Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105500/7/Ki/Shn

Linz, 15.10.1998

VwSen-105500/7/Ki/Shn Linz, am 15. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des Albert I, vom 5. Mai 1998 gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 28. April 1998, VerkR96-1346-1998-OJ, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Oktober 1998 wie folgt erwogen:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 28. April 1998, VerkR96-1346-1998-OJ, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 288 Stunden) verhängt, weil er am 6.4.1998 um 18.15 Uhr den PKW, Ford Sierra, Kennz., in 4040 Gramastetten am Güterweg Großambergstraße in Richtung Neuhauserweg bis Neuhauserweg Nr. 24 gelenkt und sich bis 19.50 Uhr am GPK-4048 Puchenau geweigert hat, sich zum Zwecke der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Suchtgift zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt bringen zu lassen, obwohl er von einem Organ der Straßenaufsicht aufgefordert wurde, da wegen der bei ihm festgestellten Symptome wie große Nervosität, zugegebener Rauschgiftkonsum, er verdächtig war, den PKW in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 1.200 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 5. Mai 1998 Berufung. Er führt im wesentlichen aus, daß er nach der Niederschrift eines Protokolles aufgefordert wurde, sich einer klinischen Untersuchung zu unterziehen, mit dem Hinweis, daß diese ca 1.300 S kosten würde. Als er daraufhin den Beamten fragte, ob eine Verweigerung der Untersuchung den Entzug seines Führerscheines zur Folge hätte, sei dieses von dem Beamten ausdrücklich verneint worden. Er habe daraufhin die Untersuchung aus rein finanziellen Gründen verweigert, da er nach längerer Arbeitslosigkeit erst seit 2.3.1998 wieder einen Arbeitsplatz habe. Erst bei der Strafverhandlung vor der Erstbehörde habe er erfahren, daß die Verweigerung einer klinischen Untersuchung die Verletzung von Rechtsvorschriften darstelle.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden. I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Oktober 1998. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden der Beschuldigte sowie RI Josef Rabeder als Zeuge einvernommen. Der Bw führte über Befragen aus, es sei richtig, daß er bis zum 4. April gelegentlich Marihuanagras in Form einer Zigarette geraucht habe. Zum Vorfallszeitpunkt sei er am Weg von der Arbeit nach Hause gewesen, die Beamten seien ihm bis zu seinem Wohnhaus nachgefahren und hätten in der Folge nach Autopapieren gefragt und ihn aufgeklärt, daß sie einen Hausdurchsuchungsbefehl für das Kellerabteil hätten. Es sei in der Folge die Hausdurchsuchung durchgeführt worden, im Anschluß daran sei am GP Puchenau ein Protokoll aufgenommen worden. Er sei freiwillig zum Gendarmerieposten mitgefahren. Zu Hause sei er nicht aufgefordert worden, eine klinische Untersuchung vornehmen zu lassen, diese Aufforderung sei im Anschluß an die Protokollaufnahme am GP Puchenau erfolgt. Er sei vom Beamten dahingehend aufgeklärt worden, daß die Untersuchung 1.300 S kosten würde, worauf er der Aufforderung nicht Folge leistete. Vorher habe er den Beamten noch befragt, ob die Verweigerung den Entzug einer Lenkberechtigung nach sich ziehe, dies habe der Gendarmeriebeamte verneint. Er habe die Erklärung des Gendarmeriebeamten dahingehend interpretiert, daß die Verweigerung sowohl hinsichtlich Führerscheinentzug als auch hinsichtlich Bestrafung sanktionslos sei und er sei auch nicht belehrt worden, daß die Verweigerung verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen könnte. Es sei ihm vorgekommen, als wäre eine klinische Untersuchung im Gutdünken des Beamten gestanden. Zum Vorbringen der Meldungsleger, er habe sehr nervös gewirkt, erklärte dies der Bw mit der Amtshandlung durch vier Gendarmeriebeamte in seiner Wohnung. Er habe am Vorfallstag aus seiner Sicht keine gesundheitlichen Probleme gehabt, er arbeite als Maschinenschlosser und könne es sich daher nicht erlauben, sich durch Alkohol oder Suchtgift zu beeinträchtigen.

Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger führte im wesentlichen aus, daß ihm bereits zwei Tage vorher bekannt wurde, daß es diesbezüglich Probleme geben könnte. Die Anhaltung des Bw sei dann im Rahmen einer Verkehrskontrolle erfolgt. Der Bw sei das erstemal vor seinem Fahrzeug aufgefordert worden, sich klinisch untersuchen zu lassen. Die Aufforderung wurde vornehmlich aufgrund des Wissens, daß Hanf angepflanzt wurde, vorgenommen. Weiters sei dem Meldungsleger aufgefallen, daß der Bw nervös wirkte (Zittern der Hände, persönliches Erscheinungsbild). Der Zeuge erklärte, daß der Bw bei der Amtshandlung vernünftig war, daß ein gutes Gesprächsklima herrschte und es auch bei der Aufnahme der Niederschrift keinerlei Probleme gegeben hätte. Er habe den Bw mit seinem Fahrzeug fahren gesehen, in diesem Zusammenhang sei ihm nichts besonderes aufgefallen.

