Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105709/9/BI/FB

Linz, 22.04.1999

VwSen-105709/9/BI/FB Linz, am 22. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, S, O, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M M & Partner, K 2, L, vom 30. Juli 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16. Juli 1998, VerkR96-1660-1998-OJ/KB, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes, aufgrund des Ergebnisses der am 21. April 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt wird, daß der Spruch auf "...bei Strkm 5,550 gelenkt, ohne eine von der Behörde erteilte gültige Lenkerberechtigung der Klasse F zu besitzen." und die Strafnorm auf § 37 Abs.3 Z1 FSG abgeändert wird. Die Geldstrafe wird auf 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Tage herabgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 500 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 3 und 19 VStG, §§ 1 Abs.3 iVm 37 Abs.3 Z1 FSG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 1 Abs.3 iVm 37 Abs.4 Z1 FSG eine Geldstrafe von 10.000 S (240 Stunden EFS) verhängt, weil er am 21. April 1998 gegen 11.30 Uhr eine Zugmaschine auf der W Bezirksstraße aus Richtung O in Richtung W bei Strkm 5,550 gelenkt habe, ohne eine von der Behörde erteilte Lenkerberechtigung der Klasse F zu besitzen, da ihm die Lenkerberechtigung rechtswirksam entzogen worden sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 21. April 1999 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers und der Zeugen H S und RI F durchgeführt. Das Vollmachtsverhältnis besteht laut Rechtsmittelwerber weiterhin, der Beschuldigtenvertreter ist aus Kostengründen nicht zur Verhandlung erschienen.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, nicht er habe die zum Verkehr zugelassene Zugmaschine zum damaligen Zeitpunkt gelenkt, sondern sein Bruder H S. Dieser habe durch seine Zeugenaussage die Beschuldigtenverantwortung vollinhaltlich bestätigt. Die Erstinstanz habe es unterlassen darzulegen, aus welchen Gründen sie die Aussagen des Zeugen und des Rechtsmittelwerbers als unglaubwürdig ansehe und warum die Aussage des Meldungslegers glaubwürdiger erscheine. Weiters wird das Fehlen von Feststellungen hinsichtlich der exakten Identifikation des Beschuldigten durch den Meldungsleger gerügt und darauf hingewiesen, daß eine Identifikation einer fahrenden Person im Zuge des Vorbeifahrens an einem PKW aufgrund der Geschwindigkeiten erschwert sei und es damit leicht zu Irrtümern kommen könne. Insbesondere sei die Identifikation von Personen, die im Zuge von Feldarbeiten eine spezielle Arbeitskleidung und auch Kappen, Sonnenbrillen etc tragen, noch schwerer möglich. Er beantragt daher die neuerliche zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers sowie die Durchführung eines Ortsaugenscheines an Ort und Stelle zum Beweis dafür, daß aufgrund der Geschwindigkeiten zweier vorbeifahrender Fahrzeuge und das Tragen von Arbeitskleidung eine Identifikation einer Person exakt nicht möglich sei, und behauptet, daß das Strafverfahren zumindest im Zweifel eingestellt hätte werden müssen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört, der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen und eine Gegenüberstellung des Rechtsmittelwerbers mit seinem Bruder sowie eine Besichtigung der in Rede stehenden Zugmaschine in der Garage des Anwesens des Rechtsmittelwerbers durchgeführt wurde.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber seine Verantwortung aufrecht erhalten, wonach nicht er, sondern sein Bruder die Zugmaschine zum fraglichen Zeitpunkt gelenkt habe. Er hat außerdem dargelegt, daß der Meldungsleger ihn schon öfter angezeigt habe, nur sei dabei nie etwas herausgekommen. Er schließe daraus, daß der Meldungsleger etwas gegen ihn habe und ihn deshalb angezeigt habe, um ihn hinsichtlich des Wiedererwerbs einer Lenkerberechtigung zu benachteiligen.

Der Zeuge H S hat sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung nach Belehrung über sein Entschlagungsrecht als Bruder des Rechtsmittelwerbers entschlossen, nicht auszusagen.

