Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105526/9/Le/Km

Linz, 09.02.1999

VwSen-105526/9/Le/Km Linz, am 9. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des W F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 6.5.1998, GZ: S-24.002/97-4, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 6.5.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 57 Abs.5 Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden kurz: KFG) in Verbindung mit § 9 Abs.2 VStG eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe als verantwortlich Beauftragter des Zulassungsbesitzers Firma U F GmbH. das Kfz mit dem Kennzeichen trotz behördlicher Aufforderung der Bundespolizeidirektion Linz vom 21.5.1997 nicht bis zum 16.6.1997 zur Überprüfung vorgeführt. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 22.5.1998, mit der beantragt wird, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Im einzelnen wurde vorgebracht, daß ein echtes Unterlassungsdelikt vorliege, weshalb die Verjährung mit Ablauf der Frist Einsetze, die im KFG mit dem Jahrestag der Erstzulassung des Fahrzeuges festgesetzt sei. Die diesbezüglichen "Ladungen" bzw. "Aufforderungen zur Überprüfung" sind rechtlich als Erinnerungsschreiben im Sinne eines Services der Behörde zu qualifizieren, deren Fristen jedoch keine normative Wirkung entfalten. Es gebe diesbezüglich keine Grundlage im KFG. Weiters wurde bestritten, daß die Strafverfügung am 15.12.1998 zur Post gegeben wurde, weshalb Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Weiters wurde die Unzuständigkeit der Erstbehörde behauptet und dies damit begründet, daß die Unternehmensleitung von der Zweigniederlassung W, ausgeübt werde, weshalb dies als Tatort heranzuziehen sei. Der Berufungswerber wäre auch als Filialleiter in W bestellt und sei ihm die Verantwortlichkeit für den Fuhrpark des Unternehmens übertragen worden. In materieller Hinsicht behauptete der Berufungswerber weiters, daß § 57 Abs.5 im konkreten Fall nicht anwendbar sei, da der in § 57 Abs.5 leg.cit. angesprochene Verweis auf Abs.1 sich nach aktueller Rechtslage ausdrücklich nur auf die Überprüfung nach § 56 beziehe. Tatsächlich habe die Behörde immer auf die wiederkehrende Überprüfung nach § 55 KFG hingewiesen. 3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der unabhängige Verwaltungssenat am 10.12.1998 antragsgemäß eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Rechtsvertreter des Berufungswerbers erschienen ist; der Berufungswerber hatte sich ebenso wie der Vertreter der Erstbehörde entschuldigt.

In Verbindung mit dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz, Verkehrsamt, vom 14.7.1998 wurde der Erstbehörde mitgeteilt, daß der Zulassungsbesitzer, nämlich die U F GesmbH. in L, den Lkw mit dem Kennzeichen bis 16.6.1997 nicht zur Überprüfung vorgeführt hat. Die daraufhin gegen Frau U F ergangene Strafverfügung vom 31.7.1997 wurde beeinsprucht; im anschließenden Verwaltungsstrafverfahren gab Frau F den nunmehrigen Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG an. Gegen diesen richtet sich die Strafverfügung vom 12.12.1997, die von der Erstbehörde am 15.12.1997 zur Post gegeben und dem Berufungswerber am 17.12.1997 durch Hinterlegung zugestellt wurde.

Aufgrund seines Einspruches wurde das Ermittlungsverfahren eingeleitet, das zum nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 6.5.1998 führte. Bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat am 10.12.1998 gab der Rechtsvertreter des persönlich nicht erschienen Berufungswerbers an, daß er die Agenden des Fuhrparks von Wien aus wahrnehme, weshalb die Erstbehörde örtlich unzuständig sei. Bei der gegenständlichen Überprüfung hätte es sich um eine solche nach § 55 Abs.1 KFG gehandelt. Der unabhängige Verwaltungssenat hat daraufhin ein weitergehendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und eine Stellungnahme der Erstbehörde eingeholt. Dabei wurde festgestellt, daß es sich bei der verfahrensgegenständlichen Überprüfung tatsächlich um eine solche nach § 55 Abs.1 KFG (wiederkehrende Überprüfung) handelte. Der Lkw war am 8.4.1980 erstmals und am 21.6.1995 auf die Firma U F in L zugelassen worden. Für diese Firma waren in L zur gleichen Zeit zwei weitere Fahrzeuge zugelassen. 4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. § 55 Abs.1 KFG in der hier anzuwendenden Fassung der 18. Novelle bestimmte, daß Kraftfahrzeuge und Anhänger der in den lit.a bis k angeführten Arten von der Behörde, die den Zulassungsschein ausgestellt hat, wiederkehrend zu überprüfen sind. Bei der wiederkehrenden Überprüfung ist innerhalb der in Abs.2 festgesetzten Fristen aufgrund des Verfahrens gemäß § 57 zu entscheiden, ob das Fahrzeug den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht, .... d) Lastkraftwagen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg.

