Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107191/8/Le/La

Linz, 01.12.2000

VwSen-107191/8/Le/La Linz, am 1. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des S F, G 26/2, , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.7.2000, Zl. VerkR96-13505-1999/Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.11.2000 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 240 S (entspricht  17,44 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.7.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 9 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 1.200 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 11.10.1999 um 07.24 Uhr im Ortsgebiet von L auf der M, Kreuzung mit der H, in Richtung L Landesstraße, den PKW mit dem Kennzeichen LL- gelenkt und dabei einem Fußgänger, der einen Schutzweg erkennbar benützen wollte, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 1.8.2000, mit der zumindest schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 27.11.2000 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Berufungswerber teilnahm; die Erstbehörde blieb der Verhandlung ohne Angabe von Gründen fern. Der Meldungsleger GI H B wurde als Zeuge befragt.

3.2. Der Berufungswerber gab an, dass er an diesem Tage auf der M gefahren sei und nach einer dortigen leichten Rechtskurve bereits aus einer Entfernung von etwa 110 m bereits auf den Schutzweg gesehen habe. Dort sei ein Verkehrspolizist mitten auf der Straße gestanden und hätte den Verkehr auf dem Schutzweg geregelt. Eine Gruppe von Kindern habe den Schutzweg gerade von rechts nach links überquert und der Verkehrspolizist sei zum Gehsteig zurückgegangen. In diesem Moment wäre von rechts ein Kind im Laufschritt daher gekommen; dieses wäre etwa zeitgleich mit dem Verkehrspolizisten beim Gehsteig angekommen und dort stehen geblieben.

Er selbst hätte bei ansichtig werden des Polizisten seine Geschwindigkeit reduziert. Für ihn wäre die Situation nicht eindeutig gewesen: Einerseits wäre ein Polizist dort gestanden, der den Verkehr regelte und andererseits sei ein Kind gekommen und dieses hätte auf den Polizisten geschaut. Es hätte keine Anstalten gemacht, die Straße zu überqueren. Da auch der Polizist nicht die Hand gehoben und den Fahrzeugverkehr gesperrt habe, sei er mit etwa 40 bis 50 km/h über diesen Schutzweg gefahren.

3.3. Der Meldungsleger GI Herbert Bauernfeind schilderte als Zeuge nach Wahrheitserinnerung die Situation so:

Bei diesem Schutzweg handle es sich um einen Teil des Schulweges der Kinder, die aus Richtung Zentrum kommen und über den gegenständlichen Schutzweg gehen, um von dort durch den Friedhof zur Schule zu gelangen. Zur Schulwegsicherung stehe dort täglich ein Gendarmeriebeamter, jedoch nicht zum Zwecke der Regelung des Schutzweges, sondern um durch die bloße Anwesenheit die Autofahrer zum verkehrsgerechten Verhalten zu veranlassen. Es bestehe vom Postenkomman-danten die Weisung, in das Verkehrsgeschehen hier nicht aktiv einzugreifen, sondern die Schüler zum selbständigen Überqueren der Straße anzuleiten.

Er sei damals etwa 3 bis 4 m hinter dem Schutzweg gestanden und habe den Verkehr beobachtet. Er sei zu keiner Zeit auf der Straße gestanden und er habe auch den Verkehr auf dem Schutzweg nicht geregelt.

Zur Tatzeit sei ein jüngeres Kind zum Schutzweg gekommen; dieses habe vorsichtig relativ lange gewartet. Es habe nicht auf ihn, sondern immer in Richtung zum ankommenden Verkehr gesehen. Der nunmehrige Berufungswerber sei dann mit seinem PKW mit gut 50 km/h daher gekommen; er habe keinesfalls die Geschwindigkeit vermindert oder sei ersichtlich bremsbereit gefahren.

Die Frage, warum er sich an den Vorfall so genau erinnern könne beantwortete der Gendarmeriebeamte damit, dass er üblicherweise im Kriminaldienst tätig und nur sehr selten im Verkehrsdienst eingesetzt sei. Außerdem habe er sich auf Grund des Umstandes, dass das Kind schon längere Zeit beim Schutzweg gestanden ist und gewartet habe und dennoch vom Autofahrer die Geschwindigkeit nicht vermindert worden sei, dabei etwas gedacht.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG)

4.2. Der Berufungswerber und der Meldungsleger haben den Sachverhalt in den wesentlichen Punkten völlig unterschiedlich dargestellt.

Bei widersprüchlichen Aussagen hat die Behörde in freier Beweiswürdigung, d.h. ohne Bindung an irgendwelche Beweisregeln, zu beurteilen, welchen Sachverhalt sie als erwiesen ansieht.

Dabei kam der Unabhängige Verwaltungssenat zum Ergebnis, dass die vom Meldungsleger dargestellte Version die glaubwürdigere ist, wobei dafür spricht, dass der Gendarmeriebeamte auf die Beobachtung von Verkehrssituationen geschult ist und auch entsprechende Erfahrungen dabei besitzt. Er konnte die Behauptung des Berufungswerbers, er sei mitten auf der Straße gestanden und habe den Schutzweg geregelt, glaubhaft widerlegen, indem er darauf hinwies, dass seitens des Gendarmeriepostens L getrachtet werde, die Schüler zum selbständigen Überqueren der Fahrbahn anzuleiten. Daher werde der Verkehr auf den Schutzwegen nicht geregelt, sondern stehe der Gendarm bloß dort, um einerseits die Autofahrer zum verkehrsangepassten Verhalten zu veranlassen und andererseits die Schulkinder beim Überqueren der Fahrbahn zu beobachten und gegebenenfalls anzuleiten. Er habe daher noch nie den Verkehr auf diesem Schutzweg geregelt.

Es wird daher die vom Meldungsleger angezeigte und von ihm als Zeuge vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wiederholte Darstellung des Sachverhaltes (oben unter 3.3. wiedergegeben) als wahr angenommen.

Die Darstellung des Berufungswerbers, der nicht unter Wahrheitspflicht stand und eine bereits beträchtliche Anzahl an verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen wegen Übertretungen straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften hat, ist daher eine Schutzbehauptung.

4.3. Nach § 9 Abs.2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einen Fußgänger oder Rollschuhfahrer, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

Zur Tatzeit stand ein Schulkind am Gehsteig vor dem verfahrensgegenständlichen Schutzweg und schaute in Richtung auf den ankommenden Verkehr und signalisierte damit die Absicht, diesen Schutzweg überqueren zu wollen.

Der nunmehrige Berufungswerber, der mit seinem Kraftfahrzeug daherkam, ignorierte seine Anhalteverpflichtung und fuhr dessen ungeachtet mit unverminderter oder zumindest nicht wesentlich verminderter Geschwindigkeit über den Schutzweg, ohne vor diesem anzuhalten.

Damit aber hat er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen.

4.4. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Zu berücksichtigen war, dass der Berufungswerber zwar keine einschlägigen Vorstrafen hat, aber eine doch nicht unerhebliche Anzahl von Vormerkungen wegen Übertretungen der StVO und des KFG.

Eine Strafe in der verhängten Höhe war daher aus spezialpräventiven Gründen jedenfalls erforderlich, um den Berufungswerber dazu anzuhalten, sich künftig den Vorschriften des Straßenverkehrs entsprechend zu verhalten.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 1.200 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 240 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum