Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240104/2/Gf/Km

Linz, 27.04.1995

VwSen-240104/2/Gf/Km Linz, am 27. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der P.

C., ............, .........., vertreten durch RA Dr. M. K., ................., ............., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt ..... vom 16. November 1994, Zl. 101-4/9, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 1.000 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt .....

vom 16. November 1994, Zl. 101-4/9, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt, weil sie am 10.

Mai 1994 in Ausübung der Prostitution mit einem Kunden gewerbsmäßig Unzucht getrieben habe, ohne sich vor Aufnahme dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf einen Kontakt mit dem Virus LAV/HTLV III unterzogen zu haben; dadurch habe sie eine Übertretung des § 4 Abs. 2 des AIDS-Gesetzes, BGBl.Nr. 728/1993 (im folgenden: AIDS-G), begangen, weshalb sie gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 AIDS-G zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihr am 23. November 1994 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. Dezember 1994 - und damit rechtzeitig zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Tat aufgrund der Anzeige der Bundespolizeidirektion ....., der wiederum die Wahrnehmungen eines Zeugen sowie der einschreitenden Sicherheitsorgane zugrundeliegen, als erwiesen anzusehen sei und auch von ihr im Grunde nicht bestritten werde.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Rechtsmittelwerberin seien - weil diese entsprechende Angaben verweigerte - von Amts wegen zu schätzen gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Rechtsmittelwerberin vor, daß das angefochtene Straferkenntnis zum einen eine falsche Rechtsmittelbelehrung enthalte und zum anderen deshalb nicht hätte ergehen dürfen, weil in dieser Angelegenheit bei der Bundespolizeidirektion ..... ein Verfahren wegen Prostitution anhängig sei, dessen Ausgang eine Vorfrage für das gegenständliche Verfahren bilde.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Strafe beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt ..... zu Zl. 101-4/9; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung ein dementsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 AIDS-G begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper duldet oder solche Handlungen an anderen vornimmt, ohne sich vor Aufnahme dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion zu unterziehen.

4.2. Der Aussage des im Strafverfahren vor der belangten Behörde einvernommen Zeugen, wonach dieser mit der Beschwerdeführerin zum fraglichen Zeitpunkt einen Geschlechtsverkehr gegen Entgelt ausgeübt hat, sohin also der Tatbestand der Prostitution erfüllt wurde, wird mit der vorliegenden Berufung nicht mit einer sachlichen Entgegnung, sondern lediglich mit der pauschalen Behauptung widersprochen, daß vom Vorliegen der Prostitution deshalb nicht ausgegangen werden könne, weil insoweit noch der Ausgang des entsprechenden Verwaltungsstrafverfahrens bei der Bundespolizeidirektion ..... abgewartet werden müsse.

Dieser rein formale Einwand ist aber schon deshalb nicht geeignet, die mangelnde Strafbarkeit der Berufungswerberin zu erweisen, weil es nach der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Bestimmung des § 38 AVG der Behörde von vornherein - wenn auch unter dem Risiko einer Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG - zukommt, auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden zu entscheiden sind, eigenständig zu beurteilen.

Mangels substantieller Entgegnung der Berufungswerberin findet sohin auch der Oö. Verwaltungssenat keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß die im Verfahren vor der belangten Behörde abgelegte Zeugenaussage den Tatsachen entspricht.

Dazu kommt, daß es sich bei der Beschwerdeführerin um eine amtsbekannte Prostituierte handelt (vgl. VwSen-230362 v. 20.

Oktober 1994 und VwSen-230374 v. 16. Dezember 1994).

Indem der Rechtsmittelwerberin aufgrund früherer Behördenverfahren die Vorschriften des AIDS-G bekannt sein mußten und sie es dennoch unterließ, sich einer entsprechenden amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, hat sie die ihr zur Last gelegte Übertretung somit offensichtlich vorsätzlich begangen.

4.3. Nach § 21 Abs. 1 VStG hat die Behörde lediglich dann von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn sowohl das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist als auch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Im gegenständlichen Fall kann angesichts der vorsätzlichen Begehungsweise weder von einem geringfügigen Verschulden noch - wenn man die allgemein bekannten gravierenden Konsequenzen einer möglichen AIDS-Infektion in Betracht zieht - von unbedeutenden Folgen der Tat die Rede sein. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe sind daher nicht gegeben.

4.4. Der von der belangten Behörde vorgenommenen Schätzung ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: 15.000 S) ist die Berufungswerberin nicht entgegengetreten. Angesichts des Vorliegens von - wenn mit Blick auf den gegenständlichen Tatvorwurf auch nicht einschlägigen - Vorstrafen ist die belangte Behörde sohin auch zu Recht davon ausgegangen, daß der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht vorliegt.

Unter diesen Umständen kommt der Oö. Verwaltungssenat daher zu der Auffassung, daß die belangte Behörde das ihr im Zuge der Strafbemessung zukommende Ermessen nicht gesetzwidrig ausgeübt hat, wenn sie eine ohnedies bloß im untersten Zwanzigstel des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe als gleichermaßen tat- und schuldangemessen zu verhängen gefunden hat.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. insgesamt 1.000 S, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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