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des Landes Oberösterreich
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VwSen-105750/14/Ki/Shn

Linz, 17.11.1998

VwSen-105750/14/Ki/Shn Linz, am 17. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Franz J, eingelangt bei der Erstbehörde am 13. August 1998, gegen das Straferkenntnis der BH Grieskirchen vom 21. Juli 1998, VerkR96-3130-1998, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13. November 1998 zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straf- erkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 21. Juli 1998, VerkR96-3130-1998, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verhängt, weil er am 26.5.1998 um 10.25 Uhr im Ortschaftsgebiet von Hiering, Gemeinde Grieskirchen, auf der Gallspacher Straße B 135 auf Höhe des Strkm.s 1,1, in Fahrtrichtung Grieskirchen als Lenker des Kombis der Marke Volkswagen, Type A 3, mit dem behördlichen Kennzeichen trotz Gegenverkehrs ein mehrspuriges Kraftfahrzeug (PKW) überholt hat, wodurch der entgegenkommende Lenker des Dienstmotorrades mit dem behördlichen Kennzeichen Herr Rev.Insp. P - um eine Kollision zu verhindern - zum Abbremsen seines Motorrades genötigt und sohin behindert wurde, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen darf, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100  S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis Berufung, der erhobene Strafvorwurf wird im wesentlichen bestritten.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13. November 1998. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden der Bw sowie als Zeuge der Meldungsleger einvernommen. Weiters wurde ein Ortsaugenschein durchgeführt und vom beigezogenen straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen eine Beurteilung des gegenständlichen Überholvorganges vorgenommen. Ein Vertreter der Erstbehörde hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

Der Bw führte bei seiner Einvernahme aus, daß er auf ein vor ihm fahrendes Fahrzeug aufgeschlossen hat, welches mit einer Geschwindigkeit von ca 70 km/h unterwegs gewesen sei. Er sei dann eine Strecke von schätzungsweise 750 m hinter diesem Fahrzeug (PKW) nachgefahren. Im Bereich einer Doppelkurve habe er geradeaus blickend einen entgegenkommenden Motorradfahrer erblickt, er habe jedoch nicht feststellen können, daß es sich dabei um ein Gendarmeriedienstfahrzeug handelte. Er habe sich dann entschlossen, den Überholvorgang einzuleiten, da dies aufgrund der konkreten Kurvenlage seiner Meinung nach kein Problem gewesen sei. Er kenne die Strecke, da er diese schon viele Jahre fahre. Er habe auf den dritten Gang zurückgeschaltet und dann den Überholvorgang begonnen. Bei seinem Fahrzeug habe es sich um einen Golf TDI, 90 PS, gehandelt, beim Überholen habe er ca auf 100 km/h beschleunigt.

Daß der entgegenkommende Motorradfahrer seine Geschwindigkeit vermindern mußte, dies wurde vom Bw bestritten, würde jemand mit einem Motorrad eine Notbremsung machen, so würde er dies erkennen. Im Rahmen des Augenscheines erklärte der Bw dann, daß er den Überholvorgang etwa kurz vor Strkm 1,2 aus Richtung Gallspach kommend begonnen habe. Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger erklärte, daß er damals mit dem Motorrad auf der B 135 von Grieskirchen kommend in Richtung Gallspach unterwegs gewesen ist. Seine Fahrgeschwindigkeit habe ca 100 km/h betragen. Als er aus der Kurve herauskam, habe er entgegenkommend ebenfalls aus einer Kurve kommend einen PKW gesehen, kurz nachdem er diesen PKW wahrgenommen hat, habe hinter diesem ein anderer PKW zum Überholen ausgescherrt. Nach mehreren Sekunden habe er den Eindruck gehabt, daß sich der Überholvorgang nicht mehr ausgehen würde, da der Geschwindigkeitsunterschied zu gering sei. Er habe daher das Motorrad abgebremst, er habe zwar keine Vollbremsung jedoch eine starke Bremsung vornehmen müssen. Er habe auf eine Geschwindigkeit von 50 km/h abgebremst. Kurz darauf sei es zur Begegnung mit diesem Fahrzeug gekommen und zwar unmittelbar nachdem sich der Überholende wieder eingereiht hatte. Beim Lokalaugenschein konnte dann festgestellt werden, daß nach der Version des Meldungslegers der Überholvorgang bei Strkm 1,100 begonnen wurde.

