Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106990/8/Br/Bk

Linz, 26.06.2000

VwSen - 106990/8/Br/Bk Linz, am 26. Juni 2000

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine zweite Kammer (Vorsitzender: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Weiß und Berichter: Dr. Bleier) über die Berufung des Herrn F, gegen den Punkt 1. des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz, vom 17. April 2000, Zl. III/S-S-7340/00 1, nach der am 20. Juni 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde im Punkt 1. des o.a. Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. III/S-S-7340/00 1, wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 16.000 S und im Nichteinbringungsfall zwölf Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 22.02.2000 von 04.00 bis 07.30 Uhr in Linz, G, den Pkw mit dem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, da eine Messung mittels Atemalkoholmessgerätes einen Messwert von 0,78 mg/l (gemeint Atemalkoholgehalt) ergeben habe.

Die Behörde erster Instanz ging in ihrer Entscheidungsbegründung vom unentschuldigten Fernbleiben des Berufungswerbers an der am 7. April 2000 um 11.15 Uhr anberaumten mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren aus. Die zur Last gelegte Übertretung sei demnach zur Gänze unbestritten geblieben.

Bei der Strafzumessung wertete die Behörde erster Instanz die Geldstrafe angesichts der Schwere der Übertretung als milde bemessen. Das Monatseinkommen wurde mangels Angaben mit 13.000 S, bei keinem nennenswerten Vermögen angenommen.

2. In der vom Berufungswerber gegen das Straferkenntnis fristgerecht bei der Behörde erster Instanz protokollarisch eingebrachten Berufung, führt er darin aus, dass er anlässlich der Amtshandlung dem Beamten "nicht ganz die Wahrheit gesagt hätte." Er sei damals nicht um 04.00 Uhr in die G gefahren und er habe auch dort den Motor des Pkw nicht durchgehend bis 07.30 Uhr laufen lassen. Richtig sei vielmehr, dass er damals mit seiner Begleiterin ein Lokal verlassen und anschließend zu ihr in die Wohnung gegangen sei. Der Pkw sei zu diesem Zeitpunkt bereits in der G geparkt gewesen, wobei er diesen am Vorabend dort abgestellt habe. In der Wohnung seiner Begleiterin habe er glaublich zwei Achtel Wein getrunken. Kurz nach 06.00 Uhr sei er dann mit der Begleiterin zum Pkw gegangen. Sie hätten sich in den Pkw gesetzt und schließlich auch den Motor gestartet, um die Heizung in Betrieb zu setzen. Der vorgeworfene Alkoholisierungsgrad entspreche daher nicht den Tatsachen. Er sei sich aber bewusst, dass er den Pkw nicht starten hätte dürfen.

3. Anlässlich der Berufungsverhandlung erklärte der Berufungswerber, dass er hinsichtlich des Punktes 2. keine Berufung erhoben habe, bzw. sich die Niederschrift vom 9.5.2000 bei der Behörde erster Instanz, mit welcher Berufung erhoben wurde, sich auf diesen Punkt nicht bezieht.

4. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Ferner wurde Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des einschreitenden Polizeibeamten und der damaligen Begleiterin des Berufungswerbers, Frau A, sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten. Beigeschafft und verlesen wurde der Auszug aus der Straßenkarte von L, demgemäß die Entfernung dieser Örtlichkeiten mit etwa 100 m (ein Häuserblock) anzunehmen ist.

6. Der Oö. Verwaltungssenat geht vom nachfolgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

6.1. Der Berufungswerber wurde am 22.2.2000 nach 07.25 Uhr von Organen der Bundespolizeidirektion Linz in seinem in der G abgestellten Pkw angetroffen. Der Einsatz zum Abstellort erfolgte über eine telefonische Beschwerde eines Anrainers bei der Polizei, wegen eines mit laufendem Motor abgestellten Fahrzeuges. Beim Eintreffen des Meldungslegers wurde das Fahrzeug des Berufungswerbers mit abgestelltem Motor vorgefunden, wobei ein konkreter Anhaltspunkt für ein vorausgegangenes Lenken nicht vorlag.

Der Berufungswerber wurde am Fahrersitz angetroffen, während am Beifahrersitz seine Begleiterin in einem anscheinend stark alkoholisierten Zustand schlief. Kurz vor dem Eintreffen der Polizei hatte der Berufungswerber den Motor über Aufforderung eines Passanten jedoch abgestellt.

Auf Befragen durch den Meldungsleger gab der Berufungswerber an, dass er sich bis 02.00 Uhr früh in einem ihm nicht mehr bekannten Lokal aufhielt und er anschließend das Fahrzeug an diese Stelle lenkte. Er sei sich bewusst, dass er dabei alkoholisiert gewesen wäre, er wollte aber nur einen Freundschaftsdienst leisten. Von 04.00 Uhr bis 07.30 Uhr habe er den Motor durchgehend laufen lassen.

