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VwSen-107122/4/SR/Ri

Linz, 01.02.2001

VwSen-107122/4/SR/Ri Linz, am 1. Februar 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des J H, Sweg , D-G-L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von L-L vom 30.5.2000, Zl.: VerkR96-4386-2000-Hu, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (im Folgenden: KFG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Kostenanspruch hat zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z2, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:

" Sie haben, wie anlässlich einer am 31.01.2000 um 10.00 Uhr auf der Autobahn A, am Parkplatz P6, in Richtung S, durchgeführten Zollkontrolle festgestellt wurde, als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, Kz. (D) Sattelzugfahrzeug) und Kz. (D) (Sattelanhänger), auf der Fahrt keine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitgeführt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.§ 102 Abs.5 lit.g u. § 134 Abs.1 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich gemäß §

ist, Ersatzfreiheitsstrafe

von

1.) 500,00 24 Std. 134 Abs. 1 KFG 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

50,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 550,00 Schilling.

550,00 Schilling (entspricht 39,97 Euro).´

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 30. Juni 2000 bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung. Das durchgeführte Ermittlungsergebnis hat kein Zustelldatum erbracht und daher war von der rechtzeitigen Berufungserhebung auszugehen.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass der Bw durch Nichtmitführen einer beglaubigten Abschrift der Gemeinschaftslizenz gegen § 102 Abs.5 lit. g KFG verstoßen habe, da auf Grund gewerberechtlicher Vorschriften für die Durchführung von Beförderungen die erforderlichen Dokumente mitzuführen und über Verlangen auszuhändigen sind.

2.2. Dagegen wendet der Bw ein, dass nicht der Lenker sondern der Halter Normadressat wäre.

3. Die Bezirkshauptmannschaft L-L hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und da aufgrund der Aktenlage bereits feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte die Verhandlung zu entfallen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

    1. Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten

Art. 3 (1)

Der grenzüberschreitende Verkehr unterliegt einer Gemeinschaftslizenz.

Art. 5 (4)

Die Gemeinschaftslizenz wird auf den Namen des Transportunternehmers ausgestellt. Sie darf von diesem nicht an Dritte übertragen werden. Eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz muss im Fahrzeug mitgeführt werden und ist den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

§ 23 Abs.1 GütbefG

Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer

Z8. unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist;

4.2.1. § 102 Abs. 5 KFG

Der Lenker hat auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen

g) auf Grund gewerberechtlicher Vorschriften für die Durchführung von Beförderungen oder von Leerfahrten erforderliche Dokumente,

4.2.2. § 134 Abs.1 KFG

Wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Abl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

4.3 Der Gesetzgeber wollte durch die Novelle des § 23 Abs.1 Z8 GütbefG sicherstellen, dass Verstöße gegen EU-Verordnungen über den Güterverkehr auf der Straße als Verwaltungsübertretungen nach dem GütbefG zu ahnden sind. Aufgrund bereits bestehender Strafbestimmungen betreffend Verstöße gegen EU-Verordnungen (z.B § 134 Abs.1 KFG) wurde § 23 Abs.1 Z8 GütbefG so gestaltet, dass diese Strafbestimmung nur für Übertretungen gegen jenes unmittelbar anwendbare EU-Recht, die nicht bereits nach anderen "besonderen Vorschriften" ahndbar sind (argum: "ausdrücklich auf Grund besonderer Vorschriften, etwa dem KFG 1967" - EB der RV zu Z 25 <§ 23 Abs.1 Z8 und 9>) zum Tragen kommt. Wie unter Punkt 4.2.2. ausgeführt, stellt § 134 Abs.1 KFG die Strafbestimmung für bestimmte Verstöße gegen ausdrücklich und erschöpfend angeführte Verordnungen (EWG) dar. Da diese Verordnungen (EWG) keine Regelungen über die "Gemeinschaftslizenz" treffen, kann § 134 Abs.1 KFG nicht als Strafbestimmung "auf Grund besonderer Vorschrift" betrachtet werden.

Eine Verwaltungsübertretung, die als Verstoß gegen die unmittelbar anzuwendende Verordnung (EWG) 881/92 zu qualifizieren ist, kann keinesfalls in eine gewerberechtliche Vorschrift im Sinne des § 102 Abs.5 lit.g KFG uminterpretiert und der Strafbestimmung des § 134/1 KFG unterstellt werden.

Nachdem die Behörde erster Instanz dem Bw das Nichtmitführen eines aufgrund einer gewerberechtlichen Vorschrift erforderlichen Dokumentes vorgeworfen hat, war mangels einer derartigen Vorschrift das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis waren dem Bw kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Gemeinschaftslizenz, gewerberechtliche Vorschrift

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