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VwSen-105429/2/GU/Mm

Linz, 11.05.1998

VwSen-105429/2/GU/Mm Linz, am 11. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des J. L., gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, wegen Übertretung der StVO 1960 verhängten Strafe zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 5.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 500 S herabgesetzt.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 e Abs.2 VstG, § 20 2.HS VStG, § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, § 100 Abs.5 StVO idFd Kundmachung BGBl.Nr. I 129/1997, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 10.6.1997 um 23.45 Uhr das Motorfahrrad mit dem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf der B 124 bei Straßenkilometer 5,42 im Ortsgebiet von gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 begangen zu haben.

In Anwendung des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 8.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 800 S auferlegt.

In seiner gegen die Höhe der Strafe gerichteten Berufung, gesteht der Rechtsmittelwerber, wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren, die Tat reumütig ein, gibt jedoch zu bedenken, daß er das Mofa ohne laufenden Motor getreten und gelenkt habe und niemanden gefährdet habe.

Aufgrund der Unbescholtenheit, seiner Jugend und seinem fehlenden Einkommen als Schüler, beantragt er die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes und ersucht um Herabsetzung der Strafe.

Der Berufung kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Da der Rechtsmittelwerber nur gegen die Höhe der Strafe berief und im übrigen nicht ausdrücklich die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung begehrt, konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Bei der Bemessung der Strafe war folgendes zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 VStG ist beim Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen oder für den Fall, daß der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, das außerordentliche Milderungsrecht anzuwenden und kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Nach der Interpretation des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Worte "kann" gegenüber der Behörde eine zwingende Natur zu.

Wer in einem durch alkohol- oder suchtgiftbeeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, begeht nach § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 100 Abs.5 StVO 1960 war bis 19.11.1997 das außerordentliche Milderungsrecht bei einem Alkoholdelikt nicht anzuwenden. Aufgrund der maßgeblichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 9.10.1997, G216/96-12, kundgemacht und daher wirksam mit 20.11.1997, wurde die Ziffer 20 in der vorerwähnten Gesetzesstelle aufgehoben. Demnach gilt das außerordentliche Milderungsrecht auch bei Alkoholdelikten.

Der Beschuldigte ist am ..geboren und war zur Tatzeit am 10.6.1997 Jugendlicher und daher schon als solcher zwangsläufig in den Geltungsbereich des außerordentlichen Milderungsrechtes einbezogen.

Das Straferkenntnis der BH Freistadt ist am 16.3.1998 ausgefertigt und am 20.3.1998 versendet, somit an diesem Tag erlassen worden.

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Letztere Regel trifft zu.

Im gegenständlichen Fall betrug daher der Strafrahmen in Geld von 4.000 S bis 50.000 S und an Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden bis sechs Wochen.

Ausgehend von diesen Prämissen war daher der Unrechtsgehalt der Tat zu gewichten. Angesichts des Umstandes, daß der Beschuldigte das Mofa getreten hat und es sich um ein einspuriges Fahrzeug handelte, wobei die Eigengefährdung sicher höher anzusetzen ist, als bei einem geschlossenen Kraftfahrzeug, andererseits jedoch das Alkoholisierungsausmaß mit 0,83 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft als beträchtlich anzusehen war, kam der Tat jedenfalls mehr als ein mittleres Gewicht zu.

Auch wenn es sich beim Beschuldigten um keine geprüfte Person mit Lenkerberechtigung handelte, so konnte bei einem 17 1/2-jährigen, was das Einsichtsvermögen anlangt, keine leichte Fahrlässigkeit mehr angenommen werden und war auch das Verschulden gewichtig.

Ein besonderer Erschwerungsgrund ist im erstinstanzlichen Verfahren nicht in Erscheinung getreten. Als mildernd war dem Rechtsmittelwerber zugute zu halten, daß er ein reumütiges Geständnis abgelegt hat und daß er unbescholten ist.

Bei der Strafbemessung zu berücksichtigen war auch die Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Rechtsmittelwerbers.

In der Zusammenschau aller Umstände kam der O.ö. Verwaltungssenat daher zur Überzeugung, daß zwar nicht die Mindeststrafe, aber eine Strafe an der Untergrenze des durch das außerordentliche Milderungsrecht geprägten Strafrahmens gerechtfertigt war.

Dem zufolge war auch die Ersatzfreiheitsstrafe verhältnismäßig zu reduzieren und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag aufgrund des gesetzlichen Hebesatzes von 10 Prozent der Geldstrafe anzupassen.

Nachdem die Berufung Erfolg hatte, befreit dies den Rechtsmittelwerber von der Pflicht zur Leistung von Kostenbeiträgen für das Berufungsverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: außerordentliches Milderungsrecht bei Jugendlichen zwingend nunmehr auch bei Alkoholdelikt

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