Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107115/8/Br/Bk

Linz, 05.09.2000

VwSen-107115/8/Br/Bk Linz, am 5. September 2000

DVR. 069039

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 13. Juni 2000, VerkR96-12838-1999-K, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach der am 5. September 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, als dem Spruch die Wortfolge .....,"indem Sie den Schutzweg ohne anzuhalten überquerten." anzufügen ist.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - AVG § 19, § 24§ 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. I. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.I. Nr. 26/2000 - VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 160 S (entspricht 11,63 € - 20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit o.a. Straferkenntnis dem Berufungswerber eine Geldstrafe von 800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden auferlegt, weil er am 15.9.1999 um 07.47 Uhr den Pkw mit dem Kz. im Ortsgebiet von Traun auf der Weidfeldstraße in Richtung Traun gelenkt habe, wobei er auf Höhe der VS-Dionysen, zwei am Gehsteig vor dem dortigen Schutzweg stehenden Kindern, welche diesen erkennbar benützen wollten, nicht das ungehinderte Überqueren ermöglicht habe.

1.1. Inhaltlich stützte die Behörde erster Instanz ihre Entscheidung im Ergebnis auf die auf dienstlicher Wahrnehmung beruhende Anzeige eines die Schulwegsicherung durchführenden Gendarmeriebeamten des GP Traun. Die Strafzumessung wurde ohne nähere Feststellungen auf § 19 VStG gestützt.

2. In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber zur besagten Zeit am genannten Ort unterwegs gewesen zu sein. Als Beweis dafür legt er eine Bestätigung über einen Geschäftstermin um 08.15 Uhr bei der Firma in A in der Nähe von P vor. Im Übrigen vermeinte er, dass im Morgenverkehr die Wegstrecke von Traun bis (nächst P) innerhalb des Zeitfensters von 07.47 Uhr bis 08.15 Uhr nicht zurückgelegt werden könnte.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der Bestreitung des Tatvorwurfes zur Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK intendierten Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land anlässlich der Berufungsverhandlung. Im Verlaufe dieser Verhandlung wurde der Meldungsleger RevInsp. E als Zeuge und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Ergänzend wurde noch Beweis erhoben durch eine Errechnung der Fahrzeit von Traun nach Perg mittels sogenannten PC-Routenplaner und durch Beischaffung des Einsatz- und Dienstplanes des Meldungsleger betreffend den 15. September 1999.

5. Folgender Sachverhalt war daher als erwiesen anzusehen:

5.1. Auf Grund des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens muss davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber zur fraglichen Zeit mit dem ihm zur Verfügung stehenden Firmenfahrzeug an der genannten Örtlichkeit unterwegs war. Der Meldungsleger versah am genannten Schutzweg Verkehrsüberwachung und konnte beobachten als, während bereits zwei Kinder vor dem Schutzweg am Gehsteig das Überqueren abwarteten, dieses Fahrzeug mit etwas verlangsamender Geschwindigkeit aus etwa 50 km/h heraus den Schutzweg überquerte. Dabei vermochte der Meldungsleger einerseits das Kennzeichen, sowie die Fahrzeugfarbe und Fahrzeugtype ablesen. Ebenfalls konnte er das Alter des Fahrzeuglenkers mit etwa 35 bis 40 Jahre einschätzen. Der Fahrzeuglenker war während der Vorbeifahrt sichtlich bemüht, mit dem offenbar bereits im Zuge der Annäherung aus mehr als 30 m ansichtig gewordenen Meldungsleger und ebenso der vor dem Schutzweg stehenden Kinder, einen Blickkontakt zu vermeiden. Aus diesem Grunde war letztlich auch die Anhaltung nicht möglich.

5.2. Dem Berufungswerber vermochte in seiner Verantwortung nicht gefolgt werden. Insbesondere ist gerade der Hinweis und die Bestätigung des Termins um 08.15 Uhr an einer ca 36 km entfernten Örtlichkeit kein Beweis für einen Tatausschluss. Das Gegenteil ist in Verbindung mit der Fahrzeugidentifizierung und der Beschreibung des Lenkers vielmehr der Fall. Grundsätzlich kann die Fahrstrecke von Traun bis A, welche ca. 36 km beträgt in einer halben Stunden bewältigt werden. Somit ist der Termin um 08.15 Uhr vielmehr als Indiz für eine gebotene Eile zu sehen, wobei die Bestätigung gerade nicht belegt, dass der Berufungswerber nun den Termin um 08.15 Uhr auch tatsächlich pünktlich erreicht hat.

Der Meldungsleger legte ferner in sehr anschaulicher Weise dar, dass ein Irrtum im Kennzeichen schon angesichts der beiden "8" und der Buchstabenkombination "K" - wie die übliche Kurzbezeichnung für "Krankenhaus", auszuschließen ist. Um letztlich noch einen allfälligen Irrtum in der Bezeichnung des Vorfallstages in der Anzeige auszuschließen, wurde im Verlaufe der Berufungsverhandlung auch noch der Dienst- und Einsatzplan des GP Traun vom Vorfallstag eingeholt, woraus sich ergibt, dass der Meldungsleger tatsächlich zur Schulwegsicherung eingeteilt war. Aus diesem Grunde ist ein Irrtum im Ablesen des Kennzeichens oder eine Verwechslung der Tatzeit so gut wie auszuschließen. Schließlich wird dem straßendiensterfahrenen Meldungsleger durchaus zugemutet, dass er den Sachverhalt, welchen er aus einer Entfernung von nur 10 m wahrnahm, in zutreffender Weise einschätzen vermochte und die Anzeige dementsprechend abfasste.

Die Tatbegehung ist aus diesen Überlegungen in einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen anzusehen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

6.1. Der § 9 Abs.2 StVO lautet: Der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, hat einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten. In gleicher Weise hat sich der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, vor einer Radfahrerüberfahrt zu verhalten, um einem Radfahrer, der sich auf einer solchen Radfahrerüberfahrt befindet oder diese erkennbar benützen will, das ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.

Die zit. Bestimmung in der Fassung der 19. Novelle hat eine Verschärfung zum Schutz der Fußgänger dadurch erfahren, als bereits bei der bloßen Erkennbarkeit der Überquerungsabsicht dies vom Fahrzeuglenker ungehindert zu ermöglichen ist. Für den Fahrzeuglenker, insbesondere KFZ-Lenker, bedeutet diese Vorschrift zunächst die Pflicht zur Beobachtung des Geschehens nicht nur auf, sondern auch seitlich neben dem Schutzweg, dann die Pflicht zur Temporeduktion, allenfalls zum Anhalten, um den Fußgängern, die den Schutzweg erkennbar benützen wollen, die Überquerung zu ermöglichen. Dabei müssen Lenker auch auf die äußeren Umstände (wie Fahrbahnbeschaffenheit, Sicht u.dgl.) Bedacht nehmen (Stolzlechner, in ZVR, Heft 12, Dez.1994, S 357). Weil hier einerseits keine ausreichende Geschwindigkeitsreduzierung in der unmittelbaren Annährungsphase erfolgte und letztlich auch nicht angehalten wurde, ist diese Schutznorm verletzt worden.

6.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2.1. Da insbesondere die Missachtung der Vorschriften am Schutzweg ein besonders hohes Unfallrisiko darstellt und dies hier, indem es sich bei den Betroffenen um Kinder handelte, eine zusätzlich unrechtsspezifische Komponente erfährt, muss die verhängte Geldstrafe angesichts des gut durchschnittlichen Einkommens und trotz der bestehenden Sorgepflichten des Berufungswerbers für zwei Kinder als sehr milde qualifiziert werden. Dieses Strafausmaß steht vielmehr in keinem sachlichen Einklang mit anderen Übertretungstatbeständen - etwa Geschwindigkeitsüberschreitungen - deren objektiver Unwertgehalt vielfach unvergleichbar unbedeutender ist. Die Strafbemessung war daher trotz des offenbar zu Unrecht nicht zuerkannten Milderungsgrundes und trotz fehlender Annahmen objektiver Strafzumessungsaspekte seitens der Behörde erster Instanz nicht zu korrigieren. Schließlich muss diesem Fehlverhalten auch ein überdurchschnittlicher Schuldgehalt zugedacht werden, weil offenbar trotz der bereits vor dem Schutzweg wahrgenommenen Kinder vom Lenker nicht angehalten wurde.

Die Spruchergänzung diente der Tatbildpräzisierung iSd § 44a Z1 VStG, wobei jedoch schon aus der Anzeige unzweifelhaft hervorging, welches Verhalten dem Berufungswerber zur Last gelegt wurde. Somit bestand weder die Gefahr wegen dieses Verhaltens ein weiteres Mal verfolgt zu werden, noch konnte eine Einschränkung, sich auf den Tatvorwurf umfänglich verteidigen zu können, bestanden haben.


Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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