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VwSen-105861/2/GU/Pr

Linz, 27.10.1998

VwSen-105861/2/GU/Pr Linz, am 27. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Dkfm. Ing. W. L., gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 22.9.1998, Zl.Cst.-25.624/98, womit einem Einspruch gegen eine Strafverfügung betreffend die Höhe der auferlegten Strafe wegen einer Übertretung der StVO 1960 keine Folge gegeben wurde, zu Recht:

Insoweit mit der Berufung die Höhe der bestätigten Strafe angefochten wird, wird dieser teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 2.000 S und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 200 S herabgesetzt. Die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe bleibt aufrecht.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: 1. § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 19, § 51 e Abs.2, § 65 VStG, § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 2. Insoweit mit der Berufung der Schuldspruch bekämpft wird und im Ergebnis die Einleitung des ordentlichen Verfahrens begehrt wird, wird die Berufung gemäß § 49 Abs.2 3. Satz VStG als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Strafverfügung vom 22.9.1998, Cst.-25.624/Lz/98, den Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, am 11.5.1998 um 23.37 Uhr in Wels auf der B 1 Richtung Osten das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen, die durch Verbotszeichen gemäß § 52 Z10 a StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten zu haben, weil die Fahrgeschwindigkeit 92 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Meßgerät festgestellt worden ist. Wegen Verletzung des § 52 Z10 a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 2.500 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen auferlegt. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber einen Einspruch eingebracht, dessen Text lautet:

"EINSCHREIBEN Abs.: W.L.

Betr.: 25624/LZ/98 Geschw.Übertretung/Berufung wegen Strafhöhe etc.

Sehr geehrte Damen und Herren! Tatsächlich bin ich nach wie vor in einer schwierigen lage bezüglich meiner Finanzen. Dies begründet sich aus folgenden Tatsachen - daß ich für drei Kinder Alimentationspflicht leiste, wohl gerne an sich aber da ich in Frühpension bin, sehr viel im Verhältnis zu meinen beschränkten Mitteln - Unterstützung darüber hinausgehend für die H. die studiert und B. die noch in Ausbildung steht, weil sie ständig zusätzlich etwas brauchen.

Ich halte natürlich auch fest, daß es wohl ein Fehler war, so schnell gefahren zu sein - aber er hängt einfach mit der Tatsache zusammen, daß ich viel unterwegs sein muß um durch Sprachunterricht diese Alimentation leisten zu können. und man eben doch auch Fehler macht! Ich ersuche Sie also dringend die Strafe unbedingt aus sozialen Gründen herunterzusetzen, da sie unverhältnismäßig hoch ist zu meiner Pension und meinen sonstigen Zahlungsverpflichtungen.

Mit vorzüglicher Hochachtung Dkfm. W. L. eh." Aufgrund dieses Einspruches hat die Bundespolizeidirektion Linz den angefochtenen Bescheid erlassen, womit dem Einspruch gegen die Strafhöhe keine Folge gegeben wurde. In der Begründung dieses Bescheides brachte die Bundespolizeidirektion Linz zum Ausdruck, daß die Höhe der Strafe angesichts der mit der Tat verbundenen Schädigung bzw. Gefährdung des rechtlich geschützten Interesses als erforderlich erachte. Milderungsgründe wurden nicht angenommen. Hinsichtlich der geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging die erste Instanz von einer Mindestpension von 10.000 S aus, nahm Vermögenslosigkeit an und führte keine für die Strafbemessung relevanten Sorgepflichten ins Treffen.

Als erschwerend wurden mehrere einschlägige Vormerkungen gewertet. Darüber hinaus führt die erste Instanz auch eine Rücksichtnahme auf Generalprävention an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung des Beschuldigten vom 1.10.1998, worin dieser ausführt, daß er sowohl die Strafhöhe als auch "die Richtigkeit des Bestätigungsbescheides vom 22.9.1998 an sich" bekämpft.

Zum Ersten sei er in einer schwierigen finanziellen Lage, zumal er sich in Frühpension befinde und monatlich Alimente für drei in Ausbildung befindliche Kinder zu zahlen habe, wofür er monatlich 7.800 S aufwenden müsse.

Die Strafe sei für ihn exorbitant hoch und aus diesem Grund ersucht er um eine 100 %ige Herabsetzung, weil auch ein verringerter Betrag nach wie vor eine große Belastung darstelle.

