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VwSen-105567/3/GU/Pr

Linz, 21.12.1998

VwSen-105567/3/GU/Pr Linz, am 21. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des J. L., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J. P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 14.10.1997, Zl.VerkR96-3545-1997-Pre, wegen Übertretungen des KFG und der StVO 1960 zu Recht:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Schuldspruch zu Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses wird bestätigt. Die verhängte Geldstrafe wird auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 100 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 64 Abs.1 1. Halbsatz KFG 1967 in der Fassung der 18. KFG-Novelle, § 134 Abs.1 leg.cit.

Bezüglich des Faktums 2 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 97 Abs.5 StVO 1960 Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am um Uhr den PKW Mercedes dunkelgrün, mit dem Kennzeichen, auf der in F., Bezirk B., in Richtung L. gelenkt zu haben obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe B gewesen sei, da ihm diese mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 25.3.1997, VerkR21-117-1997/BR, für die Dauer von drei Monaten entzogen gewesen sei und habe er der durch deutlich sichtbare Zeichen mittels Blaulicht gegebenen Aufforderung zum Anhalten zwecks Lenkerkontrolle durch Organe der Straßenaufsicht keine Folge geleistet.

Wegen Verletzung des § 64 Abs.1 1. Halbsatz KFG 1967 einerseits, wurden ihm deswegen in Anwendung des § 134 Abs.1 KFG 1967 zu Faktum 1 eine Geldstrafe von 4.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 400 S auferlegt.

Zu Faktum 2 wurde ihm wegen Verletzung des § 97 Abs.5 StVO 1960 in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber geltend, daß im Verfahren zum Entzug der Lenkerberechtigung die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn im Zuge der Vorfragenbeurteilung nach § 38 AVG angenommen habe, daß er am 31.1.1997 auf der B 1 zwischen F.und S. mehrere erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen habe, welche nach Ansicht der Behörde zu seiner Verkehrsunzuverlässigkeit geführt hätten. Das hiezu behängende Verwaltungsstrafverfahren sei noch nicht abgeschlossen, ein beantragtes Gutachten eines Kfz-technischen Amtssachverständigen durch lange Zeit nicht erstattet worden.

Komme die Verwaltungsstrafbehörde zum Ergebnis, daß die ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht vorliegen und werde das Verfahren eingestellt, so binde diese Entscheidung die Kraftfahrbehörde und müsse der Entzugsbescheid aufgehoben werden. Dies führe dazu, daß er am 16.5.1997 sehr wohl im Besitze der entsprechenden Lenkerberechtigung der Gruppe B gewesen sei, weshalb die ihm zu Faktum 1 vorgeworfene Übertretung nicht vorliege.

Aus diesen Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bis zum Abschluß des aufgrund des Vorfalles vom 31.1.1997 geführten Verwaltungsstrafverfahrens auszusetzen und aufgrund der damals zu Unrecht erfolgten Entziehung der Lenkerberechtigung das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1 aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Bezüglich des Punktes 2 des angefochtenen Straferkenntnisses führt der Rechtsmittelwerber aus, daß er im Sinne der Anzeige wohl von einem Beamten im Gegenverkehr erkannt worden war und zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Anhaltezeichen gegeben wurde sowie das Blaulicht nicht eingeschaltet war. Er habe dann nicht mehr zurückgeblickt, weil er dazu keine Veranlassung hatte und daher auch kein optisches oder akustisches Signal wahrgenommen. Im übrigen verweist er auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Bestrafung wegen Mißachtung von Zeichen zum Anhalten diese individueller Natur sein müßte. Sie müßten konkret auf den Aufgeforderten abgestellt sein, ihn allein betreffen und diesem klar sein, daß er gemeint sei. Das sei im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen, womit der gegenständliche Tatvorwurf nicht gerechtfertigt sei. Aus diesem Grunde beantragt der Rechtsmittelwerber das angefochtene Straferkenntnis auch in diesem Punkte zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Nach Einbringung der Berufung haben die Parteien auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Der in der Aktenlage aufscheinende Sachverhalt ist unbestritten. Demnach lenkte der Beschuldigte sein Fahrzeug zur Tatzeit auf den beschriebenen öffentlichen Straßenzügen. Er besaß für die Tatzeit keine Lenkerberechtigung, weil ihm diese mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25.3.1997, VerkR21-117-1997/BR, für die Dauer von 3 Monaten und zwar vom 22.3.1997 bis 22.6.1997 vorübergehend entzogen war.

Nachdem der Beschuldigte von einem im Dienst befindlichen Gendarmen nächst der Kreuzung der Braunauer Bundesstraße B 147 mit der Kühbichler Gemeindestraße erkannt worden war, nahm der Gendarm mit dem Dienstkraftwagen die Verfolgung auf, schaltete das Blaulicht ein, wobei allerdings das Fahrzeug des Beschuldigten nicht mehr eingeholt werden konnte.

Bei diesem Sachverhalt war rechtlich zu bedenken, daß - wie immer man die Sache mit der Entziehung der Lenkerberechtigung sieht - diese jedenfalls zum Lenkzeitpunkt wirkte und keine Umstände vorlagen, die ein Verschulden des Beschuldigten ausschlossen.

Aufgrund des wirkenden Entzugsbescheides war er gehalten, sich des Lenkens von Kraftfahrzeugen der Gruppen A, B, C, E, F und G zu enthalten, worunter auch der in Rede stehende PKW fiel.

Mochte er auch gute Gründe dafür haben darauf zu vertrauen, daß die von der Behörde bei den Geschwindigkeitsüberschreitungen angenommenen besonders gefährlichen Verhältnisse nicht zu halten seien, so durfte er in diesem Vertrauen während des Schwebezustandes dennoch nicht das Lenkverbot nach eigenem Gutdünken mißachten.

Gemäß § 64 Abs.1 KFG 1967 in der Fassung der 18. Novelle ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe (§ 65 Abs.1) zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt.

Eine Mißachtung dieser Bestimmung stellt gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann anstelle der Geldstrafe Arrest bis zu 6 Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand eine Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nachdem keine Umstände gegeben waren, die Zweifel hätten aufkommen lassen, daß die objektive oder die subjektive Tatseite nicht erfüllt gewesen wäre, war der Schuldspruch zu bestätigen.

Was die Strafbemessung anlangt so war zu Faktum 1 zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der Tat war von mittlerem Gewicht.

Dem Rechtsmittelwerber kann nicht widersprochen werden, wenn er die Ansicht vertrat, daß die der Entziehung der Lenkerberechtigung zu Grunde liegende Anzeige bezüglich Geschwindigkeitsübertretungen vom Ausmaß her auf tönernen Füßen stand und daher der Rechtsmittelwerber bezüglich der Rechtmäßigkeit der Einziehung der Lenkerberechtigung begründete Zweifel haben durfte, was die subjektive Tatseite in einem bedeutend milderen Licht erscheinen ließ.

Nachdem die von der ersten Instanz angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht in Zweifel gezogen wurden und keine besonderen Erschwerungsgründe offenkundig sind, war die verhängte Geldstrafe, demgemäß auch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe, entsprechend herabzusetzen.

Auch die erstinstanzlichen Verfahrenskosten waren an der Bestimmung des § 64 Abs.1 und 2 VStG auszurichten.

Was die zu Faktum 2 vorgeworfene Übertretung des § 97 Abs.5 StVO 1960 anlangt, so trifft es im Sinne der Ausführungen des Rechtsmittelwerbers zu, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die bloße Verwendung des Blaulichtes durch ein Einsatzfahrzeug von Straßenaufsichtsorganen nicht genügt, um eine Tatbildmäßigkeit der Nichtbefolgung von Anhaltesignalen herzustellen.

Deutlich sichtbare Zeichen zum Anhalten gegenüber dem beschuldigten Fahrzeuglenker sind nicht bescheinigt. Vielmehr ergibt sich aus der dem Straferkenntnis zu Grunde liegenden Anzeige, daß der Beschuldigte im Gegenverkehr vom Straßenaufsichtsorgan erkannt wurde, dieser das Fahrzeug offensichtlich wenden mußte und das Blaulicht einschaltete, hiebei aber das Beschuldigtenfahrzeug nicht einholen konnte.

Lichtsignale zusätzlich zum Blaulicht mit Stop, die zuweilen auf Einsatzfahrzeugen montiert sind oder sonstiges Anblinken bei eingeschaltetem Blaulicht und aufgeschlossenem Einsatzfahrzeug lag nicht vor, sodaß im Zweifel die Verantwortung des Beschuldigten, er habe auf der Fahrt kein Zeichen wahrgenommen, das ihn objektiverweise zum Anhalten anwies, nicht widerlegt werden konnte.

Gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffend Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

Nachdem die Erfüllung dieses Tatbestandes nicht nachgewiesen werden konnte, war das angefochtene Straferkenntnis in seinem Punkte 2 aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Verfahrenskosten waren dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil er zu Faktum 1 teilweise und zu Faktum 2 im Ergebnis zur Gänze erfolgreich war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r Beschlagwortung: Blaulicht alleine ist kein absolutes, den Lenker eines voranfahrenden Fahrzeuges signalisierendes Anhaltezeichen.

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