Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105726/10/Sch/Rd

Linz, 30.11.1998

VwSen-105726/10/Sch/Rd Linz, am 30. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des A vom 4. August 1998, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Juli 1998, III/S-26368/97-3, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 27. November 1998 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verfahren eingestellt. Im übrigen (Faktum 2) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt ergänzt wird: "... Strkm 23,8 als Lenker des PKW mit dem Kennzeichendie ...".

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 120 S. Insofern der Berufung Folge gegeben wurde, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Unbeschadet dessen ist bezüglich des abweisenden Teils der Entscheidung ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren von 240 S (20 % der bezüglich Faktum 2 verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 bzw 45 Abs.1 Z1 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 22. Juli 1998, III/S-26368/97-3, über Herrn A, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 20 Abs.2 StVO 1960 und 2) § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.500 S und 2) 1.200 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 48 Stunden und 2) 36 Stunden verhängt, weil er am 28. Juni 1997 um 21.58 Uhr auf der B 126 vom Zentrum Bad Leonfelden, Bezirk Urfahr-Umgebung, kommend in Fahrtrichtung Zwettl/Rodl 1) von Straßenkilometer 25,8 bis Straßenkilometer 23,8 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten habe, weil die Fahrgeschwindigkeit mindestens 100 km/h betragen habe, wobei die Überschreitung durch Nachfahrt festgestellt worden sei; 2) bei Straßenkilometer 22,9 auf einer unübersichtlichen Straßenstelle vorschriftswidrig überholt habe, obwohl dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet haben werden können.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 270 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung (Faktum 1): Dem Berufungswerber wurde diesbezüglich zur Last gelegt, auf einer Fahrtstrecke von 2 Kilometern die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten zu haben, weil die Fahrgeschwindigkeit "mindestens 100 km/h betrug".

Da der Tatvorwurf in dieser Form keinen Sinn ergibt, geht die Berufungsbehörde unter Bedachtnahme auf die Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses davon aus, daß die vom Berufungswerber eingehaltene Fahrgeschwindigkeit mit mindestens 130 km/h gemeint war. Der Spruch des Straferkenntnisses wäre einer Berichtigung zugänglich, da entsprechende Verfolgungshandlungen, insbesondere die Strafverfügung vom 30. Oktober 1997, vorliegen. Allerdings kann der Tatvorwurf als solcher nicht als hinreichend erwiesen angesehen werden. Wie die Besichtigung der vom Berufungswerber mit angeblich mindestens 130 km/h zurückgelegten Wegstrecke im Zuge der B 126 Leonfeldener Straße ergeben hat, ist es aufgrund der zahlreichen Kurven unmöglich, dort auf einer Länge von 2 Kilometer durchgehend eine Fahrgeschwindigkeit von mindestens 130 km/h einzuhalten. Bei einer solchen Fahrgeschwindigkeit würde ein Fahrzeug schon bei der ersten Kurve die Fahrbahn verlassen. Des weiteren ist nach der Beweislage davon auszugehen, daß zu keinem Zeitpunkt und daher auch nicht in der erforderlichen Fahrtstrecke (lt. VwGH zumindest 100 m) eine Nachfahrt des Gendarmeriefahrzeuges hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers in gleichbleibendem Abstand erfolgt ist. Zum einen hat sich der Berufungswerber laut Angaben des Zeugen Chefinsp. W immer weiter vom Gendarmeriefahrzeug weg entfernt und zum anderen war es aufgrund des kurvigen Verlaufes der Fahrtstrecke nicht möglich, ständig Sichtkontakt zu dem vorausfahrenden Fahrzeug zu halten. Der Berufung hatte daher in diesem Punkt Erfolg beschieden zu sein und war das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zu Faktum 2 des Straferkenntnisses: Der von der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung im Beisein eines technischen Amtssachverständigen abgeführte Lokalaugenschein hat ergeben, daß ausgehend von jenem Punkt, wo der Berufungswerber nach Aussage des oben erwähnten Zeugen das Überholmanöver begonnen hat, auch bei den allergünstigsten Prämissen ein vorschriftsmäßiger Überholvorgang bei weitem nicht möglich war. Bei dieser als Überholbeginn angenommenen Örtlichkeit beträgt die Sichtweite eines Fahrzeuglenkers lediglich 90 m. Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des einvernommenen Zeugen ist auszuführen, daß hieran nicht die geringsten Zweifel vorlagen. Aber auch die Schlüssigkeit im Hinblick auf seine Möglichkeit zur Wahrnehmung des relevanten Vorganges ist gegeben. Als der Berufungswerber nämlich auf ein vor ihm fahrendes Fahrzeug "aufgelaufen" war, konnte das Gendarmeriefahrzeug wieder auf relativ kurze Entfernung aufschließen. Dabei wurde vom Zeugen wahrgenommen, wie der Berufungswerber den erwähnten Überholvorgang durchführte und auch, daß dieser in der unmittelbar darauf folgenden Rechtskurve noch nicht beendet war. Naturgemäß kann nicht erwartet werden, daß eine solche Wahrnehmung quasi "zentimetergenaue" Ortsangaben beinhaltet, wie der Lokalaugenschein aber ergeben hat, war die Möglichkeit einer verläßlichen Wahrnehmung jedenfalls gegeben. Die Berufungsbehörde geht daher davon aus, daß der Überholvorgang an der vom Zeugen geschilderten Örtlichkeit begonnen wurde, geringfügige Abweichungen davon sind angesichts der äußerst beschränkten Sichtverhältnisse ohnedies für die Entscheidung irrelevant.

Angesichts dieser Beweislage erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die Schilderungen des Berufungswerbers über den Beginn des Überholmanövers aus seiner Sicht. Diesbezüglich hat der Lokalaugenschein aber ohnedies ergeben, daß auch dann die Sichtweite nur geringfügig länger gewesen wäre, da der Fahrbahnverlauf vor der erwähnten Rechtskurve noch eine leichte Linkskurve nimmt und in diesem Bereich ein Felsvorsprung die Sicht auf den linken Fahrstreifen in die Rechtskurve hinein auf eine Länge von etwa 90 m nimmt.

Die Berufungsbehörde hat daher keinen Grund daran zu zweifeln, daß der Berufungswerber den Überholvorgang trotz bei weitem ungenügender Sicht durchgeführt und damit eine Übertretung des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 - weitere nach der Aktenlage bzw dem Ergebnis der Berufungsverhandlung vom Berufungswerber dadurch noch begangene Überholdelikte wurden von der Erstbehörde nicht verfolgt - gesetzt hat.

Die Ergänzung des erstbehördlichen Bescheidspruches erfolgte zur Konkretisierung des Tatvorwurfes; dazu war die Berufungsbehörde aufgrund entsprechender fristgerechter Verfolgungshandlungen, die dieses Tatbestandsmerkmal enthielten, insbesondere der aktenkundigen Rechtshilfeersuchen der Erstbehörde unter Beischluß der Anzeige, berechtigt. Hinsichtlich der Strafbemessung kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen werden, denen sich die Berufungsbehörde anschließt.

Die hiefür verhängte Geldstrafe in der Höhe von lediglich 1.200 S muß angesichts der Gefährlichkeit des Überholmanövers geradezu als milde bezeichnet werden.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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