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des Landes Oberösterreich
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VwSen-105855/2/Ki/Shn

Linz, 15.10.1998

VwSen-105855/2/Ki/Shn Linz, am 15. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Karl J, vom 31. August 1998, gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 9. Juli 1998, VerkR96-7550-1998, zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 100 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 9. Juli 1998, VerkR96-7550-1998, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 20.3.1998 um 5.45 Uhr den Pkw VB-928S auf dem Güterweg K im Gemeindegebiet von Frankenmarkt in Richtung zur Kreuzung mit der B1 gelenkt hat. Im Ortsteil Floßstatt übersah er beim Einbiegen in die B1 den auf dieser in Richtung Frankenmarkt fahrenden Pkw, wodurch es in der Folge zu einem Verkehrsunfall mit Personen- und Sachschaden kam. Nachdem er vorerst an der Sicherung der Unfallstelle mithalf, hat er anschließend die Unfallstelle verlassen, ohne das Eintreffen der Gendarmerie abzuwarten und an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken (verletzte Rechtsvorschrift: § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 50 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 31. August 1998 Berufung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung allenfalls nach Einholung eines medizinischen Sachverständigen-Gutachtens aufzuheben.

Im wesentlichen argumentiert der Bw, daß seine Schuldfähigkeit keineswegs erwiesen sei. Es habe ihn eine "Panikattacke" befallen, es liege sicherlich im Wesen einer Panikattacke, daß sie überraschend und plötzlich auftrete, wobei der zeitliche Bezug zum auslösenden Ereignis, solange es sich dabei nicht um einen größeren Zeitraum handelt, kein entscheidendes Kriterium darstellt. Bezüglich Information auf den Beipackzetteln halte er entgegen, daß hier von einer Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens die Rede sei. Es stehe aber nicht fest, daß er den Unfall wegen einer verspäteten Reaktion verschuldete, das Verlassen der Unfallstelle stehe eben in keinem Zusammenhang mit einer Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens. Die Medikamente hätten nicht bewirkt, daß er verspätet reagierte sondern hätten zu einer Veränderung seiner Psyche geführt. Die entscheidungswesentliche Frage, ob er zur Tatzeit schuldfähig war, könne nur von einem medizinischen Sachverständigen geklärt werden. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, zumal im bekämpften Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Wie aus dem Vorbringen des Bw bzw den vorliegenden Verfahrensunterlagen hervorgeht, bleibt es unbestritten, daß der Bw nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall die Unfallstelle verlassen hat, ohne das Eintreffen der Gendarmerie abzuwarten. Beim gegenständlichen Verkehrsunfall waren mehrere Fahrzeuge beteiligt und es wurden, offensichtlich auch für den Bw erkennbar, Personen verletzt. Es steht daher außer Frage, daß es bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall zu einer amtlichen Tatbestandsaufnahme durch Gendarmeriebeamte kommen mußte und es wäre daher der Bw im Rahmen der gesetzlich gebotenen Mitwirkungspflicht verpflichtet gewesen, am Unfallsort jedenfalls bis zum Eintreffen der Gendarmeriebeamten zu verbleiben. Da der Bw sich jedoch vorher bereits entfernt hat, ist der ihm vorgeworfene Sachverhalt objektiv als erwiesen anzusehen.

Allerdings vertritt der Bw die Auffassung, daß zum Vorfallszeitpunkt die Schuldfähigkeit nicht gegeben war. Es habe ihn eine "Panikattacke" befallen, weshalb die Schuldfähigkeit nicht gegeben war.

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat sich der Bw dahingehend gerechtfertigt, daß er am Vortag des Unfalles aufgrund starker Migräne und Rheumaschmerzen diverse Medikamente eingenommen hat. Nach einem vorgelegten ärztlichen Bericht eines praktischen Arztes können diese Medikamente unter Umständen, aber nicht notwendigerweise, eine physische Fehlanpassung an Streßsituationen bewirken. Die erkennende Berufungsbehörde erachtet die Einholung des beantragten medizinischen Sachverständigengutachtens ebenfalls nicht als notwendig, wird doch die Tatsache, daß das verwaltungsstrafrechtlich relevante Handeln des Bw auf die Einnahme dieser Medikamente hin zurückzuführen ist, als gegeben angesehen. Allerdings vermag ihn dieser Umstand nicht zu entlasten.

Es mag dahingestellt bleiben, inwieweit auf dem Beipackzettel der vom Bw eingenommenen Medikamente auf Umstände hingewiesen wurde, welche Wirkung die Medikamente tatsächlich auf den Bw haben konnten, ist doch nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, daß durch die Einnahme derartiger Medikamente zur Bekämpfung starker Migräne und Rheumaschmerzen eine allfällige Beeinträchtigung, welche sich auch auf das Lenken eines Kraftfahrzeuges auswirken könnte, möglich ist. Läßt sich nun jemand auf eine Tätigkeit ein, welche ein besonderes Verhalten im Hinblick auf die Sorgfaltsausübung voraussetzt, wie etwa das Lenken eines Kraftfahrzeuges, so hat er dann für einen Sorgfaltsmangel einzustehen, wenn am Beginn der Tätigkeit erkennbar war bzw erkennbar sein mußte, daß allfällige Beeinträchtigungen, im vorliegenden Fall durch Medikamente, eintreten könnten. Daß der Bw zum Zeitpunkt des Fahrtantrittes nicht befähigt gewesen wäre, diese Umstände zu berücksichtigen, ist nicht ersichtlich und es wurde von ihm auch nicht behauptet. Demnach hat der Bw eine allfällige subjektive Beeinträchtigung selbst zu vertreten. Die Voraussetzungen der Strafbarkeit sind somit im vorliegenden Fall sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

Darüber hinaus wird auf die Judikatur des VwGH hingewiesen, wonach ein Unfallschock nicht zur Einholung eines neurologisch psychiatrischen Gutachtens verpflichtet, zumal von einem Kraftfahrer, welcher die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter und Willensstärke zu verlangen ist, daß er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (VwGH 94/02/0511 vom 7.2.1995). Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) so schließt sich die erkennende Berufungsbehörde der Argumentation der Erstbehörde an. Generell wird festgestellt, daß die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" zu den schwersten Verstößen gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften zählen, weshalb diesem Umstand der Gesetzgeber durch einen entsprechend strengen Strafrahmen (Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S) Rechnung getragen hat. In Anbetracht der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit bzw des Umstandes, daß straferschwerende Umstände nicht vorliegen, erscheint unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte des konkreten Falles die Verhängung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe gerade noch vertretbar. Festgestellt wird weiters, daß das Ausmaß sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: Lenken eines Kfz unter Medikamenteneinfluß - Einlassungsfahrlässigkeit

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