Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105794/11/Ga/Fb

Linz, 17.11.1999

VwSen-105794/11/Ga/Fb Linz, am 17. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung der A M, vertreten durch Dr. M, Mag. M und Mag. N, Rechtsanwälte in L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6. August 1998, VerkR96-1854-1998+1, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), nach öffentlicher Verhandlung am 12. November 1999 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 6.000 S (436,04 €), die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 Stunden, der von der Berufungswerberin zu leistende Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde auf 600 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 19, § 20, § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin einer Übertretung gemäß "§ 99 Abs.1b" (gemeint: § 99 Abs.1 lit.b) iVm § 5 Abs.9 StVO (idF der 19. Novelle) für schuldig befunden. Im Kern des Tatvorwurfs wurde ihr angelastet, sie habe am 20. Februar 1998 um 14.05 Uhr am näher beschriebenen Ort der Anhaltung die von einem Organ der Straßenaufsicht auf Grund bestimmter Merkmale einer Suchtgiftbeeinträchtigung "berechtigt verlangte Aufforderung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung verweigert," obwohl sie zuvor in vermutlich durch "Suchtmittel" beeinträchtigtem Zustand ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen gelenkt habe.

Tatsächlich wollte dieser Schuldspruch, wie in der öffentlichen Berufungsverhandlung unter Rückgriff auf die Begründung des noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erlassenen Straferkenntnisses sowie die - erörterte - sonstige Aktenlage festzustellen war, den Vorwurf erheben, die Berufungswerberin habe trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen (entsprechende Aufforderung auf der Grundlage der Vermutung einer Suchtgiftbeeinträchtigung) die Vorführung zum Amtsarzt verweigert.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Berufungswerberin gemäß "§ 99 Abs.1b" (gemeint: § 99 Abs.1 lit.b) StVO eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von 10.000 S (200 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung hat die Beschuldigte im Zuge der öffentlichen Verhandlung am 12. November 1999 nach durchgeführtem Beweisverfahren ausdrücklich auf ein nur das Strafausmaß bekämpfendes Rechtsmittel eingeschränkt und die Herabsetzung der Strafe beantragt. Darüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Zufolge der auf die Strafe eingeschränkten Berufung ist der Schuldspruch in diesem Fall rechtskräftig (unangreifbar) geworden.

Ihre Ermessensentscheidung zur Bestimmung des Strafausmaßes hat die belangte Behörde anhand der Kriterien des § 19 VStG vorgenommen. Jedoch entgegen der Auffassung der belangten Behörde war vorliegend iSd § 19 Abs.1 VStG nicht der Unrechtsgehalt des Lenkens eines Kfz im tatsächlich suchtgiftbeeinträchtigten Zustand, sondern jener der deliktischen Verweigerung der Vorführung zum Amtsarzt zu bewerten. Weil aber auch dem Unwert dieser Verweigerung gleichwohl ein beträchtliches Gewicht zukommt, wäre aus der Fehlbegründung allein noch keine Strafminderung gerechtfertigt gewesen.

Die belangte Behörde hat - erkennbar - das Vorliegen des Milderungsgrundes iSd § 34 Z2 StGB (absolute Unbescholtenheit) angenommen. Nach der Aktenlage war die Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt verwaltungsstrafrechtlich jedoch nicht gänzlich unbescholten, weshalb die Annahme dieses besonderen Milderungsgrundes nicht statthaft gewesen ist. Durch Zeitablauf allerdings fiel nun die - einzige und zudem nicht einschlägige - Vormerkung der Tilgung anheim. Dazu kommt, dass die Berufungswerberin, wie in der öffentlichen Verhandlung hervorkam, keineswegs der Suchtgiftszene zuzurechnen ist. Vielmehr war eine bereits zurückliegende, unglückselige Verstrickung aufgrund von Umständen, die jedoch eine Schlussfolgerung auf regelmäßigen Suchtgiftkonsum bzw ein manifestes Suchtverhalten nicht zulassen, festzustellen. Durfte daher aus diesem "Anstreifen" an Suchtgift als singuläres Ereignis (im Sinne eines situationsbedingten Ausprobierens) noch nicht angenommen werden, dass kein ordentlicher Lebenswandel iSd § 34 Z2 StGB mehr vorliegt, so erwies sich im Ergebnis die absolute Unbescholtenheit als besonderer Milderungsgrund anrechenbar.

Gleichfalls als mildernd war zu bewerten, dass, wie hervorgekommen ist, die Berufungswerberin die Verweigerung der Vorführung zum Amtsarzt nicht im Bewusstsein der Verhinderung der Feststellung einer aktuell gegebenen Suchtgiftbeeinträchtigung begangen hat. Vielmehr erlag sie der Fehleinschätzung, es sei an sie (nur) die Aufforderung zur Harnabgabe (beim Amtsarzt) gerichtet gewesen, welche sie im Hinblick auf ihre persönlichen Umstände jedoch für überflüssig hielt, weil sie in der Meinung bestärkt worden sei, dass der beinahe zwei Monate schon zurückliegende Suchtgiftkonsum (Anziehen an einer mit unbekanntem Suchtgift präpariert gewesenen Zigarette, die in einer Personengruppe herumgereicht worden war) in der Harnprobe selbst nach so langer Zeit noch immer nachweisbar wäre und auf der Grundlage dieser Probe dann - zu Unrecht - wohl von einer aktuellen Suchtgiftbeeinträchtigung ausgegangen worden wäre. Wenngleich die Berufungswerberin dabei übersah, dass es auch im Falle einer verpönten Verweigerung der Vorführung zum Amtsarzt im Sinne des hier zugrunde gelegten Tatbestandes eben nicht auf eine aktuell gegebene Suchtgiftbeeinträchtigung des Kfz-Lenkers ankommt, sondern allein nur auf die rechtmäßig gewonnene Vermutung einer solchen Beeinträchtigung, so hält es der Oö. Verwaltungssenat - gerade noch - für vertretbar, in der hier hervorgekommenen Verweigerungsmotivation einen bereits an Unbesonnenheit heranreichenden Tatantrieb zu erkennen, weshalb auch der besondere Milderungsgrund iSd § 34 Z7 StGB zu berücksichtigen war.

Weil andererseits auch in der öffentlichen Verhandlung Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen sind, war in der Zusammenschau zu Gunsten der Berufungswerberin ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe festzustellen, weshalb mit dem nunmehr bestimmten Ausmaß eine gemäß § 20 VStG die gesetzliche Mindeststrafe unterschreitende Geldstrafe zu verhängen war. Dabei war für die Neubemessung der Geldstrafe vom Oö. Verwaltungssenat zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin nach wie vor sehr ungünstigen Einkommensverhältnissen unterliegt (als Studentin im dritten Semester und - sorgepflichtige - Mutter eines minderjährigen Kindes erhält sie derzeit ein Alleinerhalterstipendium von 8.600 S). Einer noch stärkeren Herabsetzung der Mindeststrafe steht allerdings der, wie aufgezeigt, beträchtliche Unrechtsgehalt des Verweigerungsverhaltens entgegen.

Bei diesem Verfahrensergebnis waren der Berufungswerberin Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (181,68 €) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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