Bei der gleichzeitigen Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers und seines Bruders H S bei der mündlichen Verhandlung wurde vom erkennenden Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates festgestellt, daß sowohl der Rechtsmittelwerber als auch sein Bruder einen Oberlippenbart - jedoch von unterschiedlicher Form, zumal der Rechtsmittelwerber die Enden nach unten, der Bruder die Enden gerade auslaufend hat - tragen und beide auch unterschiedliche Frisuren, vor allem im Stirnbereich, insofern aufweisen, als der Rechtsmittelwerber die Haare kürzer und stirnfrei hat, während sein Bruder einen Seitenscheitel mit weit in die Stirn fallenden Haaren trägt und nach eigenen Angaben auch zum Vorfallszeitpunkt getragen hat. Aufgrund der kürzeren Haare des Rechtsmittelwerbers im Bereich der Ohren erscheint sein Gesicht im unteren Bereich etwas voller als das seines Bruders. Von der optischen Erscheinung her ist festzustellen, daß außer dem Oberlippenbart grundsätzlich keine auffallende Ähnlichkeit zwischen den beiden Brüdern besteht.

Der Meldungsleger RI F bestätigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung, er habe zum damaligen Zeitpunkt seinen Privat-PKW Richtung O gelenkt und der Rechtsmittelwerber sei ihm als Lenker einer Zugmaschine auf der W Bezirksstraße entgegengekommen. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit der Zugmaschine und auch seiner eigenen eher niedrigen Geschwindigkeit sei ihm eine Beobachtung des Lenkers, die bei ihm schon vom Beruf her - er präge sich Gesichter von Lenkern genauso automatisch ein wie er auf Kennzeichen achte - erfolge, einwandfrei möglich gewesen, wobei er sowohl den Rechtsmittelwerber als auch seinen Bruder seit mehreren Jahren persönlich kenne. Der Meldungsleger hat bestätigt, daß er den Rechtsmittelwerber bereits früher wegen Verwaltungsübertretungen und auch Gerichtsdelikten zur Anzeige gebracht habe. Er konnte sich nicht mehr erinnern, ob der Lenker zum damaligen Zeitpunkt eine Kappe getragen habe, aber es habe einwandfreie Sicht auf den Lenker durch die verglaste Frontscheibe des Aufbaus der Zugmaschine, Marke Ferguson, bestanden. Er habe deshalb nicht umgedreht und sei dem Lenker nachgefahren, um ihn an Ort und Stelle zu beanstanden, weil er sich damals nicht im Dienst befunden habe und mit seinem Privat-PKW gefahren sei. Er habe eindeutig und zweifelsfrei den Rechtsmittelwerber im Begegnungsverkehr als Lenker der Zugmaschine identifiziert.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde am Anwesen des Rechtsmittelwerbers die in der Garage abgestellte Zugmaschine MF 135 Ferguson - ein Ablesen des nur hinten angebrachten Kennzeichens war aufgrund der Unzugänglichkeit nicht möglich - besichtigt, wobei festgestellt wurde, daß der Aufbau sowohl vorne als auch an den Seiten verglast ist. In der Mitte der Frontscheibe befindet sich ein Scheibenwischer und weiters ragt rechtsseitig ein schmales Auspuffrohr nach oben, das einen geringen Teil auf der rechten Seite der Windschutzscheibe verdeckt. Beide Sichthindernisse sind jedoch so schmal, daß eine Einsichtsmöglichkeit auf den Lenker im Herannahen durch die Frontscheibe und im Vorbeifahren durch die Seitenscheibe einwandfrei möglich ist. Eine Sitzprobe mit dem Rechtsmittelwerber hat ergeben, daß der Lenker genau in der Mitte des Frontfensters sitzt.