Er sei geschieden und leiste an seine Kinder umständehalber auch darüber hinausgehende Zahlungen.

Zum Zweiten wende er die mangelhafte Meßgenauigkeit des Gerätes ein, insbesondere auch des Nachts.

Der angefochtene Bescheid sei insofern formal unrichtig, weil er seinerzeit gegen die Strafverfügung "gegen die Strafhöhe etc." einen Einspruch erhoben habe. Mit dem "etc." sei neben der gesamten Strafhöhe naturgemäß die Strafe auch dem Grunde nach gemeint. Konkret meine er, daß die technische Meßungenauigkeit der Radarmessung es nicht zulasse, eine Überschreitung von nur 2 km/h des straferhöhenden Limits über 40 km/h (gemeint wohl die gesetzliche Folge bezüglich der Lenkerberechtigung, welche in einem Administrativverfahren abzuwickeln ist) zweifelsfrei festzustellen bzw. daß der in Ansatz gebrachte Abzug als technisch zu gering gewählt worden sei. Darauf sei im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht eingegangen worden.

Darüber hinaus finden sich Ausführungen zum Verfahren betreffend den Entzug der Lenkerberechtigung.

Da die Berufung nur ein Verwaltungsstrafverfahren betraf, bei welchem die Ahndung einer Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 3.000 S nicht überstieg, desweiteren verfahrensrechtliche Fragen zu klären waren, der Berufungswerber keinen Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat und im übrigen aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt geklärt erscheint, war die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich.

Was das nunmehrige Vorbringen des Rechtsmittelwerbers in seiner Berufung, welches auf dem ihm zur Last gelegten Lebenssachverhalt und somit auf den Schuldspruch bezug hat, anlangt, so ist aus dem seinerzeit eingebrachten, vorstehend im Volltext wiedergegebenen Einspruch gegen die Strafverfügung, außer der handschriftlichen Beifügung etc. nichts zu entnehmen, woraus sich schließen ließe, daß er den ihm zur Last gelegten Lebenssachverhalt, welcher den Tatbestand des § 52 Z10 a StVO 1960 erfüllte, in Zweifel gezogen hätte. Vielmehr geht bei objektiver Betrachtungsweise aus den Ausführungen "ich halte natürlich auch fest, daß es wohl ein Fehler war, so schnell gefahren zu sein ....." hervor, daß der Beschuldigte geständig war.

Tatsächlich finden sich im Einspruch nur Ausführungen über die ungünstige finanzielle Situation des Beschuldigten als Frühpensionist mit Sorgepflichten für drei Kinder, angesichts derer er die ausgesprochene Strafe als unverhältnismäßig hoch hielt.

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. Gemäß § 49 Abs.2 leg.cit. ist, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

Daraus ergibt sich, daß, wenn in einem Einspruch nur das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten wird, der Schuldspruch in Teilrechtskraft erwächst. Für die Beurteilung, ob sich ein Einspruch nur gegen das Strafausmaß richtet, kommt es nicht allein darauf an, daß der Bestrafte seine Eingabe als Einspruch gegen die Strafhöhe bezeichnet hat, sondern es ist der Inhalt dieses Rechtsmittels, in seiner Gesamtheit dafür maßgebend, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, daß der Bestrafte auch den Schuldspruch bekämpt hat (vergl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens 5. Auflage, Seite 1029, Fn 9). Folgerichtig ergibt sich: Wurde im Spruch einer Strafverfügung das Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei einer Übertretung des § 52 Z10 a StVO angegeben und bestreitet der Beschuldigte im Einspruch ausdrücklich nur dieses Ausmaß, ohne jedoch die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich in Abrede zu stellen, so wird dennoch lediglich das Ausmaß der auferlegten Strafe im Sinne des § 49 Abs.2 VStG bestritten (siehe die vorzitierte kommentierte Ausgabe Seite 1032 und die damit zitierte einschlägige Judikatur des VwGH vom 22.2.1989, 88/02/0165, 24.5.1989, 89/02/0009, 27.9.1989, 89/02/0129).

