Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106096/2/Le/Km

Linz, 13.04.1999

VwSen-106096/2/Le/Km Linz, am 13. April 1999 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des G F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, gegen die Punkte 1. und 4. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 14.12.1998, VerkR96-14554-1998-Ro, wegen Übertretungen des Führerscheingesetzes und des Kraftfahrgesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen Punkt 4. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet, Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Umfang aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.
  2. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

  3. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entfällt hinsichtlich des Punktes 4. des angefochtenen Straferkenntnisses.

Hinsichtlich Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 2.000 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 64 und 65 VStG. Entscheidungsgründe: Zu I.: 1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 14.12.1998 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber wegen 1. Übertretung des § 14 Abs.8 Führerscheingesetz 1997 (im folgenden kurz: FSG) eine Geldstrafe in Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 Tagen), 2. Übertretung des § 36 lit.a Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden), 3. wegen Übertretung des § 36 lit.d KFG eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) und 4. wegen Übertretung des Art. IV Abs.5 lit.a des Bundesgesetzes vom 30.11.1977, BGBl. 615, eine Geldstrafe in Höhe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) verhängt. Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er hätte am 14.11.1998 um 01.35 Uhr ein (näher bezeichnetes) Mofa auf der F Bezirksstraße an einer näher bezeichneten Strecke gelenkt,

  1. obwohl der Alkoholgehalt der Atemluft mehr als 0,25 mg/l betrug,
  2. obwohl das Kraftfahrzeug nicht zum Verkehr zugelassen war,
  3. obwohl die vorgeschriebene Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung nicht bestand und
  4. obwohl er den Sturzhelm nicht bestimmungsgemäß verwendet hätte.

