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VwSen-106999/9/Ki/Ka

Linz, 12.10.2000

VwSen-106999/9/Ki/Ka Linz, am 12. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des W, vom 18.4.2000, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28.3.2000, Zl.VerkR96-6334-1999, hinsichtlich der Fakten 1b, 1c, 1d, 2b, 2c und 2d, wegen Übertretungen des KFG 1967 und des Führerscheingesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3.10.2000, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 1b sowie 2 b, c und d behoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird. Hinsichtlich der Fakten 1 c und 1 d wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II: Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird hinsichtlich der bezeichneten Fakten auf insgesamt 730,00 Schilling (entspricht 53,05 Euro) herabgesetzt. Für das Berufungs-verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist hinsichtlich der Fakten 1 c und 1 d ein Kostenbeitrag in Höhe von insgesamt 1.460,00 Schilling (entspricht  106,10 Euro) (jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen) zu entrichten. Hinsichtlich der Fakten 1 b sowie 2 b, c und d ist für das Berufungsverfahren kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs. 1 Z. 1 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat datiert mit 28.3.2000, VerkR96-6334-1999, gegen den Berufungswerber (Bw) nachstehendes Straferkenntnis erlassen:

"Sie lenkten am 23.08.1999 das Motorfahrrad mit der Fahrgestell- und Motornummer im Gemeindegebiet St. Roman

1) um 13.00 Uhr vom Güterweg Prackenberg kommend auf der öffentlichen Verbindungsstraße zwischen dem Güterweg Prackenberg und der B 136 Sauwaldstraße bis auf Höhe des Hauses Altendorf Nr.4, obwohl

a) das Motorfahrrad nicht zum Verkehr zugelassen war;

b) Sie bei dieser Fahrt keinen Sturzhelm trugen;

c) kein Verbandszeug mitführten;

d) das Motorfahrrad lenkten, obwohl Ihnen mit Bescheid vom 03.08.1998 das Lenken von Motorfahrrädern für die Dauer von 4 Jahren verboten wurde und

e) von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht an Ort und Stelle aufgefordert wurden, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen und dieser Aufforderung um 13.05 Uhr durch Ihre Flucht von der Kontrollstelle keine Folge leisteten;

2) um 13.20 Uhr auf dem Güterweg Prackenberg von der öffentlichen Verbindungsstraße kommend in Richtung Prackenberg bis auf Höhe des Hauses J, obwohl

a) das Motorfahrrad nicht zum Verkehr zugelassen war;
b) Sie bei dieser Fahrt keinen Sturzhelm trugen;

c) kein Verbandszeug mitführten;

d) das Motorfahrrad lenkten, obwohl Ihnen mit Bescheid vom 03.08.1998 das Lenken von Motorfahrrädern für die Dauer von 4 Jahren verboten wurde und

e) von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht an Ort und Stelle aufgefordert wurden, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen und dieser Aufforderung um 13.05 Uhr durch Ihre Flucht von der Kontrollstelle keine Folge leisteten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1a) § 36 lit.a KFG 1967

1b) Art.4 Abs.1 der 4. KFG-Novelle

1c) § 102 Abs.10 KFG 1967

1d) § 32 Abs.1 FSG 1997

1e) § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960

2a) § 36 lit.a KFG 1967

2b) Art.4 Abs.1 der 4. KFG-Novelle

2c) § 102 Abs.10 KFG 1967

2d) § 32 Abs.1 FSG 1997

2e) § 99 Abs.1 lt.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie gemäß

1a) 1c) 2a) 2c) § 134 Abs.1 KFG 1967

1b) 2b) Artikel 4 Abs.5 Ziff.1 der 4. KFG-Novelle

1d) 2d) § 37 Abs.1 FSG 1997

1e) 2e) § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960

folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe: Freiheitsstrafe:

1) S 7.000,-- 1 Woche

2) S 500,--

3) S 300,--

4) S 7.000,--

5) S 30.000,-- 2 Wochen

6) S 7.000,-- 1 Woche

7) S 500,--

8) S 300,--

9) S 7.000,--

10) S 30.000,-- 2 Wochen

---------------------------- --------------

insgesamt S 89.600,-- 6 Wochen

Falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von:

1) 1 Woche

2) 12 Stunden

3) 6 Stunden

4) 1 Woche

5) 2 Wochen

6) 1 Woche

7) 12 Stunden

8) 6 Stunden

9) 1 Woche

10) 2 Wochen

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (§ 64 Abs.1 und 2VStG): S 9.800,--

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 99.400,--."