Der verkehrstechnische Amtssachverständige hat nach Durchführung des Ortsaugenscheines festgestellt, daß sich im konkreten Tatortbereich für die Durchführung eines Überholmanövers ohne Behinderung des Gegenverkehrs eine erforderliche Überholsichtweite von 570 m ergibt. Dieser Strecke liegt zugrunde, daß der Bw das Überholmanöver aus einer Geschwindigkeit von 70 km/h beschleunigend begonnen hat, der von ihm überholte PKW ca 5 m lang und sein eigener PKW ca 4,5 m lang sind. Als weitere Parameter wurden ein Sicherheitsabstand von 1,5 sec vor und nach dem Überholvorgang, der auch gleichzeitig zum Spurwechsel erforderlich ist sowie eine Beschleunigung von 1,8 m/sec² herangezogen, sodaß sich eine Endgeschwindigkeit von 105 km/h bzw daraus resultierend eine erforderliche Überholstrecke von knapp 255 m und eine Überholzeit von 9,3 sec ergibt. Die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Parameter wurden zugunsten des Beschuldigten gewählt.

Ausgehend von der Aussage des Meldungslegers, wonach das gegenständliche Überholmanöver erst am Kurvenausgang des gegenständlichen Rechtskurvenbogens, also etwa auf Höhe von Strkm 1,100 begann, besteht von dieser Straßenstelle eine Sichtweite von ca 500 m. Legt man den Überholbeginn die Aussage des Bw zugrunde, dh, Höhe des Strkm 1,200, so ergibt sich, daß die rechtsseitigen, straßenseitigen Bäume (Nadelbaum) die Sichtweite auf den weiteren Verlauf der B 135 in Fahrtrichtung Grieskirchen nur bis etwa Strkm 0,950 ermöglichen. Der Streckenabschnitt danach ist eben durch diese Bäume abgedeckt. Daraus ergibt sich eine Sichtweite von 250 m, welche für ein sicher durchzuführendes Überholmanöver als zu gering zu bewerten ist. I.5. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung kommt die erkennende Berufungsbehörde zur Überzeugung, daß die Erstbehörde die Anzeige des Meldungslegers zu Recht ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat. Bestätigt durch das schlüssige und nicht zu den Erfahrungen des Lebens in Widerspruch stehende Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen sind die Angaben des Meldungslegers durchaus nachvollziehbar. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß der Gendarmeriebeamte seine zeugenschaftliche Aussage unter Wahrheitspflicht tätigte und es sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, daß er den Bw willkürlich belasten würde. Der Sachverständige hat nach Durchführung des Ortsaugenscheines in seinem Gutachten bestätigt, daß zu Beginn des Überholmanövers die Überholsicht nicht ausreichend war, aus dieser Tatsache ist abzuleiten, daß, ohne das vom Zeugen beschriebene Bremsmanöver, sich der Überholvorgang nicht ausgegangen wäre. Der Bw selbst konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im konkreten Falle sind jedoch die Aussagen des Zeugen glaubhafter. Es mag durchaus zutreffen, daß der Bw subjektiv der Meinung war, er könne einen ordnungsgemäßen Überholvorgang durchführen, wie das Beweisverfahren ergeben hat, war dies jedoch nicht der Fall. Daß der Bw - entgegen seiner Aussage - nicht wahrgenommen hat, daß der entgegenkommende Gendarmeriebeamte sein Motorrad abbremsen mußte, ist durchaus nachvollziehbar.

Im übrigen muß darauf hingewiesen werden, daß auch bei einem Beginn des Überholmanövers nach den Angaben des Bw keine entsprechende Überholsichtweite gegeben gewesen wäre, dies ist ebenfalls aus dem Sachverständigengutachten abzuleiten. I.6. In rechtlicher Erwägung wird daher seitens des Oö. Verwaltungssenates folgendes festgestellt:

Gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

Das unter Pkt. I.5. dargelegte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der Bw den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat, weshalb der von der Erstbehörde erhobene Strafvorwurf zu Recht erfolgte. Was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so hat der Bw keine Gründe hervorgebracht, daß er nicht in der Lage gewesen wäre, sich an die Vorschrift zu halten und es sind auch im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, welche ihn diesbezüglich entlasten würden. Er hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung daher auch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zu vertreten.

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so hat nach Auffassung der erkennenden Berufungsbehörde die Erstbehörde von ihrem Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht.

Gerade im Hinblick darauf, daß durch derartige Überholvorgänge es immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen mit gravierenden Folgen kommt, ist aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung derartiger Verwaltungsübertretungen geboten.

Bei dem vorgegebenen Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 10.000 S) hat die Erstbehörde sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe im untersten Bereich festgelegt. Bei der Straffestsetzung wurden die - unbestrittenen - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw berücksichtigt. Im Hinblick darauf, daß die Verwaltungsübertretung des Bw nicht ohne Folgen geblieben ist, der entgegenkommende Gendarmeriebeamte mußte sein Dienstfahrzeug entsprechend abbremsen, erscheint eine Herabsetzung der festgelegten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe für nicht vertretbar. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit wurde berücksichtigt, erschwerende Umstände sind auch im Berufungsverfahren keine hervorgekommen. Überdies erfüllt die festgelegte Strafe auch spezialpräventive bzw generalpräventive Zwecke. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h

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