Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107029/3/Le/La

Linz, 18.08.2000

VwSen-107029/3/Le/La Linz, am 18. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J E, K 34, K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M B, S 9, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5.5.2000, Zl. VerkR96-7454-1999, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 600 S (entspricht 43,60  €) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5.5.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 20 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 3 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 24.10.1999 gegen 7.30 Uhr einen (näher bezeichneten) PKW auf der R L in Richtung Z an der P gelenkt, wobei er ca. auf Höhe Km 7,086 die Fahrgeschwindigkeit nicht den Straßen- und Fahrbahnverhältnissen (rechts-links-rechts-Kurvenkombination und regennasse Fahrbahn) anpasste, weil er statt einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von maximal 70 km/h mit einer solchen von mindestens 90 km/h gefahren sei, dadurch von der Fahrbahn linksseitig abgekommen bzw. mit dem Fahrzeug gegen einen Brückenpfeiler der Unterführung der B gestoßen sei.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 15.5.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass das eingeholte Sachverständigengutachten keinerlei Grundlage dafür bilde, dass er mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h gefahren sei. Dieses Gutachten versuche vielmehr aufzuzeigen, welche Kurvengrenzgeschwindigkeiten möglich seien, wobei der von der Behörde im Straferkenntnis zu Grunde gelegte Maximalwert von 70 km/h unrichtig sei. Vielmehr können nach dem Gutachten des Amtssachverständigen ausgehend von einem Haftreibungsfaktor 0,6 die Kurvenkombinationen mit 80 bzw. 85 km/h dem Radius folgend durchfahren werden. Es sei jedoch in keiner Weise objektiviert, dass eine überhöhte Fahrgeschwindigkeit Ursache für das Abkommen von der Fahrbahn gesehen sei.

Auch entspreche die im Protokoll angegebene Fahrgeschwindigkeit von ca. 90 km/h nicht seinen Angaben. Er habe vielmehr von 85 bis 90 km/h gesprochen, wobei sich diese Fahrgeschwindigkeit auf die vor Beginn der gegenständlichen Kurvenkombination eingehaltene Geschwindigkeit und nicht auf die in der letzten Linkskurve gefahrene Geschwindigkeit bezogen hätte.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht und eine Strafe von nicht mehr als 3.000 S verhängt wurde, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Angaben des Berufungswerbers und den Ausführungen des Amtssachverständigen ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sacherverhalt:

Der nunmehrige Berufungswerber lenkte am 24.10.1999 gegen 7.30 Uhr seinen PKW auf der R Landesstraße Nr. von R kommend in Richtung Z/P. Beim Befahren einer regennassen Linkskurve mit einer Geschwindigkeit von ca. 90 km/h (eigene Angabe) und aus Unachtsamkeit geriet er mit seinem PKW ins Schleudern, kam auf die Gegenfahrbahn und kam bei Strkm. 7,086, nachdem sich das KFZ gedreht hatte, nach links von der Straße ab, wobei er mit dem Heck in den Betonbrückenpfeiler der I Bundesstraße Nr. stieß, wodurch das KFZ im Heckbereich schwer beschädigt wurde.

Der kraftfahrtechnische Amtssachverständige Ing. S führte einen Ortsaugenschein durch und stellte die wesentlichen Parameter fest. Die R Straße weist demnach im gegenständlichen Bereich eine Fahrbahnbreite von 6 m auf. In Fahrtrichtung des Beschuldigten verläuft die Fahrbahn in einer rechts-links-rechts-Kurvenkombination. Alle drei Kurven haben ein Quergefälle nach innen von 5 %. Die Kurvenradien der ersten beiden Kurven wurden mit 85 m und der Radius der letzten Rechtskurve mit 75 m vermessen. Die R Straße ist mit einer Bitu-Kies-Schicht versehen, die alterungsbedingt Poliereffekte aufweist. Aufgrund dieser Fahrbahnoberfläche und der Tatsache, dass die Fahrbahn zur Unfallszeit nass war, stellte der Sachverständige einen Haftreibungsfaktor von m = 0,55 bis 0,6 fest.

Auf Grund der Parameter Kurvenradien, Bodenhaftung und Querneigung hätte der Beschuldigte die beiden Kurven mit dem Radius von 85 m bei einem Reibungskoeffizient von 0,55 mit gut 81 km/h und bei einem Reibungsfaktor von 0,6 mit einer Geschwindigkeit von knapp 85 km/h dem Radius folgend durchfahren können. Die Kurve mit dem Radius von 75 m hätte er bei einem Reibungsfaktor von 0,55 mit einer Geschwindigkeit von gut 76 km/h und bei einem Reibungsfaktor von 0,6 mit einer Geschwindigkeit von knapp 80 km/h durchfahren können. Diese Angaben stellen nach Ansicht des Sachverständigen die absoluten Kurvengrenzgeschwindigkeiten dar und es könnte das Fahrzeug infolge der angeforderten Seitenführungskräfte weder beschleunigt noch verzögert werden, da das Fahrzeug sonst infolge der angeforderten Längsführungskraft, bedingt durch die Fliehkrafttangentiale, ausbricht und die Kurve verlässt.

Als erforderliches Geschwindigkeitsverhalten stellte der Sachverständige bei den Kurven mit dem Radius von 85 m eine Geschwindigkeit von 70 km/h fest. Dabei berücksichtigte er, dass einerseits eine Kurve bei verschiedenen Fahrbahnverhältnissen sicher durchfahren werden kann und andererseits, dass das Fahrzeug dem Radius folgend noch bremsbar ist und innerhalb der Sichtweite angehalten werden kann. Bei dieser Geschwindigkeit wären vernünftige Bremsverzögerungen zur Verfügung gestanden und er hätte bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h das Fahrzeug (bei einer Reaktionszeit von 1 Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden) innerhalb von 53 m zum Stillstand bringen können.

Der Sachverständige errechnete auch die Anhaltewege bei 80 und 84 km/h, wobei er bei letzterem darauf hinwies, dass eine genaue Dosierung der Bremskraftanforderung kaum mehr möglich sei. Er stellte weiter fest, dass bei einer Geschwindigkeit von 86 km/h die Fliehkraft größer als die übertragbaren Kräfte wären und das Fahrzeug die Fahrbahn verlässt.

Die Kurve mit dem Radius von 75 m, bei der auch die Sichtverhältnisse bedingt durch die Unterführung eingeengt sind und maximal etwa 60 m betragen, hätte der Beschuldigte mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h mühelos durchfahren können, wobei ihm da noch eine vernünftige Bremskraft zur Verfügung gestanden wäre und er dabei einen Anhalteweg von 51 m erzielt hätte.

Auch für diesen Fall errechnete der Sachverständige die Anhaltewege für die Geschwindigkeit von 74 und 78 km/h und stellte fest, dass bei einer Geschwindigkeit von knapp 80 km/h das Fahrzeug zu schleudern beginnt.

Zur Angabe des Beschuldigten, er sei eine Geschwindigkeit von 90 km/h gefahren errechnete der Sachverständige, dass dies nur dann möglich sei, wenn er die beiden vorgelagerten Kurven mit einem Radius von 85 m nicht dem Radius folgend, das heißt auf seiner Fahrbahnhälfte durchfahren hat, sondern diese beiden Kurven in der Ideallinie unter Mitbenutzung des linken Fahrstreifens durchfahren hat.

Der Sachverständige konnte dies bei einem Modellversuch mit PC-Crash genau nachvollziehen und stellte dies in der Abbildung 2 anschaulich dar. Er kam zum Ergebnis, dass die Folgekurve mit dem Radius von 75 m auf Grund des geringeren Radius auch durch Befahren der Ideallinie nicht mehr bewältigt werden konnte und das Fahrzeug deshalb zu schleudern begann, sich um 180 ° drehte und schließlich über den linken Fahrbahnrand hinausfuhr und gegen den Brückenpfeiler stieß.

Gutachtlich kam der Sachverständige zum Schluss, dass die Geschwindig-keitsangabe des Beschuldigten nachvollziehbar sei, dass dieses Fahrverhalten jedoch ein unkalkulierbares Unfallsrisiko mit dem daraus resultierenden Risiko der unkalkulierbaren Unfallschwere bewirke.

3.2. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Berufungswerber mit Ladungsbescheid vom 24.3.2000, nachweislich persönlich zugestellt am 29.3.2000, zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren geladen, welcher er jedoch nicht folgte.

3.3. Der Berufungswerber hat eine Vorstrafe wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO vom 7.7.1999.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Gemäß § 20 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Er darf auch nicht so schnell fahren, dass er andere Straßenbenützer oder an der Straße gelegene Sachen beschmutzt oder Vieh verletzt, wenn dies vermeidbar ist.

Es steht fest, dass der Berufungswerber zur Tatzeit am Tatort mit seinem PKW ins Schleudern gekommen ist und nach links von der Fahrbahn abgekommen ist, wobei er mit dem Heck seines Fahrzeuges gegen einen Brückenpfeiler stieß und das Fahrzeug schwer beschädigte.

Die Erstbehörde holte zur Klärung des Unfallherganges das Gutachten eines kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen ein, der zunächst die Verhältnisse an Ort und Stelle feststellte und daraufhin sein Gutachten erstellte. In diesem Gutachten wurden die auf Grund der Fahrbahnbeschaffenheit und der Nässe möglichen Kurvengrenzgeschwindigkeiten errechnet sowie jene Geschwindigkeiten, bei denen es dem Berufungswerber noch sicher möglich gewesen wäre, das Fahrzeug zu beherrschen und die Fahrgeschwindigkeit sicher abzubremsen. Der Sachverständige legte auch klar, warum bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h das Fahrzeug nicht mehr auf der Fahrbahn gehalten werden konnte und er zeigte in der Abbildung 2 auch den genauen Schleuderverlauf des nunmehrigen Berufungswerbers auf, der sich mit der Unfalldarstellung der Gendarmerie deckt.

Die Erstbehörde hat sich bei ihrer Entscheidung ausdrücklich (und nicht bloß stillschweigend, wie dies in der Berufung behauptet wird) auf dieses Gutachten gestützt und zum Bestandteil der Begründung des angefochtenen Bescheides erklärt.

In diesem Gutachten ist der Unfallverlauf klar und deutlich dargestellt und schlüssig und nachvollziehbar begründet, mit welchen Geschwindigkeiten diese Kurvenkombination gefahrlos durchfahren werden könnten und weiters - abgestuft - mit welchen Geschwindigkeiten dies gerade noch möglich ist. Alle relevanten Fragen werden in diesem Gutachten ausführlich beantwortet.

Dieses Gutachten stellt somit eine taugliche Entscheidungsgrundlage für das angefochtene Straferkenntnis dar.

4.3. Diesen Ausführungen ist der Berufungswerber lediglich mit Behauptungen, nicht aber mit einem Gegengutachten entgegen getreten. Nach herrschender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann jedoch an sich schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen jedenfalls nicht mit laienhaften Äußerungen in wirksamer Weise entgegnet werden (VwGH vom 23.1.1991, 90/03/0051, 20.2.1992, 91/09/0154, 31.1.1995, 92/07/0188 u.a.).

Auch mit der Behauptung, die im Protokoll angegebene Fahrgeschwindigkeit von 90 km/h entspreche nicht seinen Angaben, kann nicht zum Erfolg führen, weil aus der Lebenserfahrung bekannt ist, dass die ersten Angaben eines Beschuldigten die glaubwürdigeren sind (siehe hiezu VwGH vom 15.3.1994, 92/11/0278 u.a.).

Überdies ist die Angabe in der Berufung, er hätte vielmehr von "85 bis 90 km/h" gesprochen, ebenso wenig geeignet, das Gutachten in Zweifel zu ziehen, weil der Sachverständige in seinem Gutachten ausführte, dass bei der letzten Kurve mit dem Radius von 75 m bereits bei einer Geschwindigkeit von knapp 80 km/h das Fahrzeug zu schleudern beginnt. Dass aber die überhöhte Fahrgeschwindigkeit der Grund für das Schleudern und Abkommen von der Straße ist, kann wohl nicht ernsthaft bezweifelt werden.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. In Anbetracht der vorliegenden rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ist unter den gegebenen gefährlichen Verhältnissen die Strafe keinesfalls überhöht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 600 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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