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 18.4.2000 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das diesbezügliche Strafverfahren einzustellen.

Er begründet dies im Wesentlichen damit, dass er damals mit seinem nicht zum Verkehr zugelassenen Motorfahrrad von zu Hause nach St. Roman gefahren sei, um bei der dortigen AVIA-Tankstelle einen Kanister Benzin für den Rasenmäher zu holen. Dabei sei er neben dem Güterweg auf den Wiesen und dann auf dem Verbindungsweg zwischen dem Güterweg Prackenberg und der Sauwald Bundesstraße in Richtung Bundesstraße gefahren. Um nicht auf die Bundesstraße zu fahren, habe er das Moped auf einen Privatgrund abgestellt. Er sei der Meinung, dass der Verbindungsweg keine Straße mit öffentlichem Verkehr sei, weil an der Bundesstraße das Verkehrszeichen "Einfahrt verboten, ausgenommen Anrainer" stehe. Deshalb habe er geglaubt, dass es sich um einen Privatweg handelt, auf dem nur diejenigen fahren dürfen, die dort ein Fahrtrecht haben. Sollte dies nicht zutreffen, so sei er in einem entschuldbaren Tatsachenirrtum befangen, der ihn das unrechtmäßige seiner Tat nicht erkennen ließ.

Bezüglich des Nichtmitführens von Verbandszeug argumentierte der Bw, dass dies bereits durch den Tatbestand der Nichtzulassung des Motorfahrrades zum Verkehr konsumiert sei, da man bei einem nicht zugelassenen Motorfahrrad nicht noch zusätzlich die Erfüllung besonderer Vorschriften verlangen könne.

Weiters wird ausgeführt, dass die beiden Fahrten eine Einheit bilden, sodass nicht jedes Delikt für sich bestraft werden könne, sondern es sich um ein fortgesetztes Delikt handle. Er habe von Anfang an die Absicht gehabt, nach St. Roman zu fahren, um von der dortigen Tankstelle einen Kanister Benzin zu holen, daher wären auch die auf der Rückfahrt allenfalls begangenen Delikte von einem einheitlichen Tatvorsatz getragen.

Zur Strafhöhe wurde ausgeführt, dass diese trotz der Vorstrafen im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse zu hoch sind.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich der im Spruch angeführten Fakten weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3.10.2000. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Beschuldigte im Beisein seines Rechtsvertreters sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Schärding teil. Als Zeuge wurde der Meldungsleger einvernommen.

Der Beschuldigte beantragte bei dieser mündlichen Berufungsverhandlung ein tat- und schuldangemessenes Strafausmaß und wies darauf hin, dass er erhebliche gesundheitliche Probleme habe. Er dürfe nicht mit dem Fahrrad fahren, wohne jedoch 2,5 km entfernt vom nächsten größeren Ort. Überdies sei er schuldeinsichtig und es sei weiters das geringe Einkommen zu berücksichtigen.

Dem vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Münzkirchen vom 28.9.1999 zugrunde. Danach hat der Meldungsleger am 23.8.1999, zunächst um 13.00 Uhr und in der Folge um 13.20 Uhr, die zur Last gelegten Sachverhalte festgestellt. Die BH Schärding hat in der Folge das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und - der Beschuldigte hat sich zunächst trotz Ladung zu einer mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren passiv verhalten - abschließend das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

Bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte der Beschuldigte zunächst, dass es richtig sei, dass ihm durch die Behörde das Lenken von Motorfahrrädern verboten gewesen sei. Auch sei es richtig, dass das gegenständliche Motorfahrrad, Marke , nicht zum Verkehr zugelassen war und er von zu Hause (P) zur Avia -Tankstelle gefahren ist um sich dort Benzin für seinen Rasenmäher zu kaufen. Er habe das Moped auf einem Privatgrund abgestellt und sei von dort zu Fuß zur Tankstelle gegangen. Vorher sei der Gendarmeriebeamte gekommen und dieser habe ihn zu einem Alkotest aufgefordert. Diesen Test habe er verweigert, er habe damals nichts getrunken gehabt. Als er zu seinem Moped zurückgekehrt war, sei der Gendarmeriebeamte nicht mehr anwesend gewesen, er habe aber vom Moped die Zündkerze herausgeschraubt gehabt. Er selbst habe jedoch eine weitere Zündkerze mitgehabt und sei, nachdem er eine Zeit lang gewartet habe wieder nach Hause gefahren. Er sei dabei, damit ihn der Gendarmeriebeamte nicht belangen könne, ca. 1 m neben der Straße (Güterweg Prackenberg) auf der Wiese gefahren. In der Folge sei der Gendarmeriebeamte wieder hergekommen und aus seinem Fahrzeug gestiegen. Er sei jedoch auf der Wiese weiter in Richtung nach Hause gefahren, der Gendarmeriebeamte habe ihn kein zweites Mal zu einem Alkotest aufgefordert.

Der Bw bestätigte, dass es richtig sei, dass er bei der ggstl. Fahrt keinen Sturzhelm trug und er auch kein Verbandszeug mitgeführt hat. Einen Sturzhelm könne er nicht tragen, weil er bereits zwei Mal ein Schädel-Hirn-Trauma gehabt habe und Kopfschmerzen hätte, falls er einen Helm tragen würde. Diesbezüglich legte er eine ärztliche Bestätigung vor, wonach er auf Grund eines schweren Schädel-Hirntraumas keine Kopfhörer benutzen könne.

Sowohl beim Hin- als auch beim Rückweg sei er auf der Wiese neben dem Güterweg gefahren, mit Ausnahme des Stückes auf der Verbindungsstraße.

Der Meldungsleger erklärte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme, dass er damals von Kopfing nach St. Roman unterwegs gewesen sei. Auf dieser Strecke könne man den Güterweg Prackenberg einsehen. Dort habe er gesehen, dass ein Mopedfahrer, welcher keinen Sturzhelm trug, auf dem Güterweg unterwegs war und angenommen, dass es sich um Herrn W handelte. Herr W sei auf dem Güterweg und nicht auf der Wiese gefahren. Später habe er dann gesehen, dass Herr W sein Moped bei einem Anwesen abstellte und mit einem Bezinkanister zur Tankstelle gehen wollte. Er habe ihn daraufhin angesprochen und, da er eine "leichte Fahne" bei ihm festgestellt und den Alkomaten im Dienstfahrzeug mit hatte, zum Alkotest aufgefordert. Herr W sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen, sondern zur Tankstelle gegangen. Er habe daraufhin die Amtshandlung abgeschlossen und vom Moped des Herrn W Kerzenstecker und Zündkerze entfernt. Dann habe er den Ort verlassen und sein Dienstfahrzeug in der Folge bei einem Haus, welches neben dem Güterweg Prackenberg situiert ist, abgestellt. Da es schon öfters Vorfälle mit Herrn W gegeben habe, habe er auf ihn gewartet. Nach ca. 10 Minuten sei dieser wieder auf dem Moped fahrend dahergekommen. Er sei von der Verbindungsstraße gekommen und Richtung Prackenberg gefahren, dabei habe er wieder die Fahrbahn benützt. Herr W sei auf dem Güterweg bergaufwärts gefahren, er selbst sei ihm nachgefahren, habe ihn überholt und dieser sei rechts in die Wiese hineingefahren und stehengeblieben. Dort habe er ihn nochmals zum Alkotest aufgefordert und er glaube, dass Herr W die Aufforderung verstanden haben könnte, weil er schon Erfahrungen mit diversen Amthandlungen gehabt habe. Herr W sei aber, und zwar auf der Wiese, weitergefahren.

Bei einem Augenschein auf der St. Romanstraße, und zwar in einer Entfernung von ca. 100 m von der B 136, bestätigte der Gendarmeriebeamte, dass er dort von Kopfing kommend unterwegs gewesen sei. Von dieser Stelle aus konnte man auf den Güterweg Prackenberg einsehen und der Beamte erklärte dazu, dass er von dieser Stelle aus den Beschuldigten auf dem Güterweg Prackenberg fahrend sehen konnte.

Weiters wurde die bezeichnete Verbindungsstraße zwischen dem Güterweg Prackenberg und der B 136 in Augenschein genommen. Dabei handelt es sich um eine im Wesentlichen nicht asphaltierte Verkehrfläche, bei der Einfahrt von der B 136 ist das Verkehrszeichen "Fahrverbot (in beiden Richtungen)" mit der Zusatztafel "ausgenommen Anrainer" situiert. Bezüglich dieses Verbindungsweges wurde beim Gemeindeamt St. Roman recherchiert und in Erfahrung gebracht, dass das gegenständliche Fahrverbot von der BH Schärding (VerkR10-26-1998 v. 2.2.1998) verordnet worden ist. Bei den betroffenen Wegparzellen, 1249 und 1383 der KG Ried, handelt es sich lt. Auskunft des Gemeindebediensteten um öffentliches Gut.

I.5. In freier Beweiswürdigung hat die erkennende Berufungsbehörde wie folgt erwogen und es wird nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Die Angaben des Meldungslegers sind in den entscheidungswesentlichen Punkten schlüssig und konnten im Rahmen des durchgeführten Augenscheines verifiziert werden. Darüber hinaus wurde der vom Zeugen festgestellte Sachverhalt vom Beschuldigten selbst in den meisten Punkten bestätigt, lediglich hinsichtlich des Fahrens auf dem Güterweg Prackenberg bzw der 2. Amtshandlung ergeben sich Widersprüche. Diesbezüglich wird jedenfalls in Bezug auf die Benutzung der Fahrbahn auf dem Güterweg der Aussage des Beamten Glauben geschenkt, eine genauere Beurteilung der Geschehnisse hinsichtlich der 2. Amtshandlung, bei welcher es allenfalls zu Missverständnissen gekommen sein könnte, wird im Hinblick auf das Verfahrensergebnis für entbehrlich erachtet. Zu Bedenken ist auch, dass der Meldungsleger als Zeuge in einem Verwaltungsstrafverfahren unter Wahrheitspflicht stand.

Der Beschuldigte konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle wurde jedoch seine Version in Bezug auf seine Fahrt auf dem Güterweg Prackenberg durch die Aussage des Zeugen und den durchgeführten Augenschein eindeutig widerlegt. Auch ist hervorgekommen, dass die Fläche neben dem Güterweg Prackenberg, zumindest in Teilbereichen, die Form einer Böschung aufweist, sodass dort ein Befahren der Wiese mit einem Motorfahrrad nahezu als unmöglich erscheint.

