Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107023/5/Ki/Ka

Linz, 28.06.2000

VwSen-107023/5/Ki/Ka Linz, am 28. Juni 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Z, vom 5. Mai 2000 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 17. April 2000, VerkR96-8385-1997, wegen einer Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 17.4.2000, VerkR96-8385-1997, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 23.10.1997 um ca. 11.15 Uhr das Sattelkraftfahrzeug, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t und dem Sattelanhänger , auf der A 8 Innkreisautobahn im Gemeindegebiet Suben zum Autobahngrenzübergang Suben, bei Strkm 75,600, gelenkt, wobei er sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt hat, dass das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, indem das oben angeführte Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht über 12 t mit keinem geeigneten Geschwindigkeitsbegrenzer ausgerüstet war, durch welchen die Steuerung der Kraftstoffzufuhr zum Motor die Höchstgeschwindigkeit auf 85 km/h begrenzt.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis Berufung. Darin führt er ua aus, dass es sich bei dem gegenständlichen Geschwindigkeitsbegrenzer um einen Teil der Fahrtschreibanlage handelt und die Reparatur bzw Prüfung dieser nur von einer besonders ermächtigten Fachwerkstätte durchgeführt und wieder plombiert werden dürfe. Es sei ihm nicht möglich gewesen, diese Reparatur in Deutschland durchführen zu lassen. Laut Artikel 16 der Benutzungsvorschrift der EG-VO 3821/85 wäre es ihm erlaubt gewesen, zum Sitz seines Unternehmens nach Wien innerhalb einer Woche zurückzukehren und dort die Reparatur der Fahrtschreibanlage durchführen zu lassen.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Festgestellt wird zunächst, dass der Bw eine Ortsabwesenheit von der Abgabestelle zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Straferkenntnisses glaubhaft machen konnte, sodass die am 8.5.2000 zur Post gegebene Berufung als rechtzeitig erachtet wird.

Gemäß § 24a KFG 1967 müssen Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12.000 kg mit geeigneten Geschwindigkeitsbegrenzern ausgerüstet sein, die durch die Steuerung der Kraftstoffzufuhr zum Motor die Höchstgeschwindigkeit auf einen bestimmen Wert begrenzen.

Gemäß § 24a Abs.4 leg.cit. gilt der Geschwindigkeitsbegrenzer sowohl als Teil der Fahrtschreiberanlage als auch als Teil der Gesamtanlage des Kontrollgerätes.

Gemäß Art.16 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr.3821/85 des Rates vom 20.12.1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr (i.d.g.F.) muss der Unternehmer bei einer Betriebsstörung oder bei mangelhaftem Funktionieren des Gerätes die Reparatur, sobald die Umstände dies gestatten, von einem zugelassenen Installateur oder einer zugelassenen Werkstatt durchführen lassen. Kann die Rückkehr zum Sitz des Unternehmens erst nach mehr als einer Woche nach dem Tag des Eintritts der Störung oder der Feststellung des mangelhaften Funktionierens erfolgen, so ist die Reparatur unterwegs vorzunehmen.

Diese Verordnung ist ebenfalls unmittelbarer Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung.

In Anbetracht der Tatsache, dass gemäß der obzitierten Bestimmung des § 24a Abs.4 KFG 1967 der Geschwindigkeitsbegrenzer ausdrücklich sowohl als Teil der Fahrtschreiberanlage als auch als Teil der Gesamtanlage des Kontrollgerätes gilt, ist der Bw mit seinem Vorbringen im Recht, wonach auch der Geschwindigkeitsbegrenzer unter die Bestimmung des Art.16 der obzitierten EU-Verordnung zu subsumieren ist. Aus der Formulierung der diesbezüglichen Bestimmung der Verordnung ist abzuleiten, dass es durchaus zulässig ist, falls die Rückkehr zum Sitz des Unternehmens innerhalb einer Woche möglich ist, im Falle einer Störung oder Feststellung des mangelhaften Funktionierens zunächst eine Weiterfahrt zum Sitz des Unternehmens vorzunehmen. Nur wenn die Rückkehr erst nach mehr als einer Woche nach dem Tag des Eintritts der Störung oder der Feststellung des mangelhaften Funktionierens erfolgen kann, ist die Reparatur unterwegs vorzunehmen.

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding versucht die diesbezüglichen Einspruchsausführungen des Bw damit zu widerlegen, dass der Schaden erst auf der Strecke England - Wien in Deutschland aufgetreten sei, indem die erhöhte Fahrgeschwindigkeit auch auf dem Schaublatt des 22.10.1997 aufschien. Laut Aufzeichnung auf diesem Schaublatt habe der Bw das Fahrzeug von Seebrücke nach Spessat gelenkt und sei diese überhöhte Geschwindigkeit bereits vom Beginn der Fahrt an festzustellen gewesen. Da die Schaublattaufzeichnungen mit der Geschwindigkeitsanzeige ident seien, hätte ihn ein wiederholter Blick auf den Geschwindigkeitsanzeiger darauf aufmerksam machen müssen, dass der Geschwindigkeitsbegrenzer bereits zumindest von Seebrücke an nicht in Ordnung sei.

Dieser Argumentation der Bezirkshauptmannschaft Schärding ist zu entgegnen, dass, jedenfalls bezogen auf den Tattag (23.10.1997), es im Hinblick auf die Fahrtstrecke durchaus nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Schaden des Geschwindigkeitsbegrenzers nach der Abfahrt aus England eingetreten ist und der Bw die Möglichkeit gehabt hätte, innerhalb einer Woche nach dem Tag des Eintritts der Störung bzw der Feststellung des mangelhaften Funktionierens zum Sitz des Unternehmens zurückzukehren. Jedenfalls spricht der Anhalteort (Suben in Richtung Österreich) für diese Annahme.

Weitergehende Ermittlungen, welche die Rechtfertigung des Bw widerlegen würden, hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding nicht durchgeführt. Laut den vorliegenden Verfahrensunterlagen wurde der letzte Verfahrensschritt im Jänner 1998 gesetzt, wonach die Bundespolizeidirektion Wien um Bekanntgabe allfälliger aufscheinender Verwaltungsvorstrafen ersucht wurde. Letztlich ist das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erst mehr als zwei Jahre nach diesem letzten Verfahrensschritt ergangen. Es erscheint daher für die erkennende Berufungsbehörde in Anbetracht des verstrichenen Zeitraumes nicht mehr zielführend, entsprechende (im erstinstanzlichen Verfahren offensichtlich nicht vorgenommene) Ermittlungen durchzuführen.

Aus den dargelegten Gründen kann, zumindest nach dem Grundsatz "in dubio pro reo", die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht als erwiesen angesehen werden, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Geschwindigkeitsbegrenzer ist Teil der Gesamtanlage des Kontrollgerätes bzw Fahrtschreiberanlage. Bei Defekt Weiterfahrt zum Sitz des Unternehmens zulässig, wenn innerhalb einer Woche Rückkehr dorthin möglich ist (Art.16 VO(EWG) 3821/85).

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