Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107031/6/Ki/Ka

Linz, 13.07.2000

VwSen-107031/6/Ki/Ka Linz, am 13. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des V, vom 30.5.2000, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 15.5.2000, VerkR96-10947-1999 Sö, wegen einer Übertretung des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30.6.2000, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 140,00 Schilling (entspricht  10,17 Euro), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

Zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit Straferkenntnis vom 15.5.2000, Zl. VerkR96-10947-1999 Sö, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe als die vom Zulassungsbesitzer (Fa. R) des PKW mit dem Kennzeichen namhaft gemachte Auskunftsperson der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. auf ihr schriftliches Verlangen vom 21.10.1999 nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt, wer das oa. Kraftfahrzeug am 31.7.1999 um 13.01 Uhr in Österreich auf der A9 bei km.40,986 in Fahrtrichtung Sattledt gelenkt hat. Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 700 S verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 70 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 30.5.2000 Berufung mit dem Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen; dies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge. In eventu wird die Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG oder die Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß im Sinne des § 20 VStG angestrebt.

In der Begründung wird ausgeführt, dass die angelastete Rechtsnorm des § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 dem ordre public der Bundesrepublik Deutschland widersprechend bzw fremd sei. Insoweit der Bescheidspruch mit der Bescheidbegründung widersprechend und sohin in sich widersprüchlich sei, wäre bereits aus diesem Grunde das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit behaftet.

In konkreter Form habe nicht der geringste Anlass bestanden, eine Gesetzesverletzung im Sinne der angelasteten Bestimmung zu begehen. Als normenkonformen Rechtsbürger wäre es aber als unredlich und unrichtig erschienen einen X-beliebigen namhaft zu machen, ohne tatsächlich dessen sicher zu sein, dass derjenige der tatsächliche Fahrzeuglenker gewesen wäre. Es wäre in der konkreten Situation erforderlich gewesen, entweder - wider besseres Wissen - sich selbst einer strafbaren Handlung zu bezichtigen - sohin anzugeben, dass man selbst der Fahrzeuglenker war - oder eine Drittperson der Lenkereigenschaft zu bezichtigen, obwohl man weiß, dass diese Person nicht der tatsächliche Fahrzeuglenker war. Durch die im Verfassungsrang stehende österr. gesetzliche Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG sei gefordert, dass ein selbst normenkonformer/normengetreuer Normadressat zur Vermeidung einer eigenen Strafbarkeit wissentlich unrichtige Behauptungen gegenüber der Behörde tätigt, um sich selbst nicht strafbar zu machen. Eine derartige Vorgangsweise, nämlich Bezichtigung einer anderen Person im Sinne einer allenfalls strafrechtlich relevanten Verleumdung gemäß § 297 StGB könne von keinem normengetreuen Staatsbürger gefordert noch verlangt werden.

Mit der Ordnungsvorschrift des § 103 Abs.2 sei strafbares Verhalten im Sinne des Gesetzes nicht alleine beschrieben. Strafbar werde ein derartiges Verhalten erst in Verbindung mit einer Missachtung der Pflichten des Zulassungsbesitzers. Eine Zuwiderhandlung gegen die Pflichten sei dem Bw allerdings nicht zum Vorwurf gemacht worden.

Wäre mit der Lenkererhebung auch ein entsprechendes Grunddelikt bereits konkretisiert und individualisiert bekannt gegeben worden, wäre eine leichtere Individualisierung des allfälligen tatsächlichen Fahrzeuglenkers möglich gewesen. Eine Vorgangsweise ohne konkrete Bekanntgabe des tatsächlich angelasteten Deliktes sei der deutschen Rechtsordnung fremd und nach dieser unzulässig.

Aus der Formulierung sei für einen ausländischen Normadressaten nicht erkennbar, wann eine genaue oder unvollständige Auskunft nunmehr konkret vorliegen solle, was sohin konkret als ungenau und unvollständig im Sinne der Gesetzesbestimmung zu betrachten sei. Ebenso wenig sei klargelegt, was unter einem Verweigern der Auskunft zu verstehen sei. Diese Rechtsbelehrungen würden keinerlei Hinweis darüber enthalten, dass man sich auch dann strafbar mache, wenn man nicht binnen 14 Tagen ab Zustellung eine gesetzeskonforme Auskunft erteile. In diesem Sinne sei das Auskunftsbegehren der Behörde als unzureichend und sohin rechtswidrig anzusehen. Für einen Bürger der BRD sei sohin in keiner Art und Weise erkennbar gewesen, dass er mit seinem Schreiben einen objektiven Straftatbestand im Sinne der angelasteten gesetzlichen Bestimmungen erfülle und sich somit strafbar mache.

