Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105707/2/BI/KM

Linz, 12.08.1998

VwSen-105707/2/BI/KM Linz, am 12. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M S, K, W, vom 29. Juli 1998, gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Juli 1998, VerkR96-2352-1998/Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängten Strafe, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Geldstrafe auf 3.000 S herabgesetzt. Die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt aufrecht.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 300 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, § 99 Abs.3a StVO 1960, zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 4.000 S (4 Tage EFS) verhängt und ihm einen Verfahrenskostenbeitrag von 400 S auferlegt.

2. Die fristgerecht eingebrachte Berufung richtet sich im wesentlichen gegen die Strafhöhe und wurde seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, es sei ihm nicht mehr bewußt, ob er die Übertretung begangen habe. Er sei zu diesem Zeitpunkt mit einem Leihwagen unterwegs gewesen, da sein eigener Pkw auf der Autobahn infolge eines Motorschadens abgeschleppt werden mußte, wodurch insgesamt Kosten von etwa 30.000 S entstanden seien. Mit Hilfe des ÖAMTC sei er zu einem Leihwagen gekommen, einem Passat Turbo Diesel, und er habe kein Gefühl für dieses Auto gehabt, das eine sehr starke Motorleistung aufweise und dadurch auch eine wesentlich höhere Geschwindigkeit zulasse, als sein gewohnter Opel Vectra. Er sei aus München gekommen und habe unbedingt zur Arbeit müssen, wobei sich an diesem Tag Verzögerungen ergeben hätten, mit denen er nicht gerechnet habe. Er habe aber pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen müssen, um nicht in berufliche Schwierigkeiten zu kommen. Er habe Schulden in Höhe von ca. 150.000 S und auch der Führerscheinentzug sei wieder mit Unkosten verbunden und aus diesem Grund wisse er nicht mehr, wie er das alles schaffen solle. Er benötige außerdem den Führerschein für Arztfahrten mit seinem kranken Vater nach einem Schlaganfall. In Anbetracht dieser Umstände und der Tatsache seiner bisherigen Unbescholtenheit und daß er sich sonst immer an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit halte, ersuche er das Strafausmaß so gering wie möglich anzusetzen, da er sich in einer finanziellen Notlage befinde. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der Pkw , ein Leihwagen der Firma A GmbH, am 5. Februar 1998 um 12.41 Uhr auf der W A in A bei Strkm. 170,000 in Fahrtrichtung W mittels stationärem Radargerät MUVR 6FA Nr. 1401 mit einer Geschwindigkeit von 163 km/h gemessen wurde, obwohl sich dort eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h befindet. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen wurde eine Geschwindigkeit von 155 km/h der Anzeige und dem Verwaltungsstrafverfahren zugrundegelegt, nachdem der Rechtsmittelwerber als Lenker des Pkw zum damaligen Zeitpunkt ermittelt worden war. Dieser hat auch nie bestritten, die Übertretung begangen zu haben und hat bei einer Einvernahme am 9. Juli 1998 bei der BPD W, BPK S, seine finanziellen Verhältnisse mit 13.000 S Monatseinkommen und dem Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten sowie der Rückzahlung von 5.000 S für Bankschulden angegeben.

Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht hervor, daß die Erstinstanz die geschilderte Einkommenssituation der Strafbemessung zugrundegelegt hat und weiters davon ausgegangen ist, daß der Rechtsmittelwerber bisher verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, was als strafmildernd gewertet wurde; sie hat aber auch die erhebliche Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit als straferschwerend gewertet.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw. bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, daß die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte, zumal die verhängte Strafe dem nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, wobei auch die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd und die wohl erhebliche Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit als straferschwerender Umstand gewürdigt wurden. Die Erstinstanz hat auch zutreffend das vom Rechtsmittelwerber selbst angegebene Monatseinkommen sowie das Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten ihren Erwägungen zugrundegelegt. Weiters ist zu berücksichtigen, daß weder berufliche Eile eine notstandsähnliche Situation hervorzurufen geeignet ist noch die überdimensionale Motorleistung oder das ungewohnte Fahrgefühl eine derartige Geschwindigkeitsüberschreitung zu erklären oder einen strafmildernden Umstand zu bilden vermögen. Lediglich aufgrund der nunmehr in der Berufung vorgebrachten Umstände, nämlich der relativ hohen Schulden und damit verbundenen ungünstigen finanziellen Lage des Rechtsmittelwerbers, ist eine Herabsetzung der Geldstrafe auf das nunmehrige Ausmaß gerechtfertigt. Im übrigen steht es dem Rechtsmittelwerber frei, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen. Eine Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist nicht gerechtfertigt, weil sie im Verhältnis zur Geldstrafe günstig bemessen ist und dabei die finanziellen Verhältnisse außer Betracht bleiben. Die nunmehr verhängte Strafe soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung der Geschwindigkeitsbestimmungen anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: finanzielle Notlage rechtfertigt Herabsetzung der Geldstrafe

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