Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107157/2/BR/Rd

Linz, 17.08.2000

VwSen-107157/2/BR/Rd Linz, am 17. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. Juli 2000, Zl.: VerkR96-5764-2000-Pa/K, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 161/1999 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, §  51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 1.200 S und für den Nichteinbringungsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des KFZ mit dem Kennzeichen trotz schriftlicher Aufforderung der Bundespolizeidirektion Linz vom 18.4.2000, Zl. CSt 13272/LZ/00 am 18.5.2000 der Behörde eine unvollständige Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 4.3.2000 um 13.00 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.

2. Die Erstbehörde führte begründend im Wesentlichen aus, "eine vollständige Lenkerauskunft i.S.d. § 103 Abs.2 KFG liege nur dann vor, wenn Name und Anschrift des Lenkers mitgeteilt werde. Die Angabe der Stadt, in der der Lenker wohnhaft ist, reiche nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vollständigkeit der Angabe der Anschrift und damit der Lenkerauskunft insgesamt nicht aus (Hinweis auf VwGH 11.5.1990, 89/18/0177).

2.1. Dagegen wandte sich die Berufungswerberin mit der fristgerecht erhobenen Berufung. Sie verantwortet sich damit, dass sich die angebliche Lenkerin bei ihr nachweislich auf Urlaub befunden habe. Nach bestem Wissen und Gewissen habe sie die ihr verfügbaren Daten von der Lenkerin der Behörde mitgeteilt. Da die Lenkerin weder telefonisch erreichbar sei und ihr keine genauere Anschrift bekannt sei, könne gegen sie kein Schuldvorwurf erhoben werden.

Sie beantragt abschließend die Verfahrenseinstellung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte im Lichte des ergänzenden Ermittlungsergebnisses gemäß § 51e Abs.1 VStG unterbleiben.

4. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte mangels strittiger Tatsachen unterbleiben.

 

5. Folgender Sachverhalt gilt als erwiesen:

5.1. An die Berufungswerberin wurde ursprünglich von der Tatortbehörde (der Bundespolizeidirektion Linz) eine Anonymverfügung wegen Überschreitung einer nach § 52a Z10a StVO kundgemachten erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h durch den Lenker des von ihr gehaltenen Pkw zugestellt.

In Reaktion darauf, teilte sie mit Schreiben an die Bundespolizeidirektion Linz vom 6.4.2000 mit, dass sie, auf den fraglichen Zeitpunkt bezogen, den Pkw der Frau V aus B, geliehen habe.

Die Bundespolizeidirektion Linz übermittelte der Berufungswerberin in der Folge dann eine formelle Lenkeranfrage vom 18.4.2000, welche von der Berufungswerberin auf dem übermittelten Formular dahingehend beantwortet wurde, dass die Lenkerin, die vorher genannte Person gewesen sei. Als Adresse wurde lediglich "B" angegeben.

Die Bundespolizeidirektion Linz trat sodann das Verfahren unter Hinweis auf § 103 Abs.2 KFG nach § 29a VStG an die Wohnsitzbehörde ab.

Die Behörde erster Instanz erließ sodann gegen die Berufungswerberin am 14. Juni 2000 eine Strafverfügung wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG.

Diese wurde von der Berufungswerberin fristgerecht beeinsprucht. Im Ergebnis führt die Berufungswerberin auch schon im Einspruch aus, wie in weiterer Folge in der Berufung. Ergänzend vermeinte sie im Einspruch, dass sie sich wohl über den Besitz des Führerscheins überzeugt habe, sich jedoch nicht das Ausstellungsdatum aufgeschrieben habe. Um die Frist der Lenkerauskunft nicht zu versäumen, habe sie keine weiteren Daten als die von ihr angegebenen, mitteilen können. Zwischenzeitig habe sie jedoch die Lenkerin wieder erreichen können, deren Geburtsdatum 1 und die genaue Anschrift " B", laute.

Die Behörde erster Instanz ging auf diese Einspruchsangaben inhaltlich nicht mehr ein, sondern erließ ohne weitere Ermittlungsschritte das angefochtene Straferkenntnis.

5.1.1. Der Berufungswerberin vermag in ihrer Verantwortung dahingehend gefolgt werden, dass ihr zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage die genaue Adresse ad hoc nicht zugänglich wurde. Angesichts des als bekannt vorauszusetzenden Umstandes, dass eine Kontaktaufnahme mit einer im früheren Jugoslawien aufhältigen Person zumindest nicht mit dem österreichischen Standard gemessen werden darf, ist es daher nicht abwegig, sondern vielmehr durchaus glaubhaft, dass die Berufungswerberin vorerst keine exaktere Auskunft zu erteilen vermochte. Indem sie folglich diese Adresse tatsächlich noch binnen offener Verfolgungsverjährungsfrist nachreichen konnte, kann ihr auch nicht von einem Kalkül, den tatsächlichen Lenker bis zur Verfolgungsverjährungsfrist der Behörde vorenthalten zu wollen, ausgegangen werden, sodass an der vorerst nicht exakten Auskunftserteilung zumindest ein subjektiv vorwerfbares Fehlverhalten nicht angenommen werden kann.

6. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

6.1. Grundsätzlich stellt der Zweck der Lenkerauskunft auf die Verfolgung einer Übertretung der StVO ab, wobei die vollständige Auskunft letztlich noch weit innerhalb der offenen Verfolgungsverjährungsfrist zugänglich wurde und somit die Verfolgung der nun bekannten Lenkerin zumindest theoretisch noch immer möglich ist.

Die Judikatur spricht wohl davon, dass es der Behörde mit der erteilten Lenkerauskunft möglich sein muss, "ohne besonderen Aufwand" eine Zustellung vorzunehmen (vgl. hiezu h. Erk. vom 7.11.1996, VwSen-103735/2/Le/La und v. 6. Juli 1995, VwSen-102678/7/Fra/Ka).

Die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges durch den Wortlaut der jüngeren Judikatur, wonach dies "ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen möglich zu sein hat", schließt nicht aus, dass in bestimmten Fällen nicht auch geringfügige Abklärungen durch die Behörde offen bleiben dürfen (VwGH 24.2.1997, Zlen: 95/17/0187, 95/17/0461, 96/17/0005, unter Hinweis auf die Erkenntnisse 30.6.1993, 93/02/0109 und 29.9.1993, 93/02/0191). Dafür spricht nicht zuletzt der Gesetzeswortlaut, wonach "die Angaben des Auskunftspflichtigen die Behörde nicht entbinden, diese Angaben (auch) zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint.

Gleichzeitig ist es bei einem Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz auch möglich, an der Verletzung einer Vorschrift das Fehlen eines Verschuldens glaubhaft zu machen (VwGH 14. 01. 1994, 93/02/0197 unter Hinweis auf Erk. 18.1.1989, 88/03/0155).

In der von der Berufungswerberin vorgetragenen Verantwortung kann ein Fehlen eines Verschuldens als glaubhaft gelten.

Mit der Vorgangsweise der hier beteiligten Behörden, die sich je auf einem formalen Standpunkt zurückzogen und in Wahrheit kein in die Substanz gehendes Ermittlungsverfahren führte - auch die Tatschuld müsste letztlich von der Behörde nachgewiesen werden - wurde den durch § 25 VStG intendierten Grundsätzen kaum Rechnung getragen.

Da hier - wie sich aus der Aktenlage augenscheinlich ergibt - von einer subjektiven Tatschuld der Berufungswerberin zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgegangen werden kann, war der Berufungswerberin in ihrer Verantwortung zu folgen.

Das Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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