Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105490/4/BI/FB

Linz, 17.08.1998

VwSen-105490/4/BI/FB Linz, am 17. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J S, B, S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M L & Partner, S, B, vom 24. April 1998 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 15. April 1998, VerkR96-9434-1998-Shw, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 verhängten Strafen, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Im Punkt 1) werden sowohl die Geld- als die Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt. Im Punkt 2) wird die Geldstrafe bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch auf 18 Stunden herabgesetzt. In den Punkten 3), 4) und 7) werden die Geldstrafen bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafen jedoch auf je 12 Stunden herabgesetzt. In den Punkten 5) und 6) werden die Geldstrafen auf je 300 S und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 12 Stunden herabgesetzt. Im Punkt 8) wird die Geldstrafe auf 200 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt.

Der Rechtsmittelwerber hat im Punkt 1) zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz den Betrag von 240 S, ds 20 % der Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten. Im Punkt 2) bleibt der Verfahrenskostenbeitrag mit 50 S, in den Punkten 3), 4) und 7) mit je 40 S aufrecht. Ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt jeweils. In den Punkten 5) und 6) ermäßigt sich der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf je 30 S, im Punkt 8) auf 20 S; auch hier entfallen Kostenbeiträge zum Rechtsmittelverfahren.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, § 134 Abs.1 KFG 1967. zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85, 2) § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.6 EG-VO 3820/85, 3) § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.7 Abs.1 EG-VO 3820/85, 4) § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.7 Abs.1 EG-VO 3820/85, 5) § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.15 Abs.2 EG-VO 3821/85, 6) § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.15 Abs.2 EG-VO 3821/85, 7) § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.7 Abs.1 EG-VO 3820/85 und 8) § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm Art.7 Abs.1 EG-VO 3820/85 Geldstrafen von 1) 1.200 S (36 Stunden EFS), 2) 500 S (24 Stunden EFS), 3), 4), 5), 6) und 7) je 400 S (je 24 Stunden EFS) und 8) 300 S (12 Stunden EFS) verhängt, sowie ihm einen Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 400 S auferlegt.

2. Gegen die Höhe dieser Strafen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. In der Berufung, die sich ausdrücklich gegen die Höhe der Strafe richtet, wird beantragt, die Strafe um 50 %, sohin auf einen Betrag von 2.000 S, zu reduzieren und dies damit begründet, daß der Beschuldigte mit dem LKW lange an der Grenze stehen habe müssen, wobei er verderbliche Waren, nämlich Fleischprodukte, die zur Herstellung von Gelatine und anderen industriellen Produkten verwendet werden, geladen gehabt habe. Durch die unerwartet langen erzwungenen Stehzeiten an der Grenze sei er unter besonderem Zeit- und Lieferdruck gestanden, zumal die Gefahr bestanden habe, daß die geladenen Fleischprodukte verderben und für den Endzweck nicht mehr brauchbar seien. Es sei daher auch ein hohes finanzielles Risiko vorhanden gewesen. Aus diesem Grund habe er die Ruhezeiten letztlich nicht eingehalten und sei längere Strecken gefahren. Diese Umstände begründeten ein Minderverschulden, sodaß ersucht werde, die Strafen im Sinne des Berufungsantrages herabzusetzen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber am 20. Februar 1998 gegen 16.20 Uhr ein auf die Firma A M Transporte, M, zugelassenes Sattelkraftfahrzeug auf der R Bundesstraße von H kommend in Richtung R gelenkt hat, wobei im Zuge einer Gendarmeriekontrolle anhand der mitgeführten Schaublätter festgestellt wurde, daß der Rechtsmittelwerber in 8 Fällen die Lenkzeit überschritten, keine ausreichenden Lenkpausen eingehalten, die durchgehende Ruhezeit unterschritten und das Schaublatt über den 24-Stunden-Zeitraum hinaus verwendet bzw bereits vor Ablauf der 24 Stunden aus dem Kontrollgerät entnommen hat. Gegenüber dem Meldungsleger RI Katzlberger hat er sich dahingehend geäußert, er sei die Tour nach Italien zum ersten Mal gefahren und habe keine richtige Einteilung gehabt, weshalb es sich mit Lenkzeiten und -pausen nicht ausgegangen sei. Dem Verfahrensakt ist nicht zu entnehmen, woraus die Ladung bestanden hat. Im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 25. März 1998 hat der Rechtsmittelwerber ausgeführt, er habe von seinem Arbeitgeber gewisse Vorgaben, die er einhalten müsse, sodaß die Einhaltung der Ruhezeiten für ihn unmöglich sei. Um eine reibungslose Abwicklung und Einhaltung des Zeitplanes beim Ab- und Beladen des LKW zu gewährleisten, müsse er leider ab und zu länger fahren als erlaubt, denn wenn er die geforderte Leistung nicht erbringe, habe das den Verlust seines Arbeitsplatzes zur Folge. Er sei gerade in ein neuerbautes Eigenheim eingezogen und eine Arbeitslosigkeit wäre für ihn untragbar, zumal seine Gattin im Augenblick arbeitslos sei und eine Abzahlung der durch den Neubau entstandenen Schulden dann nicht mehr möglich wäre. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Der Strafrahmen des § 134 Abs. 1 KFG 1978 reicht bis zu 30.000 S Geldstrafe bzw im Nichteinbringungsfall bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt ist ersichtlich, daß im Straferkenntnis die Strafen gegenüber den in der Strafverfügung verhängten bereits insgesamt um 2.800 S herabgesetzt wurden. Aus der Begründung des Straferkenntnisses läßt sich ersehen, daß die Erstinstanz die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers - zutreffend als Milderungsgrund gewertet und - nicht näher dargelegte - Einkommensverhältnisse berücksichtigt hat. Die Herabsetzung der Strafen erfolgte auf Grund seiner Einspruchsangaben und der daraus abgeleiteten Einsicht des Rechtsmittelwerbers.

