Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106982/13/Br/Bk

Linz, 07.06.2000

VwSen-106982/13/Br/Bk Linz, am 7. Juni 2000

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M, gegen die Spruchpunkte 1. bis 3. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 10. April 2000, Zl.: VerkR96-111-2000/Mr, wegen Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a, § 4 Abs.1 lit.c § 4 Abs.5 StVO 1960 iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960, nach der am 7. Juni 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

  1. Der Berufung wird in Punkt 1. bis 3. Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - VStG.

II. In den Punkten 1. bis 3. entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber in den Punkten 1. bis 5. Geldstrafen von insgesamt 6.000 S und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt zwölf Tagen verhängt und ihm zur Last gelegt, er habe am 26.11.1999 gegen 22.30 Uhr im Gemeindegebiet L vor dem Haus R rückwärts ausparkend und weiter über die Ruflinger Landesstraße bis zur G den PKW Kz.: gelenkt, wobei er

1. in L nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten habe,

2. es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er unmittelbar nach dem Verkehrsunfall den Unfallsort verlassen habe,

3. es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben sei,

4. den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein nicht mitgeführt und einem gemäß § 35 Abs.2 FSG zuständigen Organ zur Überprüfung nicht ausgehändigt habe,

5. als Lenker, der nicht selbst der Zulassungsbesitzer des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges sei, den Unfall, der mit der Benützung dieses Fahrzeuges in ursächlichem Zusammenhang stand, unverzüglich dem Zulassungsbesitzer bekannt gegeben.

2. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die Anzeige des Gendarmeriepostens Leonding vom 30.12.1999, GZ 6720/99/Eh iVm dem Umstand, dass der Berufungswerber dem Beschuldigten-Ladungsbescheid vom 7.3.2000 am 6.4.2000 unentschuldigt keine Folge leistete.

2.1. In der vom Berufungswerber fristgerecht bei der Behörde erster Instanz protokollarisch angebrachten Berufung wendet der Berufungswerber ein, dass beim gegenständlichen Unfall nur das von ihm gelenkte Fahrzeug, nicht jedoch der Zaun beschädigt worden sei. Der Vorfall habe sich am 26.11.1999 zwischen 22.30 und 22.45 Uhr, ereignet, wobei er von der gemieteten Halle aus niemanden verständigen hätte können. Nach dem Unfall habe er die Stoßstange notdürftig befestigt und sei zum vereinbarten Treffpunkt in die nahegelegene G gefahren. Dort sei der Befestigungsdraht gerissen und das Fahrzeug sei wegen der herunterhängenden Stoßstange nicht mehr fahrbar gewesen, sodass er es dort abstellen musste. Anschließend sei er mit seinem Bekannten T zum Lokal nach R gefahren und sei gegen 04.30 Uhr mit diesem wieder zurückgefahren, wo sie gemeinsam noch das Lokal "L" besuchen wollten. Da dieses jedoch bereits geschlossen gewesen sei, hätten sie sich anschließend in sein in der Nähe abgestelltes Fahrzeug begeben und sich dort schlafen gelegt. Dort sei es schließlich zur Beamtshandlung durch die Gendarmerie gekommen von der sie schlafend im Fahrzeug angetroffen wurden.

Anlässlich der Berufungsverhandlung zog der Berufungswerber in Hinblick auf die Spruchpunkte 4. und 5. des Straferkenntnisses die Berufung zurück. Somit ist das Straferkenntnis hinsichtlich dieser Punkte in Rechtskraft erwachsen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in den o.a. Punkten jeweils keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Hinsichtlich des Punktes 6. ergeht unter VwSen-106981 eine in die Zuständigkeit der zweiten Kammer fallende gesonderte Entscheidung. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere des Aktenvermerkes über das Ermittlungsergebnis hinsichtlich eines nicht eingetretenen Sachschadens am Zaun. Anlässlich der Berufungsverhandlung wurde M als Zeuge und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Der Meldungsleger und ein Vertreter der Behörde erster Instanz erschien entschuldigterweise zur Berufungsverhandlung nicht.

Ergänzend wurde vom Oö. Verwaltungssenat durch fernmündliche Anfrage beim Eigentümer des unfallsgegenständlichen Zaunes, der Pfarre L, am 7. Mai 2000 über Art und Umfang des Schadens Feststellungen getroffen (s. Aktenvermerk).

4. Folgender Sachverhalt ist nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren erwiesen.

4.1. Der Berufungswerber stieß am 26.11.1999 gegen 22.30 Uhr mit dem Leihwagen der Fa. S, Kennzeichen gegen einen Eisensteher der im Besitz der Pfarre L befindlichen Einfriedung (Zaun) in der R. Am Fahrzeug wurde dabei die Stoßstange heruntergerissen, welche vor Ort notdürftig aufgehängt wurde. Am Zaun, an dem laut Anzeige die Stoßstange an einer Schraube einhakte und dadurch heruntergerissen wurde, entstand kein Sachschaden. Anschließend gelangte der Berufungswerber mit diesem Fahrzeug noch bis zur G, wo er wegen der herunterhängenden Stoßstange das Fahrzeug abstellen musste.

Dieser Vorfall wurde vorerst nicht der nächsten Gendarmeriedienststelle gemeldet. Amtsbekannt wurde der Vorfall erst nach einer Anzeige bei der Gendarmerie am 27.11.1999 um 05.00 Uhr früh wegen einer Lärmerregung beim Lokal "L". Im Zuge der Erhebungen wegen der Lärmerregung, an welcher der Berufungswerber und sein Begleiter offenkundig nicht beteiligt waren, wurde das dort in der Nähe abgestellte Mietfahrzeug des Berufungswerbers wahrgenommen. Darin wurde der Berufungswerber und der Zeuge T schlafend und wie sich später herausstellte Ersterer alkoholisiert vorgefunden.

4.1.1. Laut der erst nach vier Wochen verfassten und nicht weniger als sieben Seiten umfassenden Anzeige, worin auch Lackspuren am Gartenzaun festgehalten und Fotos von den im Fahrzeug Schlafenden angefertigt wurden, geht im Ergebnis bereits hervor, dass der Pfarre L kein Schaden entstanden sei. Wörtlich wird in der Anzeige ausgeführt, "dass seitens der Pfarre L kein Schaden geltend gemacht werde." Die ob dieser nicht ganz klaren Darstellung durch den Oö. Verwaltungssenat getätigte Anfrage beim Verwalter des Objektes der Pfarre L ergab, dass durch den Unfall tatsächlich kein Schaden entstanden ist. Selbst aus den Kopien der auch vom Zaun angefertigten Fotos ist ein 'Schaden' am Zaun nicht erkennbar. Es ist in diesem Zusammenhang als auffällig zu bemerken, dass, obwohl der Berufungswerber bereits am 27. und 29.11.1999 anlässlich von Vorsprachen bei der Gendarmerie den Anstoß an den Gartenzaun einräumte, diese Anzeige erst nach über vier Wochen gelegt wurde. Ebenso ungewöhnlich ist der Verlauf der Schilderung ins nebensächliche Detail, sowie der zusätzliche Hinweis des Verdachtes einer fehlenden Verkehrszuverlässigkeit und mehrfach gegen den Berufungswerber erstatteter Anzeigen wegen des Verdachtes der Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen.

In der Substanz erweist sich daher auch der von der Behörde erster Instanz erhobene Tatvorwurf in den Punkten 1. bis 3. - wie insbesondere der Punkt 6. im Zusammenhang mit dem alkoholisierten Lenken - als haltlos. Mit seinem Vorbringen ist der Berufungswerber daher im Recht und es war seiner Verantwortung zu folgen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Letzteres trifft hier zu.

Da ein am eigenen Fahrzeug entstandener Schaden nicht als meldepflichtiger Schaden zu qualifizieren ist, wurden vor allem nicht die Pflichten nach § 4 Abs.1 lit.a und c. und 5 StVO ausgelöst. Eine Verletzung der Anhaltepflicht ist hier alleine schon wegen der erfolgten Versorgung der Stoßstange evident. Zu einer Mitwirkungspflicht bedarf es (nur) dann wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat (VwGH 23.1.1991, 90/02/0165). Abgesehen davon ist bei einem Schadensereignis, an welchem keine weitere Person in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, ein kumulativer Tatvorwurf auch hinsichtlich § 4 Abs.1 lit.a und c. StVO in aller Regel unzulässig, weil die Erfüllung der Verpflichtung nach Abs. 5 leg.cit. geradezu zwingend ein Verlassen der Unfallstelle bedingt (vgl. h. Erk. v. 5.8.1999, 106532/2/Gf/Km u.a). Im Ergebnis müsste ansonsten ein Betroffener letztlich an der Unfallstelle warten bis entweder zufällig der Geschädigte oder ein Organ der öffentlichen Aufsicht vorbeikommt, um der im Straferkenntnis vertretenen Rechtsauffassung dem Wortlaut nach gerecht werden zu können.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Sachschaden, Kumulation, Anhalte-, Mitwirkungs- und Meldepflicht

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