Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105407/12/BI/KM

Linz, 29.06.1998

VwSen-105407/12/BI/KM Linz, am 29. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn P S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W W, Dr. H H, vom 14. April 1998, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. März 1998, VerkR96-18802-1996-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung samt Verkündung der Berufungsentscheidung am 26. Juni 1998 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 2. Alt. und 66 VStG, §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.000 S (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 19. September 1996 um 10.12 Uhr im Gemeindegebiet von A auf der Westautobahn A1 bei Km 160,450 (Baustelle mit Gegenverkehr) in Richtung S den Pkw Kennzeichen im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 60 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h gelenkt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 26. Juni 1998 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers sowie seines rechtsfreundlichen Vertreters durchgeführt und die Berufungsentscheidung mündlich verkündet. 3. Der Rechtsmittelwerber führt im wesentlichen aus, die Erstinstanz hätte den Meldungsleger zu einer näheren Präzisierung des "Tatortes" vernehmen müssen. Aus dem Radarfoto sei nicht ersichtlich, daß der Straßenverlauf den im Plan ersichtlichen "Knick" einnehme und außerdem sei die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht ausreichend bzw. ordnungsgemäß kundgemacht worden. Die weiteren Einwendungen betreffen die Strafhöhe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Erhebungen bei der Autobahnmeisterei Ansfelden sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, die im wesentlichen Rechtsfragen klärte.

Folgender Sachverhalt ist wesentlich: Der Lenker des Pkw wurde zur Anzeige gebracht, weil er am 19. September 1996 um 10.12 Uhr bei Km 160,450 auf der Westautobahn A1, zum damaligen Zeitpunkt eine Baustelle mit Gegenverkehr, in Fahrtrichtung Salzburg trotz der erlaubten Höchstgeschwindigkeit 60 km/h eine solche von 116 km/h eingehalten habe. Laut Anzeige wurden gemäß den Verwendungsbestimmungen 5 % von der mittels Radargerät Multanova 6F vom Meldungsleger Insp. H gemessenen Geschwindigkeit von 116 km/h abgezogen und eine Geschwindigkeit von 110 km/h der Anzeige sowie dem von der Erstinstanz eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren zugrundegelegt. Im Akt befindet sich eine Kopie der Radarfotos, aus dem das Kennzeichen des Pkw eindeutig hervorgeht. Im Rahmen der Lenkerauskunft wurde der Rechtsmittelwerber als damaliger Lenker des Fahrzeuges bekanntgegeben. Im Akt befindet sich die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vom 14. November 1996, Zl. 138.001/124-IA/31-96, mit der aufgrund des § 43 Abs.1a StVO 1960 zur Durchführung von Bauarbeiten (Generalsanierung Enns-Asten) von Km 154,720 bis Km 160,620 (Richtungsfahrbahn Salzburg) sowie von Km 160,677 bis Km 154,725 (Richtungsfahrbahn Wien) der Westautobahn A1 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit bis 29. November 1996 auf 60 km/h beschränkt wurde, wobei die Verordnung gemäß § 44 StVO durch entsprechende Straßenverkehrszeichen kundzumachen war.

Aus dem Eingangsstempel des LGK für Oö., Außenstelle Haid, geht hervor, daß die Verordnung am 21. November 1996 dort eingelangt ist. Im Akt befindet sich weiters ein Auszug aus der Verhandlungsschrift betreffend die gegenständliche Verordnung, aus dem hervorgeht, daß aufgrund der Ausfahrt Asten/St. Florian in Richtungsfahrbahn Salzburg im Gegenverkehrsbereich ab Km 159,780 die Geschwindigkeit auf 60 km/h begrenzt werden müsse. Gleiches ergibt sich aus dem angeschlossenen Aufstellungsplan der Verkehrszeichen: Auch dort ist ersichtlich, daß die 60 km/h-Beschränkung in Fahrtrichtung Salzburg bei Km 159,780 beginnt und bei Km 160,620 endet. Ort der dem Rechtsmittelwerber vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung ist Km 160,450, laut Plan im ersten Abschnitt der Überführung des Verkehrs in Richtung Salzburg vom Gegenverkehrsbereich zurück auf die rechte Richtungsfahrbahn der A1 gelegen. Erhoben wurde bei der Autobahnmeisterei Ansfelden, daß die in Rede stehenden Verkehrszeichen gemäß §§ 52a Ziffern 10a und 10b StVO 1960 von Bediensteten der Autobahnmeisterei aufgestellt wurden, wobei diese sich am oben zitierten Aufstellungsplan orientiert haben. Laut Auskunft der Autobahnmeisterei ist ein Abwarten des Eintreffens einer solchen Verordnung deswegen nicht zielführend, weil die Bauarbeiten schon früher beginnen - im gegenständlichen Fall war die 60 km/h-Beschränkung bis 29. November 1996 befristet und die Verordnung langte erst am 21. November 1996 bei der Autobahngendarmerie Haid ein - sodaß im gegenständlichen Fall tatsächlich der Beginn der 60 km/h-Beschränkung, wie im Plan eingezeichnet, bei Km 159,780 in Fahrtrichtung Salzburg kundgemacht wurde.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 52a Z10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Gemäß § 44 Abs.1 StVO 1960 sind die im § 43 bezeichneten Verordnungen durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft.

Grundlage für die in Rede stehende Geschwindigkeitsbeschränkung "60 km/h" ist die oben angeführte Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vom 14. November 1996. Aus dieser geht jedoch ein Beginn der 60 km/h-Beschränkung in Fahrtrichtung Salzburg bei Km 154,720 hervor, während die tatsächliche Kundmachung bei Km 159,780 erfolgte, die demnach als nicht ordnungsgemäß anzusehen war. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Alternative VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet. Da eine nicht ordnungsgemäß kundgemachte Verordnung nicht in der Lage ist, Rechtswirkungen zu entfalten und die Geschwindigkeitsbeschränkung "60 km/h" in rechtlicher Hinsicht somit nicht existent war, kann dem Rechtsmittelwerber eine Überschreitung dieser "Geschwindigkeitsbeschränkung" nicht vorgeworfen werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Naturgemäß fallen auch keinerlei Verfahrenskostenbeiträge an. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht -> Einstellung des Verfahrens nach 3 45 Abs.1 Z1 zweite Alternative VStG.

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