Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105858/2/Le/Km

Linz, 16.10.1998

VwSen-105858/2/Le/Km Linz, am 16. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Dr. J F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21.9.1998, VerkR96-3669-1998, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 1.500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 45 Stunden herabgesetzt.

Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 150 S. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 44a, 49 Abs.2, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21.9.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 20 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 1.600 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 3.6.1998 um 16.58 Uhr im Gemeindegebiet von P, Bezirk G, auf der A8 Innkreisautobahn auf Höhe des Strkm. 45,910 in Fahrtrichtung W als Lenker des Pkw´s Mazda mit dem deutschen Kennzeichen , die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich (um 35 km/h) überschritten. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 29.9.1998, in der der Berufungswerber (erstmals) behauptet, nicht der Lenker seines Fahrzeuges gewesen zu sein. Auf einer langen Fahrt hätten sich mehrere Insassen als Lenker öfter abgewechselt, sodaß es jetzt nicht mehr möglich sei festzustellen, wer von denen zum Zeitpunkt des Vergehens am Steuer saß. Aus dem Beweisfoto, welches den Wagen von hinten zeige, könne man unmöglich den Lenker feststellen. Abschließend wies der Berufungswerber darauf hin, daß man in keiner Rechtsprechung zB. den Besitzer eines Messers, das auch viele andere Personen benutzt haben, als Mörder abstempeln könne nur aus Mangel an Beweisen. So werde er als Täter bezeichnet, nur weil er der Besitzer des Tatwagens sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt steht folgender Sachverhalt fest:

Der Lenker des Pkw mit dem deutschen Kennzeichen fuhr am 3.6.1998 um 16.58 Uhr auf der A8 Innkreisautobahn im Gemeindegebiet von Pram bei Strkm. 45,910 in Fahrtrichtung W. Dabei hielt er eine Geschwindigkeit von 165 km/h ein, obwohl dort (wie auf österreichischen Autobahnen üblich) lediglich mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h gefahren werden dürfte.

Als Halter dieses Kraftfahrzeuges wurde der nunmehrige Berufungswerber eruiert und wurde über ihn mittels Strafverfügung vom 14.7.1998 eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 45 Stunden) verhängt.

Mit Schreiben vom 27.7.1998 erhob der Berufungswerber dagegen Einspruch und brachte darin vor, nicht zu wissen, wer zum Zeitpunkt des Vergehens der Lenker des Fahrzeuges war, weil mehrere Fahrer in Betracht kämen. Er ersuchte um Zusendung von Beweismaterial. Darauf wurden ihm mit Schreiben der Erstbehörde vom 1.9.1998 die Anzeige, die angefertigten Radarfotos sowie die Fahrzeughalterauskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes Flensburg zur gefälligen Kenntnisnahme übermittelt. Unter Hinweis auf die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG, die sinngemäß wiedergegeben wurde, wurde der Einspruchswerber höflich ersucht, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens schriftlich den Lenker samt Geburtsdaten und Wohnanschrift zur Tatzeit bekanntzugeben und nochmals Stellung zu nehmen. Es wurde darauf hingewiesen, daß dann, wenn innerhalb der gesetzten Frist von der Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme nicht Gebrauch gemacht würde, das gegenständliche Strafverfahren ohne seine weitere Anhörung abgeschlossen und angenommen werde, daß er selbst der Lenker gewesen wäre. Schließlich wurde auch noch die Einschätzung seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekanntgegeben.

In seinem Schreiben vom 14.9.1998 teilte Herr Dr. F der Erstbehörde mit, daß zum Zeitpunkt des Verkehrsvergehens im Fahrzeug drei Insassen waren, die sich alle zwei bis drei Stunden als Lenker abwechselten. Da es eine sehr lange Fahrt gewesen wäre, könne sich niemand mehr daran erinnern, wer zum Zeitpunkt des Verkehrsvergehens gefahren sei. Das übermittelte Foto könne keinen Aufschluß geben, wer der Fahrer war, da man nur die Rückseite des Autos sehe. Er könne deswegen nur die Namen und Adressen der Insassen mitteilen, den Namen des Lenkers könne er unmöglich feststellen.

Daraufhin erließ die Erstbehörde das angefochtene Straferkenntnis, mit dem sie dem nunmehrigen Berufungswerber die Geschwindigkeitsübertretung anlastete. 4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.600 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges .... auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h ... fahren.

Die Übertretung dieser Vorschrift wird durch § 99 Abs.3 StVO als Verwaltungsübertretung erklärt und mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen bedroht.

4.3. Es wurde am 3.6.1998 mit einem Meßgerät festgestellt, daß der Lenker des Pkw mit dem deutschen Kennnzeichen , an einer näher bezeichneten Stelle der A8 Innkreisautobahn die dort geltende Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 35 km/h überschritten hat.

