Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105757/5/Ga/La

Linz, 09.11.1999

VwSen-105757/5/Ga/La Linz, am 9. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des T M, vertreten durch Dr. J P, Rechtsanwalt in M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22. Juli 1998, VerkR96-21964-1996-Kb, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 22. Juli 1998 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 25. November 1996, zwischen 19.00 Uhr und 19.30 Uhr, einen durch das Kennzeichen bestimmten PKW auf der A Landesstraße, auf der Höhe des Hauses S Nr. 25, Gemeinde L, gelenkt und habe es dabei unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, 1. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, zumal er sich und das Fahrzeug vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme von der Unfallstelle entfernt habe, und 2. die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Namen und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben sei.

Dadurch habe er 1. § 4 Abs.1 lit.c StVO und 2. § 4 Abs.5 StVO verletzt. Über ihn wurde 1. eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von 1.500 S (72 Stunden) und 2. eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von 1.000 S (48 Stunden), je kostenpflichtig verhängt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafakt sowie nach ergänzenden Erhebungen (§ 66 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG) erwogen:

Der Berufungswerber bestreitet tatseitig mit der schon vor der Strafbehörde vorgebrachten Behauptung, er habe den PKW des S H (Anzeiger) nicht beschädigt. Hiezu bringt er mit näherer Begründung vor, die Annahme der belangten Behörde, er habe beim Ausparken mit seinem PKW den zur spruchgemäßen Tatzeit am angegebenen Ort abgestellt gewesenen PKW des Anzeigers touchiert und (geringfügig) beschädigt, beruhe - auf den Punkt gebracht - auf einer verfehlten Beweiswürdigung.

Tatsächlich reichte, wie aus der Einsicht in den Strafakt hervorgeht, die Beweislage für eine sichere Annahme der ursächlichen Unfallbeteiligung des Berufungswerbers nicht aus. Die belangte Behörde hat in der Beweiswürdigung das Gewicht der vom Gendarmerieposten F am 27. November 1996 mit den vermeintlich Unfallbeteiligten aufgenommenen und vorgelegten Niederschriften zu gering bewertet. Auszugehen war aber von der im Ermittlungsverfahren nicht widerlegten, niederschriftlich festgehaltenen Angabe des Berufungswerbers, er sei am 25. November 1996 um ca. 19.00 Uhr vom nämlichen Ort, nach Beendigung des Besuches eines Bekannten, wieder weggefahren. Der Anzeiger hingegen gab laut der seine Aussage beurkundenden Niederschrift an, er habe seinen PKW am bezeichneten Tag (erst) um ca. 20.30 Uhr vor seiner Wohnung abgestellt und es sei zu diesem Zeitpunkt "mit Sicherheit kein Schaden" am linken vorderen Kotflügel seines PKW gewesen. In diese Niederschrift wurden noch weitere zwei Zeitangaben des Anzeigers aufgenommen. Nach der Aufnahme der Niederschrift wurde sie dem Anzeiger vom Vernehmungsorgan vollständig vorgelesen. H bestätigte die Richtigkeit der Niederschrift mit seiner Unterschrift in Gegenwart des vernehmenden Gendarmerieorgans.

Dem steht die spätere - nach fast vier Monaten - erfolgte zeugenschaftliche Aussage des Anzeigers gegenüber, wonach die am 27. November 1996 bei der Niederschriftsaufnahme von ihm selbst angegebene Uhrzeit "20.30 Uhr" auf einem Irrtum beruhe; er spreche nur sehr gebrochenes Deutsch und habe höchstwahrscheinlich die Uhrzeiten vertauscht; an jenem Tag sei er schon "um ca 18.00 Uhr bis 18.30 Uhr" zu Hause angekommen.

Diese vom Anzeiger vorgenommene Berichtigung hält der Oö. Verwaltungssenat für nicht in jenem höheren Maß glaubwürdig, das erforderlich wäre, um die frühere, nur einen Tag nach dem behaupteten Entdecken des Schadens gemachte Zeitangabe betreffend das Abstellen des PKW auf seinem Parkplatz im Zuge der niederschriftlichen Vernehmung als eine auf einem Irrtum beruhende Zeitverwechslung plausibel zu machen.

