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VwSen-105921/14/Ki/Shn

Linz, 14.05.1999

VwSen-105921/14/Ki/Shn Linz, am 14. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Roman K, vom 10. November 1998 gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 22. Oktober 1998, VerkR96-1661-1998-OJ/KB, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. Mai 1999 zu Recht erkannt:

I. Hinsichtlich Faktum 1 wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 1.500 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird. Im übrigen wird diesbezüglich die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich Faktum 2 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Hinsichtlich Faktum 1 wird der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der BH Urfahr-Umgebung auf 150 S herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

Hinsichtlich Faktum 2 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

Zu II: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 22. Oktober 1998, VerkR96-1661-1998-OJ/KB, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 22.4.1998 um ca. 14.35 Uhr den LKW, Avia 31 TL, Kennzeichen auf der B 126 aus Richtung Linz in Richtung Zwettl a.d.R. gelenkt und es nach einem bei Str.km 18,385 verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden, bei welchem es zu einer Streifung mit einem rechtsseitig geparkten LKW kam, unterlassen,

1) das gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten, da er sich nicht ausreichend vom Schadenseintritt informierte und

2) die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl es auch mit dem Geschädigten zu keiner gegenseitigen Namens- und Anschriftsnachweisung gekommen war. Er habe dadurch

1) § 99 Abs.2 lit.a iVm § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960,

2) § 99 Abs.3 lit.b iVm § 4 Abs.5 StVO 1960 verletzt.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a wurde über den Bw hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und hinsichtlich Faktum 2 gemäß § 99 Abs.3 lit.b eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 350 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 10. November 1998 Berufung mit dem Antrag, in Stattgebung der Berufung das Straferkenntnis der Erstbehörde aufzuheben und das gegen ihn eingeleitete Verfahren einzustellen.

I.3. Die BH Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Weiters wurde von einem technischen Amtssachverständigen eine Stellungnahme bezüglich der im Verfahrensakt aufliegenden Tachographenscheibe des Fahrzeuges des Bw eingeholt. Schließlich wurde am 7. Mai 1999 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden der Bw sowie als Zeugen BI Manfred O und Markus D einvernommen. Die erwähnte Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen wurde im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung zur Verlesung gebracht.

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Oberneukirchen vom 25. April 1998 zugrunde. Danach habe der Bw am 22. April 1998 um ca 14.35 Uhr den tatgegenständlichen LKW auf der Leonfeldner Bundesstraße (B126) aus Richtung Linz kommend in Richtung Zwettl/Rodl gelenkt. Bei Strkm 18,385, unmittelbar vor dem Ortsgebiet Zwettl/Rodl, habe er mit dem rechten Außenrückspiegel seines Fahrzeuges den linken Außenspiegel des am rechten Straßenrand in gleicher Fahrtrichtung geparkten LKWs, Marke Iveco 79.14, Kennzeichen touchiert. Dabei sei das Glas des linken Rückblickspiegels zerbrochen. Der Bw habe nach dem Verkehrsunfall kurz angehalten, seinen LKW nach eventuellen Schäden besehen und dann seine Fahrt Richtung Bad Leonfelden bzw Tschechien fortgesetzt, ohne dem geschädigten LKW-Besitzer den Identitätsnachweis zu erbringen oder die nächste Gendarmeriedienststelle über den Verkehrsunfall zu verständigen.

Als Beweismittel wurde eine Anzeigeerstattung durch den Zeugen Markus D angeführt. Dieser habe am 22.4.1998 um 14.38 Uhr über sein Handy dem Gendarmerieposten Bad Leonfelden den Verkehrsunfall angezeigt. Er habe gesehen, wie ein tschechischer LKW in Zwettl/Rodl ein abgestelltes Fahrzeug vermutlich beschädigt habe. Der Lenker des LKWs habe danach angehalten, sei um sein Fahrzeug gegangen, um offensichtlich nachzusehen, ob dieses beschädigt sei. Danach sei er in Richtung Bad Leonfelden weggefahren.

Der tatgegenständliche LKW sei daraufhin von Gendarmeriebeamten in Bad Leonfelden angehalten worden. Der Beschuldigte habe jeden Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall bestritten und auch geleugnet, sein Fahrzeug zur Unfallszeit angehalten zu haben. Auf dem Schaublatt des Fahrtschreibers sei jedoch deutlich ersichtlich, daß der LKW zur Unfallszeit gestoppt worden sein muß.

Der inzwischen verständigte BI Manfred O habe den beschädigten LKW auf der Unfallsstelle in Zwettl/Rodl vorfinden können. Um feststellen zu können, ob K überhaupt als Unfallsbeteiligter in Frage komme, sei er gebeten worden, mit seinem LKW auf die Unfallsstelle zu fahren. Dort habe festgestellt werden können, daß die Höhe der Außenspiegel der beteiligten LKW genau übereinstimmte. Der Beschuldigte habe jeden Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall bestritten.

Der Anzeige liegt eine vergrößerte Ablichtung des Schaublattes bei.

Eine zunächst ergangene Strafverfügung der BH Urfahr-Umgebung (VerkR96-1661-1998 vom 29. April 1998) wurde durch den Rechtsmittelwerber beeinsprucht.

In einer Rechtfertigung vom 18. Mai 1998 führte der Bw dann aus, daß er die ihm angelasteten Übertretungen nicht begangen habe. Es sei richtig, daß er am Vorfallstag mit dem LKW, Kz. HKA 73-69, auf der Leonfeldner Bundesstraße von Linz kommend in Richtung Bad Leonfelden gefahren sei. In ein Unfallsgeschehen sei er selber nicht verwickelt gewesen bzw als dieses für ihn als Fahrzeuglenker erkennbar gewesen sei. Es entspreche auch nicht den Tatsachen, daß er nach einem Unfallsgeschehen an der Vorfallsstelle angehalten und den Schaden besichtigt habe. Die gegenteiligen Angaben des Markus D seien ihm unverständlich und auch nicht richtig. Es sei keineswegs logisch, daß er nach einem Unfallsgeschehen lediglich am eigenen Fahrzeug Ausschau halte und angeblich beschädigte Fahrzeuge nicht besichtige. Aus der Tachoscheibe sei weiters für den Vorfallszeitpunkt keineswegs der Hinweis dafür zu entnehmen, daß das Fahrzeug angehalten wurde. Es sei weiters auch nicht erklärbar, daß an dem von ihm gelenkten Fahrzeug kein Schaden festgestellt wurde und gleichzeitig am Gegenfahrzeug ein Schaden eingetreten sei. Es sei weiters auch nicht geprüft worden, ob dieses Fahrzeug nicht verkehrswidrig abgestellt war. Nachdem auch kein Hinweis in der Richtung vorliegt, daß er im Vorfallsbereich sein Fahrzeug nach rechts auslenken mußte, habe auch kein Anlaß bestanden, an dem angeblich abgestellten Fahrzeug in zum geringen Abstand vorbeizufahren. Der Vorwurf nach § 4/1 lit.c sei unverständlich. Nach den Aussagen des Zeugen Ds sei das Fahrzeug angehalten worden. Nach der Aussage dieses Zeugens sei von ihm auch die Frage des Schadeneintrittes geprüft worden.

Durch die Anzeige des Zeugen D und seine anschließende Anhaltung seien jedenfalls auch nicht die Voraussetzungen nach § 4/5 StVO eingetreten. Eine frühere Anhaltung bzw Bekanntgabe des Unfallsgeschehens wäre ohnedies erst in Leonfelden möglich gewesen.

Am 22. Juni 1998 wurde vor der BH Urfahr-Umgebung Herr Markus D als Zeuge einvernommen. Er sagte aus, daß er am 22.4.1998 mit Plakatierungen beschäftigt war. Er sei mit dem Mercedes Sprinter unterwegs gewesen. Er sei gerade bei der Ortstafel Zwettl a.d.R. gestanden und wollte wegfahren. Er habe daher in den Rückspiegel geblickt und dabei gesehen, wie der Beschuldigten-LKW beim Vorbeifahren einen abgestellten LKW beschädigte, da er die Scherben fliegen sah. Er sei ausgestiegen und habe nachgesehen - der Außenspiegel sei beschädigt gewesen - es habe das Glas zur Gänze gefehlt. Der Beschuldigte sei ca 150 m weiter stehengeblieben, ausgestiegen und habe sich seinen rechten Außenspiegel besehen und ist dann wieder weitergefahren. Er habe dann den Gendarmerieposten Bad Leonfelden angerufen. Hinsichtlich des Beschuldigten liege kein Irrtum vor, da er sich auch die Aufschrift des LKWs sowie das Kennzeichen desselben notiert hatte.