Daraufhin wurde der Halter ausgeforscht und mit dem Tatvorwurf konfrontiert. Auf seine erste Verantwortung, daß er nicht wisse, wer zum Zeitpunkt des Verkehrsvergehens der Lenker des Fahrzeuges war, weil "mehrere Fahrer" in Betracht kämen, wurden ihm die Anzeige, die angefertigten Radarfotos sowie die Fahrzeughalterauskunft übermittelt. Daraufhin teilte der Bw mit, daß sich zum Zeitpunkt des Verkehrsvergehens "drei Insassen" im Fahrzeug aufhielten, die sich alle zwei bis drei Stunden als Lenker abwechselten.

In diesen Rechtfertigungen hat der Berufungswerber somit nie dezidiert in Abrede gestellt, daß er selbst als Lenker in Frage kommt. Er hat lediglich angedeutet, daß auch andere Personen das Fahrzeug gelenkt haben könnten.

Trotz Aufforderung durch die Erstbehörde im Schreiben vom 1.9.1998 hat der Berufungswerber jedoch weder deren Namen und Wohnanschrift bekanntgegeben noch behauptet, daß eine bestimmte Person gefahren sei.

Damit aber hat der Berufungswerber die ihn treffende Mitwirkungspflicht an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht erfüllt:

Nach herrschender Lehre und ständiger Judikatur des unabhängigen Verwaltungssenates und des Verwaltungsgerichtshofes befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, wobei die Erklärung des Beschuldigten im Strafverfahren, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse seien unrichtig, nicht ausreicht, wenn diesen nicht ebenso konkrete Behauptungen entgegengesetzt und entsprechende Beweise angeboten werden. Fehlt es an einem solchen konkreten Vorbringen, so liegt kein Verfahrensmangel vor, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt (siehe etwa VwGH vom 28.9.1988, 88/02/0030; 27.3.1991, 90/10/0215 ua).

4.4. Die Erstbehörde hat dem Berufungswerber konkrete Erhebungsergebnisse vorgehalten, nämlich das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung, die Radarfotos und die Fahrzeughalterauskunft. Aufgrund der Bestimmung des § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967, die dem Berufungswerber von der Erstbehörde sinngemäß zur Kenntnis gebracht wurde (und die ihm aus dem Berufungsverfahren VwSen-105391/7/Le/Km vom 19.5.1998 auch bereits vor dem Tatzeitpunkt bekannt war) wäre der Berufungswerber daher verpflichtet gewesen, die Person namentlich zu benennen, die sein Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat.

Dies aber hat der Berufungswerber verabsäumt. Aus der Sicht der Behörde war er der einzige, der diese Auskunft hätte erteilen können, weshalb seiner Mitwirkungspflicht besondere Bedeutung zukam. Dazu kommt, daß der Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren nicht ausdrücklich bestritten hat, selbst der Lenker des Fahrzeuges gewesen zu sein, sondern immer nur die Möglichkeit angedeutet hat, daß auch eine andere Person gefahren sein könnte. Daher hat ihm die Erstbehörde zu Recht in ihrem Schreiben vom 1.9.1998 die Rechtsfolge angedroht, ihn selbst als Lenker anzusehen, wenn er keine andere Person mit Namen, Geburtsdatum und Wohnort als Lenker bezeichnet.

Trotz dieser Aufforderung hat der Berufungswerber weder eine andere Person als Lenker bezeichnet noch ausdrücklich seine Lenkereigenschaft in Abrede gestellt.

Er hat damit die ihn nach der oben zitierten Judikatur treffende Mitwirkungspflicht verletzt, weshalb er zu Recht als Lenker des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges zum Tatzeitpunkt angesehen worden ist.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. Der Berufungswerber hat dazu auch keine Mängel behauptet. Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Gerade Geschwindigkeitsübertretungen sind immer wieder Ursache für schwere und schwerste Verkehrsunfälle, sodaß bereits die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine konkrete Gefährdungssituation schafft und dadurch die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind.

Die Reduzierung der verhängten Geldstrafe erfolgte in Anwendung des § 49 Abs.2 letzter Satz VStG, wonach in dem aufgrund eines Einspruches ergehenden Straferkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden darf als in der Strafverfügung. In der Strafverfügung vom 14.7.1998 war aber eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Stunden verhängt worden. Dementsprechend war die im Straferkenntnis verhängte Strafe zu reduzieren.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Deutscher Staatsangehöriger; Geschwindigkeitsübertretung; unbekannter Lenker; Lenkerauskunft; Mitwirkungspflicht; Strafbemessung

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