Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105705/9/GU/Pr

Linz, 22.12.1998

VwSen-105705/9/GU/Pr Linz, am 22. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des J. L., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J. P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 23.6.1998, Zl.VerkR96-1327-1997/Pre, wegen Übertretungen der StVO 1960 zu Recht:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. In den Schuldsprüchen zu Fakten 1, 2 und 3 haben jeweils die Worte "erheblich" zu entfallen.

Die Geldstrafen zu den Fakten 1 und 2 werden jeweils auf 500 S, die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 18 Stunden und die erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeiträge auf je 50 S herabgesetzt. Die Geldstrafe zu Faktum 3 wird auf 3.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 300 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 65 VStG; zu 1 und 3: § 20 Abs.2 StVO zu 2.: § 52 lit.a Z10a StVO 1960, § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960:

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat gegen den Rechtsmittelwerber am 23.6.1998 zur Zahl VerkR96-1327-1997-Pre, ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet: "Sie lenkten am , gegen Uhr, den PKW, Mercedes Benz E 290, auf der B 1 aus Richtung F. kommend in Richtung S. und haben auf der B1, von Strkm. bis , Gemeinde P., Bezirk V.zwischen die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erheblich überschritten, haben auf der B 1, von Strkm. bis Strkm., im Ortschaftsbereich O., Gemeinde P., Bezirk V., die dort durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h erheblich überschritten haben auf der B 1, von Strkm.bis Strkm., Gemeinde P., Bezirk V die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erheblich überschritten. Die angegebenen Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden mittels Nachfahrt des Dienstkraftwagens, im gleichbleibenden Abstand festgestellt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: 1) § 20 Abs.2 StVO 1960 2) § 52 lit.a Z. 10 a StVO 1960 3) § 20 Abs. 2 StVO 1960 Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Gemäß 1) § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 2) § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 3) § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 Geldstrafe von:

1) S 1.000,-2) S 1.000,-3) S 7.000,-Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von:

1) 36 Stunden 2) 36 Stunden 3) 9 Tage Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

1) S 100,-2) S 100,-3) S 700,-als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) beträgt daher:

S 9.900,--." In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses, in der im wesentlichen der Gang des erstinstanzlichen Verfahrens aufgezeigt wird, kommt die erste Instanz hinsichtlich der Punkte 1 und 2 zu keinen konkreten Feststellungen bezüglich der Geschwindigkeitsüberschreitungen. Bezüglich des Faktums 3 nahm sie eine auf der Freilandstraße gelenkte Geschwindigkeit von 173 km/h an.

In seiner durch den rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber das Vorliegen einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Hinweis, daß eine verläßliche Feststellung der Fahrgeschwindigkeit durch Nachfahren nicht habe erfolgen können, weil vom Meßbeamten kurz zuvor eine Geschwindigkeitsmessung im Abfahren und zwar auf eine Distanz von 201 m vorgenommen worden sei, der Beamte dann anschließend erst das Fahrzeug besteigen, starten und wegfahren mußte, wobei er vom Aufbruchsort bis zum vorgeworfenen Tatort eine Distanz von rd. 2 km gehabt habe und zu berücksichtigen sei, daß der Straßenzug nicht immer gerade verlaufen sei und das verwendete Einsatzfahrzeug ein 75 PS Diesel-Golf an seine Leistungsgrenze komme. Bei einer erforderlichen mit gleicher Geschwindigkeit durchfahrenen Nachfahrstrecke von 720 m zur Feststellung einer Geschwindigkeit von 144 km/h könne aufgrund dieser Umstände von keiner Erfüllung der Anforderungen einer technisch einwandfreien Geschwindigkeitsfeststellung gesprochen werden.

