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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107102/2/Br/Bk

Linz, 03.08.2000

VwSen-107102/2/Br/Bk Linz, am 3. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems, vom 6. Juni 2000, Zl. VerkR96-11439-1999, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird

wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 32 Abs.2 und § 33 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsver-fahrensgesetz 1991, BGBl.Nr.51, idF BGBl.Nr.161/1999 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 158/1998 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Dem Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems der Einspruch vom 3.3.2000 - bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems am 8.3.2000 eingelangt - zurückgewiesen.

Begründend geht die Behörde erster Instanz offenbar von einer durch Hinterlegung der eingeschriebenen Sendung bewirkten Zustellung aus.

1.1. In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung teilte der Berufungswerber sinngemäß mit, dass er "keinen rechtskräftigen Bescheid" der Behörde erster Instanz erhalten habe. Ebenfalls rügt er den Umstand, dass auf seinen "Widerspruch" vom 15. März 2000 (gemeint wohl 18. März 2000) erst ein viertel Jahr später Bezug genommen worden sei.

1.2. Wie dem Inhalt des "Einspruches" abgeleitet werden kann, wurde dem Berufungswerber vermutlich im Zuge eines Vollstreckungsversuches die mit der Strafverfügung vom 30. November 1999 wider ihn ausgesprochenen Strafe, erstmals evident.

2. Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich, dass dem Berufungswerber mittels eingeschriebener Postsendung vom 7.12.1999 die Strafverfügung zuzustellen versucht wurde, wobei dieses Schriftstück von der deutschen Post an die Behörde erster Instanz mit dem Vermerk "nicht behoben" am 20.12.1999 rückgeleitet wurde.

2.1. Auf das Schreiben des Berufungswerbers vom 3.2.2000, teilte die Behörde erster Instanz diesem mit, dass die Strafverfügung bei "seinem Postamt" vom 9.12.19999 bis zum 20.12.1999 zur Abholung hinterlegt worden sei, von ihm jedoch nicht abgeholt worden wäre. Eine Kopie der Strafverfügung wurde ihm anlässlich dieser Gelegenheit mitübermittelt.

Erhebungen über nähere Umstände des Unterbleibens der Behebung der Sendung wurden von der Behörde erster Instanz offenbar nicht getätigt.

In Beantwortung dieses Schreibens, welches eingangs "als Widerspruch" gegen die Strafverfügung bezeichnet wurde, teilte der Berufungswerber inhaltlich mit, dass er auf dem besagten Autobahnabschnitt nicht schneller als 130 km/h unterwegs gewesen sei und es dafür Zeugen gebe. Dies habe er auch den Gendarmen gesagt.

2.1.1. In weiterer Folge wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems ein Strafvollzugsersuchen an den Innenminister des Landes B gerichtet.

Auf dieses wurde vom Landratsamt des Landkreises O letztlich dahingehend reagiert, dass an die Behörde erster Instanz die Frage gestellt wurde, wann ein Antwortschreiben auf das letzte Schreiben des Berufungswerbers vom 18.3.2000 erfolgt sei. Als Frist für eine Antwort wurde der 14.7.2000 vorgemerkt.

In weiterer Folge erließ die Behörde erster Instanz den hier fristgerecht angefochtenen Bescheid.

3. Schon aus der Aktenlage ergibt sich, dass von einem faktischen Zukommen (in Besitz gelangen) der Strafverfügung mit der von der Behörde erster Instanz angenommenen Sendung bzw. zu dem von der Behörde grundgelegten Zeitpunkt nicht ausgegangen werden kann. Vielmehr steht unzweifelhaft fest, dass der Berufungswerber die Strafverfügung physisch jedenfalls im Dezember 1999 nicht erhalten haben konnte, da sich offenbar das Original auch gegenwärtig noch immer in dem versendeten und wegen der nicht erfolgten Behebung wieder rückgelangten Kuvert befindet. Letzteres findet sich zwar geöffnet und mit Klammern versehen im vorgelegten Akt der Behörde erster Instanz. Der Sendung lässt sich auch kein Hinweis auf eine persönlich und mit Zustellnachweis zuzustellende Sendung entnehmen.

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

4.1. Gemäß § 11 Abs. 1 Zustellgesetz (kurz: ZustellG) sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Österreich hat in diesem Zusammenhang einen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, abgeschlossen.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 dieses Vertrages leisten die Vertragsstaaten in öffentlich-rechtlichen Verfahren ihrer Verwaltungsbehörden, in österreichischen Verwaltungsstraf- und in deutschen Bußgeldverfahren, soweit sie nicht bei einer Justizbehörde anhängig sind, ferner in Verfahren vor den österreichischen Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den deutschen Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Maßgabe dieses Vertrags Amts- und Rechtshilfe.

Nach Art. 10 Abs. 1 des Vertrages werden Schriftstücke in Verfahren nach Artikel 1 Abs.1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen ,,Eigenhändig'' und ,,Rückschein'' zu versenden.

Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstücks nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

In der Regierungsvorlage zu diesem Vertrag wird in den Erläuterungen zu Art. 10 leg. cit. u.a. ausgeführt, diese Bestimmung lege fest, dass eine direkte Postzustellung zwischen den beiden Staaten zulässig sei; dabei sei nach den Vorschriften des Weltpostvertrages vorzugehen. Die Zustellung könne mit oder ohne Zustellnachweis erfolgen. Sei eine Zustellung mit Zustellnachweis erforderlich, so sei die Zustellung mit eingeschriebenen Brief im Sinne des Weltpostvertrages zu bewirken (vgl. 740 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVII. GP., S. 8).

Die Behörde erster Instanz stützte ihre Annahme der Zustellung der Strafverfügung an den Berufungswerber durch Bereithaltung der eingeschriebenen Postsendung beim Wohnsitzpostamt in der Bereithaltung zur Abholung laut Postamtsvermerk.

Darauf lässt sich jedoch weder aus dem den Verwaltungsakten zugrunde liegenden o.a. Vermerk des Postamtes, keinesfalls jedoch ohne entsprechende ergänzende Ermittlungen schließen. Von der Behörde erster Instanz wurden diesbezüglich keine weiteren Ermittlungen angestellt.

Offenbar verkennt die Behörde den Umstand, dass die Bereithaltung einer persönlich zuzustellenden Sendung mittels einer eingeschriebenen Postsendung im Ausland nicht als Zustellfiktion des § 17 Abs.3 ZustellG qualifizierbar ist (vgl. VwGH 22.10.1999, 99/02/0171).

Die Behörde hätte die Zustellung allenfalls im Rechtshilfeweg zu veranlassen gehabt, wobei die sogenannte Niederlegung dann bewirkt hätte, wenn der Zustellungsempfänger am Zustellort eine Wohnung hat, die er tatsächlich bewohnt.

Hier kann von einer Zustellung per eingeschriebener Postsendung vom 7.12.1999 nicht ausgegangen werden, wobei hier hinzuweisen ist, dass die Zustellung der Strafverfügung letztlich in der Übermittlung des Schreibens vom 13. März 2000 als bewirkt erachtet werden könnte. Mit diesem Schreiben gelangte sie doch tatsächlich erstmals in die Hände des Berufungswerbers.

Dem darauf am 18. März 2000 an die Behörde erster Instanz folgenden Schreiben des Berufungswerbers könnte letztlich auch ein fristgerecht dagegen erhobener Einspruch erblickt werden.

Sollte die Behörde erster Instanz zu dieser Auffassung gelangen, logische Überlegungen könnten zu dieser Ansicht führen, wäre der Weg für das ordentliche Ermittlungsverfahren offen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

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