Hinsichtlich der Fristen legte § 55 Abs.2 leg.cit. folgendes fest: "(2) Die wiederkehrende Überprüfung ist - jeweils zum Jahrestag der ersten Zulassung oder zum Jahrestag des von der Behörde festgelegten Zeitpunktes - ein Jahr nach der ersten Zulassung, auch wenn diese im Ausland erfolgte, und nach jeder Prüfung ein Jahr nach dieser vorzunehmen; über Antrag des Zulassungsbesitzers kann die Zulassungsbehörde einen anderen Tag als den Jahrestag der ersten Zulassung als Zeitpunkt für die Überprüfung festsetzen. ... Die Überprüfung kann auch jeweils innerhalb von einem Monat vor oder vier Monaten nach dem sich aus diesem Absatz ergebenden Zeitpunkt vorgenommen werden.

Hinsichtlich des Verfahrens bei der Überprüfung legte § 57 Abs.1 KFG fest, daß bei der wiederkehrenden Überprüfung (§ 55) und bei der besonderen Überprüfung (§ 56) ein Gutachten darüber einzuholen ist, ob das Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht ....

Nach Abs.5 leg.cit. hat der Zulassungsbesitzer sein Fahrzeug zur Prüfung (Abs.1) vorzuführen und den Typenschein oder den Bescheid über die Einzelgenehmigung vorzulegen. Er hat dafür zu sorgen, daß das zur Prüfung vorgeführte Fahrzeug gereinigt ist.

4.3. Im Ermittlungsverfahren wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat festgestellt, daß die Erstzulassung des verfahrensgegenständlichen Lkws am 8.4.1980 erfolgte. Daraus ergibt sich, daß die wiederkehrende Überprüfung jeweils zum 8.4. eines jeden Jahres vorzunehmen war, zumal sich aus dem Verwaltungsakt nicht ergibt, daß von der Behörde jemals ein anderer Zeitpunkt dafür festgelegt worden wäre. Insbesonders kann auch die Ladung der Bundespolizeidirektion Linz, Verkehrsamt, vom 21.5.1997 nicht als solcher Bescheid angesehen werden, der einen anderen Zeitpunkt für die wiederkehrende Überprüfung im Sinne des § 55 Abs.2 KFG festsetzen würde. Dieses Schreiben, das im Text selbst als "Ladung" bezeichnet wird, kann nicht als Bescheid angesehen werden, zumal auch ein bescheidmäßiger Abspruch, insbesonders nicht im Sinne des § 55 Abs.2 KFG, daraus ersichtlich ist.

Die Überprüfung im Sinne des § 55 Abs.1 KFG stellte sich als periodische Überprüfung dar, die - im Gegensatz zur besonderen Überprüfung im Sinne des § 56 KFG - in gleichen jährlichen Abständen zu erfolgen hatte. Das bedeutet für den Anlaßfall, daß die wiederkehrende Überprüfung des Fahrzeuges jeweils am 8.4. zu erfolgen hatte, somit im Jahr 1997 am 8.4.1997.

Dabei war jedoch die in § 55 Abs.2 leg.cit. vorgesehene Fristerstreckung auf ein Monat vor bis vier Monate nach dem Zeitpunkt der Erstzulassung zu beachten: Dies hat zur Folge, daß die Überprüfung dieses Lkws noch bis zum 8.8.1997 erfolgen durfte. 4.4. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Berufungswerber vorgeworfen, den Lkw nicht bis 16.6.1997 zur Überprüfung vorgeführt zu haben. Dieser Tatvorwurf ist unverständlich, weil der 16.6.1997 noch innerhalb der Frist des § 55 Abs.2 vorletzter Satz KFG lag und die gesetzlich eingeräumte Frist bis zum 8.8.1997 reichte. Daran konnte, wie schon oben ausgeführt, die von der Behörde ausgesprochene "Ladung" vom 21.5.1997 nichts ändern.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, ohne daß auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen war. Bemerkt wird jedoch, daß entgegen den Ausführungen der Berufung in § 57 Abs.1 KFG sehr wohl auf die wiederkehrende Überprüfung nach § 55 verwiesen wurde; dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers dürfte entgangen sein, daß im Anlaßfall das KFG in der Fassung vor der 19. Novelle anzuwenden war.

Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: wiederkehrende Überprüfung; Nachfrist; Ladung zur Vorführung eines Lkw

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