In einer Stellungnahme vom 21. Juli 1998 im Rahmen des Parteiengehörs argumentierte der Bw, daß der Zeuge D offensichtlich das Geschehen nicht ausreichend beobachtet hätte. Es werde von ihm selber zugestanden, daß er die Beobachtungen in einem Spiegel wahrgenommen haben will. Aus der Tachographenscheibe gehe auch hervor, daß er nicht stehengeblieben sei, sondern daß erstmals durch Anhaltung seitens der Gendarmerie eine Wartezeit aufscheine. Bei der Fahrt habe er jedenfalls keinen Schaden verursacht und würden auch die Voraussetzungen nach § 4/5 StVO nicht vorliegen. Im übrigen hätte er, da er in Bad Leonfelden angehalten wurde, auch vorher keine Anzeige erstatten können.

In der Folge erließ die BH Urfahr-Umgebung das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 22. Oktober 1998, VerkR96-1661-1998-OJ/KB. In der Bescheidbegründung wird im wesentlichen ausgeführt, daß zweifelsfrei feststehe, daß der Beschuldigte die im Spruch angeführten Übertretungen begangen habe. Sein Verweis auf die Aufzeichnungen auf der Tachographenscheibe sei insofern nicht zielführend, als auf dieser Tachographenscheibe offensichtlich unrichtige Aufzeichnungen vermerkt wären.

Hinsichtlich Strafbemessung wurde ausgeführt, daß die bisherige Unbescholtenheit als mildernd gewertet wurde bzw erschwerende Umstände im Verfahren nicht zu tage getreten wären. Da das Verhalten des Beschuldigten geeignet war, jemanden finanziellen Schaden zuzufügen, habe zur Hintanhaltung derartiger Übertretungen mit entsprechender Bestrafung vorgegangen werden müssen.

In der vorliegenden Berufung vom 10. November 1998 wird gerügt, daß die von der Erstbehörde vorgenommene Beweiswürdigung offensichtlich unrichtig sei. Beim Zeugen D sei nicht berücksichtigt worden, daß dieser das Geschehen nicht unmittelbar beobachtet habe, sondern dieses im Außenspiegel wahrgenommen haben will. Aus dieser Sicht würden sich weder allfällige Schäden noch Bewegungen von Fahrzeugen entsprechend feststellen lassen.

Die Behauptung der Erstbehörde, wonach das Tachographenblatt unrichtig sei, sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Das Tachographenblatt sei eingelegt gewesen und es sei auch von der Gendarmeriedienststelle überprüft worden. Die von der Erstbehörde offensichtlich angenommene Manipulation des Tachographenblattes sei sohin ausgeschlossen. Es berufe sich sogar die Gendarmerie auf die Aufzeichnungen des Tachographenblattes. Diese seien aber unrichtig ausgelegt worden. Aus dem Tachographenblatt sei eindeutig ersichtlich, daß das Fahrzeug nicht angehalten wurde. Es würden sich auch keine Hinweise auf irgendeine Kollission ergeben, obgleich diese üblicherweise vom Tachographen aufgezeichnet werden.

Wesentliche Erhebungen seien aber seitens der Erstbehörde völlig unterlassen worden. Es sei in keiner Form überprüft worden, ob am Fahrzeug des angeblichen Unfallbeteiligten tatsächlich ein Schaden eingetreten sei und ob dieser mögliche Schaden bereits bestanden hätte. Es sei auch weiters nicht überprüft worden, ob an dem von ihm gelenkten Fahrzeug irgendein Zeichen eines Schadens vorlag. Ohne derartige Erhebungen seien sohin die von der Erstbehörde gemachten Feststellungen in keiner Form gerechtfertigt.

Es sei weiters davon auszugehen, daß im vorliegenden Straferkenntnis die Tatzeitpunkte nicht richtig festgehalten sind. Es sei sohin auch kein ordnungsgemäßer Tatvorwurf erfolgt.

Die Lenkzeit mit ca 14.35 Uhr sei möglicherweise richtig. Das Unfallsgeschehen selber habe sich aber danach angeblich abgespielt und könne daher eine Unterlassung einer Fahrzeughandlung nach dem Unfallszeitpunkt sein und keineswegs im Zeitpunkt der Fahrzeuglenkung. Dieselben Voraussetzungen seien hinsichtlich der Gendarmeriemeldung gegeben.