Gemäß § 2 Abs.2 VStG sei eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen, oder wenn der zum Tatbestand gehörige Erfolg im Inland eingetreten sei. Konkret habe der Täter nicht im Inland gehandelt und er hätte auch nicht im Inland handeln sollen. Die Lenkererhebung sei an seine deutsche Adresse in der BRD übermittelt worden. Er hätte daher dort handeln und dort der Auskunftspflicht nachkommen sollen. Auch sei der zum Tatbestand gehörige Erfolg nicht im Inland eingetreten. Die vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) diesbezüglich vertretene Rechtsansicht, Erfüllungsort der öffentlich rechtlichen Verpflichtung sei der Ort, an dem die geschuldete Handlung vorzunehmen sei, somit der Sitz der anfragenden Behörde, sei sohin von der Rechtslage nicht gedeckt, da dem Territorialprinzip widersprechend. Die Judikatur habe sich zur Rechtsprechung des Wiener Parkometergesetzes entwickelt und könne auf § 103 Abs.2 nicht umgelegt werden. Eine generelle Umsetzung auf Staatsbürger der BRD, die möglicherweise noch nie österr. Staatsgebiet betreten haben, sei unzulässig. Die zitierte Erfüllungs- bzw Tatortjudikatur des VwGH stelle eine unzulässige Erweiterung des Territorialprinzipes dar und widerspreche dem Europäischen Gemeinschaftsrecht bzw stelle diese einen unzulässigen Eingriff in die Rechtssetzungsautorität eines anderen EU-Mitgliedstaates dar.

Trotz zwischen Österreich und der BRD bestehendem Zwangsvoll-streckungsabkommen betreffend Verwaltungsstrafdelikte werden auf § 103 Abs.2 KFG basierende Strafbescheide nicht zwangsvollstreckt, da eine derartige - der deutschen Rechtsordnung gänzlich widersprechende und fremde/unbekannte - Gesetzesbestimmung auf deutsche Staatsbürger nicht angewendet werden könne und dürfe.

Das Grunddelikt (Schnellfahrdelikt) stehe mit dem nunmehr in Verfolgung stehenden Delikt des § 103 Abs.2 KFG in Konnexität. Sollte das Grunddelikt tatsächlich nicht gesetzt worden sein, bestehe für die öffentliche Hand auch kein Rechtschutzinteresse für die Verfolgung des § 103 Abs.2 KFG. Im konkreten Fall sei kein Grunddelikt gesetzt worden und es bestehe auch kein Strafanspruch für das Delikt nach § 103 Abs.2 KFG. In diesem Zusammenhang wird der Einwand einer Fehlmessung erhoben und es wird zu diesem Punkt eine Reihe von Beweisanträgen gestellt.

Unter Verweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 15.9.1999, 99/03/0090, unterstellt der Rechtsmittelwerber der ursprünglichen Anfrage eine Gesetzeswidrigkeit. Mit diesem Erkenntnis wurde festgestellt, dass die Frage, wer das Fahrzeug gelenkt habe, nach dem Text der Anfrage unlösbar mit dem Tatvorwurf verbunden sei, dass dieser Lenker die höchstzulässige Geschwindigkeit überschritten habe. Eine Beantwortung der Frage, wer das Fahrzeug gelenkt habe, sei also notwendig damit verbunden, dass nach Auffassung des Befragten diesen Lenker der Tatvorwurf treffe. Eine Ermächtigung für eine derartige Fragestellung sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Abschließend wird eine Reihe von Milderungsgründen ins Treffen geführt und die verhängte Geldstrafe als überhöht bezeichnet.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung der - beantragten - mündlichen Berufungsverhandlung. An der Verhandlung nahm lediglich ein Rechtsvertreter für den Bw teil, Letzterer ist zur Verhandlung nicht erschienen. Die Behörde erster Instanz hat sich entschuldigt.

Der anwesende Rechtsvertreter verwies bei der Verhandlung auf das Berufungsvorbringen und erklärte dazu, dass er zum ausführlichen Berufungsvorbringen nichts weiteres vorzutragen habe, er könne auch keine Angaben bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten machen. Die Tatsache, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug vom Bw, wie aktenkundig, gemietet war, sei offensichtlich. Er könne auch keine Aussage darüber machen, ob sich der Rechtsmittelwerber bisher öfters in Österreich aufgehalten habe.

I.5. Resümierend wird nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Laut Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich (Verkehrsabteilung) hat der Lenker des PKW, am 31.7.1999 in einem bezeichneten Bereich der A 9 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten.

