. Auf Grund dieser Feststellung wurde der Bw zur Atemluftkontrolle mittels Alkomat aufgefordert. Der Bw hat dies mit "Ich blase nicht" verweigert. Darauf wurde der Bw auf die Folgen der Verweigerung der Atemluftuntersuchung hingewiesen. Ob der schwer alkoholisierte Bw dies verstanden hat ist nicht ganz sicher. Die Atemluftuntersuchung hätte im ca. 400 Meter entfernten Gendarmerieposten durchgeführt werden sollen. Nachdem der Bw die Atemluftuntersuchung verweigert hatte und über die Folgen der Verweigerung aufgeklärt worden war, wurde die Amtshandlung für beendet erklärt. Der Bw hat sich Richtung stadtauswärts entfernt. Das Berufungsvorbringen entspricht nicht den Tatsachen. Zum Zeitpunkt der Amtshandlung war das Fahrrad am oben bezeichneten Ort in einem stark beschädigten Zustand abgestellt. Im Zuge dieser wurde der Bw zur Ausweisleistung aufgefordert. Er hat sich mit einer Sozialversicherungskarte, die noch seinen Ledigennamen trug, ausgewiesen.

Der anschließend vernommene Zeuge bestätigte mit seiner Aussage im Wesentlichen die Angaben des Meldunglegers und gab darüber hinaus an, dass der Bw stark alkoholisiert war und man mit ihm deutlich sprechen musste.

3.2. Auf Grund der durchgeführten Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat am 8. Jänner 2000, um 20.45 Uhr das Damenfahrrad, Marke Puch, im Gemeindegebiet E, Bezirk E, auf dem Kplatz, in Richtung S gelenkt. Im Zuge der Amtshandlung wurden deutliche Alkoholisierungsmerkmale (deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund und lallende Aussprache) festgestellt. Es lag somit der Verdacht nahe, dass sich der Bw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand oder zur Zeit des Lenkens befunden hat. Trotz deutlicher Aufforderung (durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ) die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen und entsprechender Rechtsbelehrung über die Folgen der Verweigerung hat der Bw die Atemluftuntersuchung am 8. Jänner 2000, um 20.50 Uhr mit den Worten "ich blase nicht" verweigert. Anschließend wurde die Amtshandlung beendet und der Bw hat sich zu Fuß entfernt.

3.3. Im Gegensatz zu dem in sich widersprüchlichen Vorbringen des Bw kann den übereinstimmenden Angaben der einvernommenen Zeugen nicht die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden. Diese Aussagen sind schlüssig, nachvollziehbar und im Kernbereich der Anlastung bestimmt. Das Vorbringen des Bw ist dagegen geprägt vom Wechsel zwischen Setzung des Tatbestandes, fehlendem Verschulden, falscher Tatortanlastung und Geständnisbereitschaft betreffend der Alkotestverweigerung.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 5 Abs.2 StVO (auszugsweise):

Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder ...

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

§ 5 Abs.4 StVO

Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs.2) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

Gemäß § 99 Abs.1 lit. b leg.cit. begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der im § 5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

4.2. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; ........

Nach Lehre und Judikatur kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw.

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. (Siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969).

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist nicht nur berechtigt, sondern zur Vermeidung einer in einem Verstoß gemäß § 44a Ziffer 1 bis 3 VStG gelegenen inhaltlichen Rechtswidrigkeit verpflichtet, eine entsprechende Änderung in seinem Spruch vorzunehmen. Es war daher die Spruchänderung durchzuführen, zumal die Identität der Tat gegeben ist und rechtzeitige und geeignete Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind (vergleiche ua. VwGH vom 30. 9.1999, Zl 97/02/0305, 20.10.1999, Zlen 99/03/0340, 99/03/0067, 15.11.1999, Zl 96/10/0185).

4.3. Der festgestellte Sachverhalt ist durch die übereinstimmenden Aussagen des Zeugen und des Meldunglegers erwiesen. Die einschreitenden Organe waren auf Grund der vorliegenden Merkmale, die auf eine Alkoholbeeinträchtigung hingewiesen haben, und der Tatsache, dass der Bw das Fahrrad in diesem Zustand gelenkt hat, berechtigt, den Bw aufzufordern, beim nächstgelegenen Gendarmerieposten die Atemluft auf Alkoholbeeinträchtigung untersuchen zu lassen. Durch die Aussage des Bw "ich blase nicht" ist der Tatbestand erfüllt und mit der Beendigung der Amtshandlung setzte die Strafbarkeit ein. Der Bw hat die Verweigerung als solche nicht bestritten. Dass der Bw etwa aus medizinischen Gründen unfähig gewesen wäre, die Atemluftprobe abzulegen, ist nicht hervorgekommen.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Die Ansicht des Bw in der Verhandlungsschrift der Behörde erster Instanz und in der Berufung durch die Amtshandlung ausschließlich "sekkiert" worden und "nicht betrunken gewesen zu sein", ist durch das Beweisergebnis widerlegt bzw. nicht bestätigt worden und reicht zur "Glaubhaftmachung" des mangelnden Verschuldens nicht aus.

4.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr jeweils festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG voll im Einklang stehend, sodass der unabhängige Verwaltungssenat keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung festzustellen vermochte.

Die Strafzwecke der General- und Spezialprävention stehen einer Herabsetzung der Mindeststrafe entgegen.

Das angefochtene Straferkenntnis war mit Maßgabe der Spruchänderungen zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Kostenbeitrag in der Höhe von 3.200 S (entspricht  232,55 €) d.s. 20 % der Geldstrafe, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

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