Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107138/3/SR/Ri

Linz, 27.09.2000

VwSen-107138/3/SR/Ri Linz, am 27. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Langeder, über die Strafberufung des B K, B., A gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von W-L vom 12. Juli 2000, VerkR96-3681-2000, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, d.s. 2.800 S (entspricht  203,48 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.3 Ziffer 2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2000 - VStG.

zu II.: §§ 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 21.05.2000 um 06.00 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der A W bei km im Gemeindegebiet von S in Fahrtrichtung S gelenkt, wobei Sie sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,68 mg/l befanden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften (jeweils in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) verletzt:

§§ 99 Abs.1a iVm 5 Abs.1 StVO 1960

Daher werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe: S 14.000,-- gem. § 99 Abs.1a StVO 1960

Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stellen die Ersatzfreiheitsstrafe.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu entrichten:

S 1.400,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 15.400,--. (=Euro 1.119,16)".

2. Gegen dieses dem Bw am 14. Juli 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26. Juli 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Strafberufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass der Bw die Tat vorsätzlich begangen habe und sich der erheblichen Alkoholisierung bewusst gewesen sei. Bei der Bemessung der Strafe sei auf § 19 VStG hinreichend Bedacht genommen worden. Straferschwerend sei die Höhe des Alkoholgehaltes, mildernd das Geständnis und die völlige Unbescholtenheit gewertet worden.

2.2. Dagegen bringt der Bw ua. vor, dass er die Tat nicht vorsätzlich sondern nur grob fahrlässig begangen habe. Dies deshalb, da er den Alkoholkonsum vom Vortag grob unterschätzt hätte und diesbezüglich sehr sorglos gehandelt habe. Bei der Bemessung der Strafe seien seine Schulden - 2 Millionen Schilling - und die damit verbundenen Rückzahlungen nicht berücksichtigt worden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft W-L hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung der Verhandlung beantragt hat, wurde von der Durchführung einer Berufungsverhandlung abgesehen.

3.2. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat am 20. Mai 2000 in der Zeit von 20.00 Uhr bis ca. 23.00 Uhr mehrere Halbe Bier getrunken und vor Fahrtantritt am 21. Mai 2000 ca. drei Stunden geschlafen. Im Bewusstsein der konsumierten Alkoholmenge und des vorliegenden Restalkohols hat der Bw das bezeichnete Fahrzeug in Betrieb genommen, am Tatort gelenkt und einen Verkehrsunfall verursacht.

Zum Kontrollzeitpunkt wies die Atemluft des Bw einen Alkoholgehalt von 0,68 mg/l auf.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Da im vorliegenden Verfahren der Bw mit einer Geldstrafe in der Höhe von 16.000 Schilling bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens die 6. Kammer des Oö. Verwaltungssenates zuständig.

4.2. § 5 Abs.1 StVO 1960: Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

§ 99 Abs.1a StVO: Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 12.000 S bis 60.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

4.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Die Behörde erster Instanz ist von vorsätzlicher Tatbegehung ausgegangen, da sich der Bw auf Grund seines Alkoholkonsums vor Fahrtantritt und der kurzen Schlafphase des Restalkoholgehaltes bewusst sein musste. Diese Ansicht entspricht der Rechtsprechung der Höchstgerichte. Wenn der Lenker vom Vortag noch Alkohol im Blut hatte und sich der Tatsache auch nicht recht bewusst war, kann ihn dies nicht entschuldigen (VwGH 10.1.1962, 846/61). Jedem Kraftfahrer mit durchschnittlicher Intelligenz müssen die Folgen des Restalkohols für den Blutalkoholgehalt bekannt sein.

Auch wenn man der Behörde erster Instanz bei der Feststellung des Ausmaßes des Verschuldens - (bedingter) Vorsatz - nicht folgen und sich der Verantwortung des Bw - grob fahrlässiges Verhalten - anschließen würde, könnte dies zu keiner Herabsetzung der Geldstrafe führen. Bei der Strafbemessung ist auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen. Im hier angeführten Grenzbereich - bedingter Vorsatz / grobe Fahrlässigkeit - ist kaum von einer unterschiedlich zu bemessenden Geldstrafe auszugehen. Darüber hinaus bedarf es keiner Feststellung eines bestimmten Verschuldensgrades, da § 19 Abs. 2 VStG keine Qualifizierung nach Verschuldensgraden verlangt, sondern lediglich eine Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens (VwGH 20.6.1990, 90/02/0098).

Die Strafbestimmung des § 99 Abs. (1a) StVO sieht eine Geldstrafe von 12.000 Schilling bis 60.000 Schilling und im Falle der Uneinbringlichkeit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen vor.

Der Bw hat den gesetzlich vorgegebenen Rahmenwert von 0,6 mg/l erheblich überschritten, da der Alkoholgehalt der Atemluft 0,68 mg/l betragen hat. Die Überschreitung des gesetzlichen Schwellenwertes ist schon im Hinblick darauf als erheblich zu qualifizieren, da der Gesetzgeber ab einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,8 mg/l eine Mindeststrafe von 16.000 Schilling vorgesehen hat. Da sich der festgestellte Alkoholgehalt der Atemluft ziemlich genau zwischen den gesetzlich vorgesehenen Grenzwerten befindet und die Geldstrafe ebenfalls in diesem Verhältnis zu den Mindeststrafen festgelegt wurde hat die Behörde erster Instanz ermessenskonform entschieden. Bei der Strafbemessung konnte als Milderungsgrund nur die Unbescholtenheit herangezogen werden. Auch wenn einem Geständnis grundsätzlich ein mildernder Umstand beizumessen ist, trifft dies hier jedoch nicht zu, da der Bw auf frischer Tat betreten worden ist und ihm auf Grund der vorliegenden Umstände nichts anderes übrig geblieben ist, als die Übertretung zuzugeben.

Dem vorgelegten Kontoauszug kann nicht der behauptete Schuldenstand und die verpflichtende monatliche Rückzahlung entnommen werden. Der "Neue Saldo Soll" ist mit 288.277 ATS ausgewiesen. Unter Bedachtnahme auf die nunmehrigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse und das Ausmaß der Tatschuld war eine Reduzierung der Geldstrafe nicht vertretbar.

Die festgesetzte Strafe trägt dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Eine Unterschreitung der Mindeststrafe im Zuge der außerordentlichen Strafmilderung konnte mangels beträchtlich überwiegender Milderungsgründe nicht vorgenommen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem einschlägigen Erkenntnis ausgesprochen hat, müssen dafür mehrere Voraussetzungen vorliegen, insbesondere die lediglich geringfügige Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwertes (VwGH 20.1.1993, 92/02/0280). Darüber hinaus bot der zu beurteilende Sachverhalt keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der ver-hängten Strafe, d.s. 2.800 S (entspricht  203,48 Euro) vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt