Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240083/16/Gf/Km

Linz, 27.05.1994

VwSen-240083/16/Gf/Km Linz, am 27. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner; Berichter: Dr. Grof; Beisitzer: Dr. Konrath) über die Berufung des E, vertreten durch RA, gegen die Punkte 1. und 5. des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 1. Oktober 1993, Zl.

Vet96/22/1991/G, wegen Übertretung des Fleischuntersuchungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 5.600 S, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 1. Oktober 1993, Zl. Vet96/22/1991/G, wurde über den Rechtsmittelwerber unter Punkt 1. eine Geldstrafe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 66 Stunden) und unter Punkt 5. eine Geldstrafe von 16.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 88 Stunden) verhängt, weil er als Betriebsinhaber dafür verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gewesen sei, daß einerseits ein grob verschmutztes Rind vor dessen Einbringung in den Schlachtraum nicht gereinigt worden sei und näher bezeichnete Betriebsräume nicht jeweils nach Bedarf bzw. nicht jeweils am Ende des Arbeitstages gereinigt worden seien; dadurch habe er eine Übertretung des § 50 Z.

15 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl.Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 45/1991 (im folgenden:

FlUG), i.V.m. § 17 bzw. § 20 Abs. 8 der Fleischhygieneverordnung, BGBl.Nr. 280/1983, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 705/1988 (im folgenden: FlHV) begangen, weshalb er gemäß § 50 FlUG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 4. Oktober 1993 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18. Oktober 1993 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß jener dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Tatbestand durch entsprechende dienstliche Wahrnehmungen des Amtstierarztes und von zwei Lebensmittelaufsichtsorganen der BH Braunau als erwiesen anzusehen sei. Da eine den Erfordernissen des § 9 VStG entsprechende Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht erfolgt sei, habe der Rechtsmittelwerber die Tat auch selbst zu vertreten.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß der die Untersuchung in seinem Betrieb großteils allein durchgeführt habende Amtstierarzt aufgrund aus früheren Verfahren herrührender persönlicher Differenzen, die schließlich zu einer Schadenersatzklage gegen diesen in Millionenhöhe führten, befangen gewesen sei. Aus diesem Grunde würden auch die bloß in Form eines - noch dazu erst elf Tage nach der Untersuchung angefertigten - Aktenvermerkes festgehaltenen Wahrnehmungen des Amtstierarztes als völlig unglaubwürdig erscheinen. Außerdem gehe aus einer im Akt erliegenden Urkunde hervor, daß der Rechtsmittelwerber bereits vor dem Tatzeitpunkt einen seiner Angestellten zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 VStG für die Einhaltung der Vorschriften des FlUG und der FlHV bestellt habe. Schließlich erweise sich die verhängte Strafe auch hinsichtlich ihres Ausmaßes als weit überhöht.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Braunau Zl.

Vet96/22/1991 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. März 1994, zu der als Parteien der Berufungswerber und dessen Rechtsvertreter sowie Dr. J als Vertreter der belangten Behörde und die Zeugen Dr. W (Amtstierarzt der BH Braunau), E und W (beide Lebensmittelaufsichtsorgane der BH Braunau) erschienen sind.

3.2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender, für das gegenständliche Verfahren relevanter Sachverhalt als erwie sen festgestellt:

3.2.1. Aus einer über Aufforderung der belangten Behörde vom Rechtsmittelwerber vorgelegten Urkunde vom 4. Dezember 1989 (vgl. den Akt der BH Braunau zu Zl. Vet96/22/1991, S. 57) geht hervor, daß dieser beabsichtigte, (auch) seinen Arbeitnehmer F - insbesondere auch für den Fall der Verhinderung seines Arbeitnehmers E - "zum verantwortlichen Beauftragten für den gesamten Schlachthof mit den dazugehörigen Räumen, wie Zerlegeraum, Kühl- und Tiefkühlräume und sonstige Räume" zu bestellen, wobei "dieser sachlich abgegrenzte Bereich ..... für welchen Herr K zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wird, ..... die Lagerhaltung sämtlicher im Betrieb befindlicher Fleisch- und Wurstwaren (Vac und offen), Tierkörper, etc.," umfassen sollte, "sodaß vollinhaltlich dem Lebensmittelgesetz entsprochen werden muß. ..... Sollte Herr E aus welchen Gründen auch immer ausfallen oder verhindert sein, übernehme ich [gemeint offensichtlich: Herr K] stets die volle Verantwortung gegenüber der Firmenleitung und Behörde". Weitere Belege für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragen wurden vom Berufungswerber nicht vorgebracht.

3.2.2. Der Amtstierarzt der BH Braunau führte am 12.

September 1991 ab 14.00 Uhr (allein) und am 13. September ab 8.30 Uhr (in Begleitung zweier Lebensmittelaufsichtsorgane der BH Braunau) eine routinemäßige Inspektion des Schlachthausbetriebes des Rechtsmittelwerbers durch. Hiebei wurde u.a. festgestellt, daß das Rind mit der Ohrmarke S-143253 durch auch nassen Kot grob verschmutzt und vor dem Einbringen in den Schlachtraum nicht gereinigt worden war. Im übrigen befanden sich in allen Räumen außer der Kuttelei Spinnwe ben an der Decke. Der Fußboden des Vakuumverpackungsraumes war zudem durch schmierige, nicht bloß von unmittelbar vorangegangenen Arbeitsabläufen stammende Rückstände verschmutzt.

Im Verpackungsraum standen ein jeweils durch eingetrocknete Fleischrückstände verunreinigter Fleischwolf sowie ein Hackstock, der zudem bereits Pilzbewuchs aufwies. Die im Wurstraum befindliche Knochensäge wies gleichfalls durch eingetrocknete Rückstände hervorgerufene Verschmutzungen auf; auf dem Fenstersims dieses Raumes lagen überdies tote Fliegen. Die Decke des Schlachtraumes selbst war verschmutzt und auch dessen Wände waren offensichtlich längere Zeit nicht gereinigt worden, sodaß sich bereits ein Ansatz eines grünen Algenbelages gebildet hatte. Im ehemaligen Kühlraum war die Aufhängetraverse und in der Kuttelei die Arbeitsfläche eines dort befindlichen Tisches verrostet.

3.3. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die unter Wahrheitspflicht abgelegten, glaubwürdigen, jeweils in sich und untereinander im wesentlichen widerspruchsfreien Aussagen der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen und werden im Grunde auch vom Berufungswerber nicht bestritten; soweit er diesen jedoch entgegentritt, waren seine Äußerungen - auch im Hinblick darauf, daß er sich als Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren nach jeder Richtung hin frei verantworten kann - als bloße Schutzbehauptungen zu qualifizieren.

3.4. Der Berufungswerber wurde mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung unter einem darauf hingewiesen, daß er "allfällige weitere der Wahrheitsfindung dienliche Behelfe und Beweismittel mitzubringen oder so zeitig bekanntzugeben" habe, "daß sie bis zur Verhandlung herbeigeschafft werden können". Im Hinblick darauf stellen sich die vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers erst am Ende der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge (vgl. S. 9 der Verhandlungsschrift) zum einen als verspätet, zum anderen aber auch insofern als unerheblich dar, weil die von ihm benannten Zeugen zum Tatzeitpunkt im Betrieb des Berufungswerbers gar nicht zugegen waren und zudem den Sachverstand des einvernommenen Zeugen Dr. R ohnedies nicht in Zweifel hätten ziehen können.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 50 Z. 15 FlUG iVm § 17 FlHV begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der grob verschmutzte Schlachttiere vor dem Einbringen in den Schlachtraum nicht reinigt.

Nach § 50 Z. 15 FlUG iVm § 8 Abs. 2 FlHV begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der Räume und Gegenstände nicht nach Bedarf bzw. nicht jedenfalls am Ende des Arbeitstages reinigt.

Gemäß § 9 Abs. 3 VStG kann eine physische Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen. Verantwortlicher Beauftragter in diesem Sinne kann nach § 9 Abs. 4 VStG nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

4.2.1. In einem anderen, den Beschwerdeführer betreffenden gleichartigen Verwaltungsstrafverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, daß die mit (einer anderen als der oben unter 3.2.1. angesprochenen Urkunde, jedoch ebenfalls stammend vom) 4. Dezember 1989 beabsichtigte Bestellung des Arbeitnehmers Erwin Eng zum verantwortlichen Beauftragten nicht den Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 VStG entspricht, weil diese nicht die mit der genannten Gesetzesstelle geforderte Klarheit der Abgrenzung des Verantwortungsbereiches aufweist und somit unwirksam ist (vgl. VwGH v. 23.2.1993, Zl. 92/11/0258). Gleiches gilt aber auch im gegenständlichen Fall für die zuvor unter 3.2.1. angesprochene, den Arbeitnehmer F betreffende Bestellungsurkunde vom 4. Dezember 1989, wobei hier noch dazukommt, daß sich der Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gar nicht auf den Bereich der vorliegendenfalls maßgeblichen Fleischhygienevorschriften, sondern auf jenen der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen hätte beziehen sollen.

Liegt damit aber insgesamt besehen keine dem § 9 Abs. 3 und 4 VStG entsprechende Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor, so war demnach im gegenständlichen Fall der Berufungswerber selbst für die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

4.2.2. Wie sich aus den oben unter 3.2.2. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergibt, war das Fell jenes Rindes mit der Ohrmarke S-143252 nicht bloß mit eingetrocknetem, sondern auch mit nassem Kot verunreinigt. Vom Amtstierarzt wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat auch überzeugend dargelegt, daß eine nasse Verschmutzung für die Hygiene wesentlich gefährlicher ist, weil im Betrieb des Berufungswerbers noch liegend geschlachtet wird und dabei befürchtet werden muß, daß vom nassen Fell Schmutzreste auf das enthäutete Fleisch rinnen.

Im gegenständlichen Fall hätte diese Gefahr überdies leicht dadurch vermieden werden können, daß der nasse Kot im Freien vom Schlachttier entfernt und mit dem Einbringen in den Schlachtraum zugewartet worden wäre, bis das Fell wieder trocken ist.

Damit liegt zum einen auf der Hand, daß es sich im gegenständlichen Fall nicht bloß um eine solche Verschmutzung handelt, wie sie im Zuge der Anlieferung des Schlachttieres durch einen Landwirt üblicherweise entsteht, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand entfernt werden könnte und daher grundsätzlich toleriert werden muß, sondern vielmehr um eine über dieses Maß hinausreichende, "grobe" Verschmutzung iSd § 50 Z. 15 FlUG iVm § 17 FlHV, und zum anderen, daß der Beschwerdeführer auch grob fahrlässig im Sinne des Tatvorwurfes handelte, indem er es unterließ, im Freien, also noch vor dem Einbringen des Rindes in den Schlachtraum, den nassen Kot zu entfernen.

4.2.3. Die oben unter 3.2.2. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen haben zudem ergeben, daß die Verschmutzungen nicht bloß solche waren, die aus unmittelbar zuvor durchgeführten Arbeitsabläufen stammten, sondern durchwegs solche, die über einen längeren Zeitraum nicht entfernt worden waren. Damit ist gleichfalls evident, daß die im Schlachthausbetrieb des Berufungswerbers in Verwendung stehenden Räume und Gegenstände weder im Bedarfsfall noch wenigstens am Ende des Arbeitstages gereinigt worden waren. Auch insofern ist dem Rechtsmittelwerber jedenfalls grobe Fahrlässigkeit anzulasten, wenn er es als Betriebsinhaber, dem die entsprechenden Rechtsvorschriften bekannt sein mußten (Schuldausschließungsgründe iSd § 5 Abs. 2 VStG wurden von ihm weder behauptet noch sind solche im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hervorgekommen), unterlassen hat, für eine ordnungsgemäße Reinigung zu sorgen. Der Berufungswerber hat daher auch im Sinne des § 50 Z. 15 FlUG iVm § 20 Abs. 8 FlHV tatbestandsmäßig und schuldhaft gehandelt.

4.3. Angesichts des Umstandes, daß der gesetzliche Strafrahmen für die verfahrensgegenständlichen Delikte jeweils bis zu 60.000 S reicht, konnte der Oö. Verwaltungssenat auch nicht finden, daß die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung nach § 19 VStG zustehende Ermessen gesetzwidrig ausgeübt hätte, wenn sie zum einen eine noch im untersten Fünftel des gesetzlichen Strafrahmens gelegene und zum anderen eine ein Viertel des gesetzlichen Strafrahmens gerade übersteigende Geldstrafe als gleichermaßen tat- und schuldangemessen zu verhängen gefunden hat, zumal der Berufungswerber zuvor bereits sechsmal wegen einer Übertretung der FlHV rechtskräftig bestraft worden ist.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. insgesamt 5.600 S, vorzuschrei ben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. G a l l n b r u n n e r

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