Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230952/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 25.07.2006

 

 

 

VwSen-230952/2/Gf/Mu/Ga Linz, am 25. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des G G, W, L, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 30. Mai 2006, Zl. S-9356/06-VS1, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängte Strafe auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 32 Stunden herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 5 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 30. Mai 2006, S-9356/06- VS1, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Stunden) verhängt, weil er sich am 3. März 2006 trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen haben, aggressiv verhalten und so deren Amtshandlung erheblich behindert habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 i.d.F. BGBl. Nr. I 158/2005 (im Folgenden: SPG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der ihm zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund eigener Wahrnehmungen der einschreitenden Polizeibeamten sowie der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei das Fehlen verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Die vom Rechtsmittelswerber bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 13. Juni 2006 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 22. Juni 2006 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

 

Im Wesentlichen bringt er darin vor, dass er sich im Zuge der Personenkontrolle vorerst durchaus kooperativ verhalten und freiwillig den Inhalt seiner Tasche geleert habe. Als jedoch einer der Beamten seine Jacke öffnen wollte, habe er dessen Hand reflexartig weggeschlagen, denn es sei ihm nicht bewusst gewesen, aus welchem Grund - aus der Stellungnahme der Sicherheitswachebeamten gehe nachträglich hervor, dass er des Suchtgiftverkaufs verdächtigt worden sei - er kontrolliert werde, er sei jedenfalls von einer "normalen" Personenkontrolle ausgegangen. Auch im weiteren Verlauf der Amtshandlung habe er lediglich auf eine Beschimpfung des Sicherheitswachebeamten in gleicher Weise reagiert, weil er die ihm widerfahrene Behandlung als zutiefst entwürdigend empfunden habe.

 

Weiters führt er an, dass er zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen sei und dass sich seine geringen finanziellen Mittel im Laufe des Verfahrens noch verschlechtert hätten, weil er mit dem Erreichen seiner Volljährigkeit am 25. Mai 2006 seine Unterkunft − eine Einrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge − verlassen musste und daher auch das entsprechende Taschengeld nicht mehr erhalte. Er habe sich folglich eine private Unterkunft suchen und einen Antrag auf Gewährung der Grundversorgung für Asylwerber stellen müssen, über den bis zum Zeitpunkt der Berufung noch nicht entschieden war; außerdem betrage der Höchstsatz an Verpflegungsgeld nur 180 Euro.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. S-9356/06-VS1; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und auch die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. Über die Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 SPG begeht unter anderem derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch die Amtshandlung behindert.

 

3.2. Wie sich aus dieser Bestimmung zweifelsfrei ergibt, kommt es für die Tatbestandsmäßigkeit der Übertretung zunächst darauf an, dass die Organe der öffentlichen Aufsicht in Ausübung ihrer gesetzlichen Aufgaben tätig geworden sind.

 

Gemäß § 40 Abs. 2 SPG gehört es aber zu den gesetzlichen Aufgaben der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, Menschen zu durchsuchen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, diese hätten einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht. Wie aus der Stellungnahme der amtshandelnden Beamten hervorgeht, hatten diese den − objektiv begründeten − Verdacht, dass es sich beim Berufungswerber um einen Suchtgifthändler handeln könnte, da dessen Beschreibung mit einem einschlägig bekannten Täter übereingestimmt habe.

 

Hingegen ist zur Erfüllung des Tatbestandes des § 82 Abs. 1 SPG nicht relevant, ob auch dem Untersuchten der Grund für die Visitation bekannt ist.

 

Dass sich der Beschwerdeführer in der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Weise aggressiv verhalten hat, wird zwar teilweise von ihm bestritten − und zwar, soweit es die verwendeten Schimpfwörter betrifft. Nicht bestritten wird jedoch, dass der Rechtsmittelwerber die Hand des Beamten weggeschlagen hat und dass er gestikuliert hat. Wenngleich beides als Gegenreaktion auf das Verhalten der Sicherheitswachebeamten dargestellt wird, ändert dies nichts an der Tatbestandsmäßigkeit, weil es nach § 82 Abs. 1 SPG nicht darauf ankommt, ob das aggressive Verhalten ursprünglich vom Betroffenen selbst initiiert wurde oder bloß als eine Reaktion auf das Agieren der Sicherheitsbeamten erfolgte.

 

3.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist dem Beschwerdeführer jedenfalls leichte Fahrlässigkeit anzulasten, weil es evident ist, dass ein besonnener Mensch in seiner Lage einem amtshandelnden Sicherheitswachebeamten nicht auf die Hand schlägt (bzw. ihm diese wegschlägt) bzw. randaliert.

 

3.4. Hingegen ist auf der Ebene der Strafbemessung der Umstand, dass der Rechtsmittelwerber nicht wusste, dass er des Suchtgifthandels verdächtigt wurde und daher davon ausging, dass es sich bloß um eine "normale" Personenkontrolle handelte, berücksichtigt worden. Mangels entsprechender Aufklärung war für ihn die dem Suchgifthandelverdacht entsprechende Behandlung durch die Sicherheitswachebeamten sicher überraschend.

 

Zudem ist der Beschwerdeführer den Beamten bereitwillig zur Inspektion gefolgt und es konnte dort keinerlei Suchtgift vorgefunden werden.

Wenngleich sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass er zum Tatzeitpunkt iSd § 4 Abs. 2 VStG noch nicht reif genug gewesen wäre, das Unerlaubte seiner Tat einzusehen und damit auch kein Zurechnungsunfähigkeitsgrund vorliegt, muss dem Beschwerdeführer doch zumindest als schuld- und strafmildernd zugute gehalten werden, dass er zum Tatzeitpunkt noch minderjährig war.

 

Zusätzlich ist auch auf seine finanzielle Situation Bedacht zu nehmen, da er bis Ende Mai 2006 nur 200 Euro monatlich zur Verfügung hatte, ein Betrag, der sich in naher Zukunft noch auf 180 Euro reduzieren wird.

 

Davon ausgehend findet es der Oö. Verwaltungssenat daher in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen, die Geldstrafe mit 50 Euro und nach § 16 Abs. 2 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe mit 32 Stunden festzusetzen, während ein gänzliches Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG angesichts des nicht unerheblichen objektiven Unrechtsgehalts der Tat nicht in Betracht gezogen werden konnte.

 

3.5. Insoweit war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Ergebnis ermäßigt sich der Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 5 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Grof

 

 

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