Eigentümer des PKW war die Fa. R GmbH, Linz, an welche die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zunächst eine entsprechende Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG erteilte. Von dem aufgeforderten Unternehmen wurde mitgeteilt, dass der nunmehrige Bw die entsprechende Auskunft erteilen könne.

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat daraufhin den Beschuldigten mit Schreiben vom 21.10.1999 als die vom Zulassungsbesitzer namhaft gemachte Person (Zulassungsbesitzer Fa. R GmbH) gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tage der Zustellung dieses Schreibens, schriftlich oder per Fernschreiber mitzuteilen, wer das Fahrzeug am angeführten Tatort und zur angeführten Tatzeit gelenkt bzw abgestellt habe. Er wurde darauf hingewiesen, dass, wenn keine fristgerechte schriftliche oder telegrafische Auskunft einlange, gegen ihn ein Strafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht eingeleitet werden müsse; das gleiche gelte auch für eine ungenaue oder unrichtige Auskunft. Ferner wurde ausgeführt, dass der Lenker des Kraftfahrzeuges - Kz.: angezeigt wurde, am 31.7.1999 um 13.01 Uhr, im Gemeindegebiet St. Pankraz, Pyhrnautobahn A9, km.40,986, Fahrtrichtung Kirchdorf/Kr., eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (Geschwindigkeitsüberschreitung) begangen zu haben.

Als Reaktion des Bw langte in der Folge am 10.11.1999 ein vom Rechtsvertreter erstellter Schriftsatz ein, mit welchem die Vollmacht bekannt gegeben wurde und überdies (Punkt II) Einspruch/Anträge ausgeführt wurde. Es wurde der Antrag gestellt, ein ordnungsgemäßes Verfahren einzuleiten bzw den gegenständlichen Akt an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als zuständige Rechtshilfebehörde zum Zwecke der Akteneinsicht durch den ausgewiesenen Rechtsfreund zu übermitteln. Die verlangte Auskunft selbst wurde nicht erteilt.

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat in der Folge erhoben, dass es sich bei dem in der Anzeige bezeichneten PKW tatsächlich um jenen mit dem Kz.: handelt. Dies wurde durch die Radarfotos belegt.

Dem Beschuldigten wurde dann der verfahrensgegenständliche Tatbestand zur Last gelegt und es wurde nach einer Stellungnahme des Bw letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG begeht, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

Dazu wird zunächst festgestellt, dass der Beschuldigte das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug gemietet hatte, dies wurde nicht bestritten. Als Mieter des Kraftfahrzeuges wäre er demnach zur Erteilung einer entsprechenden Auskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG verpflichtet gewesen. Als Tatsache steht auch fest, dass der Beschuldigte die von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. geforderte Auskunft nicht erteilt hat.

Zu dem umfangreichen Berufungsvorbringen, wird zunächst festgestellt, das der Oö. Verwaltungssenat, wie bereits mehrfach judiziert wurde, nicht übersieht, dass der deutschen Rechtsordnung eine vergleichbare Verpflichtung fremd ist, diese dort als grundrechtswidrig erachtet wird und dem entgegenstehende österr. Strafaussprüche in Deutschland auch nicht vollstreckt werden.

Die gegenständliche Verpflichtung ist aber durch österr. Verfassungsrecht gedeckt und es erachtet die Gestaltung dieser Verfassungsbestimmung der Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art. 6 MRK. Der VfGH hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welcher dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor. Inwieweit, wie auf Seite 3 des Berufungsschriftsatzes ausgeführt wurde, ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des Straferkenntnisses gegeben sein soll, ist für die erkennende Berufungsbehörde nicht ersichtlich.

Was die Problematik einer möglichen Durchbrechung des Anklageprinzips gemäß § 90 Abs.2 B-VG bzw. den durch eine Strafsanktion ausübenden Zwang zur Ablegung eines Geständnisses anbelangt, so liegt im Zusammenhang mit der gegenständlichen Gesetzesbestimmung kein Widerspruch vor. Die Benennung des Lenkers bildet letztlich die Basis für die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens. Demnach erfolgt im Stadium der Lenkererhebung durch die Namhaftmachung eines Lenkers eine unmittelbare Selbstbeschuldigung bzw eine Auslieferung einer nahestehenden Person in ein Strafverfahren noch nicht unmittelbar und es wird dadurch jedenfalls auch ein damit allenfalls nachfolgendes Strafverfahren gegen die namhaft gemachte Person nicht präjudiziert. Demnach scheinen mit der Verpflichtung keine Gegensätze zu den Grundsätzen der EMRK gegeben zu sein und es ist ein solcher Widerspruch im Sinne des VfGH-Erkenntnisses vom 29.9.1988, Zl. G 72/98 aus innerstaatlicher Sicht nicht unmittelbar festzustellen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint. In dieses Konzept müssen alle die österr. Straßen benützenden Fahrzeuge einbezogen werden können.

Dem Vorbringen, es wäre eine leichtere Individualisierung des allfälligen tatsächlichen Fahrzeuglenkers möglich gewesen, wenn mit der Lenkererhebung auch das entsprechende Grunddelikt bereits konkretisiert und individualisiert bekannt gegeben worden wäre, wird entgegengehalten, dass zwar nicht das Delikt schlechthin, jedoch der das Delikt bildende Sachverhalt im Aufforderungsschreiben dem Beschuldigten mitgeteilt wurde. Darüber hinaus ist laut Judikatur des VwGH die Kenntnis einer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung für die Verpflichtung des Zulassungsbesitzers (und wohl auch des weiteren Auskunftspflichtigen) dem Auskunftsverlangen der Behörde nachzukommen, nicht erforderlich (vgl. VwGH 20.4.1988, 88/02/0013). Das Vorbringen, strafbar werde ein derartiges Verhalten erst in Verbindung mit einer Missachtung der Pflichten des Zulassungsbesitzers, ist ebenfalls nicht begründet. Wie bereits dargelegt wurde, zielt die gegenständliche Rechtsvorschrift ausschließlich darin, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, dies gegebenenfalls auch unabhängig davon, welche Pflichten den Zulassungsbesitzer treffen.

Mit dem Vorbringen, es sei nicht erkennbar, wann eine ungenaue oder unvollständige Auskunft konkret vorliegen solle bzw was unter einem Verweigern der Auskunft zu verstehen sei, ist ebenfalls nichts zu gewinnen. Ungeachtet dessen, dass der Inhalt der Auskunft bereits gesetzlich determiniert ist, bedarf es für einen objektiv sorgfältigen Normunterworfenen wohl kaum subtiler Überlegungen dahingehend, was diese Begriffe bedeuten sollen. Im Übrigen ist ein Hinweis auf die Strafbarkeit im Aufforderungsschreiben erfolgt.

Zur Frage der Anwendung des Territorialprinzipes (§ 2 VStG) wird ausgeführt, dass laut Rechtsprechung des VwGH bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft als Tatort der Sitz der anfragenden Behörde als Ort der geschuldeten Handlung gilt (VwGH 14.6.1995, 95/03/0102). Demnach ist davon auszugehen, dass die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung der Auskunftsverweigerung als im Inland und nicht außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des österr. Verwaltungsstrafrechtes begangen worden ist. Den zu dieser Problematik aufgeworfenen Bedenken in der Berufung ist entgegenzuhalten, dass sich der staatliche Gebotsbereich in der Figur des Schutzprinzips auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen bezüglich solchen Verhaltens, dass sich gegen ein inländisches Rechtsgut richtet, erstreckt. Als Anknüpfungspunkt ist hier die Anmietung eines Kraftfahrzeuges des Bw im Bundesgebiet der Republik Österreich und die Verwendung des Kraftfahrzeuges, verknüpft mit einer damit begangenen Normverletzung und den damit begründeten Ingerenzfolgen gegenüber der österr. Rechtsordnung, heranzuziehen. Es wird in diesem Zusammenhang auch auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verwiesen, wonach dieser als nicht rechtswidrig erkannt hat, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (EGMR vom 11.11.1989, Zl.15226/89, ZVR. 2/1991 Nr. 23 der Spruchbeilage).

Zum Vorbringen im Zusammenhang mit der Konnexität zwischen Grunddelikt und einer Übertretung des § 103 Abs.2 KFG ist festzustellen, dass eine solche Konnexität im Lichte der Judikatur des VwGH nicht gegeben ist. Unabhängig davon, dass, wie bereits dargelegt wurde, die Kenntnis einer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung für die Verpflichtung des Zulassungsbesitzers nicht erforderlich ist, ist naturgemäß hinsichtlich des Grunddeliktes ein objektiver Nachweis vorerst nicht möglich. Um diesen führen zu können, ist eben das Institut der "Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG" normiert worden. Jedenfalls besteht insoferne ein Anknüpfungspunkt zu einem allfälligen Grunddelikt, als mit dem in der Verfügungsgewalt des Beschuldigten stehenden PKW eine, vom Landesgendarmeriekommando für Oö. angezeigte, Verwaltungsübertretung begangen worden sein könnte. Um diese Frage zu klären, war es eben erforderlich, dass die Behörde Nachforschungen hinsichtlich des Lenkers angestellt hat.

Aus diesem Grunde ist es im vorliegenden Falle nicht geboten, entsprechende Ermittlungen bzw Nachweise hinsichtlich einer allfälligen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zu führen, weshalb den diesbezüglich gestellten Beweisanträgen nicht nachgekommen wird.

Was den Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 15.9.1999, 99/03/0090 (Textierung der Lenkeranfrage) anbelangt, so wird festgestellt, dass der dort zugrundeliegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht ident ist. Konkret wurde im gegenständlichen Falle in keiner Weise bereits ein mit der Anfrage nach dem Lenker unlösbarer Tatvorwurf verbunden. Ausdrücklich wurde in der gegenständlichen Anfrage bloß festgestellt, dass der Lenker des Kraftfahrzeuges, L-4971 F, angezeigt wurde, eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung begangen zu haben. Keinesfalls wurde durch diese Formulierung dem Beschuldigten aufgetragen, Aussagen zum Tatvorwurf hinsichtlich des Grunddeliktes zu tätigen. Die angesprochene Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.

Zusammenfassend wird aufgrund der dargelegten Erwägungen festgestellt, dass der Strafvorwurf zu Recht besteht. Der zur Last gelegte Sachverhalt ist objektiv erwiesen und es sind auch in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) keinerlei Umstände hervorgekommen, welche den Bw entlasten würden. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass jemand, der ein Kraftfahrzeug in das Gebiet der Republik Österreich einbringt bzw der ein solches im Gebiet der Republik Österreich anmietet, nach objektiven Sorgfaltskriterien dazu verpflichtet ist, sich mit den entsprechenden geltenden Rechtsvorschriften vertraut zu machen. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum ist demnach im vorliegenden Falle auszuschließen.

I.7. Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) wird ausgeführt, dass bei dem gegebenen Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 30.000 S) die verhängte Geldstrafe äußerst milde bewertet wurde. In Anbetracht dessen, dass die verletzte Verwaltungsvorschrift vor allem dazu dient, dass Übertretungen der Verkehrsvorschriften auch in jenen Fällen wirkungsvoll geahndet werden können, in denen das Fahrzeug nicht angehalten werden konnte, ist sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen eine strenge Bestrafung dem Grunde nach geboten. Daher ist im vorliegenden Falle eine Herabsetzung der Geldstrafe trotz Vorliegen von Milderungsgründen nicht vertretbar. Die in der Begründung des Straferkenntnisses dargelegten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse blieben unwidersprochen und stehen dem Strafausmaß ebenfalls nicht entgegen.

Was das Vorbringen hinsichtlich Anwendung des § 21 VStG anbelangt, so ist Folgendes festzustellen:

Nach dieser Bestimmung kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Anwendung des § 21 VStG ist kumulativ an zwei Tatbestände geknüpft, nämlich einerseits, dass das Verschulden des Beschuldigten nur geringfügig sein darf und andererseits, dass die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Nur wenn beide Voraussetzungen gemeinsam erfüllt sind, ist die Anwendung des § 21 VStG zulässig. Im vorliegenden Fall mag es dahingestellt bleiben, inwieweit die Schuld des Bw im vorliegenden konkreten Fall so gering sein könnte, dass mit der Erteilung einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden könnte, ist doch nach hs. Auffassung das zweite Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Gerade Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit führen häufig zu Verkehrsunfällen mit gravierenden Folgen bzw Verletzungen der Rechtsgüter Leben und Gesundheit. Es ist daher im staatlichen Interesse, dass derartigen Verwaltungsübertretungen wirkungsvoll entgegengetreten werden kann. Dadurch, dass der Beschuldigte die Auskunft hinsichtlich des Lenkers verweigert hat, hat er das staatliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung der Verwaltungsübertretung geschädigt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Folgen der Tat unbedeutend sind, weshalb die Voraussetzungen des § 21 VStG nicht erfüllt sind.

Der Beschuldigte spricht ferner die Bestimmung des § 20 VStG an. Dazu muss festgestellt werden, dass diese Bestimmung im vorliegenden Falle keine Anwendung finden kann, zumal diese lediglich vorsieht, dass unter den dort bezeichneten Umständen die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann. In Anbetracht dessen, dass im § 134 Abs.1 KFG 1967 keine Mindeststrafe vorgesehen ist, ist die Bestimmung des § 20 VStG im vorliegenden Falle nicht anwendbar.

I.8. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Bw weder durch den Schuldspruch noch durch die verhängte Geldstrafe in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

§ 103 Abs.2 KFG - Problematik im Zusammenhang mit Staatsbürgern der BRD.