2. Gegen die Punkte 1. und 4. dieses Straferkenntnisses richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 21.1.1999, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, daß die Verhängung einer Geldstrafe wegen des Verstoßes gegen die Verwendungspflicht des Sturzhelmes schon deswegen nicht rechtmäßig sei, weil aktenkundig sowohl seine Beifahrerin als auch er deshalb ein Organmandat bekommen hätten, welches vor Ort bezahlt worden sei. Hinsichtlich Punkt 1. des Straferkenntnisses brachte er vor, daß er diese Bestrafung deshalb für unzulässig halte, weil die angewendeten Gesetzesbestimmungen gleichheits- und kompetenzwidrig und somit verfassungswidrig wären. Außerdem sei das Atemluftalkoholmeßgerät nicht im Sinne der Richtlinie 83/189/EWG notifiziert, weil Österreich die Verwendung eines solchen Gerätes der Kommission nicht mitgeteilt habe. Nach dem Urteil des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren vom 30.4.1996, RsC-194/94, Slg. 1996, Seite I-2201, sei diese Richtlinie im Ergebnis dahin auszulegen, daß der Verstoß gegen die Mitteilungspflicht zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften führe, sodaß sie einzelnen nicht entgegengehalten werden könnten. Da das gegenständlich in Verwendung gestandene Atemluftalkoholmeßgerät nicht notifiziert sei, könne das damit gewonnene Meßergebnis nicht als Grundlage seiner Bestrafung herangezogen werden, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren auch aus diesem Grunde eingestellt werden möge. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. 3.1. Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben. 3.2. Somit steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest: Herr G F lenkte am 14.11.1998 um 01.35 Uhr ein nicht zum Verkehr zugelassenes Mofa auf der Frauscherecker Bezirksstraße vom Parkplatz des Gasthauses K in Richtung F, Gemeinde S, wo er bei Strkm. 6,2 der F Landesstraße von der Gendarmerie angehalten wurde. Es wurde festgestellt, daß dieses Mofa nicht zum Verkehr zugelassen ist und keine gültige Begutachtungsplakette angebracht war. Da Symptome einer Alkoholisierung festgestellt wurden, wurde der nunmehrige Berufungswerber zum Alkotest aufgefordert, welcher Werte von 0,37 und 0,38 mg/l Alkohol pro Liter Atemluft ergab. Aus der Anzeige der Gendarmerie geht hervor, daß weder Herr F noch seine am Gepäcksträger mitfahrende Begleiterin einen Helm trugen. Diese Übertretung wurde von beiden mit einem Organmandat beglichen. 4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen: 4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit Geldstrafen in Höhe von je nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen. 4.2. Zum Tatvorwurf 4.: Bereits aus der Gendarmerieanzeige steht fest, daß der Berufungswerber wegen der Nichtverwendung des Helmes ein Organmandat bezahlt hat. Damit ist dieses strafbare Verhalten geahndet, sodaß nach dem Grundsatz "ne bis in idem" keine weitere Strafe verhängt werden darf. Das angefochtene Straferkenntnis war daher in diesem Punkt aufzuheben. 4.3. Zum Tatvorwurf 1.: Der Berufungswerber hat in seiner Rechtfertigung zum Tatvorwurf vom 9.12.1998 die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 14 Abs.8 FSG angezweifelt. Die Erstbehörde merkte dazu an, daß das Führerscheingesetz 1997 und auch der im Fall des Beschuldigten zur Anwendung gekommene § 14 Abs.8 iVm § 37a FSG zum Zeitpunkt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung in Kraft und somit auch für die Behörde anzuwenden waren. Darüber hinaus teilte die Behörde nicht die Auffassung einer unsachlichen Benachteiligung, da ein Probeführerscheinbesitzer und der Beschuldigte objektive Unterscheidungsmerkmale (relevante Unterschiede im Tatsachenbereich) aufweisen und aus diesem Grunde der Gesetzgeber an ungleiche Tatbestände auch entsprechend unterschiedliche Regelungen knüpfen dürfe. Der unabhängige Verwaltungssenat vermag an dieser Auffassung der Erstbehörde keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Überdies konnte der Berufungswerber nicht überzeugend darlegen, inwieweit er in seinen Rechten dadurch verletzt worden wäre, daß die in den Bestimmungen der §§ 14 Abs.8 und 37a FSG enthaltenen Regelungen nicht im Kompetenztatbestand "Straßenpolizei" iS des Art.11 B-VG, sondern im "Kraftfahrwesen" nach Art.10 B-VG geregelt wurden: An der Verbindlichkeit dieser gesetzlichen Vorschriften würde sich im Falle der Regelung in der StVO ebensowenig ändern wie an den mit der Vollziehung des Verwaltungsstrafrechtes befaßten Behörden. 4.4. In seiner Berufung brachte der Berufungswerber vor, das Meßergebnis des Alkomaten sei wegen der unterlassenen Notifizierung des Atemluftalkoholmeßgerätes (im Sinne der Richtlinie 83/189/EWG) nicht verwertbar; er bezog sich dabei auf ein Urteil des EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren aus dem Jahr 1996. Dem ist entgegenzuhalten, daß der EuGH in seinem Urteil vom 16.6.1998, Rs.C-226/97 ("RS. Lemmens") ausgeführt hat, daß die Mißachtung der in Art.8 der Richtlinie 83/189/EWG festgelegten Verpflichtung, eine technische Vorschrift über Alkoholmeter mitzuteilen, nicht zur Folge hat, daß einem Angeklagten, dem Trunkenheit am Steuer vorgeworfen wird, der mit einem nach dieser Vorschrift zugelassenen Alkoholmeter gewonnene Beweis nicht entgegengehalten werden kann. Schutzzweck der Richtlinie 83/189/EWG sei nämlich der freie Warenverkehr: Die Meldepflicht ermögliche eine gemeinschaftliche vorbeugende Kontrolle eventueller Beschränkungen des freien Warenverkehrs durch nationale technische Vorschriften. In einem Strafverfahren sei dies aber anders: Zwar käme in bezug auf die Geräte zur Bestimmung des Alkoholgehaltes die Richtlinie 83/189 zur Anwendung, aber die Nichtanwendung habe nicht die Folge, daß der durch den Alkoholmeter gewonnene Beweis den Beschuldigten nicht entgegengehalten werden könne. Damit aber steht fest, daß das Alkomatmeßergebnis von 0,37 mg/l Atemluft dem Berufungswerber sehr wohl entgegengehalten werden kann. Da dieser Wert deutlich über dem vom Führerscheingesetz festgelegten Wert liegt, trat die in § 14 Abs.8 bzw. § 37a FSG festgelegte Strafbarkeit ein, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war. Der Berufungswerber hatte das Meßergebnis nicht angezweifelt. 4.5. Auch bei einer amtswegigen Überprüfung des Straferkenntnisses im angefochtenen Teil über das Berufungsvorbringen hinaus konnte keine Verletzung von Rechten des Berufungswerbers festgestellt werden. Die Strafbemessung erfolgte unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 19 VStG; eine Herabsetzung der Strafe oder ein Absehen von der Strafe bzw der Ausspruch einer Ermahnung kamen aus spezial- und generalpräventiven Gründen nicht in Betracht. Zu II. Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde hinsichtlich des Punktes 4. aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren hinsichtlich des Punktes 4. gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung diesbezüglich Folge gegeben wurde. Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20% der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im Punkt 1. des Straferkenntnisses eine Geldstrafe in Höhe von 4.000 S verhängt und diese durch die vorliegende Entscheidung bestätigt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 800 S. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beachte:   vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben; VfGH vom 12.06.2001; Zl.: B 746/99-8   Gesetzesprüfungsverfahren (Anlassfall); G 159/00 ua. vom 12.06.2001

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