Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106917/3/SR/Ri

Linz, 03.04.2000

VwSen-106917/3/SR/Ri Linz, am 3. April 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Langeder, über die Berufung des L B A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von R vom 7. März 2000, Zl. VerkR96-2000-1999 Win, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z3 VStG eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - AVG iVm § 24, § 45 Abs. 1 Z3 und § 51e Abs. 2 Z.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von R wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 30.05.1999, um 05.35 Uhr, den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen R auf dem Güterweg S bis zum Haus S Nr. , A, gelenkt, wobei der Verdacht bestand, dass Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden.

Sie wurden von einem Organ der Straßenaufsicht am 30.05.1999, um 06.18 Uhr, im Wohnzimmer Ihres Hauses in S Nr., A, zur Durchführung eines Alkotestes aufgefordert, den Sie verweigerten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt. § 99 Abs. 1 lit. b und § 5 Abs. 2 StVO. 1960.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling falls diese uneinbringlich gemäß §

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

16.000,-- 2 Wochen 99 Abs. 1 lit. b

und § 5 Abs. 2

StVO. 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

1.600,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 17.600,-- (Der Betrag von 17.600 Schilling entspricht 1.279,04 Euro.)"

2. Gegen dieses dem Bw am 10. März 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. März 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus, dass der Bw von einem Organ der Straßenaufsicht zur Durchführung eines Alkotestes aufgefordert worden sei und zitiert erstmalig in diesem Verfahren (in der Begründung), dass die Aufforderung von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht erfolgt sei.

2.2. Dagegen führt der Bw aus, dass er die vorgehaltene Verwaltungsübertretung nicht begangen habe, da der in der Anlastung bezeichnete Pkw von ihm nicht gelenkt worden sei.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft R zu Zahl VerkR96-2000-1999-Win. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte die mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z1 VStG zu entfallen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 31 Abs. 1 VStG 1950 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs. 2 leg.cit. - abgesehen von im Zusammenhang nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen - sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Nach § 32 Abs. 2 VStG 1950 ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodass sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 beziehen muss (siehe dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, und vom selben Tag, Zl. 86/18/0077).

Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muss daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidrigerweise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a lit. a VStG 1950 im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a lit. b leg. cit. näher konkretisieren und individualisieren (VwGH vom 7.9.1990, Zl. 85/18/0186)

Innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 wurden von der Behörde erster Instanz gegen den Bw Verfolgungshandlungen gesetzt, die jedoch nicht sämtliche Tatbestandselemente umfasst haben. Dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ist nicht nur innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG sondern auch bis zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses keine gesetzeskonforme Verfolgungshandlung zu entnehmen. Erstmalig und ausschließlich in dessen Begründung führt die Behörde den vollständigen Text des § 5 Abs. 2 StVO aus. Selbst wenn man davon ausginge, dass durch Zusammenlesen des Spruches und der Begründung von einer Verfolgungshandlung auszugehen wäre, hätte diese außerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG stattgefunden.

4.2. § 5 StVO (auszugsweise):

Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder ...

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg.cit. begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der im § 5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Auf dem Boden der oben dargelegten Rechtslage hätte bereits eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung das gemäß § 44a Z.1 VStG 1950 in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmende Tatbestandsmerkmal enthalten müssen, dass der Beschwerdeführer "von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht" zur Ablegung des Alkotestes aufgefordert worden ist.

Wie bereits oben angeführt, findet sich das für eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 wesentliche Tatbestandselement, dass der den Beschwerdeführer zur Ablegung des Alkotestes auffordernde Sicherheitsbeamte ein "besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht" gewesen ist, weder in der Anzeige noch im sonstigen Verwaltungsstrafakt.

Da innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 keine auch dieses Tatbestandsmerkmal umfassende Verfolgungshandlung vorgelegen ist, konnte der Verwaltungssenat den Spruch nicht mehr ergänzen, sondern musste vielmehr die eingetretene Verfolgungsverjährung wahrnehmen und das Verwaltungsstrafverfahren auch in Ansehung dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs. 1 Z3 VStG einstellen.

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

besonders geschultes und ermächtigtes Organ

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