Mit dem vorliegenden Straferkenntnis würden erstmals die Tatvorwürfe richtig präzisiert werden. Es sei daher davon auszugehen, daß die Tatvorwürfe verfristet sind. Die Vorwürfe selber seien aber nicht begründet. Nach der Aussage des Zeugen D soll das Fahrzeug ohnedies angehalten worden sein. Ein Vorwurf nach § 4/1 lit.a StVO sei damit widerlegt. Der Vorwurf nach § 4/5 StVO sei ebenfalls nicht berechtigt, da eine frühere Anzeige bei dem nächsten Gendarmerieposten nicht erfolgen konnte, da der nächste Posten ohnedies Bad Leonfelden sei und er bei diesem Posten bereits angehalten wurde. Eine frühere Anzeige des Geschehens habe daher gar nicht erfolgen können. Die Tatvorwürfe seien daher auch nach den Feststellungen der Erstbehörde nicht begründet. Weiters wird bemängelt, daß die verhängten Geldstrafen bei weitem überhöht wären. Wenn überhaupt, sei das Verschulden äußerst geringfügig, die Verhängung von Geldstrafen hätte daher unterbleiben können.

In seiner Stellungnahme vom 9. Februar 1999, BauME-010191/574-1998/Kop/Lee, führte der technische Amtssachverständige zur Behauptung der Erstbehörde, die Aufzeichnungen auf der gegenständlichen Tachographenscheibe seien nicht zielführend, weil offensichtlich unrichtige Aufzeichnungen vermerkt seien, aus, daß auf der in Ablichtung dem Akt beigelegten Tachographenscheibe die handschriftliche Eintragung des Datums (Arbeitsbeginn) fehle. Der Zeitgruppenschreiber (Balkenschreiber) habe seine Aufzeichnungen geringfügig zeitlich versetzt zum Geschwindigkeitsschreiber in das Schaublatt graviert. Der Streckenschreiber habe wesentlich unter dem dafür vorgesehenen Bereich am Schaublatt geschrieben. Der Grund dürfte eine gröbere Schreibstiftverbiegung im Kontrollgerät sein. Weitere Unregelmäßigkeiten, welche auf eine Manipulation des Schaublattes schließen lassen, konnten aufgrund der Sichtauswertung dieser abgelichteten, vergrößerten Tachographenscheibe nicht festgestellt werden.

Zur Frage, ob aufgrund der Tachographenscheibe nachgewiesen werden könne, daß der beschuldigte LKW-Lenker um 14.35 Uhr den LKW kurz angehalten habe und in der Folge nach Bad Leonfelden weiter fuhr, wo er schließlich angehalten wurde, hat der Sachverständige festgestellt, daß die Möglichkeit bestehe, daß die Uhr des gegenständlichen Tachographen um ca 10 Minuten nachging bzw falsch eingestellt war. Auf der vorliegenden Tachographenscheibe falle der Geschwindigkeitsschrieb um 14.25 Uhr (möglicher Unfallszeitpunkt) auf die Grundlinie ab. Das Fahrzeug sei kurz stillgestanden. Der Geschwindigkeitsschrieb sei wieder angestiegen bis maximal 70 km/h und um 14.35 Uhr nach ca 8 km Fahrtstrecke auf die Grundlinie abgefallen. Die Fahrtstrecke von 8 km entspreche der Distanz zwischen Zwettl/Rodl und Bad Leonfelden. Das Fahrzeug sei von 14.35 Uhr bis 14.37 Uhr stillgestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei das Kontrollgerät geöffnet und das Schaublatt entnommen worden (Anhaltung in Bad Leonfelden).

Bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte hinsichtlich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse aus, daß er im Monat 8.000 tschechische Kronen verdiene, er kein Vermögen besitze und keine Sorgepflichten hat.

Zum Tatvorwurf befragt erklärte der Beschuldigte ausdrücklich, daß er keinen Unfall hatte. Erst als er von der Gendarmerie gestoppt wurde, sei ihm dieser Sachverhalt von den Gendarmeriebeamten vorgeworfen worden. Er habe bereits den Gendarmeriebeamten gegenüber erklärt, daß er keinen Unfall hatte.

