Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-106959/3/WEI/Bk

Linz, 10.11.2000

VwSen-106959/3/WEI/Bk Linz, am 10. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des I, gegen Spruchpunkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5. April 2000, Zl. VerkR 96-405-1998-Br, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 20 Abs 2 iVm § 99 Abs 3 lit a) StVO 1960 (BGBl Nr. 159/1960 idFd 20. StVO-Nov. BGBl I Nr. 92/1998) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 600,-- (entspricht  43, 60 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 4.2.1998, um 13.31 Uhr, als Lenker des PKW`s auf der B 123 bei Strkm 19,420 im Ortsgebiet von Wartberg ob der Aist, Fahrtrichtung Mauthausen

1) die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit laut Radarmessung um 42 km km/h überschritten

2) .......

3) ......."

Dadurch erachtete die belangte Behörde zu 1) den § 20 Abs 2 StVO 1960 idgF als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO1960 idgF" (gemeint: Strafrahmen des § 99 Abs 3 StVO) eine Geldstrafe von S 3.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw nach dem aktenkundigen Zustellnachweis am 7. April 2000 übernommen hat, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 10. April 2000, die am 11. April 2000 bei der belangten Behörde einlangte und mit der erschließbar die Aufhebung des Straferkenntnisses im Punkt 1) und die diesbezügliche Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende S a c h v e r h a l t :

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis verweist die belangte Behörde zum Sachverhalt auf die Anzeige der Verkehrsabteilung des Landesgendarmerie-kommandos vom 5. Februar 1998, Zl. P-289/98-Sei. Nach dieser Anzeige führte RI S zur Tatzeit am 4. Februar 1998 auf der B123 bei Strkm 19,420 im Ortsgebiet von Wartberg Radarmessungen mit dem geeichten und vorschriftsmäßig aufgestellten Radargerät Multanova 6F Nr. 691 durch. Dabei wurde der Pkw Volvo, Kz. , um 13.31 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 97 km/h gemessen. Da das Kennzeichen auf den Radarfotos nicht erkennbar und auch die hintere Kennzeichentafel nicht einwandfrei ablesbar war, nahm der Meldungsleger sofort die Verfolgung auf. Unmittelbar vor dem Ortsgebiet von Frensdorf schloss er mit dem Dienstfahrzeug auf und las in der Folge durch Nachfahren im annähernd gleichbleibenden Abstand eine Geschwindigkeit von über 85 km/h vom Tachometer ab. Bei Strkm 15,580 erfolgte dann die Anhaltung.

Unter Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze und eines zusätzlichen Sicherheitsfaktors entsprechend dem Erlass des BMI vom 4. Oktober 1991, Zl. 35 079/44-II/19/91, wurde hinsichtlich der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von Wartberg eine Geschwindigkeit von mindestens 92 km/h angezeigt.

2.2. Auf die Strafverfügung der belangten Behörde vom 23. März 1998 hat der Bw mit Eingabe vom 31. März 1998 inhaltlich Stellung genommen und zunächst die Überweisung von S 4500,-- unter der Voraussetzung angekündigt, dass die gesamte Angelegenheit damit erledigt ist. Diesen Standpunkt behielt er auch im Schreiben vom 13. April 1998 bei, das er auf Anfrage der belangten Behörde verfasste.

Offenbar mit Rücksicht auf ein Verfahren zum Entzug der Lenkberechtigung vor der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs gab der Bw schließlich mit Telefaxschreiben vom 25. Mai 1998 bekannt, sich gezwungen zu sehen, "sofort Einspruch zu erheben". Mit Schreiben vom 11. Juni 1998 übermittelte er 6 Fotos zur Situation der Beschilderung des Ortsgebiets von Wartberg ob der Aist, aus denen er ableitete, dass ein ortsfremder Lenker der Meinung sein müsste, sich auf einer Bundesstraße ohne Geschwindigkeitsbeschränkung zu befinden.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Oktober 1998 wurde der Einspruch als verspätet zurückgewiesen. Mit Erkenntnis vom 7. Jänner 1999, Zl. VwSen-105883/2/GU/Pr, hat der Oö. Verwaltungssenat den Zurückweisungsbescheid aufgehoben, weshalb die belangte Behörde das ordentliche Ermittlungsverfahren durchzuführen hatte.

2.3. Der Meldungsleger RI A wurde am 12. Mai 1999 von der Bundespolizeidirektion Linz im Rechtshilfeweg zur Sache einvernommen. Er erhob die Anzeige zum Gegenstand seiner Zeugenaussage und erklärte zur Rechtfertigung des Bw, dass die Beschilderung für einen Ortsunkundigen leicht verwirrend sein mag, die den Beginn des Ortsgebietes anzeigende Ortstafel "Wartberg ob der Aist" jedoch einwandfrei abzulesen sei. Auf der B 123 sei auch eine entsprechende Ortsendetafel angebracht. Dem Bw wurde daraufhin im Rechtshilfeweg vor der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs Parteiengehör gewährt. In der Niederschrift vom 29. Juni 1999 wurde festgehalten, dass er die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs für befangen erklärte. Er wäre aber bereit, die Angelegenheit nach Terminabsprache mit der belangten Behörde zu regeln.

In weiterer Folge erging das angefochtene Straferkenntnis vom 5. April 2000, in dem die belangte Behörde die Verantwortung des Bw wiedergab, die Anzeige und Aussage des Zeugen RI S auswertete und als Grundlage für den Schuldspruch heranzog.

2.4. In der als Einspruch fehlbezeichneten Berufung gegen Punkt 1 des Straferkenntnisses beharrt der Bw unter Vorlage von 2 Fotos auf seinem Standpunkt, dass das Ortsgebiet nicht erkennbar gewesen wäre. Die Ortstafel erachtet der Bw zwar ebenfalls als einwandfrei ablesbar, sie müsste aber im Zusammenhang mit dem Wegweiser "Wartberg nach rechts" gesehen werden. Deshalb wäre das Ortsgebiet auf keinen Fall klar erkennbar beschildert, wie aus dem Foto Nr. 1 hervorginge. Bemerkenswert sei, dass als letzte Verkehrsinformation das Verkehrszeichen Wartberg mit Pfeil nach rechts zu sehen sei, wobei der Bw auf sein Foto Nr. 2 verweist. Da die Ortsendetafel außerhalb seines Sichtfeldes war, hätte er das Ortsgebiet nicht identifizieren können. Da auch nach der Aussage des Meldungslegers die Beschilderung für Ortsunkundige verwirrend sei, wäre keine Bestrafung möglich.

Im Übrigen bezweifelt der Bw die Korrektheit der Verkehrsfehlergrenze von nur 5 km/h, welche eine "Messgenauigkeit von nur 5,15 %" ergebe. Diese Genauigkeit könne nur mit präzisesten und geeichten Messgeräten erzielt werden.

Die Aussagen des Meldungslegers und des Beschuldigten wären identisch. Unterschiede ergäben sich lediglich in der Interpretation.

In weiterer Folge begehrt der Bw Mahnspesen und Verzugszinsen, weil die belangte Behörde einen von ihm unter Vorbehalt bezahlten Geldbetrag unrechtmäßig einbehalte.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt ausreichend erhoben und festgestellt wurde. Ergänzend hat der unabhängige Verwaltungssenat die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19. Juni 1997 betreffend Verkehrsanordnungen in der Marktgemeinde Wartberg ob der Aist beigeschafft. Daraus geht u.a. hervor, dass das Ortsgebiet Wartberg ob der Aist auf der B 123 - Mauthausener Straße - für einen Bereich von km 18,932 bis km 19,719 vorgesehen wurde. Die Kundmachung erfolgte am 15. September 1997.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 99 Abs 3 lit a) StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften der StVO oder der auf Grund der StVO erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Gemäß § 20 Abs 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs 1 Z 15 StVO ist als Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" (§ 53 Z 17a) und "Ortsende" (§ 53 Z 17b) anzusehen.

4.2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Bw mit einer zurechenbaren Geschwindigkeit von 92 km/h die im Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses bezeichnete Stelle passierte. Bei der Radarmessung verwendete der Meldungsleger ein geeichtes Radargerät des Typs Multanova 6F, das er auch vorschriftsmäßig aufgestellt hatte. Nach dem Erlass des BMI vom 4. Oktober 1991, Zl. 35 079/44-II/18/91, betreffend Verkehrsfehlergrenzen und Sicherheitsfaktoren für Verkehrsgeschwindigkeitsmesser auf Radarbasis sind bei Messwerten bis 100 km/h insgesamt 5 km/h abzuziehen. Dies ergibt sich aus der Summe der Verkehrsfehlergrenze (= Eichfehlergrenze) von +/- 3 km/h und einem zusätzlichen Sicherheitsfaktor von +/- 2 km/h wegen Unsicherheiten bei der Erfassung des Fahrzeugs. Dementsprechend hat schon der Meldungsleger in seiner Anzeige von den gemessenen 97 km/h einen Abzug von 5 km/h vorgenommen.

Mit der bloßen Behauptung, dass er diesen Abzug für nicht ausreichend erachtete, konnte der Bw die angelastete Geschwindigkeit von 92 km/h nicht in Frage stellen. Er hat dabei offenbar auch übersehen, dass es sich beim Verkehrsradar Multanova 6 F um ein geeichtes Gerät zur Messung der Verkehrsgeschwindigkeit handelt.

4.3. Auf Grund der Angaben des Meldungslegers und aus den aktenkundigen Fotos, die der Bw selbst mit Schreiben vom 11. Juni 1998 und mit seiner Berufung vorgelegt hat, ergibt sich eindeutig, dass die auf der B 123 bei Strkm. 18,932 kundgemachte Ortstafel "Wartberg ob der Aist" für den sich annähernden Verkehr einwandfrei erkennbar und ablesbar ist. Dass an der folgenden Abzweigung nach rechts - wie auf den vorgelegten Fotos erkennbar - schätzungsweise etwa 20 m nach der Ortstafel zusätzlich ein "Wegweiser" (§ 53 Z 13b) die Ortschaft Wartberg ob der Aist anzeigt, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates kann auch die Auffassung des Bw nicht teilen, wonach das Ortsgebiet iSd § 2 Abs 1 Z 15 StVO wegen des erwähnten Wegweisers nicht klar genug beschildert worden wäre. Der Bw scheint dabei rechtsirrtümlich den Umstand einer Ortschaft mit dem Ortsgebiet im Sinne der StVO 1960 gleichzusetzen. Denn aus dem Wegweiser "Wartberg ob der Aist" durfte der Bw gerade nicht schließen, dass das zuvor durch Ortstafel ordnungsgemäß angezeigte Ortsgebiet "Wartberg ob der Aist" im Sinne der StVO noch nicht begonnen hatte. Dazu kommt noch, dass unter der Ortstafel die Zusatztafel "S" angebracht wurde, was darauf hinweist, dass die B 123 durch S und nicht direkt durch den Ort Wartberg ob der Aist führt. Von der eingewendeten Nichterkennbarkeit des Ortsgebietes konnte demnach keine Rede sein. Wenn der Bw die Beschilderung als verwirrend empfand, so konnte dies allenfalls auf seine mangelnde Kenntnis der Bedeutung der Verkehrszeichen zurückzuführen sein. Insofern wäre er aber als PKW-Lenker und Straßenbenutzer verpflichtet gewesen, sich ausreichende Kenntnisse zu verschaffen. Einen entschuldigenden Umstand hat der Bw demnach nicht vorgebracht, weshalb der angefochtene Schuldspruch im Punkt 1) des Straferkenntnisses zu bestätigen war.

4.4. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde mangels konkreter Angaben des Bw von einem geschätzten monatlichen Einkommen von S 15.000,-- aus. Mildernde oder erschwerende Umstände wurden nicht angenommen. Diesen Annahmen der Strafbehörde ist der Bw nicht entgegengetreten, weshalb sie auch im Berufungsverfahren zugrunde zu legen sind. Der Bw hat die Strafzumessung nicht ausdrücklich bekämpft. Die verhängten S 3.000,-- können angesichts der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet von 42 km/h im Hinblick auf den gegebenen Strafrahmen des § 99 Abs 3 StVO von bis zu S 10.000,-- nicht beanstandet werden. Das objektive Unrecht der Geschwindigkeitsüberschreitung hätte auch eine höhere Strafe gerechtfertigt. Da auch gegen die Ersatzfreiheitsstrafe keine Bedenken bestanden, hatte der unabhängige Verwaltungssenat die Berufung abzuweisen und den angefochtenen Strafausspruch zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw im Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ein weiterer Kostenbeitrag in Höhe von 20% der Geldstrafe vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum