Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107019/2/BI/KM

Linz, 14.09.2000

VwSen-107019/2/BI/KM Linz, am 14. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag. M S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, vom 15. Mai 2000 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 4. Mai 2000, VerkR96-2556-1999-GG, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 2 Abs.3 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (12 Stunden EFS) verhängt, weil er am 17. Mai 1999 in der Zeit von 9.45 Uhr bis 16.24 Uhr ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt und durch eine Änderung am Kurzparknachweis die höchstzulässige Parkdauer von 90 Minuten zu überschreiten versucht habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. Der Bw bemängelt die Aussage der Zeugin Schürz hinsichtlich ihrer Genauigkeit und ebenso die Beweiswürdigung der Erstinstanz diesbezüglich. Er bestreitet, den PKW in der vorgeworfenen Zeit am genannten Ort abgestellt gehabt zu haben und schildert den damaligen Tagesablauf aus seiner Sicht - konkrete Namen von Zeugen zu nennen sei ihm aber auf Grund seiner Schweigepflicht unmöglich - und beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass Grundlage für das Verwaltungsstrafverfahren eine von der Meldungslegerin (Ml) Schürz verfasste Organstrafverfügung war, in der gegen den Lenker des PKW nach § 2 Abs.3 KPZÜV eine Geldstrafe von 300 S festgesetzt wurde, weil er am 17. Mai 1999, 16.24 Uhr in F, die Parkscheibe nachgestellt habe, ohne wegzufahren.

Auf dem dem Akt beigelegten Durchschlag der Organstrafverfügung sind außerdem die Uhrzeiten 9.45 Uhr, 11.15 Uhr, 14.00 Uhr und 16.00 Uhr vermerkt und auf dem unteren Teil sind zwei mit blauem Kugelschreiber nebeneinander angebrachte Kreise jeweils mit Markierungen rechts unten bzw links oben und rechts davon ein Pfeil nach rechts zu erkennen.

An den Bw als Zulassungsbesitzer des genannten KFZ erging mit Schreiben vom 20. August 1999 seitens der Erstinstanz eine Aufforderung zur Erteilung einer Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 dahingehend, wer das Fahrzeug am 17. Mai 1999 um 16.24 Uhr in F, vor dem Haus Nr. , verwendet bzw abgestellt habe. Als Grund für die Lenkeranfrage wurde der Tatvorwurf genannt: "Sie haben ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt und durch Änderungen am/des Kurzparknachweises die höchste zulässige Parkdauer zu überschreiten versucht." Der Bw erteilte mit Schreiben vom 16. September 1999 die Auskunft, er habe das Fahrzeug selbst gelenkt/verwendet und abgestellt.

Daraufhin erging seitens der Erstinstanz die Strafverfügung vom 28. September 1999 mit dem Vorwurf, "am 17. Mai 1999, 16.24 Uhr in F, nächst dem Haus Nr. ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt und durch Änderungen am Kurzparknachweis die höchste zulässige Parkdauer zu überschreiten versucht" zu haben.

Nach fristgerechter Beeinspruchung wurde ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt und die Ml am 1. März 2000 und am 5. April 2000 vor der Erstinstanz zeugenschaftlich einvernommen. Sie erklärte die Vermerke auf der Organstrafverfügung so, dass sie zu den vier angeführten Uhrzeiten im Rahmen von Kontrollen den genannten PKW immer am selben Abstellort vorgefunden habe, nämlich am (stadteinwärts gesehen) rechten Fahrbahnrand der Z, Fahrtrichtung stadteinwärts, vor dem Haus Nr.13 - am gegenüber liegenden Fahrbahnrand (Häuser Nr. bis ) befinde sich keine Kurzparkzone, sondern ein Parkverbot. Die Ventilstellung an den nächst dem Gehsteig liegenden Rädern, ds die Zeichnungen am unteren Teil der Organstrafverfügung, habe sich in dieser Zeit nicht verändert, sodass sie schließlich um 16.24 Uhr die Organstrafverfügung ausgestellt habe; diese Art der Aufzeichnung sei Verwaltungspraxis. Das Fahrzeug sei in dieser Zeit nicht wegbewegt worden und sei ihr außerdem schon Tage früher aufgefallen, weil es immer in der Kurzparkzone stehe. Auf die vier vermerkten Zeiten sei die Parkuhr jeweils eingestellt gewesen. Ein "Parkplatzüberwachungsprotokoll" gebe es nicht und bestehe dazu keine Verpflichtung. Sie mache die Aufzeichnungen nur für sich selbst zur Nachvollziehbarkeit ihrer Feststellungen.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat Folgendes erwogen:

Die Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung normiert im § 2 Abs.1 ("Pflichten des Lenkers"), dass, wenn ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt wird, der Lenker 1. das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit dem für die jeweilige Kurzparkzone entsprechenden Kurzparknachweis zu kennzeichnen und 2. dafür zu sorgen hat, dass das Fahrzeug spätestens mit Ablauf der höchsten zulässigen Parkzeit entfernt wird.

Daraus folgt, dass jeder Lenker eines in der Kurzparkzone abgestellten Fahrzeuges spätestens nach Ablauf der erlaubten Parkdauer - im gegenständlichen Fall handelte es sich offensichtlich um eine gebührenfreie Kurzparkzone, sodass nur die Ankunftszeit auf der Parkuhr einzustellen und daraus die - aus dem Akt nicht ersichtliche - Parkdauer zu errechnen war - wegzufahren hat, wobei es ihm freisteht, sein Fahrzeug anderswo innerhalb derselben Kurzparkzone abzustellen. Nach den Beobachtungen der Ml an Ort und Stelle hat der Bw dies nicht getan, was sie daraus geschlossen hat, dass sich die von ihr im Rahmen der dort üblichen Vorgangsweise auf der Organstrafverfügung markierte Ventilstellung während der Beobachtungszeit - immerhin von 9.00 bis 16.24 Uhr - nicht verändert hat. An einer solchen Vorgangsweise vermag der unabhängige Verwaltungssenat grundsätzlich keinen Mangel zu sehen, speziell wenn der Ml der genannte PKW schon vorher aus welchen Gründen auch immer aufgefallen ist und in ihren Augen Anlass zu verstärkter Beobachtung bestand.

Festzustellen ist jedoch, dass die Verfolgungsverjährungsfrist im gegenständlichen Fall mit 17. Mai 1999 begann und mit 17. November 1999 endete, wobei in dieser Zeit lediglich die Strafverfügung als einzige Verfolgungshandlung ergangen ist, während die Zeugeneinvernahmen der Ml danach erfolgten.

Die Strafverfügung enthält einen Tatvorwurf, der nicht dem der Organstrafverfügung entspricht - dort ist davon die Rede, dass der Lenker die Parkscheibe nachgestellt habe, ohne wegzufahren - und der auch im nachfolgenden Verwaltungsstrafverfahren nicht zu verifizieren ist - hätte nämlich der Bw tatsächlich von 9.00 Uhr bis 16.24 Uhr die Parkscheibe jeweils nachgestellt, wäre jedenfalls von einem vollendeten Tatbestand im Hinblick auf die Überschreitung der Parkzeit iSd § 2 Abs.1 Z2 KPZÜV auszugehen und keinesfalls mehr von einem Versuch iSd § 2 Abs.3 KPZÜV.

Dass der Bw durch Änderungen am Kurzparknachweis die zulässige Parkdauer zu überschreiten versucht hätte, hat nicht einmal die Ml behauptet: Ein solcher Versuch hätte dann vorgelegen, wenn die Ml den Bw konkret beim Verstellen der Parkscheibe angetroffen und beanstandet hätte.

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Im Hinblick auf die angeführten Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht vorzuschreiben waren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Bw wurde Versuch vorgeworfen, wofür weder die dem Verfahren zugrundeliegende Organstrafverfügung noch die Aussage der Ml Ansatz liefert à Einstellung § 45 Abs.1 Z.2 1. Alt. VStG