Konfrontiert mit der Aussage des Zeugen D, wonach er nach ca 150 m stehengeblieben bzw ausgestiegen sei und geschaut haben soll, ob das eigene Fahrzeug beschädigt wäre, erklärte der Bw, daß es doch schon länger her sei und er sich nicht mehr so genau erinnern könne. Es könnte sein, daß er in Zwettl auch aus dem Fahrzeug ausgestiegen ist. In der Folge erklärte er dann jedoch, daß er nicht ausgestiegen sei.

Befragt, ob er ein Handy dabei hatte, erklärte der Bw, daß dies normalerweise der Fall sei, zum Vorfallszeitpunkt hatte er keines mit. Am rechten Außenspiegel seines Fahrzeuges sei kein Schaden ersichtlich gewesen.

Der als Zeuge einvernommene Gendarmeriebeamte erklärte, daß er über Ersuchen der Kollegen vom Gendarmerieposten Bad Leonfelden an die Unfallsstelle beordert wurde. Dort habe er feststellen können, daß ein LKW im Bereich des vorgeworfenen Tatortes gestanden ist, dieser LKW sei auf dem Schotterstreifen neben der Fahrbahn gestanden, der Außenspiegel habe jedoch auf die Fahrbahn hinausgeragt. Er habe feststellen können, daß der Spiegel des LKW kaputt war und am Boden Glasscherben lagen. Es habe sich aus seiner Sicht jedenfalls um einen frischen Schaden gehandelt und er sei sich mehr oder minder sicher, daß Glasscherben am Boden gelegen sind. Er habe es deshalb im Unfallbericht nicht erwähnt, daß auch Glasscherben am Boden lagen, weil für ihn maßgeblich war, daß der Spiegel kaputt war.

Der Bw sei dann mit seinem Fahrzeug erschienen, es wurden beide Fahrzeuge zusammengestellt und es konnte festgestellt werden, daß die Spiegel auf gleicher Höhe waren. Am Fahrzeug des Bw habe keinerlei Beschädigung festgestellt werden können, der Bw habe bestritten, daß sich der Vorfall so wie vom Zeugen angezeigt wurde, ereignet hat. Der Beschuldigte habe erklärt, daß er nicht angehalten habe, sondern nach Bad Leonfelden durchgefahren sei.

Bezüglich Anhaltung in Bad Leonfelden erklärte der Zeuge, daß normalerweise so vorgegangen werde, daß die Beamten aus dem Posten herauskommen und die Anhaltung direkt dort durchführen.

Auf Befragen erklärte der Zeuge auch, daß es am Vorfallsort keine Behinderung für einen am abgestellten LKW vorbeifahrenden LKW gegeben hätte. Die einzige Behinderung könnte gewesen sein, daß der Spiegel des beschädigten Fahrzeuges ca 40 cm in die Fahrbahn ragte.

Der als Zeuge einvernommene Markus D führte aus, daß er damals aus Richtung Linz gesehen, vor der Ortstafel Zwettl sein Fahrzeug abgestellt hatte. Die Fahrtrichtung sei in Richtung Ortsmitte Zwettl gewesen. Nachdem er nach Beendigung seiner Arbeiten in sein Fahrzeug gestiegen ist, habe er in den Rückspiegel geschaut und gesehen, daß es zwischen dem abgestellten LKW und dem vorbeifahrenden zu einer Berührung gekommen ist, dann "sei etwas geflogen". Man habe Glas über den Asphalt fliegen sehen können. Er habe sich dann die Nummer des Lastwagens, welcher vorbeigefahren ist, aufgeschrieben und sei zurückgegangen bzw habe er geschaut, von wem der Spiegel war. Es habe sich um den Spiegel des geparkten LKW gehandelt. In der Folge sei er in sein Auto gestiegen, als er noch im Auto gesessen ist, habe er feststellen können, daß der LKW des Beschuldigten vorne am Parkplatz stehengeblieben ist, der Lenker dieses LKW kurz heraus sprang und seinen Spiegel gerichtet hat. Dann sei er wieder weiter gefahren.

