Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105869/5/BI/FB

Linz, 20.04.1999

VwSen-105869/5/BI/FB Linz, am 20. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn O S, W, L, vom 5. Oktober 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. September 1998, VerkR96-2910-1998-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 6. Dezember 1997 um 19.50 Uhr im Ortsgebiet von L gegenüber dem Haus Nr. 10 das KFZ, Kennzeichen LL-3JMI, im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, in der Organstrafverfügung sei der Tatort mit L, W, bezeichnet und erst nachdem er darauf hingewiesen worden sei, habe der anzeigende Gendarmeriebeamte, nachdem seit der Organstrafverfügung 6 Monate vergangen waren, ausgeführt, das Fahrzeug sei nicht vor dem Haus L, W Nr. 10, sondern gegenüber abgestellt gewesen. Damit werde ihm nunmehr ein ganz anderer Sachverhalt unterstellt und der Tatvorwurf sei verjährt. Die Aussagen des Meldungslegers GI H seien wegen der unerklärlichen Abweichung höchst unglaubwürdig und die Erstinstanz habe diesbezüglich weder in einen Straßenplan Einsicht genommen noch einen Ortsaugenschein durchgeführt, um die Richtigkeit der Anzeige zu verifizieren. Er beantragt daher die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu eine Verordnungsprüfung im Hinblick auf die Halte- und Parkverbotszonen in der W, weiters der Erstinstanz eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Meldungsleger aufzutragen und ihm den vollen Kostenersatz für Stempelmarken, Einschreibegebühr für die Rechtsmittel usw zuzusprechen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, in die dem Halte- und Parkverbot zugrundeliegende Verordnung vom 30. Jänner 1995, GZ: III/2-271-120/2-1995-Kap, sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins am 14. April 1999.

Aus dem Verfahrensakt ist zunächst eine Organstrafverfügung ersichtlich, wonach der PKW VW Golf am 6. Dezember 1996 um 19.50 Uhr in L, W 10, im beschilderten Halteverbot gehalten bzw geparkt habe.

Mit Schreiben vom 2. März 1998 erging seitens der Erstinstanz ein Ersuchen um Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 an den Rechtsmittelwerber als Zulassungsbesitzer des genannten Kraftfahrzeuges, die von diesem dahingehend beantwortet wurde, er habe das Fahrzeug selbst gelenkt/verwendet bzw abgestellt.

Mit 27. März 1998 erging eine Strafverfügung gemäß § 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 mit dem Tatort "im Ortsgebiet von L, W 10". Die Strafverfügung wurde fristgerecht beeinsprucht.

Am 2. Juni 1998 wurde der Meldungsleger GI H vor der Erstinstanz zeugenschaftlich zum Tatvorwurf befragt. Dieser führte aus, soweit ihm noch in Erinnerung sei, habe der Beschuldigte sein Fahrzeug im Halte- und Parkverbotsbereich gegenüber dem Haus W 10 abgestellt - "daher die Formulierung in der Organstrafverfügung: W 10."

Mit Aktenvermerk vom 2. Juni 1998 wurde daher die dem Rechtsmittelwerber ursprünglich zur Last gelegte Übertretung gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 45 Abs.1 VStG eingestellt und mit Ladungsbescheid vom 4. Juni 1998 erstmals eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 lit.a und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, begangen im Ortsgebiet von L "gegenüber dem Haus Nr. 10" vorgehalten. Darauf hat sich der Rechtsmittelwerber nicht geäußert, sodaß das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging.

In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen, daß Verjährung schon deshalb nicht eingetreten ist, weil die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG von dem Zeitpunkt an zu berechnen ist, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

Das strafbare Verhalten im Sinne einer Übertretung eines Halte- und Parkverbotes fand laut Organstrafverfügung am 6. Dezember 1997 statt und endete die sechsmonatige Verjährungsfrist daher mit 6. Juni 1998.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist die Vernehmung eines Zeugen als eine von der Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Verfolgungshandlung anzusehen, sodaß die Einvernahme des Meldungslegers am 2. Juni 1998 den Eintritt der Verjährung hinderte. Da gemäß dieser Bestimmung der Beschuldigte von der Verfolgungshandlung keine Kenntnis erlangen muß, gehen seine diesbezüglichen Berufungsausführungen ins Leere. Abgesehen davon wurde der Ladungsbescheid noch am 4. Juni 1998 von der Erstinstanz abgesendet, sodaß auch diesbezüglich Rechtzeitigkeit anzunehmen ist.

