Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107161/2/Le/La

Linz, 17.10.2000

VwSen-107161/2/Le/La Linz, am 17. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des T F, W 49, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 28.7.2000, Zl. VerkR96-9865-1999, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 600 S (entspricht  43,60 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 28.7.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 4 Abs.5 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 1.8.1999 um ca. 18.25 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen K- auf der S Straße B bei StrKm. 9,570 im Gemeindegebiet von Grünburg in Richtung Obergrünburg gelenkt, wobei er beim Vorbeifahren den PKW mit dem Kennzeichen SR- beschädigt und es nach dem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen habe, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallsbeteiligten unterblieben sei.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 10.8.2000, mit der zumindest schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass er natürlich einsehe, dass er aus seinem Fahrzeug hätte aussteigen und nachsehen müssen, ob an den Fahrzeugen ein Schaden entstanden sei. Er möchte jedoch vorbringen, dass nicht er an P H Fahrzeug vorbeigefahren sei, weil er sein Fahrzeug noch rechtzeitig hätte zum Stillstand bringen können. Herr H hätte seinem Versicherungsvertreter bei der IU Kirchdorf angeboten, dass er Herrn H 2.000 S geben solle und das passe schon. Dies sei als Bestechungsversuch oder zumindest als kleine Schuldeingestehung zu sehen.

Dass sein Verhalten gegenüber Herrn H sicher unkorrekt war, sei keine Frage. Er würde jedoch mit niemandem so reden, wenn er sich auch nur einer minimalen Schuld bewusst sei. Auch er hätte am nächsten Tag eine Anzeige in Erwägung gezogen, aber beim Gendarmerieposten Grünburg wäre ihm mitgeteilt worden, dass er sowieso keine Chance hätte, weil P H am Vortag schon alles gemeldet hätte und in seinem KFZ mehr Personen gesessen wären als bei ihm.

Für den Fall, dass ihm nicht geglaubt werden sollte, ersuchte er um Gegenüberstellung mit Herrn H oder Durchführung eines Lügendetektortestes.

Überdies erscheine ihm, wenn er tatsächlich schuldig wäre, das Strafausmaß angesichts der Höchststrafe von 10.000 S und eines Schuldenstandes von etwa 250.000 S viel zu hoch.

3. Die Bezirkshauptmannschaft hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte gemäß § 51 Abs.3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte zur Tatzeit seinen PKW der Marke VW in Grünburg auf der S Bundesstraße vom Ortszentrum kommend in Richtung O. Bei StrKm 9,570 kam ihm der Mercedes des Herrn P H entgegen. Bei der dort befindlichen Engstelle kam es zu einer Berührung beider Fahrzeuge. Der PKW des Berufungswerbers wurde im Bereich des linken vorderen Kotflügels und der PKW des Herrn H im Bereich des linken hinteren Kotflügels beschädigt (Kratzspuren und Lackabrieb).

Der nunmehrige Berufungswerber hat akustisch die Streifung der Außenspiegel wahrgenommen. Beide Fahrzeuglenker hielten ihre Fahrzeuge an.

Unbestritten ist, dass der nunmehrige Berufungswerber seinem Unfallgegner wegen der Fahrzeugberührung lautstark Vorhaltungen machte (der Unfallgegner sprach sogar von Beschimpfungen und Drohungen mit Schlägen seitens des Berufungswerbers); er untersuchte jedoch die beiden Fahrzeuge nicht nach Beschädigungen und erstattete auch nicht sogleich Anzeige.

Der Berufungswerber setzte vielmehr seine Fahrt fort und erstattete erst ca. 23 Stunden später die Anzeige am Gendarmerieposten Grünburg.

Der Unfallgegner P H fuhr dagegen sofort zum Gendarmerieposten Grünburg und wurde dort die Kratzspur am hinteren linken Kotflügel festgestellt und Anzeige erstattet.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Nach § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die in Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Nach § 4 Abs.1 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht

  1. wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,
  2. wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,
  3. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Es ist unbestritten, dass der Berufungswerber (ebenso wie der Unfallgegner) nach der erfolgten Berührung der beiden PKW´s angehalten hat. Ebenso unbestritten ist aber auch, dass er dabei die Schäden an den Kotflügeln der beiden PKW´s nicht festgestellt, sondern stattdessen dem anderen Fahrzeuglenker lautstark Vorhaltungen gemacht hat und dass er den Vorfall auch nicht ohne unnötigen Aufschub der nächstgelegenen Gendarmeriedienststelle, also am Gendarmerie-posten Grünburg, gemeldet hat. Die Meldung am nächsten Tag erfolgte 23 Stunden nach dem Verkehrsunfall und kann daher offensichtlich nicht mehr als "ohne unnötigen Aufschub erstattet" angesehen werden.

Es ist dem Berufungswerber vorzuwerfen, dass er, obwohl er - nach eigener Darstellung - die Berührung der beiden Fahrzeuge zumindest im Spiegelbereich gehört hatte, nicht nach allenfalls entstandenen Schäden gesucht hat, zumal ihm durch die Berührung der Spiegel bewusst war, dass eine Berührung der beiden Fahrzeuge stattgefunden hat. Die Situation hätte es erfordert, dass er auch nach allfälligen weiteren Schäden Ausschau hält. Anstelle der Erfüllung seiner Verpflichtung hat er jedoch den anderen Fahrzeuglenker lediglich lautstark beschimpft und ihm Vorhaltungen gemacht.

Da ein gegenseitiger Identitätsnachweis nicht erfolgte, wäre er in der Folge verpflichtet gewesen, den Vorfall beim Gendarmerieposten Grünburg zu melden. Dies hat er jedoch unterlassen.

Damit aber hat der Berufungswerber die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen.

4.3. Der Berufungswerber bestreitet sein Verschulden an dieser Verwaltungsübertretung im Wesentlichen mit dem Hinweis, dass er nicht gefahren sei, sondern sein Fahrzeug schon gestanden wäre und dass er den Schaden am Kotflügel nicht wahrgenommen habe.

Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, den Berufungswerber zu exkulpieren, und zwar aus folgenden Gründen:

Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Auch die gegenständlich angelastete Übertretung des § 4 Abs.5 StVO gehört zu dieser Deliktsgruppe.

In der bereits oben unter 4.2. zitierten Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO ist die Verpflichtung der Unfallbeteiligten normiert, bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. "Unfallbeteiligter" ist nach der Legaldefinition des § 4 Abs.1 StVO und der dazu entwickelten Rechtsprechung jede Person, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbar Bedingung für das Entstehen des Unfalles war, unabhängig davon, ob dieses Verhalten rechtswidrig oder schuldhaft war.

Mit anderen Worten: Herr H und Herr F waren im gegenständlichen Fall deshalb Unfallbeteiligte, weil dann, wenn auch nur einer der beiden nicht zu dieser Zeit an diesem Ort gewesen wäre, es keinen Unfall gegeben hätte.

Es ist daher ohne Belang, ob der Berufungswerber zum Unfallszeitpunkt gefahren oder gestanden ist! Es war aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht somit unerheblich zu prüfen, ob das Fahrzeug des Berufungswerbers zum Unfallzeitpunkt stand oder sich in Bewegung befand, weil - anders als bei einem zivilrechtlichen Schadenersatzverfahren - im Verwaltungsstrafverfahren ausschließlich zu klären war, ob der Berufungswerber die in § 4 Abs.5 StVO normierte Meldepflicht erfüllt hat. Es brauchte daher auch die von ihm namhaft gemachte Zeugin T K nicht befragt zu werden.

Völlig zutreffend hat der Berufungswerber selbst in der Berufung eingeräumt, dass er aus seinem Fahrzeug hätte steigen und nachsehen müssen, ob an den Fahrzeugen ein Schaden entstanden ist.

Im Ergebnis ist es dem Berufungswerber somit nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. Als strafmildernd hat bereits die Erstbehörde die bisherige Unbescholtenheit berücksichtigt sowie auch den bereits aktenkundigen Schuldenstand in Höhe von 250.000 S.

Dennoch ist die verhängte Strafe auch hinsichtlich der Strafhöhe tat- und schuldangemessen, weil der Berufungswerber bei dem Vorfall ein äußerst emotionales Verhalten (anstelle des nach § 4 StVO gebotenen Verhaltens) gezeigt hat, weshalb aus spezial-, aber auch aus generalpräventiven Überlegungen (Hintanhaltung von Rowdytum auf der Straße) die Verhängung einer Strafe in dieser Höhe als erforderlich angesehen wird. Der Berufungswerber soll dazu angehalten werden, sich in Hinkunft bei im Straßenverkehr gesetzeskonform zu verhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 600 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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