Auf den beantragten Ortsaugenschein wurde deshalb verzichtet, weil die Örtlichkeit, nämlich km 5,550 der W Bezirksstraße, nichts mit der Erkennbarkeit des Lenkers zu tun hat. Die W Bezirksstraße weist durchgehend eine derartige Breite auf, daß der Abstand zwischen einem in Richtung O fahrenden PKW und einem in Richtung W fahrenden Traktor nicht größer als 2 m - bezogen auf die Position des Lenkers - ist. Aus dieser Entfernung ist ein einwandfreies Erkennen des Lenkers durch den Meldungsleger nach logischen Überlegungen einwandfrei möglich. Es wurde nie behauptet, daß es zum Vorfallszeitpunkt stark geregnet hätte bzw die Frontscheibe des Traktors derart verschmutzt gewesen wäre, daß schon dadurch die Erkennbarkeit des Lenkers eingeschränkt gewesen wäre.

Selbst wenn dieser Arbeitskleidung oder auch eine Kappe getragen hat, vermag der unabhängige Verwaltungssenat keinerlei Anhaltspunkt für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Meldungslegers zu finden. Dieser hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Vorfall ruhig und emotionslos geschildert und es entstand der Eindruck, daß er diese Anzeige wohl überlegt und der Wahrheit entsprechend erstattet hat.

Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung im wesentlichen versucht, die Glaubwürdigkeit des Meldungslegers dadurch zu erschüttern, daß er diesem Unkorrektheiten und falsche Anschuldigungen vorwarf, ohne dies begründen zu können, ansonsten trotz der Entschlagung seines Bruders von der Zeugenaussage bei seiner lapidaren Bestreitung der Lenkereigenschaft blieb und im übrigen ein eher weinerliches Verhalten an den Tag legte. Er war aber selbst nicht in der Lage, objektive Beweise dafür anzubieten, daß er zum Vorfallszeitpunkt nicht der Lenker gewesen sei.

Sein Bruder, der Zeuge H S, hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Aussage verweigert, wobei dieses Verhalten nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ebenfalls gegen den Rechtsmittelwerber spricht. Dieser war im übrigen auch nicht in der Lage, ein Beweismittel für einen sonstigen Aufenthalt zum Vorfallszeitpunkt anzubieten und sein Verhalten bei der mündlichen Verhandlung war nicht geeignet, seine Glaubwürdigkeit in einem anderen Licht erscheinen zu lassen.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt aufgrund all dieser Überlegungen zu der Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber die Zugmaschine zum damaligen Zeitpunkt selbst gelenkt hat.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 1 Abs.3 FSG das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers - ausgenommen in den hier nicht zutreffenden Fällen des Abs.5 - nur mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkerberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt, zulässig ist.

Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.

Dem Rechtsmittelwerber wurde laut Mitteilung der Erstinstanz die Lenkerberechtigung für die Zeit von 4. Februar 1998 bis 4. August 1998 entzogen; allerdings handelte es sich dabei um die Lenkerberechtigung Klasse B. Eine Lenkerberechtigung der Klasse F hat der Rechtsmittelwerber - wie auch von der Erstinstanz bestätigt - nie besessen.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt auf der Grundlage der Ergebnisse des Beweisverfahrens zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, wobei die Spruchformulierung hinsichtlich der nie vorhanden gewesenen Lenkerberechtigung der Klasse F und die Strafnorm auf § 37 Abs.1 iVm Abs.3 Z1 zu ändern war, da die Voraussetzungen des Abs.4 Z1 leg.cit. nicht vorlagen. Der Spruch war daher gemäß den zitierten Bestimmungen abzuändern.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die nunmehr verhängte Geldstrafe der Mindest-Geldstrafe iSd § 37 Abs.3 Z1 FSG entspricht, wobei mildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers und erschwerend kein Umstand sind. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung iSd § 20 VStG waren jedoch nicht gegeben.

Die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers sind unangefochten und daher auch der Berufungsentscheidung zugrunde zu legen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Strafrahmen des § 37 Abs.1 FSG und erfolgte deren Bemessung im Verhältnis zur nunmehr verhängten Geldstrafe.

Die Strafe ist im Hinblick auf general- und spezialpräventive Überlegungen geboten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab Lenkereigenschaft des Berufungswerbers. Lenkerberechtigung Klasse B wurde entzogen, hat Klasse F nie besessen, daher Änderung der Strafnorm von § 37 Abs.4 Z1 auf § 37 Abs.3 Z1 FSG.

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