Demnach fuhr der Beschuldigte zu den vorgeworfenen Tatzeiten mit dem bezeichneten Motorfahrrad zunächst auf dem Güterweg Prackenberg und in der Folge auf einer Verbindungsstraße vom Güterweg Prackenberg zur B 136 in Richtung B 136. Noch vor dem Erreichen der B 136 stellte er sein Fahrzeug auf einem Privatgrundstück ab und wollte sich zu einer nahegelegen Tankstelle begeben um dort Benzin einzukaufen. Vorher wurde er jedoch vom Meldungsleger, welcher den Beschuldigten bereits zuvor auf dem Güterweg Prackenberg und zwar unter Benützung der Fahrbahn fahren sah, angesprochen und zur Vornahme eines Alkotestes aufgefordert. Diesen verweigerte der Beschuldigte. Der Gendarmeriebeamte entfernte daraufhin den Zündkerzenstecker und die Zündkerze vom Motorfahrrad, um den Beschuldigten an der Weiterfahrt zu hindern, und verließ dann den Vorfallsort. Der Beschuldigte hatte eine Ersatzzündkerze dabei, sodass es ihm möglich war, nach dem Einkauf des Benzins die Rückfahrt anzutreten. Dabei benutzte er wiederum die gegenständliche Verbindungsstraße und in der Folge den Güterweg Prackenberg. Auf dem Güterweg ist es dann zu einem weiteren Kontakt zwischen dem Beschuldigten und dem Gendarmeriebeamten gekommen, wobei Ersterer vom Beamten nochmals zu einem Alkotest aufgefordert wurde. Bei den Fahrten trug der Beschuldigte keinen Sturzhelm und er führte auch kein Verbandszeug mit. Das Motorfahrrad war nicht zum Verkehr zugelassen, dem Beschuldigten war das Lenken von Motorfahrrädern behördlich verboten.

I.6. Rechtlich war Folgendes festzustellen:

Gemäß Art. 4 Abs. 1 der 4. KFG-Novelle ist der Lenker eines Kraftrades zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Sturzhelmes verpflichtet.

Diese Verpflichtung gilt jedoch gemäß Abs. 2 Z. 3 leg.cit. nicht bei Unmöglichkeit des bestimmungsgemäßen Gebrauches des Sturzhelmes wegen der körperlichen Beschaffenheit des Benützers.

Gemäß § 102 Abs.10 KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, mitzuführen.

Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind ein Motorfahrrad zu lenken, das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten (Ziffer 1). Das Lenken eines Motorfahrrades entgegen einer behördlichen Verfügung ist unzulässig.

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat dem Beschuldigten die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen sowohl hinsichtlich der Hin- als auch der Rückfahrt angelastet, also Kumulation im Sinne des § 22 VStG angenommen. Die erkennende Berufungsbehörde vertritt jedoch die Auffassung, dass im vorliegenden konkreten Falle das Gesamtgeschehen als Tateinheit zu werten ist. Es ist offensichtlich, dass der Beschuldigte vom Beginn der Fahrt an den Vorsatz hatte, Benzin einzukaufen und aus diesem Grunde von zu Hause weg zur Tankstelle und dann sofort wieder zurückzufahren. Jedenfalls ist ihm ein anderweitiger Vorsatz nicht nachzuweisen. Wohl ist es zwischen den Fahrten zu einer Amtshandlung durch den Gendarmeriebeamten gekommen, diese Amtshandlung bzw der Einkauf des Benzins stellen jedoch nur eine kurzfristige Unterbrechung der Fahrt dar. Unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach, wer ohne Lenkberechtigung ein Kfz zu einer Tankstelle lenkt, dort tankt und nach dem Auftanken mit dem Fahrzeug weiterfährt, nur eine Übertretung begeht (VwGH 12.3.1986, 84/03/0368) bzw wenn das Lenken eines Kfz ohne Lenkberechtigung kurzfristig dadurch unterbrochen wird, dass der Lenker von einem Straßenaufsichtsorgan angehalten und kontrolliert wird, ein fortgesetztes Delikt vorliegt (VwGH 22.11.1984, 84/02/0190), wird demnach festgestellt, dass die Kumulation im gegenständlichen Falle zu einer unzulässigen Doppelbestrafung führen würde. Aus diesem Grunde war hinsichtlich der in Punkt 2 bezeichneten Fakten der Berufung Folge zu geben.

Im Übrigen sieht die erkennende Berufungsbehörde in Anbetracht des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens die zur Last gelegten Sachverhalte in objektiver Hinsicht als erwiesen an, wobei jedoch hinsichtlich Faktum 1 b zu berücksichtigen war, dass der Beschuldigte durch die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung glaubhaft machen konnte, dass es ihm wegen seiner körperlichen Beschaffenheit unmöglich war, den Sturzhelm zu verwenden. Es war daher auch bezüglich Faktum 1 b der Berufung Folge zu geben.