Zu Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses bezieht sich der Rechtsmittelwerber auf die Ausführungen des im Verfahren herangezogenen Kfz-technischen Amtssachverständigen, worin bescheinigt werde, daß die Nachfahrstrecke im gleichbleibenden Abstand 670 m betragen hätte müssen, jedoch nicht erreicht worden sei, weswegen deshalb keine taugliche Geschwindigkeitsfeststellung vorliege und zwar auch dann, wenn die erste Instanz die ursprünglich angelasteten besonders gefährlichen Verhältnisse nunmehr weg lasse. Es wäre Aufgabe der ersten Instanz gewesen, festzustellen, von welcher tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit sie nun wirklich ausgehe, zumal mangels Einvernahme des Gendarmeriebeamten als Zeugen keinesfalls vom Vorliegen eines gleichbleibenden Abstandes im Nachfahren ausgegangen werden könne und zwar auch aus den vorgenannten fahrtechnischen Gründen.

Bezüglich des Faktums 3, zu dem die erste Instanz von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 173 km/h ausgehe, sei anzumerken, daß unter Zugrundelegung der angezeigten Strecke von 1,457 km zumindest Teilstrecken dieser Distanz technisch nicht einmal mit einem sehr stark motorisierten PKW im gleichbleibenden Abstand durchfahren werden könne, weil die Fahrbahn dort mehrfach und nicht unerheblich ansteige, deshalb davon ausgegangen werden müsse, daß der vom Gendarmeriebeamten verwendete 75 PS Diesel-Golf bei einer Geschwindigkeit von 140 km/h an seine Leistungsgrenze komme und ein Beschleunigungsmanöver über diese Geschwindigkeit hinaus gar nicht mehr möglich sei. Allenfalls auf die letzten paar hundert Meter der in Rede stehenden Distanz könne die Geschwindigkeit über 140 km/h liegen, keinesfalls aber bei 173 km/h, weil die Fahrbahn dort eine langgezogene Linkskrümmung beschreibe. Im übrigen liege das im Spruch zitierte Ende der tatörtlichen Fahrstrecke - km der B 1 - bereits auf salzburger Landesgebiet, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Braunau örtlich unzuständig sei. Der Gendarmeriebeamte habe den Beschuldigten, dem vorgeworfen wurde, mit gleichbleibender Geschwindigkeit vom oberösterr. Landesgebiet auch auf salzburger Gebiet der B 1 gefahren zu sein, bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung angezeigt. Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung habe ihn diesbezüglich ausgehend von km bis km verfolgt. Der Tatvorwurf der Bezirkshauptmannschaft Salzburg knüpfe nahtlos an jenen zu Punkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Tatort an. Beide Male sei ihm eine Übertretung des § 20 Abs.2 StVO vorgeworfen worden, wodurch von einem fortgesetzten Delikt auszugehen sei, über welches als erste die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung abgesprochen habe, wobei allerdings diese Behörde dieses Verwaltungsstrafverfahren schon vor Monaten eingestellt habe, wie sich aus dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 24.4.1998 ergebe. Zum Nachweis dessen legt der Rechtsmittelwerber Ablichtungen bezüglich der Verfolgungshandlung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.7.1997) und die Mitteilung der genannten Behörde vom 24.4.1998 vor, wonach das zitierte Verfahren gegen J. L. eingestellt wurde.

Da über dieses Delikt eine Verwaltungsstrafbehörde bereits abgesprochen habe, sei es nicht zulässig, daß hierüber eine neuerliche Entscheidung gefällt werde.

Schließlich beantragt der Rechtsmittelwerber seiner Berufung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis in allen Punkten aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Nach Einbringung der Berufung verzichteten die Parteien auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

Vom Oö. Verwaltungssenat wurde zur Frage der verläßlichen Feststellung der Fahrgeschwindigkeiten bzw. von plausiblen Näherungswerten ein ergänzendes Gutachten eines technischen Amtssachverständigen eingeholt. Demnach mangelte es für eine verläßliche Feststellung in Anknüpfung an die eigenen Angaben des Meldungslegers in der Anzeige über die Nachfahrstrecke an einer nach technischem Verständnis entsprechend langen mit gleichbleibender Geschwindigkeit durchfahrenen Nachfahrstrecke zu den Fakten 1 und 2 und erschien die vom Meldungsleger zu Faktum 3 beschriebene zwar hinreichend lang, jedoch unter Zugrundelegung des relativ gering motorisierten Einsatzfahrzeuges und des mit beträchtlichen Steigungen versehenen Straßenverlaufes, eine gleichbleibende Geschwindigkeit von 180 km/h bzw. rückgerechnet 173 km/h technisch nicht nachvollziehbar.

