Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107130/9/Ki/Ka

Linz, 29.09.2000

VwSen-107130/9/Ki/Ka Linz, am 29. September 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dipl.-Ing. E Z, vom 26.7.2000, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10.7.2000, VerkR96-1672-1998-OJ/KB, wegen Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.9.2000, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 10.7.2000, VerkR96-1672-1998-OJ/KB, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 26.4.1998 zwischen 21.00 Uhr und 21.02 Uhr das Motorrad, Kz.: , in Linz, Landstraße, stadteinwärts und Bismarckstraße bis Bismarckstraße 11 gelenkt 1.) ohne sich vor Fahrtantritt zumutbar davon überzeugt zu haben, dass das Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht, da festgestellt wurde, dass das Rücklicht und das Bremslicht funktionslos waren und 2.) einen Fußgänger an der Kreuzung Landstraße - Bürgerstraße, der den Schutzweg erkennbar benützen wollte, nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht. Gemäß §§ 134 Abs.1 KFG 1967 bzw 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurden über ihn hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (EFS 12 Stunden) und hinsichtlich Faktum 2 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (EFS 24 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 150 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 26.7.2000 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und die Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.9.2000. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Beschuldigte im Beisein seines Rechtsvertreters sowie die beiden Meldungsleger, welche als Zeugen geladen waren, teil.

Bei der zeugenschaftlichen Befragung erklärten beide Meldungsleger, dass sie sich in Anbetracht des inzwischen verstrichenen Zeitraumes an den Vorfall nicht mehr erinnern konnten. Einer der beiden Meldungsleger erinnerte sich lediglich daran, dass es damals um eine defekte Schlussleuchte gegangen sein könnte.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

§ 51i VStG legt den Grundsatz der Unmittelbarkeit des (Berufungs-) Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat fest. Danach ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist.

Nachdem der Bw ausdrücklich eine mündliche Berufungsverhandlung beantragt hat, konnte § 51e Abs.2 Z3 VStG keine Anwendung finden, weshalb diese anzuberaumen und durchzuführen war.

Dem vorliegenden Straferkenntnis liegt eine Anzeige der beiden als Zeugen einvernommenen Meldungsleger zugrunde. Diese Meldungsleger konnten sich aber bei der mündlichen Berufungsverhandlung an den Vorfall nicht mehr bzw nur spärlich erinnern. Dies wird als durchaus glaubwürdig erachtet, zumal seit der vorgeworfenen Tatbegehung bereits mehr als zwei Jahre vergangen sind. Wie aus dem vorliegenden Verfahrensakt hervorgeht, wurden der Erstbehörde seitens der Gemeinde Puchenau mit Schreiben vom 30.7.1998 die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten mitgeteilt (ON 14). Erst am 10.7.2000 wurde dann das angefochtene Straferkenntnis erlassen (ON 15). Es ist somit durchaus verständlich, dass sich die Meldungsleger an den Vorfall nicht mehr erinnern konnten, dies insbesondere auch deshalb, da es sich in Anbetracht der vorliegenden Tatvorwürfe doch eher um eine Routineamtshandlung gehandelt hat.

Da aber ausschließlich die Aussagen dieser beiden Zeugen der Entscheidung zugrunde gelegt werden dürfen, können die im erstbehördlichen Verfahren erhobenen Schuldsprüche unter Berücksichtigung des oben dargelegten Grundsatzes der Unmittelbarkeit des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat durch die Berufungsbehörde nicht aufrecht erhalten werden.

Jedenfalls nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" war daher der Berufung schon aus diesem Grund Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens vor dem UVS