I.5. Nach freier Beweiswürdigung hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen: Gemäß §§ 5 Abs.5 iVm 5 Abs.9 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zu bringen; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Nach dieser Bestimmung ist ein Organ der Straßenaufsicht dann berechtigt, den Probanden zu einer klinischen Untersuchung aufzufordern, wenn er zu Recht vermuten kann, daß dieser sich beim Lenken des Fahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden haben könnte. Im Hinblick darauf, daß diese Beeinträchtigung die Voraussetzung für eine Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens bzw für die Strafbarkeit ist, müssen die entsprechenden Tatsachen exakt festgestellt werden bzw ist das Organ der Straßenaufsicht nur dann berechtigt, eine Aufforderung vorzunehmen, wenn sich seine Vermutung auf entsprechend konkrete Tatsachen bezieht.

Eine Aufforderung iSd gegenständlichen gesetzlichen Bestimmung hat dann zu erfolgen, wenn das Organ der Straßenaufsicht im Hinblick auf Verhaltensweisen bzw Auffälligkeiten entsprechende Symptome für die Suchtgiftbeeinträchtigung feststellt. Solche Symptome sind im wesentlichen erhöhtes Selbstbewußtsein, auffallende Fröhlichkeit, hastige Erregtheit, Schläfrigkeit, Unruhe, Angstzustände, Nichtgehorchen der Sinne, außergewöhnliche Schweißneigung, Unruhe und Zittern, ungewöhnliche Benommenheit, gerötete Augenbindehäute, Pupillen sind lichtstarr - reagieren nicht auf geänderte Lichtverhältnisse. Merkmale, die Voraussetzung sein können, auf Suchtgiftbeeinträchtigung zu schließen, sind auch Plastikeinwegspritzen im Fahrzeug, berußte Löffeln, Watte, abgerissene Zigarettenfilter, Band, Schnur, Riemen, Gummischlauch uä zum Abbinden der Vene, Kapseln, Behältnisse mit unbekannten pulverigen Substanzen etc (siehe Ministerialrat Dr. Herbert Grundtner, Leiter der verkehrsrechtlichen Abteilung IV/13 im Bundesministerium für Inneres, Wien, "Alkoholisierungs- und Suchtgiftbestimmungen nach der 19. StVO-Novelle"). Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet dies, daß nach Auffassung der erkennenden Berufungsbehörde die Verhaltensweisen des Bw bzw die sonstigen Umstände alleine noch nicht die Vermutung einer Suchtbeeinträchtigung zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges vermuten lassen können. Wohl wirkte der Bw, auch nach eigenen Angaben, nervös und es bleibt auch die Anpflanzung der Hanfpflanzen unbestritten, doch reichen diese Tatsachen nicht aus, eine tatsächliche Beeinträchtigung durch Suchtgift zum Zeitpunkt des Lenkens zu vermuten. Der Meldungsleger selbst hat ausgeführt, daß er den Bw beim Lenken des Fahrzeuges gesehen hat und ihm diesbezüglich nichts aufgefallen ist. Weiters hat der Zeuge dem Bw bestätigt, daß dieser bei seiner Einvernahme vernünftig war, ein gutes Gesprächsklima herrschte und es auch bei der Aufnahme der Niederschrift keinerlei Probleme gegeben hätte. Andererseits konnte der Bw glaubhaft darlegen, daß er natürlich durch die An-wesenheit von vier Gendarmeriebeamten in seiner Wohnung nervös gewesen ist. Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß durch den Meldungsleger die Tatsachen, welche die Vermutung einer Suchtgiftbeeinträchtigung zum Zeitpunkt des Lenkens begründen könnten, nicht in dem Maße ausführlich beschrieben werden konnten, welche eine Verpflichtung des Bw iSd obzitierten Gesetzesbestimmung zur Durchführung einer klinischen Untersuchung begründen würde. Daher konnte auch vom Vorliegen dieser Voraussetzung nicht ausgegangen werden.

Es war daher der Berufung Folge zu geben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Aufforderung zur klinischen Untersuchung nur dann zulässig, wenn konkrete Feststellungen im Hinblick auf die Vermutung einer Suchgiftbeeinträchtigung getroffen werden.

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