Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106975/10/Fra/Ka

Linz, 03.07.2000

VwSen-106975/10/Fra/Ka Linz, am 3. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn A, vertreten durch die Rechtsanwälte H, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. April 2000, AZ.: S-41.931/99 1, betreffend Übertretung des § 14 Abs.8 FSG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 14 Abs.8 FSG gemäß § 37a leg.cit. eine Geldstrafe von 3.000 S (EFS 3 Tage) verhängt weil er am 26.11.1999 um 01.15 Uhr in Linz, Dametzstraße 8, stadtauswärts, den Kombi mit Kennzeichen gelenkt hat, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft 0,25 mg/l oder mehr betrug, da bei ihm ein Alkoholgehalt von 0,25 mg/l festgestellt wurde.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

3. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

Der Bw lenkte am 26.11.1999 um 01.15 Uhr in Linz, Dametzstraße 8, stadtauswärts, den Kombi mit dem Kz.: und wurde an der oa Örtlichkeit von Polizeibeamten der Bundespolizeidirektion Linz zu einer Routinekontrolle angehalten. Da bei ihm Alkoholisierungssymptome festgestellt wurden, wurde in der Folge seine Atemluft auf Alkoholgehalt in Linz, Wachzimmer Landhaus, untersucht. Die Atemalkoholuntersuchung wurde mit dem Messgerät (Marke und Type): DRÄGER ALCOTEST 7110 A, Seriennummer: ARLL-0048, durchgeführt. Laut Messprotokoll (Startzeit: 01.31 Uhr, Endzeit: O1.36 Uhr) kam es um 01.31 Uhr bei einem Exspirationsvolumen von 1,1 l und einer Exspirationszeit von 4,2 sec. zu einem Fehlversuch wegen zu geringem Blasvolumen. Bei der nächsten Messung um 01.32 Uhr kam es bei einem Blasvolumen von 0,9 l und einer Blaszeit von 3,6 sec. neuerlich zu einem Fehlversuch wegen zu geringem Blasvolumen. Die nächste Messung erfolgte um 01.33 Uhr, wobei es bei einem Blasvolumen von 0,9 l und einer Blaszeit von 4,2 sec. zu einem weiteren Fehlversuch wegen zu geringem Blasvolumen kam. Bei der Folgemessung um 1.34 Uhr wurde bei einem Blasvolumen von 2,4 l und einer Blaszeit von 6,9 sec. ein Messwert von 0,25 mg/l AAG angezeigt. Bei der letzten Messung um 01.35 Uhr wurde bei einem Blasvolumen von 2,1 l und einer Blaszeit von 9,0 sec. wieder ein Messwert von 0,25 mg/l AAG angezeigt. Am Ende des Messstreifens ist der Ausdruck "relevanter Messwert 0,25 mg/l" und "Messung verwertbar" angezeigt.

Aufgrund des oa Messergebnisses holte der Oö. Verwaltungssenat ein Gutachten zu der Frage ein, ob das angezeigte Alkomatmessergebnis von 0,25 mg/l AAG exakt ist oder ob bei diesem angezeigten Ergebnis der Alkoholgehalt der Atemluft möglicherweise 0,249 mg/l betragen hat.

Der Amtssachverständige Ing. A führte in seinem Gutachten vom 23.5.2000, AZ: BauME-010191/653-2000-Ang/Pr, gutachtlich Folgendes aus: "In der eichamtlichen Zulassung Zahl 41 344/96, veröffentlicht im Amtsblatt für das Eichwesen Nr. 6/1996, sind unter Punkt 7.1 die Eichfehlergrenzen und in Punkt 7.2 die Verkehrsfehlergrenzen festgelegt. Die Messfehlergrenze beträgt für den Bereich von 0 mg/l bis 2 mg/l +/- 5 % vom Messwert, jedoch nicht weniger als +/-0,02 mg/l. Bei einem angezeigten Messergebnis von 0,25 mg/l ist daher unter Grundlage der eichamtlichen Zulassung von einem messtechnisch abgesicherten Eingangswert zwischen 0,23 bis 0,27 mg/l auszugehen. Aus messtechnischer Sicht ist daher bei einem Anzeigewert von 0,25 mg/l eine effektive Atemalkoholkonzentration von 0,249 mg/l als möglich anzusehen."

4. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 14 Abs.8 FSG darf ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt.

Gemäß § 37a FSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs.1 StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 3.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs.8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt. Bei der Strafbemessung sind auch der Grad der Alkoholisierung und die Häufigkeit der Verstöße zu berücksichtigen.

Gemäß § 5 Abs.8 Z2 StVO 1960 hat ein bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen, wenn eine Person dies verlangt und angibt, bei ihr habe eine Untersuchung nach Abs.2 eine Alkoholbeeinträchtigung ergeben.

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Judikatur (vgl. ua VwGH vom 28.5.1993, 93/02/0092) davon aus, dass die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemalkoholgehalt im Ausmaß von Fehlergrenzen (§ 39 Abs.2 Z2 und Z3 Maß- und Eichgesetz) im Gesetz nicht vorgesehen ist. Vielmehr komme es auf die vom Gerät gemessenen und angezeigten Werte an. Der Gegenbeweis könne ausschließlich durch Bestimmung des Blutalkoholgehaltes erbracht werden. Der VwGH argumentiert in diesem Erkenntnis weiters, dass es zur Erbringung dieses Gegenbeweises dem Beschwerdeführer frei gestanden wäre, gemäß (damals) § 5 Abs.4b StVO 1960 die Veranlassung einer Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu verlangen oder sich zu einem gemäß (damals) in § 5 Abs.7 StVO 1960 angeführten Arzt zu begeben und eine Blutabnahme zu verlangen. Da dies der Beschwerdeführer unterlassen hat, hatte es beim Ergebnis der Atemalkoholuntersuchung als Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung zu verbleiben. Diese Judikaturlinie wurde auch in späteren Erkenntnissen aufrecht erhalten (vgl. ua VwGH vom 29.9.1993, Zl.93/02/0203 und 93/02/0142; VwGH vom 18.9.1996, Zl.94/03/0158). Die Außerachtlassung der Verkehrs- bzw. Eichfehlergrenze beim Alkomaten wird somit mit der Möglichkeit des Gegenbeweises durch eine im Sinne des § 5 Abs.8 StVO 1960 vorgesehene Blutuntersuchung begründet. Der Umstand, dass sich die "0,5 Promille" Regelung im FSG befindet, führt nun dazu, dass der nach der oa Judikatur einzig mögliche Gegenbeweis zu einer mittels Alkomat festgestellten Alkoholisierung nicht möglich ist. Dies deshalb, weil eine Blutalkoholbestimmung nur dann die Qualität dieses Gegenbeweises aufweist, wenn diese in der im § 5 Abs.5 bis 8 StVO 1960 vorgesehenen Art und Weise zustande kommt (vgl. VwGH vom 25.4.1997, 96/02/0227). Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 19. StVO-Novelle am 1.10.1994 galt die 0,5 Promille-Regelung noch nicht. Unter einer Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs.1 StVO 1960 hat eine solche von 0,4 mg/l AAG oder darüber zu gelten. Hätte die Regelung des § 14 Abs.8 FSG in § 5 Abs.1 StVO 1960 Eingang gefunden, hätte auch jener Proband, dessen Atemluftalkoholkonzentration zwischen 0,25 mg/l und 0,39 mg/l liegt, die Möglichkeit, nach § 5 Abs.8 StVO 1960 eine Blutalkoholbestimmung zu erreichen.

§ 5a Abs.3 StVO 1960 bildet die Rechtsgrundlage der Verwendung von Atemluftalkoholmessgeräten. Diese Bestimmung gebietet die Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik und bezieht sich auch diese auf die Alkomatverordnung, BGBl.Nr.789/1994, mit ihren Novellen. Es ist Stand der Wissenschaft und Technik, dass kein Messgerät absolut richtig misst, sondern - wenn auch geringe - Ungenauigkeiten aufweist. Auch Laser-, Radar- und ProViDa- Messgeräte zeigen einen Messwert an. Diesbezüglich ist unbestritten, dass Eichfehlergrenzen abzuziehen sind.

Aufgrund der oa Rechtslage geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass gegenständlich die Eich- bzw Verkehrsfehlergrenzen abzuziehen sind, woraus resultiert, dass nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen festgestellt werden kann, dass der Bw einen Atemluftalkoholgehalt von 0,25 mg/l - wie ihm dies mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt wird - aufgewiesen hat.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r