Die an ihm ab 08.04 Uhr vorgenommene Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt erbrachte ein Ergebnis von 0,52 mg/l.

Anlässlich der im Anschluss an die Atemluftuntersuchung aufgenommenen Niederschrift machte der Berufungswerber im Ergebnis die inhaltsgleichen Angaben wie bereits gegenüber den einschreitenden Beamten.

Die im Zuge des Verfahrens von der Behörde erster Instanz in Auftrag gegebene Rückrechung des Atemluftalkoholgehaltes auf den Lenkzeitpunkt um 04.00 Uhr ergab einen Wert von 0,78 mg/l, welcher schließlich im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt wurde.

Im Berufungsverfahren war insbesondere auf die geänderte Verantwortung des Berufungswerbers im Hinblick auf die nunmehr bestrittene Lenkereigenschaft und die Frage der lediglichen Inbetriebnahme des Pkw zwecks Inbetriebsetzung der Heizung einzugehen.

6.2. Der Berufungswerber legte anlässlich der Berufungsverhandlung überzeugend und sachlich nachvollziehbar dar, dass er in den Morgenstunden des 22.2.2000 sein Fahrzeug nicht zur G lenkte. Diese Angaben wurden anlässlich der Berufungsverhandlung auch von der Zeugin N in schlüssiger Weise bestätigt. Diese Verantwortung ist sachlich nachvollziehbar, weil sich der Berufungswerber mit seiner Begleiterin in einem Lokal in der K, in unmittelbarer Nähe zum Abstellort und der Wohnung seiner Begleiterin aufhielt. Diese Wegstrecke konnte glaubhaft zu Fuß zurückgelegt werden. Hiefür das Auto zu verwenden, wäre schlechthin als widersinnig zu bezeichnen.

Der Berufungswerber und die Zeugin N legten weiters dar, dass dem gemeinsamen nächtlichen Ausgang ein Streit mit dem Lebensgefährten von N vorausging, wobei der gemeinsame Aufenthalt in ihrer Wohnung mit dem Berufungswerber nach Tunlichkeit in der Amtshandlung keine Erwähnung finden sollte. Die Zeugin bestätigte in lebensnaher und jedenfalls nicht unschlüssiger Weise die Verantwortung des Berufungswerbers, dass sie sich von 04.00 Uhr bis 06.00 Uhr mit diesem in ihrer Wohnung aufhielt, wobei gemeinsam eine Flasche Wein getrunken wurde. Um dort nicht vom zurückerwarteten Lebensgefährten angetroffen zu werden, wurde das Zusammensein im Auto fortgesetzt, wo sie letztlich einschlief. Auf Grund der herrschenden Kälte wurde der Motor gestartet, um das Fahrzeug zu heizen.

Die Zeugin bestätigte ferner dezidiert, dass der Berufungswerber das Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt lenkte.

Obwohl die nunmehrige Verantwortung im Widerspruch zur Erstverantwortung steht, hegt der Oö. Verwaltungssenat an der nunmehrigen Verantwortung dennoch keine Zweifel. Es kann hier einerseits weder auf eine Wahrnehmung des Lenkens zurückgegriffen werden noch gibt es hiefür auf Grund der Nähe des nächtlichen Aufenthaltes des Berufungswerbers mit seiner Begleiterin einen sachlichen Anhaltspunkt für eine Benützung des Pkw. Nicht zuletzt begründet der Berufungswerber seine ursprünglich ihn belastenden Angaben mit der Absicht, den Besuch in der Wohnung von Frau N geheim halten zu wollen bzw. sie nicht in diese Sache hineinzuziehen und ebenfalls mit seiner Müdigkeit und der Alkoholisierung anlässlich der Amtshandlung. Immerhin gestand er vom Anfang an unumwunden den ebenso strafbaren Umstand des Startens des Motors zum Zweck der Inbetriebsetzung der Heizung ein.

7. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Da das zur Last gelegte Tatverhalten nicht nachgewiesen werden konnte, war nach § 45 Abs.1 Z1 VStG mit der Aufhebung des Straferkenntnisses und mit Verfahrenseinstellung vorzugehen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 86/83/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Der Judikatur (VwGH 26.1.1996, 95/02/0289 u.a.) hinsichtlich der Richtigkeit der Erstverantwortung ist kein so einschränkendes Verständnis zu Grunde zu legen, dass hierdurch die freie Verantwortung eines Beschuldigten und die freie Beweiswürdigung präjudiziert werden könnten.

Wenn sich demnach der Berufungswerber anlässlich seiner Erstverantwortung in einem allenfalls die Diskretionsfähigkeit einschränkenden Zustand befunden haben könnte, wäre es im Lichte des Inhaltes des Art. 6 Abs.1 EMRK problematisch, einen Tatbeweis ausschließlich auf eine derartige selbstbeschuldigende Erstverantwortung zu stützen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

 

Dr. Langeder

Beschlagwortung:

Beweiswürdigung, Präjudizieren, Erstverantwortung

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