Der Amtssachverständige sah sich nicht in der Lage, gesicherte Näherungswerte der gefahrenen Geschwindigkeiten anzugeben, erachtete mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit, daß eine Überschreitung der Geschwindigkeit vorlag, konnte aber insbesondere zu Faktum 3 nicht angeben, ob die Geschwindigkeit bei 145 km/h oder höher lag.

Was die von der ersten Instanz nicht bezifferte Überschreitung der Fahrgeschwindigkeiten im unbeschränkten Verlauf einerseits und im mit 70 km/h beschränkten Verlauf der Tatörtlichkeiten zu Faktum 1 und 2 anlangt, so mußte der Oö. Verwaltungssenat, um konkrete Feststellungen treffen zu können, auf das Eingeständnis des Beschuldigten, daß er diese beiden Abschnitte mit je 20 km/h und zu Punkt 3 die dort beschriebene Fahrstrecke (nachmals zugestanden) mit 45 km/h zu schnell befahren habe, zurückgreifen.

Insoferne war damit aber der Unrechtsgehalt neu zu bewerten und das Strafmaß entsprechend dem vorstehenden Spruch herabzusetzen.

Was Faktum 3 anlangt, so erschien dem Oö. Verwaltungssenat klar gegeben, daß es sich bei der Fahrt des Beschuldigten auf der B 1 noch in Oberösterreich im Nahbereich zur Landesgrenze Salzburg und der in einem Zug fortgesetzten Fahrt auf Salzburger Gebiet bei der dabei mit der gleichen Ziffer vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung um die Anlastung eines fortgesetzten Deliktes handelte, was bereits aus der Anzeige hervorgeht. Zur Verfolgung dieser als eine Tat zu betrachtende Geschwindigkeitsüberschreitung, auch auf dem Gebiet des Bundeslandes Salzburg, wäre, weil das zügige Durchfahren der in diesen Teilen nicht beschränkten Freilandstraße bereits in Oberösterreich konzipiert war und darüber hinaus die Bezirkshauptmannschaft Braunau (als Wohnsitzbehörde nach Abtretung durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) am 20.3.1997 die erste Verfolgungshandlung setzte, diese im Sinne des § 27 VStG die zuständige Behörde für die Verfolgung des gesamten fortgesetzten Deliktes gewesen.

Dessen ungeachtet leitete die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung durch eine nachmalige Verfolgungshandlung vom 23.7.1997 ein Verfahren wegen der auf dem Teilstück ihres Gebietes angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitung ein, hat aber dieses Verfahren laut Mitteilung vom 24.4.1998 zur Einstellung gebracht, weil sie, wie eine diesbezüglich eingeholte Auskunft ergab, die Zuständigkeit der Oö. Behörde als gegeben erachtete.

Wenn nun von der Bezirkshauptmannschaft Braunau nur ein Teil der Fahrstrecke angesprochen worden ist und selbst wenn man, bezüglich der Kilometrierung und Landesgrenze das Berufungsvorbringen zu Grunde legt und damit nicht einmal bis zur Landesgrenze = Bezirksgrenze Vöcklabruck ging, so konnte die so eingeschränkte Verfolgungshandlung und der diesbezügliche Spruch des Straferkenntnisses der Wirksamkeit und Zulässigkeit der Entscheidung in der Sache nicht schaden, zumal eine diesbezügliche Absprache in der Sache, auch wenn ein fortgesetztes Delikt angenommen wird, nicht erfolgt ist.

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r Beschlagwortung: Beweiswürdigung, zu kurze Nachfahrstrecke

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum