Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105655/2/Le/Km

Linz, 16.11.1998

VwSen-105655/2/Le/Km Linz, am 16. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der E F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels, Zl. ///-S-2808/98 Strafamt, Dragonerstraße 29, 4601 Wels, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 80 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 29.6.1998 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin wegen Übertretung des § 52 Z10a Straßenverkehrsordnung 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 18 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihr vorgeworfen, am 28.1.1998 um 00.45 Uhr an einer näher bezeichneten Stelle in Wels eine durch Verbotszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben, wobei die Überschreitung mit einem Meßgerät festgestellt wurde. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 15.7.1998, aus der schlüssig hervorgeht, daß beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In der Begründung wurde ausgeführt, daß der Strafbetrag vor Ablauf der in § 49a Abs.6 VStG bezeichneten Frist bezahlt worden sei. Die Begründung des Straferkenntnisses, wonach die Verzögerung bei der Einzahlung der Anonymverfügung durch die Hinterlegung des Erlagscheines im Postkasten von ihr selbst zu verantworten sei, wäre völlig verfehlt. Faktum sei, daß die ordnungsgemäße Bezahlung des Betrages erfolgt sei. Bedauerlicherweise wäre die Behörde auf die Art und Weise und insbesondere die Bestimmung des Erfüllungsortes prüfend eingegangen, wozu auf die ständige Rechtsprechung zum Konsumentenschutzrecht und zum ABGB verwiesen wurde. Die Schuld sei daher zeitgerecht bezahlt worden. Für die Rechtzeitigkeit bargeldloser Überweisungen sei mangels abweichender Parteienabrede der Tat des Einlangens des Überweisungsbetrages bei der kontoführenden Bank maßgebend, wenn dort zureichende Deckung vorhanden sei oder die Überweisung als gedeckt behandelt werde; dies wäre jedenfalls gegeben gewesen.

3. Die Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren die Berufungswerberin mit einer Geldstrafe in Höhe von 400 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Es steht fest, daß die am 28.1.1998 festgestellte Geschwindigkeitsübertretung durch Anonymverfügung geahndet wurde, wobei diese an die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin adressiert war. Als letzter Tat der Einzahlung war der 27.3.1998 vorgesehen; die nunmehrige Berufungswerberin hat - nach eigenen Angaben - am 26.3.1998 den Zahlschein in den Postkasten gelegt, um den Betrag von ihrem Konto abzubuchen. Offenbar durch das heranstehende Wochenende und den Postlauf wurde die Überweisung verspätet getätigt und wurde der Betrag erst am 3.4.1998 dem Konto des Strafamtes gutgeschrieben. Die Berufungswerberin ist der Ansicht, daß die Überweisung des Strafbetrages von 400 S rechtzeitig erfolgte.

Sie ist damit nicht im Recht:

4.3. Das Institut der Anonymverfügung wurde als Form der Ahndung von Verwaltungsübertretungen in das VStG eingeführt, um Bagatellfälle als solche behandeln zu können, ohne mit rechtsstaatlichen Forderungen in Konflikt zu geraten. Dadurch sollten Lenkererhebungen und Vormerkungen wegfallen, ein Deliktekatalog festgesetzt werden, Anzeigen auch gegen unbekannte Lenker ermöglicht werden usw. Die Verarbeitung sollte zentral an einer Dienststelle erfolgen und ebenso die Überprüfung der Einzahlung, wie dies bei den bargeldlosen Organstrafmandaten erfolgt. Die Anonymverfügung wird daher von einer zentralen Verwaltungseinheit kuvertiert und dem Zulassungsbesitzer ohne Zustellnachweis zugestellt. Die Einzahlung erfolgt mittels des abtrennbaren Erlagscheines. Erst wenn innerhalb der vorgesehenen Frist von vier Wochen - gerechnet ab der Ausfertigung - keine Einzahlung erfolgt ist, ist eine Lenkererhebung durchzuführen und sodann das Strafverfahren gegen den ausgeforschten Lenker einzuleiten. Zur Rechtzeitigkeit einer derartigen Einzahlung stellt die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Erk. vom 21.10.1992, 92/02/0200) klar, daß aus den Bestimmungen des § 49a Abs.6 und Abs.9 VStG zweifelsfrei zu entnehmen ist, daß der Gesetzgeber einer Person, die den Strafbetrag nicht fristgerecht oder nicht mit dem der Anonymverfügung angeschlossene Beleg einzahlt, die Vorteile einer Anonymverfügung nicht zubilligt.

§ 49a Abs.6 VStG bestimmt denn auch, daß die Anonymverfügung gegenstandslos wird, wenn nicht binnen vier Wochen nach Ausfertigung die Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges (Abs.4) erfolgt. Ist die Anonymverfügung gegenstandslos geworden, so hat die Behörde gemäß § 34 vorzugehen (also das Strafverfahren einzuleiten und den Täter auszuforschen).

Die nicht fristgerechte Einzahlung des Strafbetrages bewirkt somit zwingend, daß die Anonymverfügung außer Kraft ist. Als "fristgerechte" Einzahlung des Strafbetrages kann aber zweifelsfrei nur der Eingang des Strafbetrages beim dafür eingerichteten Konto der Strafbehörde angesehen werden, weil diese die Einhaltung der Frist zu prüfen (und bei Nichteinhaltung ein entsprechendes Verfahren einzuleiten) hat. Diese Voraussetzung ist nunmehr in § 49a Abs.6 VStG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 klargestellt, indem folgender Satz angefügt wurde: "Als fristgerechte Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges (Abs.4) gilt auch die Überweisung des Strafbetrages auf das im Beleg angegebene Konto, wenn der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer des Beleges enthält und der Strafbetrag dem Konto des Überweisungsempfängers fristgerecht gutgeschrieben wird." Aber auch schon in der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Rechtslage vor dieser Novelle war aus dem Sinn der Bestimmung sowie der dazu ergangenen Judikatur klar ersichtlich, daß als "fristgerechte Einzahlung" nur die Gutschreibung des Strafbetrages innerhalb der vierwöchigen Frist auf dem Konto der Behörde angesehen werden kann. Dies bestätigt im übrigen die Berufungswerberin selbst im vorletzten Satz des 3. Absatzes ihrer Berufung.

Die von der Berufungswerberin in ihrer Berufung vorgebrachten vagen Andeutungen im Hinblick auf "Konsumentenschutzrecht", "ABGB" und "Scheckschuld" können im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes keine Bedeutung erlangen, zumal in § 49a Abs.6 VStG eine eindeutige positiv rechtliche Regelung erfolgt ist.

4.4 Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des 19 VStG vorgenommen wurde.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Bw geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 400 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 80 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Leitgeb Beschlagwortung: Anonymverfügung; fristgerechte Einzahlung

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