Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105522/2/Le/Fb

Linz, 26.08.1998

VwSen-105522/2/Le/Fb Linz, am 26. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die auf die Strafe eingeschränkte Berufung der Frau Dr. A F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. April 1998, VerkR96-13933-1997, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 800 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.4.1998 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin wegen Übertretung des § 20 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 108 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihr vorgeworfen, am 4.9.1997 um 9.35 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der K-Landesstraße in Fahrtrichtung Friedburg gelenkt zu haben, wobei sie im Gemeindegebiet von P an einer näher bezeichneten Stelle die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 48 km/h überschritten habe.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, die sich ausschließlich auf die Strafhöhe bezieht und mit der beantragt wird, die Strafe auf einen Betrag von 2.500 S herabzusetzen. Begründend dazu führte die Berufungswerberin aus, Hausfrau zu sein und kein eigenes Einkommen zu beziehen, sondern ausschließlich vom Gehalt ihres Gatten bzw dessen Zuwendungen zu leben. Sie sei gemeinsam mit ihrem Gatten für zwei Söhne sorgepflichtig, die zwar schon großjährig sind, aber noch studieren, sodaß sich die entsprechenden Lebenserhaltungskosten für die Söhne erhöhen. Überdies sei einer der Söhne ebenfalls vor kurzer Zeit Vater geworden, weshalb sie mit ihrem Gatten gezwungen sei, auch für das Enkelkind aufzukommen. Neben ihrer bisherigen völligen Unbescholtenheiten seien ihr noch weitere Milderungsgründe zugute zu halten: Sie habe die Tat lediglich aus Unbesonnenheit begangen, da sie sich über ein vor ihr fahrendes Fahrzeug, welches im Freilandgebiet extrem langsam gefahren sei, geärgert habe, sodaß sie auf einer übersichtlichen Strecke das Fahrzeug überholt habe. Zudem wären optimale Fahrbahnverhältnisse gewesen und eine extrem gute Sicht über mehrere hundert Meter. Im übrigen habe sie von Beginn an ein Tatsachengeständnis abgelegt, sodaß mit einer Strafe von 2.500 S das Auslangen gefunden werden könne. Ihrer absoluten Unbescholtenheit, welche wohl einen der gravierendsten Milderungsgründe darstelle, habe die Erstbehörde nicht das gehörige Gewicht beigemessen. "Der Fahrt hat der UVS des Landes Oberösterreich in seinem Erkenntnis vom 26.11.1996, VwSen-104065, einer eingehenden Umschreibung unterzogen und ausgeführt, daß bei den dortigen Anlagenverhältnissen dem bereits im Tatbestand vertypten Unrecht der denkbar geringste - für derartige Übertretungen denkbare - objektive Tatunwert zugrundeliegt, weswegen trotz der eingehaltenen Geschwindigkeit von 165 km/h eine Geldstrafe von 4.000 S als angemessen erachtet wurde." 3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da sich die Berufung ausschließlich auf die Höhe der verhängten Strafe bezieht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, zumal eine solche auch nicht beantragt wurde.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren die Berufungswerberin mit einer Geldstrafe in Höhe von 4.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Die Grundsätze der Strafbemessung sind in § 19 VStG festgelegt. Nach Abs.1 dieser Bestimmung ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. (Hervorhebung durch den unabhängigen Verwaltungssenat.) Die Strafbestimmung des § 99 Abs.3 Einleitungssatz StVO sieht für derartige Verwaltungsübertretungen Geldstrafen bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Arrest bis zu zwei Wochen vor.

Die Erstbehörde hat hinsichtlich allfälliger Vorstrafen der Berufungswerberin bei der Bundespolizeidirektion Salzburg Auskunft eingeholt und von dieser erfahren, daß gegen die Berufungswerberin keine Vormerkungen bestehen. Eine Anfrage an die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis ist aus dem Akt nicht ersichtlich. Es wird daher davon ausgegangen, daß die Berufungswerberin absolut unbescholten ist und dieser Umstand wurde bei der Strafbemessung als mildernd berücksichtigt. Dagegen mußte das enorme Ausmaß der Geschwindigkeitsübertretung um immerhin 48 km/h als erschwerend berücksichtigt werden, da gerade Geschwindigkeitsübertretungen immer wieder die Ursache für schwere Verkehrsunfälle sind. Dabei war auch zu berücksichtigen, daß diese Geschwindigkeitsübertretung nicht auf einer Autobahn, sondern auf einer Landesstraße begangen wurde. 4.3. Die Berufungswerberin wendet ein, die Tat lediglich aus Unbesonnenheit begangen zu haben, da sie sich über ein vor ihr fahrendes Fahrzeug, welches im Freilandgebiet extrem langsam gefahren sei, geärgert habe: Damit gelingt es ihr jedoch nicht, einen Milderungsgrund geltend zu machen, sondern stellt diese Argumentation eher einen Straferschwerungsgrund dar, da dieser behauptete Ärger vielmehr zeigt, daß die Berufungswerberin nicht die erforderliche Ruhe und Überlegtheit beim Lenken eines Kraftfahrzeuges aufgewiesen hat, die aber iSd § 58 Abs.1 StVO erforderlich ist, um ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr entsprechend den Verkehrsvorschriften und der Verkehrssicherheit sicher zu lenken. Eine derart hohe Geschwindigkeitsüberschreitung, begangen noch dazu auf einer Landesstraße, kann mit Unbesonnenheit nicht mehr erklärt werden, da das Fahren auf einer Landesstraße mit einer Geschwindigkeit von 148 km/h für einen durchschnittlichen Autofahrer bereits ein Höchstmaß an Konzentration erfordert, um das Fahrzeug auf der Fahrbahn zu halten, daß von einer "Unbesonnenheit" wohl nicht ernsthaft mehr die Rede sein kann. Vielmehr zeigt die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit in einem solchen Ausmaß auf, daß die Tat jedenfalls vorsätzlich begangen wurde.

Für die vorsätzliche Begehensweise spricht auch der Umstand, daß die Berufungswerberin selbst angegeben hat, sich über ein vor ihr langsam fahrendes Fahrzeug geärgert zu haben. Zum Überholen eines "extrem langsam" fahrenden Fahrzeuges ist jedoch die Einhaltung einer Fahrgeschwindigkeit von 148 km/h auf einer Freilandstraße nicht erforderlich: Nach einer allgemein anerkannten Faustregel soll der Geschwindigkeitsunterschied beim Überholen mindestens 20 km/h ausmachen, um einen zügigen Überholvorgang zu ermöglichen. Wenn man davon ausgeht, daß das "extrem langsam fahrende Fahrzeug" eine Fahrgeschwindigkeit von 60 bis 70 km/h eingehalten hat, ergibt sich somit eine Differenzgeschwindigkeit von 78 bis 88 km/h, was wohl für einen ordnungsgemäßen Überholvorgang keineswegs erforderlich ist. 4.4. Die Berufungswerberin bringt weiters vor, über kein eigenes Einkommen zu verfügen, aber gemeinsam mit ihrem Gatten sorgepflichtig für zwei großjährige Söhne und ein Enkelkind zu sein. Angaben über ein eigenes Vermögen hat die Berufungswerberin jedoch verschwiegen. Wenn man nun davon ausgeht, daß die Berufungswerberin über kein eigenes Einkommen verfügt, so kann ihre Sorgepflicht für die beiden großjährigen studierenden Söhne sowie das Enkelkind keine finanzielle Unterstützung darstellen, weshalb die Argumentation mit den Sorgepflichten unhaltbar ist. Vielmehr besteht ihrerseits ein finanzieller Unterhaltsanspruch gegenüber dem Gatten. Wenngleich eigene Angaben der Berufungswerberin zu ihrem Vermögen fehlen, kann doch aufgrund der Zulassung davon ausgegangen werden, daß die Berufungswerberin einen eigenen PKW hat und über diesen auch verfügen kann, dh auch die erforderlichen Betriebsmittel hat, um damit fahren zu können. Es müssen daher auch die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um allfällige Folgen aus der Verwendung dieses Kraftfahrzeuges abzudecken. Was schließlich das von der Berufungswerberin ins Treffen geführte "Geständnis" anbelangt, so kann auch hier ihrer Argumentation nicht gefolgt werden: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt nur ein "qualifiziertes" Geständnis einen Milderungsgrund dar, welches dann vorliegt, wenn die Beschuldigte einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet hat. Dies liegt jedoch dann nicht vor, wenn sie lediglich eine ihr vorgehaltene, bereits bewiesene Verwaltungsübertretung nicht in Abrede stellt. 4.5. Da Geschwindigkeitsüberschreitungen immer wieder die Ursache schwerer Verkehrsunfälle darstellen, sprechen im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowohl spezialpräventive als auch generalpräventive Gründe gegen eine Herabsetzung der Strafe, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 4.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 800 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Leitgeb Beschlagwortung: Strafbemessung; Sorgepflicht bei fehlendem Einkommen

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