Konfrontiert mit der Rechtfertigung des Bw, daß dieser nicht stehengeblieben sei, erklärte der Zeuge, daß er nur das aussagen könne, was er gesehen hat. Das erwähnte Anhalten des Bw sei erfolgt, nachdem dieser den Standort des Zeugen passiert hatte. Er habe somit deutlich wahrnehmen können, daß der Bw sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht hat. Dieses Zumstillstandbringen dürfte in einer Entfernung von ca 100 m vor seinem Fahrzeug erfolgt sein. Er habe deswegen in den Rückspiegel geschaut, weil er wegfahren wollte. Das Fahrzeug, welches beschädigt wurde, sei ihm vorher nicht bewußt aufgefallen. Warum er den Vorfall im Rückspiegel so exakt feststellen konnte, erklärte der Zeuge damit, daß die Entfernung lediglich ca 25 m betragen hat.

I.6. Nach freier Würdigung der entscheidungsrelevanten Beweise hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, so haben gemäß § 4 Abs.5 leg.cit. die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Sachschaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, daß die Aussagen der Zeugen bedenkenlos der Entscheidung zugrundegelegt werden können. Diese Aussagen sind widerspruchsfrei und stehen nicht im Gegensatz zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Auch sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, daß der Beschuldigte durch die Zeugen willkürlich belastet werden sollte. Der Zeuge D hat in glaubhafter Weise geschildert, wie er das Geschehen beobachtet hat und auch dargelegt, daß der Bw letztlich sein Fahrzeug kurz angehalten hat, um einen möglichen Schaden am eigenen Fahrzeug festzustellen. Der Beschuldigte selbst hat dieses Anhalten zwar im erstinstanzlichen Verfahren bestritten, im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hat er dann doch zunächst erklärt, daß es auch sein könnte, daß er in Zwettl aus dem Fahrzeug ausgestiegen sei. Daß letztlich am abgestellten LKW, der vom Zeugen D bezeichnete Schaden entstanden ist, ist auch deshalb als erwiesen anzusehen, als der beigezogene Gendarmeriebeamte sowohl den Schaden, welchen er nach seinem Empfinden als frischen Schaden bezeichnete, feststellte und er auch noch Glassplitter am Boden liegen sah.

Dafür, daß sich das Geschehen, wie es dem Beschuldigten vorgeworfen wurde, auch tatsächlich so ereignet hat, spricht auch die Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen, wonach das Fahrzeug des Beschuldigten zum möglichen Unfallszeitpunkt - unter Berücksichtigung einer möglicherweise nachgehenden bzw falsch eingestellten Uhr des Tachographen - kurz stillgestanden ist.

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß zum Aussteigen aus einem LKW bzw für eine rasche Besichtigung, ob ein Schaden am eigenen Fahrzeug eingetreten ist, ein Zeitraum von weniger als einer Minute ausreicht. Aus diesem Grunde ist es auch objektiv betrachtet entbehrlich, dem Beweisantrag um Durchführung einer feinmikroskopischen Auswertung der Tachographenscheibe zu entsprechen. Ebenso entbehrlich war die beantragte Aufnahme eines Beweises dahingehend, daß der Beschuldigte die Berührung zwischen den Außenspiegeln wegen der Geringfügigkeit der Berührung nicht bemerken konnte, zumal davon auszugehen ist, daß der Beschuldigte ja tatsächlich sein Fahrzeug angehalten hat um zu überprüfen, ob auch sein Fahrzeug beschädigt ist. Demnach ist davon auszugehen, daß der Beschuldigte die Berührung der beiden Außenspiegel sehr wohl bemerkt hat.

Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt wird daher auch seitens der erkennenden Berufungsbehörde objektiv als erwiesen angesehen und es sind keine Gründe hervorgekommen, welche ihn diesbezüglich in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) entlasten würden.

Ausgehend davon, daß am abgestellten Fahrzeug ein Sachschaden entstanden ist, für dessen Zustandekommen das Verhalten des Beschuldigten am Unfallsort kausal war, hätte der Bw sein Fahrzeug sofort anhalten müssen.

Wenn auch der Bw, wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, sein Fahrzeug nach diesem Verkehrsunfall in einer Entfernung von ca 150 m kurz angehalten hat, so vermag ihn dies nicht zu entlasten. Der Tatbestand nach § 4 Abs.1 lit.a ist nämlich auch dann verwirklicht, wenn der mit einem Verkehrsunfall in einem ursächlichen Zusammenhang stehende Lenker eines Kfz aus irgendwelchen Gründen kurz anhält, dann aber sofort weiter fährt, ohne den weiteren festgelegten Lenkverpflichtungen nachzukommen (vgl VwGH 2.7.1979, 1781/77).

Demnach hätte sich der Beschuldigte jedenfalls auch davon überzeugen müssen, ob durch den Verkehrsunfall beim anderen Fahrzeug ein Schaden entstanden ist. Daß er nur sein eigenes Fahrzeug allenfalls auf allfällige Schäden hin überprüfte, erfüllt die dargelegte Verpflichtung in keiner Weise.

Was die Argumentation der Tatzeit anbelangt, so vermag die erkennende Berufungsbehörde der Rüge des Rechtsmittelwerbers nicht zu folgen. Wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, ereignete sich der Verkehrsunfall um ca 14.35 Uhr und es hätte der Bw zu diesem Zeitpunkt seiner Verpflichtung nachzukommen gehabt. Der Vorwurf, der Beschuldigte habe sein Fahrzeug nicht sofort angehalten, ist im Zusammenhang mit der im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Lenkzeit durchaus konkretisiert.

Was die Verjährungseinrede anbelangt, so hat die BH Urfahr-Umgebung bereits am 29. April 1998, dh, innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, eine Strafverfügung erlassen und damit eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Es geht daher auch dieser Einwand ins Leere.

Hinsichtlich Faktum 2 war der Berufung jedoch insoferne Folge zu geben, als sich aus der Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO 1960 nicht ableiten läßt, daß die Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle unter Verwendung der nächstgelegenen, zur allgemeinen Benützung vorgesehenen Fernmeldeeinrichtung erfolgen muß, also bereits dann eine Verwaltungsübertretung begangen wird, wenn die fernmündliche Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zugunsten einer persönlichen Verständigung unterblieben ist (VwGH 25.5.1979, 485/78).

Wenn auch nach dem Stand der Technik die Möglichkeiten der Telekommunikation durchaus iS der sofortigen Meldepflicht eingesetzt werden können, so ist es einem Beteiligten bei einem Verkehrsunfall grundsätzlich doch zuzugestehen, daß er die Verständigung persönlich vornimmt. Dabei ist als nächste Dienststelle für die Meldung des Unfalles jene zu verstehen, die für den Täter subjektiv die nächst erreichbare ist. Dies bedeutet, daß, wenn auch der Bw allenfalls ein Handy dabei gehabt hätte, es dennoch iSd Gesetzes gewesen wäre, wenn er den für ihn subjektiv nächst erreichbaren Gendarmerieposten, nämlich jenen in Bad Leonfelden, persönlich kontaktiert hätte. Es mag durchaus zutreffen, daß der Beschuldigte tatsächlich die Verständigung unterlassen wollte, jedenfalls wurde er noch in Bad Leonfelden selbst von den Gendarmeriebeamten aufgehalten und wie aus der Aussage des als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten abzuleiten ist, spätestens auf Höhe des Gebäudes, in dem der Gendarmerieposten untergebracht ist. Demnach kann dem Beschuldigten nicht unterstellt werden, daß er die Tat bereits tatsächlich vollendet hat, sondern es wäre lediglich ein Versuch anzunehmen, welcher jedoch nicht ausdrücklich für strafbar erklärt wurde (§ 8 VStG).

Aus diesem Grunde war hinsichtlich Faktum 2 der Berufung Folge zu geben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

I.7. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so wird festgestellt, daß die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" zu den schwersten Verstößen der StVO 1960 zählen. Dementsprechend hat der Gesetzgeber etwa für die Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a einen Geldstrafrahmen von 500 S bis 30.000 S festgelegt. Wie die BH Urfahr-Umgebung zu Recht in der Begründung des Straferkenntnisses dargelegt hat, ist ein derartiges Verhalten geeignet, jemandem finanziellen Schaden zuzufügen. Zur Hintanhaltung derartiger Übertretungen ist daher jedenfalls aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten. Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall auch die spezialpräventive Komponente zu berücksichtigen, um dem Bw spürbar das Unrechtmäßige seines Verhaltens vor Augen zu führen.

In Anbetracht des bereits von der BH Urfahr-Umgebung festgestellten Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit einerseits und der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw andererseits erscheint es jedoch vertretbar, hinsichtlich Faktum 1 die Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß zu reduzieren. Straferschwerende Umstände konnten auch im Berufungsverfahren keine festgestellt werden. Eine weitere Herabsetzung der Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe ist jedoch aus den bereits erwähnten generalpräventiven bzw spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. K i s c h

 

 

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