Bei objektiver Betrachtungsweise stellte der Einspruch des Beschuldigten vom 11.9.1998 gegen die Strafverfügung vom 1.9.1998, Cst.-25.624-LZ-98, nur als ein gegen die Strafhöhe gerichteter dar. Der Schuldspruch ist somit in Teilrechtskraft erwachsen; eine Aufrollung des Verfahrens durch nachträgliche Einleitung des ordentlichen Verfahrens ist von Gesetzes wegen durch den Umkehrschluß im vorletzten Satz des § 49 Abs.2 VStG ausgeschlossen. Das darauf gerichtete Vorbringen des Beschuldigten in seiner Berufung war aus diesem Grunde als unzulässig zurückzuweisen.

Was die Ausführungen zur Höhe der bekämpften Strafe angesichts der Einkommens- und Familienverhältnisse anlangt, waren diese vom Oö. Verwaltungssenat insoferne aufzugreifen, als der Rechtsmittelwerber seine Pflicht zur Unterhaltsleistung im erstinstanzlichen Verfahren dargetan hat, diese aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides keine Berücksichtigung gefunden haben.

Hinsichtlich der Strafzumessung war zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen für Geschwindigkeitsübertretungen beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 als Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit an Arreststrafe bis zu zwei Wochen.

Die Verletzung des rechtlich geschützten Interesses war durch die große Geschwindigkeitsüberschreitung von beträchtlichem Gewicht.

Auch die subjektive Tatseite wog bedeutend, zumal Geschwindigkeitsüberschreitungen leicht vermeidbar sind, indem der Kraftfahrer wiederholte Blicke auf den Geschwindigkeitsmesser seines Fahrzeuges richtet.

Schon aus diesen beiden Gründen war ein Absehen von einer Bestrafung im Sinne des § 21 Abs.1 VStG nicht zulässig.

Das von der ersten Instanz geschätzte Monatseinkommen als Mindestpension von 10.000 S ist vom Rechtsmittelwerber unbestritten geblieben; allerdings wurde auf die, wie eingangs erwähnt, geltend gemachten Sorgepflichten für drei Kinder - teils im Studium, teils in Ausbildung, im nunmehr glaubwürdig bezifferten Ausmaß von 7.800 S monatlich nicht Bedacht genommen. Aus diesem Grunde mußte eine Herabsetzung der Geldstrafe erfolgen, welche jedoch nicht das vom Beschuldigten begehrte Ausmaß beinhalten konnte, zumal er keine, für die Begehung der Geschwindigkeitsüberschreitung relevanten Milderungsgründe verbuchen kann, demgegenüber aber zwei einschlägige Vorstrafen im Sinne des § 34 Z1 StGB gegen sich gelten lassen muß, die ungetilgt sind und welche vom 4.9.1996 einerseits und vom 21.8.1997 andererseits stammen. In der Zusammenschau der Strafzumessungsgründe für die Geldstrafe, eine solche ist auch dann auszusprechen, wenn der Beschuldigte in ungünstigen finanziellen Verhältnissen lebt, weil deren Ausspruch ohne Vorliegen der in § 21 Abs.1 VStG beschriebenen Voraussetzungen zwingend ist, konnte daher der Berufung nur ein geringer Erfolg beschieden sein. Der Umstand, daß durch das vor Augen halten des Strafübels der Rechtsmittelwerber gehalten wird, sich künftig an die Fahrregeln der beschränkten Geschwindigkeit zu halten, zumal Geschwindigkeitsüberschreitungen nach der Lebenserfahrung und den von Experten offenkundig belegten Feststellungen, die häufigste Ursache für Verkehrsunfälle und damit die Gefährdung und Verletzung der körperlichen Sicherheit von Menschen darstellt, gebot es, ein Fünftel des Geldstrafrahmens auszuschöpfen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe im Sinne des § 16 VStG, welche im gegenständlichen Fall den wahren Unrechtsgehalt der Tat und die sonstigen nicht einkommensbezogenen Strafzumessungsgründe wiederspiegelt, war hingegen in der von der ersten Instanz festgesetzten Höhe aufrechtzuerhalten.

Aufgrund des, wenn auch nur geringfügigen Erfolges der Berufung, ist der Rechtsmittelwerber kraft Gesetz (§ 65 VStG) von der Pflicht zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträge für das Berufungsverfahren befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r Beschlagwortung: Ob im Einspruch nur die Strafhöhe angefochten wurde ist aus dem Inhalt des genannten RM bei objektiver Betrachtungsweise zu beurteilen

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