Der nunmehrige Tatvorwurf bezieht sich auf einen Tatort "im Ortsgebiet von L gegenüber dem Haus Nr. 10", wobei der Spruch im Hinblick auf die Zeugenaussage des Meldungslegers, in der eindeutig von der W die Rede ist, zu ergänzen wäre.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht erklärbar, aus welchen Gründen der Meldungsleger bei seiner Amtshandlung am 6. Dezember 1997 zu der Ansicht gelangte, der PKW des Rechtsmittelwerbers sei vor dem Haus W Nr. 10 abgestellt und befinde sich daher im beschilderten Halteverbot. Nicht nachvollziehbar ist auch seine Zeugenaussage vom 2. Juni 1998, der PKW sei gegenüber dem Haus W 10 abgestellt worden, "daher die Formulierung W 10".

Tatsache ist, daß sich vor dem Haus W Nr. 10 kein Halte- und Parkverbot befindet und einem geschulten Gendarmerieorgan zuzumuten ist, sich schriftlich deutlich genug ausdrücken zu können, ob gemeint ist, daß ein PKW vor einem bestimmten Haus abgestellt ist oder doch gegenüber auf der anderen Straßenseite. Im gegenständlichen Fall ist der Irrtum erst aufgrund der Einspruchsangaben des Rechtsmittelwerbers überhaupt aufgefallen und wurde dadurch offenbar erst die Prüfung veranlaßt, ob sich vor dem Haus W 10 überhaupt ein Halte- und Parkverbot befindet. Daß der Meldungsleger bei seiner Zeugenaussage ein halbes Jahr nach dem Vorfall angibt, er könne sich doch noch erinnern, daß der PKW gegenüber dem Haus W 10 abgestellt gewesen sei, ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil das Ausfüllen einer Organstrafverfügung in Abwesenheit des Lenkers kein so wesentliches Ereignis ist, das einem mit derartigen Aufgaben befaßten Gendarmerieorgan nach so langer Zeit noch so genau in Erinnerung sein muß. Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Meldungsleger seine ursprüngliche Verantwortung nur aufgrund der Einspruchsangaben des Rechtsmittelwerbers geändert hat, wobei festzuhalten ist, daß der Meldungsleger bei der Formulierung der Organstrafverfügung sehr oberflächlich war und die Erstinstanz diesen Tatvorwurf ungeprüft übernommen hat, wobei nunmehr auch der neue Tatvorwurf nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG entspricht.

Aufgrund all dieser Überlegungen sieht sich der unabhängige Verwaltungssenat veranlaßt, zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers spruchgemäß zu entscheiden.

Verfahrenskostenbeiträge waren auf dieser Grundlage nicht vorzuschreiben, jedoch besteht keinerlei gesetzliche Grundlage, dem Beschuldigten den Ersatz seiner Kosten - Stempelmarken sind im Verwaltungsstrafverfahren ohnehin nicht vorgeschrieben; Porto und Einschreibegebühren erübrigen sich, weil auch die Möglichkeit einer mündlichen Erhebung von Rechtsmitteln besteht - zuzusprechen. Ob und inwieweit der Rechtsmittelwerber sich zu einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Meldungsleger veranlaßt sieht, obliegt seiner eigenen Beurteilung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung: Es kann nicht die Aufgabe des Senats sein, Fehler des Meldungslegers, die schon in der Anzeige bestehen, und die der Erstinstanz zu korrigieren, wenn die Fehler überhaupt erst auftauchen, weil der Bw sich konkret darauf beruft - Einstellung.

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