Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105880/10/Fra/Ka

Linz, 22.04.1999

VwSen-105880/10/Fra/Ka Linz, am 22. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29.9.1998, VerkR96-860-1998-Om, wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 2.000 S (EFS 4 Tage) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land in 4600 Wels, Herrengasse 8, auf ihr schriftliches Verlangen vom 6.2.1998 nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens (10.2.1998), das ist bis 24.2.1998, darüber Auskunft erteilte, wer dieses Kraftfahrzeug am 7.10.1997 um 1.33 Uhr gelenkt hat. Weiters hat er auch keine andere Person benannt, die diese Auskunft geben kann und keine Aufzeichnungen geführt, obwohl er diese Auskunft nicht ohne entsprechende Aufzeichnungen geben konnte. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Auslösend für die ggstl. Lenkeranfrage war der Verdacht einer Geschwindigkeitsüberschreitung, begangen durch den Lenker des Kraftfahrzeuges, Kz.: am 7.10.1997 um 1.33 Uhr in Linz, A 7, Richtungsfahrbahn Süd, Strkm. 3,10. Der Bw ist Zulassungsbesitzer des ggstl. Kraftfahrzeuges. Die Lenkeranfrage vom 6.2.1998 wurde laut Zustellnachweis (Rückschein) am 10.2.1998 zugestellt. Laut Übernahmsbestätigung hat die Mutter des Bw als Mitbewohnerin der Abgabestelle die Anfrage übernommen. Eine entsprechende Auskunftserteilung erfolgte nicht. Darauf erließ die belangte Behörde die Strafverfügung vom 2.6.1998 und lastete dem Bw den gleichen Tatbestand wie im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis an. Im dagegen erhobenen Einspruch führte der Bw an, daß ihm eine Lenkererhebung nicht zugekommen sei und er daher von einer derartigen Übertretung keine Kenntnis erlangt habe. Seine Mutter habe die Lenkererhebung übernommen. Er wohnt mit seiner Mutter nicht im gemeinsamen Haushalt und habe mit ihr aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit nur selten Kontakt. Sie ist 73 Jahre alt und leide altersbedingt an erheblicher Vergeßlichkeit. Sie sei außerdem im Frühjahr 1998 mehrmals krankheitsbedingt in ärztlicher Behandlung und längere Zeit im AKH Wels stationär aufhältig gewesen. Es liege daher eine mangelhafte Zustellung des RSb-Briefes vor. In der nunmehr gegen das ggstl. Straferkenntnis erhobenen Berufung wiederholt der Bw seine bereits im Einspruch vorgebrachten Argumente. Seine Mutter habe offenbar vergessen, die Lenkererhebung an ihn weiterzuleiten und infolge offenbar unabsichtlich weggeworfen. Beim Hause S handle es sich um keine einheitliche Abgabestelle. Die einzige Gemeinsamkeit der beiden Wohnsitze ist die Anschrift "S". Bei der Liegenschaft S liegen zwei verschiedene Abgabestellen vor und dürfe daher nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden. Es sei daher keine Zustellung vorgelegen. Eine solche Nichtzustellung hätte auch durch den physischen Zugang des Schriftstückes nicht geheilt werden können.

Der oa Rechtsansicht des Bw kann der Oö. Verwaltungssenat aus folgenden Gründen nicht beitreten:

Gemäß § 16 Abs.1 Zustellgesetz darf, wenn die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden kann und an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist, an diesen zugestellt werden, sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Gemäß § 16 Abs.2 Zustellgesetz kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.

Gemäß § 4 Zustellgesetz ist Abgabestelle im Sinne dieses Bundesgesetzes der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf, das ist ua die Wohnung.

Es ist unbestritten, daß sowohl der Bw als auch seine Mutter an der Adresse S, aufrecht gemeldet sind. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Mutter des Bw - wie dieser behauptet - in einem getrennten Haushalt lebt und eine völlig getrennte Lebensführung vorhanden ist. Zutreffend ist, daß es auf die polizeiliche Meldung nicht ankommt, sondern der Umstand wesentlich ist, daß die Wohnung tatsächlich bewohnt wird. Die Mutter des Bw ist an der ggstl. Adresse sowohl polizeilich gemeldet und sie wohnt auch an dieser Adresse. Sie war zur Annahme des ggstl. Schriftstückes auch bereit und der Bw hat bei der Post nicht schriftlich verlangt, daß an seine Mutter nicht zugestellt werden dürfe (siehe § 16 Abs.3 Zustellgesetz). Würde die Rechtsauffassung des Bw zutreffen, so wäre ihm dadurch nicht gedient. Denn läge keine Zustellung vor, würde die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land berechtigt sein, neuerlich eine Lenkeranfrage an den Bw zu übermitteln, woraus die Beantwortungspflicht resultieren würde. Liegt jedoch eine rechtswirksame Zustellung vor, ist es der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land verwehrt, neuerlich dem Bw eine Lenkeranfrage zuzustellen. Als Ergebnis ist daher festzustellen, daß die ggstl Lenkeranfrage rechtswirksam zugestellt wurde. Der Bw behauptet weiters, daß ausgehend von einer ordnungsgemäßen Zustellung der Lenkeranfrage an einen Ersatzempfänger es ihm gelungen ist, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Nichteinhaltung der ggstl. verletzten Vorschrift kein Verschulden trifft, weil ihm die Lenkeranfrage physisch nicht zugegangen ist. Er habe der Behörde mit seiner Behauptung zumindest konkludent die nötigen Beweismittel (Befragung seiner Mutter) in die Hand gegeben, um feststellen zu können, daß ihn an der Verletzung der ggstl. Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Behörde habe es rechtswidrigerweise unterlassen, diesen Entlastungsbeweis amtswegig zu erheben und zu würdigen. Hätte sie dies gemacht, wäre sie zwangsläufig zum Schluß gekommen, daß ihn an einer Nichteinhaltung der Vorschrift des § 103 Abs.2 KFG 1967 kein Verschulden trifft.

Der oa. Einwand ist rechtserheblich. Kommt man nämlich aufgrund der erhobenen Beweise und deren Würdigung zum Ergebnis, daß dem Bw die Lenkeranfrage physisch tatsächlich nicht zugekommen ist, so hat er zwar den ihm zur Last gelegten Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt, also tatbildlich gehandelt, dieses Tatbild kann ihm jedoch in subjektiver Hinsicht, weil es am Verschulden fehlt, nicht angelastet werden. Der Oö. Verwaltungssenat hat daher den entsprechenden Beweis aufgenommen und die Mutter des Bw am 21.4.1999 im Beisein eines Vertreters der Strafbehörde und des Bw zeugenschaftlich zum vorgebrachten Beweisthema vernommen.

Die Zeugin gab an, daß sie im Hause S das Erdgeschoß bewohne. Der Bw wohnt im 1. Stock. Sie lege sowohl die Post als auch Prospekte immer auf die Stiege. Die Post werde von den Personen mitgenommen, die zuerst nach Hause kommen, meistens sind es die Kinder des Bw. Es sei durchaus möglich, daß die ggstl. Sendung zusammen mit Prospekten irrtümlich weggeworfen wurde. Jetzt sei ihr bewußt, daß sie RSb- oder RSa-Briefe nicht zusammen mit der übrigen Post ablegen soll. Sie sei zum damaligen Zeitpunkt sehr krank gewesen und mußte sich viel im Bett aufhalten.

Aufgrund dieser Zeugenaussage kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, daß dem Bw die ggstl. Lenkeranfrage physisch tatsächlich zugekommen ist, woraus in rechtlicher Hinsicht resultiert, daß er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht zu verantworten hat, weil es am Verschulden fehlt.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

 

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