Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107128/3/WEI/Bk

Linz, 03.10.2000

VwSen-107128/3/WEI/Bk Linz, am 3. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des G gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 27. Juni 2000, Zl. VerkR 96-1198-2000, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 5 Abs 2 iVm § 99 Abs 1 lit b) StVO 1960 (BGBl Nr. 159/1960 idFd 20. StVO-Nov. BGBl I Nr. 92/1998) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 25.03.2000 um 14.40 Uhr den PKW, Kennzeichen , in St. Georgen/Gusen, auf der 1463 Gusental Straße bis zur Kreuzung mit der 1410 Lungitzer Straße gelenkt. Obgleich vermutet werden konnte, dass Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden, weigerten Sie sich am 25.03.2000 bis 15.20 Uhr vor dem Gendarmerieposten Mauthausen gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 5 Abs 2 und § 99 Abs 1 lit b) StVO 1960 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO" eine Geldstrafe von S 18.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 432 Stunden. Gemäß § 64 VStG wurde ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von S 1.800,-- (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 29. Juni 2000 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die am 12. Juli 2000 bei der belangten Behörde eingelangte, rechtsfreundlich vertretene Berufung, die am 11. Juli 2000 rechtzeitig zur Post gegeben wurde. Die Berufung strebt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens an.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Am 25. März 2000 ereignete sich um 14.40 Uhr auf der Gusental-Bezirksstraße im Ortsgebiet von St. Georgen/Gusen ein Auffahrunfall, da der Bw mit seinem KOMBI Kz. frontal gegen die Heckpartie des PKW, Kz. , stieß, dessen Lenker nach links in die Lungitzer Straße abbiegen wollte und deshalb sein Fahrzeug angehalten hatte. Durch die Kollision entstand Totalschaden an beiden Fahrzeugen und der Bw wurde wegen Verletzungen unbestimmten Grades mit der Rettung ins UKH Linz eingeliefert.

Über Ersuchen der Gendarmerie St. Georgen/Gusen wollten Beamte der BPD Linz um 15.20 Uhr im UKH Linz in der Frischverletztenaufnahme einen Alkotest mit dem Bw durchführen. Nach der erstatteten Anzeige der BPD Linz, Wachzimmer Schubertstraße, vom 25. März 2000 führte man mit dem Bw ein Vorgespräch und soll er in der Folge vier Mal zum Alkotest aufgefordert worden sein, weil nach den Angaben der diensthabenden Ärztin keine medizinischen Hinderungsgründe vorgelegen wären. Er habe den Alkotest mit der Bemerkung verweigert, dass er Schnupfen habe und daher nicht blasen könne. Daraufhin wurde er von der Anzeige informiert und die Amtshandlung um 15.30 Uhr für beendet erklärt. Im Protokoll zur Atemalkoholuntersuchung werden als Symptome Alkoholgeruch, gerötete Bindehäute und lallende Sprache genannt.

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. April 2000, zugestellt mit RSa-Brief am 21. April 2000, hat die belangte Behörde dem Bw angelastet, am 25. März 2000 um 14.40 Uhr den PKW, Kz. , gelenkt und um 15.20 Uhr im UKH Linz, Blumauerstraße 2 in der Frischverletztenaufnahme den Alkotest verweigert zu haben, obgleich vermutet werden konnte, dass er sich beim Lenken des Fahrzeuges in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befand. Mit der am 28. April 2000 eingebrachten Rechtfertigung wurde auf die Vorstellung vom 13. April 2000 im Verfahren zum Entzug der Lenkberechtigung verwiesen. In dieser wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bw wegen einer Stirnbeinfraktur mit Eröffnung der Stirnhöhlen und einer massiven Brustkorbprellung mit Bruch einer Rippe körperlich nicht in der Lage war, den Alkomaten zu beblasen. Die Behauptung, dass keine medizinischen Hinderungsgründe vorgelegen wären, sei unrichtig. Bezeichnenderweise werde der Name der diensthabenden Ärztin, die dies gesagt haben soll, nicht angeführt.

RI F und RI R wurden am 3. und 23. Mai 2000 von der BPD Linz im Rechtshilfeweg als Zeugen einvernommen. Sie bestätigten die Darstellung in der Anzeige. Den Namen der Aufnahmeärztin hätten sie aber nicht notiert. Sie konnte anlässlich einer Nachfrage bei Oberarzt Dr. M auch nicht mehr ausfindig gemacht werden.

Im angefochtenen Straferkenntnis folgte die belangte Behörde der Darstellung der Sicherheitswachebeamten der BPD Linz. Im Spruch wurde allerdings abweichend vom Akteninhalt angelastet, dass sich der Bw am 25. März 2000 bis 15.20 Uhr vor dem Gendarmerieposten Mauthausen gegenüber einem besonders geschulten und behördlich ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hätte, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt festgestellt, dass der angefochtene Schuldspruch schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs 2 StVO sind besonders geschulte und von der Behörde ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist nach § 5 Abs 3 StVO mit einem Alkomat vorzunehmen.

Nach § 5 Abs 4 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkohol untersucht werden soll (§ 5 Abs 2 StVO) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

Gemäß § 99 Abs 1 lit b) StVO idFd 20. StVO-Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe von S 16.000,-- bis S 80.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

wer sich bei Vorliegen der in § 5 StVO bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde zwar mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. April 2000 die Tat zeitlich und örtlich zutreffend angelastet, im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aber den Tatort der Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung fälschlicherweise mit dem Gendarmerieposten Mauthausen anstatt mit UKH Linz, Frischverletztenaufnahme, bezeichnet. In der Begründung werden der Tatort und die einschreitenden Beamten der BPD Linz wieder richtig bezeichnet. Für den Oö. Verwaltungssenat ist aber der Inhalt des Spruchs bindend. Er darf die darin vorgeworfene Tat, die insbesondere durch Zeit und Ort identifizierbar ist, nicht auswechseln. Eine Korrektur im Sinne der Aufforderung zur Rechtfertigung ist ihm von vornherein verwehrt. Der Tatort darf als wesentliches Tatbestandsmerkmal der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung auch dann nicht ausgetauscht werden, wenn damit nur ein der Strafbehörde unterlaufener Irrtum richtiggestellt wird (vgl VwGH 15.11.1994, 92/07/0139; VwGH 19.9.1996, 96/07/0002).

Im Hinblick auf die eindeutig falsche Tatortangabe war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, weil der Beschuldigte die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Tat jedenfalls nicht begangen hat.

5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht  181, 68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum