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VwSen-105519/13/WEG/Ri

Linz, 03.11.1998

VwSen-105519/13/WEG/Ri Linz, am 3. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des H K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, vom 15. Mai 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G vom 8. Mai 1998, VerkR96-1-469-1997-Ga, nach der am 23. Juli 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft G hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 Z1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 9.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe von 9 Tagen verhängt, weil dieser am 23. September 1997 zwischen 22.50 Uhr und 22.55 Uhr den Kombi S auf der autobahn A im Gemeindegebiet von R in Richtung S gelenkt hat, wobei er in der Folge, - im Zuge der Amtshandlung nach seiner Anhaltung auf dem Parkplatz bei Strkm der autobahn A - nämlich um 23.05 Uhr gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Durchführung der Atemluftprobe verweigerte, obwohl vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand bzw zum Zeitpunkt des Lenkens befunden hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 900 S in Vorschreibung gebracht.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte legt dagegen rechtzeitig und auch sonst zulässig Berufung ein. Er bringt in dieser Berufung sinngemäß vor, sein Fahrzeug keinesfalls in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Er sei auch nicht zum Alkotest aufgefordert worden, noch weniger habe er den Alkotest verweigert. Die Erstbehörde hätte die von ihm beantragten Zeugen nicht vernommen, obwohl diese Zeugen bestätigen hätten können, daß er nicht alkoholbeeinträchtigt gewesen sei und daß ein allfälliger Alkoholgeruch aus dem Mund von seinen Magenschmerzen hergerührt habe. Die Behörde habe zu Unrecht die Verwirklichung des Tatbildes der Alkotestverweigerung angenommen. Es sei geradezu lebensfremd, anzunehmen, zur Durchführung einer Atemluftprobe aufgefordert zu werden, obwohl ein Alkomat zum damaligen Zeitpunkt nicht mitgeführt worden sei und ein solches Gerät auch beim Autobahngendarmerieposten S nicht zur Verfügung gestanden sei. Er beantrage daher die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und die Veranlassung der zeugenschaftlichen Befragung der namhaft gemachten Zeugen im Rechtshilfeweg mit anschließender Verlesung der Niederschriften dieser Zeugen anläßlich der Verhandlung. Gegen eine Verlesung der im Akt aufliegenden niederschriftlichen Vernehmung des Zeugen I spricht sich der Berufungswerber dezidiert aus.

Nicht nur auf Grund dieses Antrages, sondern weil der Sachverhalt bestritten und eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Diese wurde am 23. Juli 1998 durchgeführt und dabei der Beschuldigte befragt sowie Rev.Insp. W I von der Autobahngendarmerie H als Zeuge vernommen. Auf Grund dieser Beweismittel und einer von der Bezirkshauptmannschaft L aufgenommenen Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen Insp. W vom 20. Jänner 1998 (übersendet durch den Beschuldigten am 17. August 1998) steht nachstehender (sich aus der beigelegten Verhandlungsschrift entnehmender) Sachverhalt fest:

Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit seinen Kombi mit dem Kennzeichen S auf der autobahn von L kommend in Richtung S und wurde auf dem Parkplatz bei Km angehalten. Dies geschah um ca. 22.50 Uhr des Tattages. Der Grund der mit Hilfe von Blaulicht durchgeführten Anhaltung lag in einer telefonisch durchgegebenen Privatanzeige, wonach dieser Lenker die Autobahn in Schlangenlinien befahren habe. Auf Grund des Funkspruches wußte die Besatzung des Patrouillenfahrzeuges (Rev.Insp. I und Insp.W), daß das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Funkspruches ca. bei Kilometer fahren müsse. Der diesbezügliche Vorpaß bei Kilometer erbrachte jedoch nicht den gewünschten Erfolg, sodaß von den Beamten angenommen werden mußte, daß dieser Lenker Autobahnkilometer schon passiert haben mußte. Es wurde daher die Verfolgung aufgenommen und dabei mit einer Geschwindigkeit von bis zu 200 km/h versucht, den gesuchten Lenker einzuholen. Erst auf Höhe der Tankstelle L, als die Beamten schon den Entschluß faßten, wieder umzukehren, wurde das Beschuldigtenfahrzeug gesichtet und letztlich bei Kilometer, einem dort befindlichen Parkplatz, angehalten. Nach den glaubwürdigen Aussagen des Zeugen Rev.Insp. I lagen Alkoholsymptome vor, und zwar leichter Geruch der Atemluft nach Alkohol und zögerliche Antworten des Angehaltenen. In Schlangenlinien ist der Beschuldigte beim Nachfahren über mehrere Kilometer nicht gefahren. Der Beschuldigte wurde aufgefordert, sich einem Alkotest zu unterziehen, wozu dieser die ausdrückliche Zustimmung erteilte. Es wurde über Funk versucht, den beim Autobahngendarmerieposten S befindlichen Alkomaten zum Parkplatz herbeizuschaffen, weil im Patrouillenfahrzeug kein Alkoholmeßgerät mitgeführt wurde. Eine Überstellung des Alkomaten von S zum Parkplatz bei Autobahnkilometer war jedoch nicht möglich, weil der dort befindliche Alkomat zur Kalibrierung nach W gesendet worden war. Die Gendarmeriebeamten wußten nun nicht, wo sich die nächstgelegene und auch offene Dienststelle, bei der ein Alkomat einsatzbereit ist, befindet. Es hätte diesbezüglich entsprechender Erhebungen über Funk bedurft, was auch einige Zeit in Anspruch genommen hätte.

Nachdem aber - so der Zeuge I - geplant war, um 23.00 Uhr wieder im Nahbereich der Autobahngendarmerie A Dienst zu versehen, weil sich die andere Nachtschicht ab 23 Uhr für einige Stunden zur Ruhe begab, entstand ein durchaus nachvollziehbares Zeitdilemma. Offenbar um diesem Zeitdilemma auszuweichen, wurde dem Berufungswerber mitgeteilt, daß es auch die Möglichkeit einer Alkotestverweigerung gäbe. Er wurde daraufhin hingewiesen, daß eine Alkotestverweigerung in den Folgen günstiger für ihn sei. Darin wird eine Ermunterung, wenn nicht sogar Aufforderung erblickt, den Alkotest zu verweigern. Dabei wurde dem Berufungswerber offensichtlich auch mitgeteilt, daß die Alkotestung selbst viel Arbeit bedeuten würde, ansonsten der Berufungswerber auf die Frage "Herr K wollen sie verweigern?" nicht geantwortet hätte "ja, ich will ihnen auch so wenig Arbeit machen wie möglich".

In diesem beweismäßig gesichterten Sachverhalt wird keine ordnungsgemäße Aufforderung zum Alkotest erblickt. Der Berufungswerber wurde nämlich in dieser Phase der Amtshandlung (nachdem er vorher bereit war, sich der Alkotestung zu unterziehen) nicht aufgefordert, sich einem Alkotest zu unterziehen, sondern ermuntert oder aufgefordert, den Alkotest zu verweigern. Hinsichtlich der gebrauchten Worte bei diesem "Verweigerungsgespräch" war sich der Zeuge I sicher und vermeinte, es könne dies auch Insp. W bezeugen. Insp. W allerdings kann sich an diese Details nicht erinnern, so die vor der Bezirkshauptmannschaft aufgenommene Zeugenaussage.

Nach Meinung der Berufungsbehörde handelte es sich im gegenständlichen Fall um eine unkorrekte Amtshandlung, deren letztlich gravierende Folgen nicht auf dem Rücken des Beschuldigten ausgetragen werden dürfen. Ein Hauptziel der Alkoholbestimmungen und der daran knüpfenden Strafen ist die Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung durch entsprechende Testung der Atemluft bzw durch Blutabnahme, jedoch nicht das bewußte Herbeiführen einer strafbaren Handlung, nämlich der Alkotestverweigerung, durch eine entsprechende Aufmunterung des Beschuldigten. Die Antwort des Beschuldigten, er wolle so wenig Arbeit wie möglich machen, kann sohin weder als ausdrückliche noch als konkludente Alkotestverweigerung bewertet werden. Aus diesem Grund war in Befolgung des § 45 Abs.1 Z1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider

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