Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107241/5/Fra/Ka

Linz, 16.01.2001

VwSen-107241/5/Fra/Ka Linz, am 16. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn B gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 6.9.2000, AZ.: VerkR96-18898-1996-Kb, betreffend Vorschreibung der Tragung von Blutuntersuchungskosten, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 5a Abs.2 StVO 1960; §§ 24 Z4, 38 Abs.1 und 47 GebAG; §§ 66 Abs.4 AVG und 76 Absätze 1 und 5 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 15.10.1996, VerkR96-18898-1996-Kb, über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 10.000 S (EFS 10 Tage) verhängt. Die dagegen erhobene Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 22.11.1996, VwSen-104129/4/Fra/Ka, als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

In der auf Art. 144 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) erachtete sich der Bw ua durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des § 100 Abs.5 StVO 1960 idF der 19. Novelle, BGBl.Nr.518/1994, in seinen Rechten als verletzt. Mit Erkenntnis vom 9.10.1997, G 216/96, hob der VfGH die Zahl "20" im § 100 Abs.5 StVO 1960, BGBl.Nr.159, idF der 19. StVO -Novelle, BGBl.Nr.518/1994, als verfassungswidrig auf. Die Beschwerde ist beim VfGH am 6.12.1996 eingelangt, die nichtöffentliche Beratung über Gesetzesprüfungsverfahren begann am 6.10.1997, war also zum Zeitpunkt des Beginnes der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig, weshalb der hier zugrundeliegende Fall einem Anlassfall gleichzuhalten war. Der VfGH führte ua aus, dass der Oö. Verwaltungssenat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung anwendete und es nach Lage des Falles offenkundig ist, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war, weshalb der Beschwerdeführer wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde und der Bescheid daher aufzuheben war.

Der Oö. Verwaltungssenat wies mit Erkenntnis vom 27.1.1998, VwSen-104129/16/Fra/Ka, die Berufung gegen das oa Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet ab. Der Geldstrafe wurde in Anwendung der §§ 19 und 20 VStG insofern Folge gegeben, als diese von 10.000 S auf 8.000 S herabgesetzt wurde. Die dagegen neuerlich erhobene Beschwerde an den VfGH wies dieser mit Erkenntnis vom 19.6.2000, B 344/98-8, ab. Weiters wies der VfGH mit Beschluss vom 25.9.2000, B 344/98-11, B 1292/00-3, den Antrag des Bw auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurück und gab dem Antrag des Bw, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, statt.

2. Der Bw, der zum Tatzeitpunkt im Juli 1996 18 Jahre alt war, lenkte einen PKW, kam dabei in einer langgezogenen Rechtskurve links von der Fahrbahn ab und prallte an einen Baum, wobei er sich leicht verletzte. Die Untersuchung der ihm in der Folge im Krankenhaus abgenommenen Blutprobe ergab einen Alkoholisierungsgrad zum Unfallszeitpunkt von 1,63 Promille. Sein Beifahrer erlitt bei diesem Verkehrsunfall so schwere Verletzungen, dass er noch an der Unfallstelle verstarb.

3. Der ständig gerichtlich beeidete Sachverständige und behördlich autorisierte Zivilingenieur für technische Chemie, Dr. phil. W, übermittelte zum gegenständlichen Vorfall an das Gendarmeriepostenkommando Eggelsberg eine mit 4.1.1997 datierte Honorarnote für die beim Bw durchgeführte Blutalkoholuntersuchung in Höhe von 1.672,80 S. Der Gendarmerieposten Eggelsberg leitete diese Honorarnote mit Schreiben vom 13.1.1997 an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn weiter. In diesem Schreiben wird bemerkt, dass nicht mehr bekannt sei, ob bei der ursprünglichen Anzeigenvorlage die Rechnung der Blutuntersuchung dabei war, oder ob sie eventuell dem Landesgericht Ried/I. vorgelegt wurde.