War davon auszugehen, dass förmliche Niederschriften vollen Beweis über die Richtigkeit inhaltlicher Angaben (vgl § 15 AVG) machen, so erforderte die Annahme der erfolgreichen Bestreitung eines niederschriftlichen Faktums eine sorgfältig begründete Würdigung, worin das ausschlaggebende Gewicht des (später aufgenommenen) Gegenbeweismittels zur Entkräftung der Beweiskraft der Niederschrift konkret gelegen sei. Die spätere Aussage des Anzeigers, er spreche nur "gebrochen Deutsch" und dies habe einen Irrtum bei der niederschriftlichen Zeitangabe bewirkt, lässt danach fragen, warum das behauptete Sprachdefizit nicht schon dem Vernehmungsbeamten während der Niederschriftsaufnahme aufgefallen ist einerseits und andererseits, warum den angeblichen Irrtum nicht der Anzeiger selbst sogleich erkannt hatte, als ihm die fertige Niederschrift vorgelesen und er zur Bestätigung aufgefordert worden ist. Nach Auffassung des Tribunals ist nämlich auch eine phonetische Verwechslung (Hörfehler) der in Rede stehenden Zeitangaben unter den Umständen der Niederschriftsaufnahme wenig wahrscheinlich (die Zeitangaben waren dem Anzeiger nicht etwa fremdbestimmt unterbreitet worden, sondern hat sie der Anzeiger ja von sich aus dem Gendarmerieorgan angesagt, welchem Vorgang eine gedankliche Befassung mit dem Inhalt der Anzeige, in Sonderheit mit den Zeitangaben, immerhin von einem Tag auf den anderen vorangegangen war). Der Vernehmungsbeamte gab als Zeuge vernommen (NS vom 7.5.1997) an, dass "die Deutschkenntnisse des H .... einigermaßen gut" seien, jedoch "kleine Verständigungsschwierigkeiten nicht ausgeschlossen werden" könnten. Solche "kleine Verständigungsschwierigkeiten" hält zwar auch der Oö. Verwaltungssenat für glaublich; sie vermögen jedoch die Richtigkeit der korrekt aufgenommenen, förmlichen Niederschrift vom 27. November 1997 nicht dermaßen als zweifelhaft erscheinen lassen, dass sie zu Gunsten der erheblich späteren zeugenschaftlichen Aussage derselben Person als gerade in diesem Punkt nicht mehr beweiskräftig hätte verworfen werden dürfen.

Konnte aber mit der im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit schon nicht bewiesen werden, dass der Anzeiger seinen PKW tatsächlich schon vor 20.30 Uhr abgestellt gehabt hatte, war auf die weiteren, zur Untermauerung des behaupteten Unfallgeschehens von der belangten Behörde dargelegten Beweiserörterungen nicht mehr einzugehen. Dennoch hält der Oö. Verwaltungssenat fest, dass aus der im Strafakt einliegenden, vom GP F erstellten Lichtbildbeilage über die Nachstellung des angeblichen Unfalls (Bild 3) zufolge der Verzerrung durch den Blickwinkel gerade nicht beweiskräftig hervorgeht, dass die "Höhe der Beschädigungen genau übereinstimmt". Im übrigen haben die vom Oö. Verwaltungssenat geführten ergänzenden Erhebungen zu Tage gefördert, dass gegen den Anzeiger nur rund ein halbes Jahr vor dem Berufungsfall wegen Verdachtes des Vergehens nach § 107 StGB (gefährliche Drohung) an die Staatsanwaltschaft Ried Anzeige erstattet wurde. Im Hinblick darauf aber kann die Behauptung des Berufungswerbers, er habe sich nur durch eine vom Anzeiger wider ihn ausgestoßene Androhung körperlichen Unheils zur Bezahlung von 5.000 S als Reparaturpauschale veranlasst gesehen, nicht ohne weiteres als an den Haaren herbeigezogenes Geflunker vernachlässigt werden.

Insgesamt war daher das dem angefochtenen Straferkenntnis zu Grunde gelegte Feststellungsergebnis nicht geeignet, die Annahme der Tatbestands-mäßigkeit mit der erforderlichen Zweifelsfreiheit zu stützen.

Aus allen diesen Gründen war das Straferkenntnis im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers aufzuheben und die Einstellung des Verfahrens, weil die Tat nicht erwiesen werden konnte, zu verfügen. Dieses Verfahrensergebnis entlässt den Berufungswerber auch aus seiner Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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