Mit Schreiben vom 8. Juli 1998 wurde der Rechtsmittelwerber zHd seines Rechtsvertreters ersucht, seine finanziellen Verhältnisse nachzuweisen sowie die Richtigkeit seiner Behauptung, er habe leicht verderbliche Fleischprodukte befördert, zu belegen. Bei der Zulassungsstelle der Erstinstanz wurde nämlich in Erfahrung gebracht, daß es sich beim - mittlerweile abgemeldeten - Sattelanhänger nicht um einen Kühlanhänger gehandelt hat. Für den Fall der Nichtbekanntgabe des monatlichen Nettoeinkommens des Rechtsmittelwerbers wurde dieses auf 15.000 S geschätzt. Dem rechtsfreundlichen Vertreter wurde das Schreiben laut Rückschein am 10. Juli 1998 zugestellt; er hat innerhalb der dreiwöchigen Frist nicht darauf reagiert, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat gemäß seiner Ankündigung vom vorliegenden Akteninhalt sowie der genannten Einkommensschätzung ausgeht. Zunächst ist zu sagen, daß der Unrechtsgehalt der im Punkt 1) zur Last gelegten Übertretung, nämlich der Einhaltung einer Ruhezeit von nur 5 gegenüber den vorgesehenen 11 Stunden, relativ hoch ist, weil dabei nicht die positive Einstellung des Lenkers eines Sattelzuges zur Arbeit, sondern die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer, die durch übermüdete Lenker von Schwerfahrzeugen gefährdet werden, im Vordergrund steht. Eine gegenüber der Strafverfügung weitergehende Herabsetzung der Strafe war schon aus diesem Grund nicht gerechtfertigt, zumal eine derartige Mißachtung der Ruhezeiten auf vorsätzliche Tatbegehung schließen läßt und der Rechtsmittelwerber als Berufskraftfahrer von Übertretungen ähnlicher Art abgehalten werden muß. Die Strafe entspricht auch der Einkommensschätzung auf 15.000 S netto monatlich, wobei von der Vermögenslosigkeit und der Sorgepflicht für die Gattin auszugehen ist. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe günstig berechnet, sodaß auch hier eine Herabsetzung nicht erfolgen konnte. Die in den Punkten 2), 3), 4) und 7) verhängten Geldstrafen sind sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen angemessen, als auch entsprechen sie den oben angeführten finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Die Ersatzfreiheitsstrafen wurden gemäß dem im oben genannten Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 im Verhältnis zur Geldstrafe leicht herabgesetzt, auch um dem Rechtsmittelwerber allein aus der Einbringung der Berufung keine Nachteile hinsichtlich des Kostenbeitrages zum Rechtsmittelverfahren erwachsen zu lassen. In den Punkten 5), 6) und 8) war eine geringfügige Herabsetzung der Strafen zu verantworten, weil die bloß etwas zu lange Verwendung des jeweiligen Schaublattes keinen so großen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist. Auch hier wurde die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis zur neu festgesetzten Geldstrafe bemessen.

Grundsätzlich ist aber zu sagen, daß es für die Behauptung des Rechtsmittelwerbers, er wäre deshalb unter Zeitdruck gestanden, weil er leicht verderbliche Fleischprodukte geladen gehabt habe, keinen Beweis gibt. Auch muß jeder Kraftfahrzeuglenker mit längeren Stehzeiten an einem Grenzübergang rechnen, sodaß eine "Aufholjagd" unter Außerachtlassung der auch zum Schutz des Arbeitnehmers normierten Ruhezeiten unnötig war. Dabei wird auch nicht unbedacht gelassen, daß vonseiten der Arbeitgeber enormer Druck auf die im Güterferntransport beschäftigten Lenker ausgeübt wird, den diese durch am Limit liegende Fahrzeiten auszugleichen bemüht sind. Im Interesse der Verkehrssicherheit ist aber eine entsprechende nachdrückliche Ahndung gröberer Verstöße unumgänglich. Es steht dem Rechtsmittelwerber frei, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Herabsetzung der Geldstrafen wegen geringerem Unrechtsgehalt; Herabsetzung der EFS infolge Umrechnung aus dem Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG

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