Mit Bescheid vom 15.1.1997, Zl.VerkR96-18898-1996-Kb, schrieb die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn dem Bw die Tragung dieser Kosten vor. Begründend führt sie im Bescheid aus, dass der Bw am 14.7.1996 um 00.20 Uhr den Kombi, Kz. auf der B 156, aus Richtung Eggelsberg kommend in Fahrtrichtung Moosdorf bis Strkm.36,217 gelenkt und sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Zur Feststellung dieser Alkoholbeeinträchtigung wurde im Krankenhaus Oberndorf eine Blutabnahme durchgeführt und zur genauen Bestimmung Herrn Dr. phil. W, zur Blutuntersuchung übermittelt. Die Kosten dieser Blutuntersuchung sind gemäß § 5a Abs.2 StVO 1960 vom Untersuchten zu tragen. Die Rechnung über die Kosten der Blutuntersuchung wurde der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn am 4.1.1997 übermittelt, weshalb der Bw ersucht wurde, diesen Rechnungsbetrag binnen 14 Tagen der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mittels beigelegtem Zahlschein zu überweisen.

Dagegen erhob der Bw innerhalb offener Frist Vorstellung mit der Begründung, dass er gegen das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22.11.1996 Beschwerde an den VfGH erhoben habe. Im Falle der Stattgebung der Beschwerde (Art.4 des 7. ZP zur MRK) und Verfahrenseinstellung müsste die Kostenzahlung rückabgewickelt werden, was nicht verfahrensökonomisch wäre, weswegen das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt werden möge.

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn teilte dem Bw mit Schreiben vom 10.2.1997, VerkR96-18898-1996-Kb, dem Bw mit, dass aufgrund der oa Vorstellung das Ermittlungsverfahren eingeleitet und beim Landesgericht Ried/I. um Übersendung des Strafaktes 9a EVr 674/96 ersucht habe. Diesem sei zu entnehmen, dass der Bw wegen des Vorwurfes der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Z2 StGB gemäß § 259 Z3 StPO freigesprochen wurde, da kein Schuldbeweis gegeben war. Sohin dürfte sich das Landesgericht Ried/I. mit der Frage der Alkoholisierung nicht auseinander gesetzt haben, sodass ein Doppelbestrafungstatbestand nicht gegeben sein dürfte. Dennoch wird die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mit der Entscheidung über die Kostenfrage bis zum Abschluss des Verwaltungsgerichtshofverfahrens zuwarten.

Das oa Erkenntnis des VfGH vom 19.6.2000, B 344/98-8, wurde mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 1.9.2000, AZ. VerkR96-18898-1996-Kb, dem Bw mit dem Ersuchen übermittelt, die Kosten für die Blutuntersuchung von 1.672,80 S binnen 14 Tagen mittels eines angeschlossenen Erlagscheines einzuzahlen.

4. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn schrieb mit Bescheid vom 6.9.2000, AZ.VerkR96-18898-1996-Kb, die Tragung der Blutuntersuchungskosten in Höhe von 1.672,80 S vor. In der Begründung dieses Bescheides wird vorerst auf den oa Kostenbescheid vom 15.1.1997, VerkR96-18898-1996-Kb, verwiesen. Weiters wird ausgeführt, dass aufgrund der rechtzeitigen Vorstellung gegen diesen Kostenbescheid das Ermittlungsverfahren eingeleitet und dem Bw mit Schreiben vom 10.2.1997 mitgeteilt wurde, dass die Einsichtnahme in den Akt des Landesgerichtes Ried/I., 9a EVr 674/96, ergeben habe, dass der Bw wegen des Vorwurfes der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Z2 StGB gemäß § 259 Z3 StPO freigesprochen wurde, da kein Schuldbeweis gegeben war. Da sich das Landesgericht Ried/I. dabei mit der Frage der Alkoholisierung nicht auseinander gesetzt habe, sei ein Doppelbestrafungstatbestand nicht gegeben, weshalb der Bw ersucht wird, den Rechnungsbetrag binnen 14 Tagen der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn zu übermitteln.