Was die Verbindungsstraße zwischen dem Güterweg Prackenberg und der B 136 anbelangt, so steht diese im öffentlichen Gut der Gemeinde St. Roman. Gemäß Oö. Straßengesetz 1991 (i.d.g.F.) gelten Grundstücke, die im Grundbuch als öffentliches Gut eingetragen sind und allgemein für Verkehrszwecke benutzt werden, bis zum Beweis des Gegenteils als öffentliche Straße (§ 5 Abs. 2). Wie bereits dargelegt wurde, befinden sich die entsprechenden Grundstücke im öffentlichen Gut der Gemeinde St. Roman und es ist auch davon auszugehen, dass die Straße trotz des verordneten Fahrverbotes, jedenfalls von den Anrainern, allgemein für Verkehrszwecke benutzt wird. Nachdem das Gegenteil nicht bewiesen ist, handelt es sich bei der ggstl. Verkehrsfläche um eine öffentliche im Sinne der straßen- und kraftfahrrechtlichen Vorschriften.

Der diesbezüglichen Argumentation des Beschuldigten, für einen Laien könne der Weg auch ohne weiteres als nicht öffentlicher angesehen werden und der diesbezüglich unterlaufene Irrtum sei daher nicht vorwerfbar, wird nicht gefolgt. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass er schon seit Jahren in St. Roman wohnhaft ist und daher auch mit den entsprechenden Straßenverkehrsmöglichkeiten vertraut ist. Ein allfälliger diesbezüglicher Irrtum wäre daher jedenfalls vorwerfbar. Im Übrigen war der Beschuldigte in Anbetracht der Benützung des Güterweges Prackenberg jedenfalls auf einer öffentlichen Verkehrsfläche unterwegs, diesbezüglich war ihm die Öffentlichkeit im Sinne der entsprechenden verkehrsrechtlichen Vorschriften jedenfalls klar.

Weitere Umstände, welche den Bw in subjektiver Hinsicht entlasten würden, wurden nicht behauptet und sind solche im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Das Vorbringen, der Tatbestand des Nichtmitführens von Verbandszeug werde durch den Tatbestand der Nichtzulassung des Motorfahrrades zum Verkehr konsumiert, da man bei einem nichtzugelassenen Motorfahrrad nicht noch die Erfüllung besonderer Vorschriften verlangen kann, findet in der Gesetzesordnung keine Deckung. Das Mitführen eines Verbandszeuges (durch den Lenker) bzw das Bereitstellen (durch den Zulassungsbesitzer) ist zwar eine zwingende Vorschrift, steht aber nicht im Zusammenhang mit den allgemeinen Zulassungserfordernissen. Die Verpflichtung des § 102 Abs. 10 KFG ist daher isoliert von der Zulassung eines Kraftfahrzeuges zu beurteilen.

I.7. Zur Strafbemessung wird Folgendes festgestellt:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Der Beschuldigte argumentiert hinsichtlich der Strafhöhe mit erheblichen gesundheitlichen Problemen, er dürfe wegen gesundheitlicher Probleme nicht mit dem Fahrrad fahren, wohne jedoch ca. 2,5 km entfernt vom nächsten größeren Ort. Überdies sei er schuldeinsichtig und es wäre auch sein geringes Einkommen zu berücksichtigen.

Dazu wird zunächst festgehalten, dass das von der Behörde ausgesprochene Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern der Beschuldigte selbst zu vertreten hat. Wie er bei der mündlichen Berufungsverhandlung - sinngemäß - ausgesagt hat, war ein sogenanntes Alkoholdelikt (§ 5 StVO) Ursache für diese behördliche Maßnahme. Dass er aus gesundheitlichen Gründen kein Fahrrad benützen kann, stellt natürlich in seiner konkreten Lebenssituation eine wesentliche Belastung für ihn dar. Dieser bedauerliche Umstand rechtfertigt aber in keiner Weise sein Fehlverhalten. In Abwägung der persönlichen Umstände des Beschuldigten mit öffentlichen Interessen überwiegen letztere in beträchtlichem Maße. Entsprechend den Begriffsbestimmungen des KFG 1967 gilt auch ein Motorfahrrad als Kraftfahrzeug. Zum Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit aller Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr sind an die einzelnen Kraftfahrzeuglenker entsprechende Anforderungen, insbesonders im Hinblick auf deren Verkehrszuverlässigkeit zu stellen. Diese Verkehrszuverlässigkeit war beim Bw nicht gegeben, weshalb seine Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug eine Gefährdung der bereits dargelegten Rechtsschutzinteressen darstellte. Darüber hinaus ist es nicht zu tolerieren, dass sich eine Person beharrlich über Normen bzw behördliche Maßnahmen hinwegsetzt, sind diese Normen bzw behördlichen Maßnahmen doch in der Gesellschaft erforderlich, um ein ordnungsgemäßes Zusammenleben der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft zu garantieren. Würde sich jeder nach eigenem Gutdünken über diese Normen hinwegsetzen, wäre das gesellschaftliche Ordnungssytem nachhaltig gefährdet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nur relativ kurze Wegstrecken auf einen nachrangigen Straßennetz zurückgelegt wurden.

Der Argumentation, der Beschuldigte wäre im vorliegenden Falle schuldeinsichtig, kann seitens der erkennenden Berufungsbehörde nicht gefolgt werden. Wohl war er - jedenfalls was das Berufungsverfahren anbelangt - teilweise geständig, dies bedeutet aber, abgesehen davon, dass es sich hier um kein qualifiziertes Geständnis handelt, noch nicht, dass er auch schuldeinsichtig wäre. Im Gegenteil, aus der Argumentation des Bw ist abzuleiten, dass seine gesundheitlichen Probleme sein Verhalten rechtfertigen würden. Von einer inhaltlich substanziellen Schuldeinsichtigkeit kann daher keine Rede sein.

Unter Berücksichtigung der bereits dargelegten Rechtsschutzinteressen stellt das Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz behörlich verfügten Verbotes, sowie auch das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne die erforderliche Lenkberechtigung, einen gravierenden Verstoß gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften dar. Dies kommt insbesondere durch den vom Gesetzgeber festgelegten Strafrahmen zum Ausdruck, indem eine Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen) festgesetzt wurde.

In Anbetracht dieses Strafrahmens kann sowohl hinsichtlich der Geld- als auch hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe kein Ermessensmissbrauch festgestellt werden. Immerhin ist der Beschuldigte diesbezüglich mehrfach vorbestraft, was als Erschwerungsgrund zu werten ist. Strafmildernde Umstände werden auch seitens der erkennenden Berufungsbehörde keine festgestellt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes erscheinen die verhängten Geld- sowie die Ersatzfreiheitsstrafen als im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesetzt, wobei anzumerken ist, dass der gesetzliche Strafrahmen im Falle wiederholter derartiger Übertretungen die Verhängung von Freiheits- und Primärarreststrafen nebeneinander zulassen würde. Bezüglich des Nichtmitführens des Verbandszeuges wurde ohnedies bloß die Ordnungswidrigkeit geahndet.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten (Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse) sind bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Diese sind evidentermaßen für den Bw eher ungünstig, eine Reduzierung der Strafe ist jedoch trotzdem nicht vertretbar. Es sind nämlich auch general- wie auch spezialpräventive Elemente zu berücksichtigen. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, der Allgemeinheit durch strenge Strafen zu signalisieren, dass es sich beim Lenken eines Kraftfahrzeuges auf öffentlichen Verkehrsflächen keineswegs um eine Bagatelle handelt und ist überdies durch ein spürbares Strafausmaß dem Beschuldigten der Unwert seines Verhaltens aufzuzeigen um ihn vor weiteren Übertretungen abzuhalten.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass im erstbehördlichen Verfahren den oben angeführten gesetzlichen Kriterien im Zusammenhang mit der Strafbemessung entsprochen wird.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. Kisch

Beschlagwortung:

Öffentliches Gut der Gemeinde im Zweifel öffentliche Verkehrsfläche

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