Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105550/6/Fra/Ka

Linz, 21.07.1998

VwSen-105550/6/Fra/Ka Linz, am 21. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn B, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 13. Mai 1998, GZ.S-36.656/97-4, betreffend Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960, nach der am 15. Juli 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß der Nebensatz "weil die Fahrgeschwindigkeit mindestens 70 km/h betrug," zu entfallen hat. Das Straferkenntnis wird im angefochtenen Umfang bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 120 S, zu zahlen. Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19 und 24 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1.) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 600 S, 2.) und 3.) jeweils wegen Übertretungen des § 102 Abs.4 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. je eine Geldstrafe von 400 S (je Ersatzfreiheitsstrafen von 16 Stunden) verhängt, weil er 1.) am 17.10.1997 um 17.38 Uhr im Gemeindegebiet 4100 Ottensheim an der Linzer Straße vom Haus Linzer Straße Nr.22 bis Hausnummer 38 mit dem Motorrad, Kz.: die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten hat, weil die Fahrgeschwindigkeit mindestens 70 km/h betrug, wobei die Überschreitung durch Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand festgestellt wurde, 2.) am 17.10.1997 um 17.38 Uhr bei der Tankstellenausfahrt Opel Eder in Richtung Linz (Anhalteort) und 3.) am 22.10.1997 um 16.50 Uhr im Gemeindegebiet Ottensheim, Kreuzung Aschauer Bundesstraße (B 131) - Rohrbacher Bundesstraße (B 127) nach links einbiegend in Richtung Walding in die B 127 mit dem Motorrad, Kz.:, als Lenker des oa Kraftfahrzeuges mit diesem mehr Lärm verursacht hat, als bei sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar war, da er mit äußerst hoher Motordrehzahl, mit durchdrehenden quietschenden Reifen ("Kavalierstart") wegfuhr.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen zum Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig gegen Punkt 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960) bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Da der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand bestreitet, hat der O.ö. Verwaltungssenat Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.7.1998 und Abhaltung eines Lokalaugenscheines. Bei der Berufungsverhandlung wurde der Meldungsleger Rev.Insp. S, GP O, zeugenschaftlich einvernommen und der Bw befragt.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Die belangte Behörde stützt den als erwiesen angenommenen Tatbestand auf die dienstliche Wahrnehmung des Meldungslegers und führt in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ua dazu aus, daß dieser bei seiner Einvernahme am 2. März 1998, nach Wahrheitserinnerung als Zeuge angab, daß die Feststellung der Geschwindigkeit im Nachfahren in einem gleichbleibenden Abstand erfolgt sei. Die angezeigte Geschwindigkeit hätte sich für ihn aus der vom Tacho abgelesenen Geschwindigkeit minus der geschätzten Tachoabweichung ergeben, wobei er dabei von ca. 10 % ausgegangen sei. Der Bw bringt vor, daß ihm der Gendarmeriebeamte mit seinem Dienstfahrzeug nicht im gleichbleibenden Abstand habe nachfahren können. Der Beamte sei ihm mit seinem Fahrzeug entgegengekommen, habe sein Fahrzeug wenden müssen und habe ihm erst dann nachfahren können. Aus diesem Grunde scheide eine Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand aus. Mit dieser Version des Bw konfrontiert, gab der Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen an, daß eine erste Begegnung mit dem Bw am Marktplatz in Ottensheim war. Er habe am Marktplatz auf Höhe der Einmündung Hostauerstraße mit dem Bw ersten Sichtkontakt gehabt und fuhr von der Hostauerstraße kommend in Richtung Marktplatz Ottensheim. Als er mit ca. 30 km/h in den Marktplatz einmündete, sah er den Bw ebenfalls in einer Entfernung von ca. 50 m in dieselbe Richtung fahren. Dieser bog dann in Richtung Linzer Straße ein. Aufgrund des Einbiegemanövers hatte er den Eindruck, daß dieser etwas zu schnell unterwegs war und habe daher den Entschluß gefaßt, diesem nachzufahren. Auf der Tatstrecke (Linzer Straße 22 bis Linzer Straße 38) fuhr er dem Bw in einem gleichbleibenden Abstand von ca. 50 bis 60 m und mit einer laut Tachometer angezeigten Geschwindigkeit von 80 km/h nach. Der Tachometer ist nicht geeicht. Die Anhaltung erfolgte bei der Tankstellenausfahrt in Richtung Linz. Was die widersprüchlichen Versionen hinsichtlich des Nachfahrens betrifft, folgt der O.ö. Verwaltungssenat den Aussagen des Gendarmeriebeamten. Dieser legte im ganzen erstbehördlichen Verfahren sowie auch während der Berufungsverhandlung schlüssig das von ihm Wahrgenommene dar. Zudem ist zu bedenken, daß der Meldungsleger bei seinen Aussagen unter Wahrheitspflicht stand, bei deren Verletzung er mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte. Was die Version des Bw anlangt, so liegt es auf der Hand, daß sich dieser so verantwortet, daß er nach Möglichkeit straffrei bleibt. Dabei ist zu bedenken, daß sich der Bw aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Position in jede Richtung verantworten kann, ohne deshalb Rechtsnachteile befürchten zu müssen.

Ein bei der Berufungsverhandlung durchgeführter Lokalaugenschein hat auch gezeigt, daß dem Meldungsleger die oa Wahrnehmungen aufgrund der örtlichen Situation auch ohne weiteres zumutbar war. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers grundsätzlich ein taugliches Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit darstellt. Voraussetzung hiefür ist jedoch, daß das Nachfahren über eine Strecke und über eine Zeitspanne erfolgt, die lang genug sind, um die Einhaltung etwa derselben Geschwindigkeit wie der des beobachteten Fahrzeuges prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können. Der O.ö. Verwaltungssenat geht unter Zugrundelegung der oa Sachverhaltsfeststellungen und der diesbezüglichen Judikatur des VwGH davon aus, daß im ggst. Falle eine Beobachtungsstrecke von ca. 300 m für ausreichend erachtet wird. Die Berufung war daher in der Schuldfrage als unbegründet abzuweisen, wobei der Nebensatz "weil die Fahrgeschwindigkeit mindestens 70 km/h betrug" deshalb aus dem Spruch eliminiert wurde, weil das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kein Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs.2 StVO 1960 darstellt. Das Ausmaß der festgestellten Geschwindigkeitsbeschränkung ist jedoch für die Strafbemessung - siehe unten - von Belang.

I.4. Strafbemessung:

Die belangte Behörde ist im ggst. Fall von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 20 km/h ausgegangen. Hiezu ist jedoch festzustellen, daß zwar das Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug - siehe oben - ein taugliches Beweismittel zur Feststellung von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit darstellt, es ist jedoch zu berücksichtigen, daß es sich hiebei um ein wenig genaues Verfahren zur Geschwindigkeitsfeststellung handelt. Man muß sich im klaren sein, daß Ungenauigkeiten nicht ausgeschlossen werden können. Diese fangen schon mit dem Ablesen des Tachometers an und setzen sich bis zur Annahme der Tachometerabweichung fort. Im ggst. Fall hat der Meldungsleger ausgesagt, daß er laut Tachometer ca. 80 km/h fuhr. Die Tachometerabweichung hat er mit ca. 10 km/h angenommen, woraus die Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit von 70 km/h resultiert. Der Beschuldigte räumt selbst ein, daß er 60 bis 65 km/h gefahren ist. Es ist daher möglich, daß der Beschuldigte 70 km/h gefahren ist, aber es ist durchaus auch möglich, daß er "nur" 65 km/h gefahren ist. Der O.ö. Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß dieser auf der Tatstrecke eine Geschwindigkeit von ca. 65 bis 70 km/h gefahren ist. Unter diesen Prämissen ist unter Berücksichtigung der aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw eine Geldstrafe, mit der der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu 6 % ausgeschöpft wurde, nicht als überhöht anzusehen, zumal im Verfahren mildernde Umstände nicht hervorgekommen sind, als erschwerend jedoch einschlägige Vormerkungen vorliegen. zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. F r a g n e r