5. Über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied erwogen:

5.1. Gemäß § 5a Abs.2 StVO 1960 sind, wenn bei einer Untersuchung nach § 5 Abs.2, 4a, 5, 6 oder 8 Z2 eine Alkoholbeeinträchtigung festgestellt worden ist, die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Dasselbe gilt im Falle der Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung. Die Kosten der Untersuchung sind auch nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) 1975, BGBl.Nr.136, vorzuschreiben.

Nach § 24 GebAG 1975 umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1.) den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort oder durch die Rückreise verursacht werden;

2.) den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3.) die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4.) die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

Gemäß § 38 Abs.1 GebAG 1975 hat der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

Gemäß § 47 Abs.1 Z2 GebAG beträgt die Gebühr für Mühewaltung für chemische Untersuchungen, soweit sie nicht von anderen Tarifposten erfasst sind, samt Befund und Gutachten für eine Untersuchung von Blut auf flüchtige Gifte (im Sinne des Abs.1 Z1 lit.a auch Äthylalkohol) 356 S. Dazu kommt nach Abs.2 ein Zuschlag in der Höhe der halben Gebühr für jedes quantitativ ermittelte Gift.

Der Bw vertritt die Auffassung, dass, weil es sich bei den vorgeschriebenen Barauslagen lediglich um die Kosten der Blutuntersuchung handelt, der vorgeschriebene Betrag in Anbetracht des zitierten Tarifes des GebAG bedeutend überhöht sei. Auf Grundlage der genannten Bestimmungen sei ein solcher von 534 S angemessen. Er weist ferner darauf hin, dass die Blutuntersuchungsgebühr - wie die Praxis zeigt - in höchst unterschiedlichem Ausmaß angesprochen wird. Zum Beweis dafür hat der Bw der Berufung zwei Gebührenrechnungen der LKA Salzburg vorgelegt. Eine Gebührenrechnung ist mit 7.1.2000, eine weitere mit 14.6.2000 datiert. Danach werden für Blutalkoholbestimmungen nach zwei getrennten Methoden 732,60 S angesprochen.

5.2. Laut Aktenlage wurde das gegenständliche Blutalkoholgutachten am 17.7.1996 erstellt. Der Sachverständige hat die Honorarnote mit Schreiben vom 4.1.1997 an das Gendarmeriepostenkommando Eggelsberg übermittelt, welches diese mit Schreiben vom 13.1.1997 an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn weiterleitete. In dieser Honorarnote sind Gebührenbestandteile nicht aufgegliedert. Es wurde dem Sachverständigen zur gegenständlichen "Rechnung" vom 4.1.1997 auch keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Die im GebAG normierte Vorgehensweise hinsichtlich des Umfanges und der Geltendmachung der Gebühr wurde seitens der Behörde nicht berücksichtigt. Zudem hat der Sachverständige die Honorarnote verspätet vorgelegt. Im Schreiben des GP Eggelsberg an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13.1.1997 wurde auf den Umstand, dass nicht mehr bekannt sei, ob bei der Anzeigevorlage die Rechnung der Blutuntersuchung dabei war, aufmerksam gemacht. Dieser Umstand wurde nicht aufgeklärt. Aus dem oben Gesagten resultiert, dass die Kostenvorschreibung der Untersuchungskosten an den Bw zu Unrecht erfolgte, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Im Hinblick auf die vom Bw vorgelegten Rechnungen der LKA Salzburg, wonach für eine Blutalkoholbestimmung nach zwei getrennten Methoden weniger als die Hälfte des gegenständlichen Betrages verlangt wird sowie unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Tarife im GebAG wird der Behörde empfohlen, die Angemessenheit von Blutuntersuchungsgebühren einer grundsätzlichen Überprüfung zu unterziehen. Da diese Frage jedoch keine bezirksspezifische Angelegenheit ist, wird eine Ausfertigung dieser Entscheidung auch der Oö. Landesregierung zur allfälligen weiteren Veranlassung übermittelt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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